European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0040OB01630.950.1010.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners wird gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508 a Abs 2 und § 510 ZPO).
Der Antrag der Antragstellerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens wird gemäß § 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508 a Abs 2 Satz 3 und § 521 a Abs 2 ZPO abgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG unterliegen Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, nicht der Aufteilung. Der Zweck dieser Bestimmung, Unternehmen tunlichst zu erhalten, verbietet eine einschränkende Auslegung (3 Ob 528/88 = EFSlg 57.327). Oberster Grundsatz der Aufteilung ist aber der Gedanke der Billigkeit (§ 83 Abs 1 EheG). Wenn daher eheliche Errungenschaft in Werten angelegt wurde, die als zu einem Unternehmen gehörig der Aufteilung entzogen sind, kann es der Billigkeit entsprechen, dem anderen Ehegatten einen größeren Anteil an vorhandenen und der Aufteilung unterliegenden Ersparnissen zuzuerkennen. Dabei darf jedoch das von der Aufteilung ausgenommene Vermögen nicht schlechthin so behandelt werden, als unterläge es der Aufteilung, es soll aber dieser Umstand bei der Bemessung des Anteils an den der Aufteilung unterliegenden Ersparnissen angemessene Berücksichtigung finden (JBl 1983, 316 = EFSlg 41.391; 4 Ob 547/95). Ob eine Liegenschaft zu einem Unternehmen gehört, hängt von ihrer Widmung ab. Ein Unternehmen ist eine selbständige organisierte Erwerbsgelegenheit. Es ist ein Inbegriff körperlicher und unkörperlicher Sachen (Rechte); darüber hinaus gehört dazu auch die Organisation der Absatz- und Bezugsquellen. Der Wert des Unternehmens wird entscheidend durch den "good will" mitbestimmt (EFSlg 57.332). Werden Wohnungen oder ein Haus auf Dauer vermietet, so ist dies mangels einer auf Dauer angelegten Organisation kein Unternehmen iS des § 82 Abs 1 Z 3 EheG (EFSlg 54.560 mwN).
Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang:
Der Antragsteller hat das "G*****‑Haus" 1986 erworben, um für sich und die Antragstellerin einen Alterssitz zu schaffen. Um die Zeit bis zum Ruhestand zu überbrücken, hat der Antragsgegner das Haus für diesen Zeitraum an das Ehepaar H***** vermietet. Es war nie daran gedacht, durch den Erwerb des Hauses das Unternehmen des Antragsgegners (Gastwirtschaft, Reitbetrieb, Landwirtschaft und Vermietung von Ferienwohnungen) zu vergrößern. Daß die Erträgnisse aus der Vermietung des Hauses mit den Einkünften des Antragsgegners aus seinem Unternehmen versteuert werden, bedeutet nicht, daß das Haus Unternehmensbestandteil wäre. Es entspricht daher der Rechtsprechung, wenn das Rekursgericht den Bauzeitwert - der Wert der vom Antragsgegner in die Ehe mitgebrachten Liegenschaft blieb unberücksichtigt - des "G*****‑Hauses" als eheliche Ersparnisse in die Aufteilungsmasse einbezogen hat.
Bei der Aufteilung der Vermögenswerte ist das Rekursgericht den Grundsätzen gefolgt, welche die Rechtsprechung entwickelt hat: Oberster Grundsatz ist die Billigkeit; sie fordert es, den auch auf der Mitarbeit des Ehegatten beruhenden Wertzuwachs zu berücksichtigen, der nur deshalb nicht in die Aufteilungsmasse fällt, weil er in einem Unternehmen entstanden ist. Der Wert des im wesentlichen aus einer Gastwirtschaft, einem Reitbetrieb und der Vermietung von Ferienwohnungen bestehenden Unternehmens des Antragsgegners hat sich durch die Mithilfe der Antragstellerin, die sowohl in Mitarbeit (Führung der Gastwirtschaft) als auch in Konsumverzicht bestand, um rund 9 Millionen Schilling erhöht. Bei dieser Sachlage wäre es unbillig, bekäme der Antragsgegner auch noch einen Teil der Aufteilungsmasse. Die Auffassung des Rekursgerichtes führt auch nicht dazu, daß das Unternehmen in die Aufteilungsmasse einbezogen würde. Auch wenn die Antragstellerin die gesamte Aufteilungsmasse erhält, bleibt der Bestand des Unternehmens davon unberührt; die Entscheidung des Rekursgerichtes, der Antragstellerin die gesamte Aufteilungsmasse zuzuweisen, läßt sich daher mit dem Bestreben des Gesetzgebers vereinbaren, Unternehmen tunlichst zu erhalten (s EFSlg 57.327). Durch die angefochtene Entscheidung erhält die Antragstellerin im übrigen weit weniger, als sie nach der vom Antragsgegner im Scheidungsverfahren geäußerten Vorstellung erhalten würde. Der Antragsgegner hat ausgesagt, er hielte es für gerecht, den wirtschaftlichen Hinzugewinn, der während der Ehe angesammelt wurde, zu teilen (Akt 1 C 17/89 des Bezirksgerichtes Tamsweg, AS 57).
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