OGH 4Ob154/19d

OGH4Ob154/19d24.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* J*, vertreten durch Urbanek & Rudolf Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei M* P*, vertreten durch Dr. Werner Loos, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17. April 2019, GZ 36 R 305/18x‑19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 16. September 2018, GZ 22 C 15/18h‑14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126465

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Eigentümer einer Liegenschaft, auf der ein historischer Reitstall mit Reithalle, 24 Pferdeboxen und Nebengebäuden mit drei Wohnungen („Pächterwohnung“, „ehemalige Jagdwohnung“ und eine kleine Wohnung) betrieben wird, beauftragte im Jahr 2016 den klagenden Immobilienmakler mit der Suche nach einem neuen Nutzer. Dabei war er in erster Linie an einer weiteren Verpachtung des Betriebs einschließlich der „Pächterwohnung“ interessiert. Der Beklagte, der auf das Angebot aufmerksam wurde, war an einer Pacht interessiert, weil er nach einer Erwerbsmöglichkeit suchte, die er aufgrund seiner Kenntnisse im Betrieb eines Reitstalls finden wollte. Bei der Besichtigung im Dezember 2016 wies der Beklagte darauf hin, dass im Fall einer Pacht auch seine fünf familieneigenen Pferde innerhalb des Betriebs ihren Platz finden müssten. Anlässlich des Besichtigungstermins wurde zwischen den Streitteilen der schriftliche Maklervertrag abgeschlossen.

Die Detailverhandlungen über eine Pacht des Reitstalls durch den Beklagten scheiterten an der Höhe des Pachtzinses. In der Folge entschloss sich der Liegenschaftseigentümer, den Reitstall selbst zu betreiben. Er schloss mit dem Beklagten und dessen Gattin einen Vertrag über die Einstellung der fünf familieneigenen Pferde des Beklagten ab Mai 2017.

Der Kläger begehrte die Zahlung von 7.000 EUR sA an Provision. Er habe erfahren, dass der Beklagte mit dem Liegenschaftseigentümer einen Vertrag über die Einstellung von fünf Pferden abgeschlossen habe. Da es sich bei dieser Miete um ein zweckgleiches Rechtsgeschäft handle, schulde der Beklagte die Provision.

Der Beklagte entgegnete, dass es zum Abschluss des vom Kläger zu vermittelnden Rechtsgeschäfts, nämlich der Verpachtung der gesamten Reitanlage, nicht gekommen sei. Beim abgeschlossenen Pferdeeinstellungsvertrag handle es sich um kein zweckgleiches Rechtsgeschäft, zumal das Ziel der angestrebten Pacht in der gewerblichen Nutzung zur Erzielung eines Einkommens bestanden habe.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren im Betrag von 6.300 EUR sA statt; das Mehrbegehren wies es ab. Die Zweckgleichheit zwischen dem Pferdeeinstellungsvertrag und der ursprünglich in Erwägung gezogenen Pacht des Reitstalls sei zu bejahen, weil von Anfang an beabsichtigt gewesen sei, dass die familieneigenen Pferde des Beklagten im Reitstall untergestellt werden; dies hätte zu einer Schmälerung des Pachtertrags geführt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies das gesamte Klagebegehren ab. Die Zweckgleichwertigkeit dürfe nicht abstrakt bestimmt werden, sondern müsse konkret mit Blick auf den in Frage stehenden Vermittlungsauftrag und den vom Geschäftsherrn angestrebten Zweck beurteilt werden. Bei dem zu vermittelnden Rechtsgeschäft habe es sich aus Sicht aller Beteiligter um die Verpachtung der Reitanlage als Erwerbsmöglichkeit für den Beklagten gehandelt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts könne von einer Zweckgleichwertigkeit des zustande gekommenen Rechtsgeschäfts nicht gesprochen werden. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

Über Antrag des Klägers nach § 508 ZPO sprach das Berufungsgericht nachträglich aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil die Frage, ob der Abschluss eines Pferdeeinstellungsvertrags im Verhältnis zur Pacht einer Reitanlage zweckgleich sei, bisher nicht an das Höchstgericht herangetragen worden sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, die auf eine Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.

Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

1. Trotz Zulässigerklärung der Revision durch das Berufungsgericht muss der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Macht er hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs zurückzuweisen. Dies ist hier der Fall.

2. Die behauptete Aktenwidrigkeit (vgl dazu RIS‑Justiz RS0043284) liegt – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor. Das Berufungsgericht ist auch nicht von den Feststellungen des Erstgerichts abgewichen.

Richtig ist, dass das Berufungsgericht die Gleichwertigkeitsprüfung iSd § 6 Abs 3 MaklerG auf die Verpachtung der gesamten Reitanlage bezogen hat. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Zweckgleichwertigkeit mit Blick auf den zugrunde liegenden Vermittlungsauftrag beurteilt werden müsse. Bei dem zu vermittelnden Rechtsgeschäft habe es sich um die Verpachtung der Reitanlage gehandelt.

Nach den Feststellungen ging es dem Liegenschaftseigentümer bei der Beauftragung des Klägers um die Verpachtung der Reitanlage als lebendes Unternehmen. Dies deckte sich mit den Interessen des Beklagten, der den Betrieb des Reitstalls als Erwerbsmöglichkeit sah. Bei den vom Kläger im gegebenen Zusammenhang kritisierten Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich demnach um dessen rechtliche Beurteilung. Dem Berufungsgericht kann aber nicht unterstellt werden, dass es den Inhalt des Maklervertrags außer Acht gelassen habe.

3. Der vom Berufungsgericht in seinem Zulässigkeitsausspruch herangezogene Umstand, dass der Oberste Gerichtshof zu einer bestimmten Frage noch nicht ausdrücklich Stellung genommen habe, begründet – wie hier – dann keine erhebliche Rechtsfrage, wenn die Rechtslage eindeutig ist oder die relevanten Grundsätze in der Rechtsprechung geklärt sind (4 Ob 105/19y).

Der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass zwischen der Verpachtung der gesamten Reitanlage und dem tatsächlich abgeschlossenen Pferdeeinstellungsvertrag keine Zweckgleichwertigkeit iSd § 6 Abs 3 MaklerG besteht, tritt der Kläger nicht entgegen.

Er steht aber auf dem Standpunkt, dass sich der Maklervertrag auch auf die Vermietung einer Wohnung an einen Pferdeeinsteller beziehe und in dieser Hinsicht Zweckgleichwertigkeit bestehe. Diese Ausführungen begründen keine erhebliche Rechtsfrage.

4.1 Nach der Rechtsprechung zu § 6 Abs 3 MaklerG gebührt die Provision auch dann, wenn nicht das aufgetragene, aber ein zweckgleichwertiges Geschäft vom Vermittler zustande gebracht wurde (RS0029698). Zweckgleichwertigkeit kann im Allgemeinen

‑ bei Abschluss eines Geschäfts, das seinem Typ nach nicht Gegenstand des Maklervertrags war, über das Vertragsobjekt mit dem Auftraggeber des Maklers,

‑ bei Abschluss eines Geschäfts mit dem Auftraggeber entsprechend dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ, jedoch über ein Objekt, das nicht Gegenstand des Maklervertrags war,

‑ bei Abschluss eines Geschäfts nach dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ über das Vertragsobjekt, jedoch mit einer vom Auftraggeber des Maklers verschiedenen Person,

‑ bei Abschluss eines Geschäfts über das Vertragsobjekt mit dem Auftraggeber des Maklers, das seinem Typ nach Gegenstand des Maklervertrags war, jedoch unter anderen Nebenbedingungen angenommen werden. Die Zweckgleichwertigkeit darf aber nie abstrakt bestimmt werden, sondern muss konkret mit Blick auf den in Frage stehenden Vermittlungsauftrag und den vom Geschäftsherrn angestrebten Zweck beurteilt werden. Bei einer Abweichung des tatsächlich abgeschlossenen Geschäfts vom zunächst formulierten Vermittlungsziel ist demnach zu prüfen, ob nach dem – vom jeweiligen Empfängerhorizont aus zu ermittelnden – Parteiwillen Provisionspflicht besteht und damit eine Zweckgleichwertigkeit anzunehmen ist. Führt die einfache Vertragsauslegung nicht weiter, so ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu fragen, was redliche Parteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht bedachten Fall berücksichtigt hätten bzw was nach der Übung des redlichen Verkehrs als ergänzende Regelung angenommen werden muss (8 Ob 3/16y mwN). Die Beurteilung richtet sich dabei nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (RS0029698 [T3 und T6]).

4.2 Bei der Beurteilung ist somit – nach Maßgabe des Empfängerhorizonts – auf den vom Geschäftsherrn angestrebten Zweck und damit auf den ursprünglichen Vermittlungsauftrag Bedacht zu nehmen. Ausgehend von den Feststellungen hat dieser Zweck im Anlassfall für alle Beteiligten klar erkennbar darin bestanden, dass die Reitanlage als lebendes Unternehmen verpachtet und vom Pächter als solches weiterbetrieben werden sollte. Entgegen den Ausführungen in der Revision ist dem Maklervertrag nicht etwa zu entnehmen, dass sich dieser auch auf die bloße Vermietung einer Wohnung an einen Pferdeeinsteller beziehen soll. Als Maklervertrag wurde ein standardisiertes Vertragsformular verwendet, dem sich das konkret zu vermittelnde Rechtsgeschäft gar nicht entnehmen lässt.

Mit der Beurteilung, dass es sich beim zu vermittelnden Rechtsgeschäft um die Verpachtung der gesamten Reitanlage gehandelt habe, ist das Berufungsgericht von den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen nicht abgewichen. Dies gilt auch für die Beurteilung, dass der letztlich abgeschlossene Pferdeeinstellungsvertrag im Vergleich zur Verpachtung der Reitanlage nicht als zweckgleichwertig zu qualifizieren sei, was vom Kläger nicht bestritten wird.

5. Insgesamt gelingt es dem Kläger mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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