European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00137.20F.0811.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Streitteile beschäftigen sich mit der Erzeugung und dem Vertrieb hochwertiger Trinkgläser. Zwischen ihnen bestehen mehrere Rechtsstreitigkeiten, die mit der (zwischenzeitlich gelöschten) Wortbildmarke „Sophienwald“ im Zusammenhang stehen. Die Klägerin ist mit der liechtensteinischen S***** AG vertraglich verbunden.
Mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. Juli 2019, AZ 133 R 20/19t, wurde die (für die S***** AG im österreichischen Markenregister eingetragene) Wortbildmarke „Sophienwald“ mit Wirkung vom Beginn der Schutzdauer auf der Grundlage des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG gelöscht. Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 26. November 2019, AZ 4 Ob 152/19k, wurde die von der S***** AG dagegen erhobene außerordentliche Revision zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass „Sophienwald“ als geografische Bezeichnung gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MSchG von der Registrierung als Marke ausgeschlossen sei. Aufgrund der besonderen historischen Bedeutung des Gebiets rund um die Ortschaft „Sophienwald“ für die Glaskunst sei es nämlich naheliegend, dass zumindest nach dem Verständnis der Glas‑Fachhändler die in Rede stehende Bezeichnung auf die Historie der Glasproduktion im fraglichen böhmischen Gebiet Bezug nimmt und auf dieses Gebiet als Produktionsstätte oder Rohstoffquelle hinweisen solle.
Im Februar 2020 übermittelte die Beklagte an ihre Vertriebspartner – unter Anschluss der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu AZ 4 Ob 152/19k – ein Dokument mit dem im vorliegenden Verfahren beanstandeten Inhalt, das mehrere Vertriebspartner in der Folge per E‑Mail weiterverbreiteten. Darin wird zusammengefasst behauptet, dass der Klägerin die Verwendung der Bezeichnung „Sophienwald“ verboten worden sei, weil sie keine Verbindung zum Ort „Sophienwald“ und dessen Glaserzeugungstradition aufweise, die Klägerin in irreführender Weise eine langjährige Glastradition, eine langjährige Marken- und Firmengeschichte und eine Verbindung zur bezeichneten Region bewerbe, es sich bei der Klägerin nur um eine Scheinfirma handle, die von der Klägerin produzierten Gläser unzulässige Kopien von Z*****‑Prototypen seien, weiters dass die von der Klägerin vertriebenen Gläser zurückgerufen werden müssten und die Klägerin zusperren müsse.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen – auf § 7 UWG und § 1330 ABGB gestützten – Unterlassungsbegehrens beantragte die Klägerin, der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, die im erwähnten Dokument enthaltenen herabsetzenden Behauptungen über die Klägerin aufzustellen oder zu verbreiten. Die von der Beklagten über ihre Vertriebspartner verbreiteten Äußerungen seien inhaltlich unrichtige sowie kreditschädigende Tatsachenbehauptungen, die ihr verboten werden müssten.
Die Beklagte entgegnete, dass die Klägerin nach der Löschung der Marke „Sophienwald“ keine Anstrengungen unternommen habe, dieser gerichtlichen Anordnung zu entsprechen. Im Gegenteil habe sie verlautbart, die Marke weiterhin zu verwenden, weil sich auf internationaler Ebene nichts geändert habe. Es sei die Klägerin, die sich nicht an Gerichtsentscheidungen halte. Es sei daher verständlich, dass die Beklagte ihre Vertriebspartner ausschließlich darüber informiert habe, dass die Marke „Sophienwald“ gelöscht und aus dem Markenregister entfernt worden sei.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die von der Klägerin beanstandeten Äußerungen der Beklagten seien kreditschädigend im Sinn des § 7 UWG, weil diese über eine sachliche Information zur Löschung der fraglichen Marke nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG hinausgingen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es verneinte das Vorliegen der geltend gemachten Verfahrensmängel und sekundären Feststellungsmängel und qualifizierte die Rechtsrüge als nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sich diese nicht mit der rechtlichen Würdigung des Erstgerichts auseinandersetze. Selbst wenn man vom Vorliegen einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge ausgehen wollte, begründe die Beklagte nicht, warum die Entscheidung über die Löschung der Marke die Klägerin an der Weiterverwendung der gelöschten Marke als (nicht mehr geschütztes) Zeichen hindere. Der Schutzzweck des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG bestehe darin, eine unberechtigte Monopolisierung einer Bezeichnung zu verhindern. Demnach sollten die Konkurrenten nicht daran gehindert werden, ihre aus der betreffenden Gegend stammenden Waren (ebenfalls) mit dem Ort der Herstellung zu bezeichnen.
Rechtliche Beurteilung
Mit dem gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf:
1.1 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine im zweitinstanzlichen Verfahren zu einer selbständigen Rechtsfrage unterbliebene Rechtsrüge im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr nachgeholt werden kann (RIS‑Justiz RS0043573 [T43 und T47]). Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsrüge im Rechtsmittel an die zweite Instanz nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt war (RS0043603 [T11]).
1.2 Das Rekursgericht hat die Rechtsrüge der Beklagten in ihrem Rekurs als nicht gesetzmäßig ausgeführt qualifiziert. Dem tritt die Beklagte im außerordentlichen Revisionsrekurs gar nicht entgegen, sondern führt im Wesentlichen nur aus, dass es in rechtlicher Hinsicht um die Frage gehe, ob die Klägerin ihre bereits gelöschte Marke als Zeichen „mit dem Registrierungshinweis“ verwenden dürfe. Dieses Verhalten der Klägerin verstoße gegen § 2 UWG.
1.3 Der von der Beklagten ins Treffen geführte Irreführungstatbestand spielt im Anlassfall allerdings keine Rolle. Vielmehr stützt sich das Unterlassungsgebot nach dem Vorbringen der Klägerin, nach der Beurteilung des Erstgerichts und nach der Hilfsbegründung des Rekursgerichts („selbst wenn man von einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge ausgehen wollte“) auf § 7 Abs 1 UWG.
Nach dieser Bestimmung ist es verboten, zu Zwecken des Wettbewerbs über das Unternehmen eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Unternehmens oder über die Waren oder Leistungen eines anderen Tatsachen zu behaupten oder zu verbreiten, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Inhabers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind (4 Ob 181/12i; 4 Ob 43/18d). Bei der Beurteilung der Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden, kommt es auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen an. Maßgebend ist das Verständnis des unbefangenen Durchschnittsadressaten (RS00318883; 4 Ob 211/19m). Grundsätzlich ist der Begriff der Tatsachenbehauptung weit auszulegen und gelten selbst Werturteile als Tatsachenmitteilung (konkludente Tatsachenbehauptung), die nur auf entsprechende Tatsachen schließen lassen (RS0031810).
1.4 Auf die relevanten Tatbestandselemente für einen Verstoß gegen § 7 Abs 1 UWG geht die Beklagte auch im außerordentlichen Revisionsrekurs nicht näher ein. Insbesondere nimmt sie weder auf den konkreten Aussagegehalt ihrer Äußerungen noch den dadurch erweckten Eindruck bei den Lesern noch auf die Nachteiligkeit der Vorwürfe für die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin Bezug. Damit enthält auch der außerordentliche Revisionsrekurs kein stichhaltiges Substrat für eine Überprüfung der Entscheidung der Vorinstanzen.
2. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch das neue Argument im außerordentlichen Revisionsrekurs, wonach die Klägerin nach der Entscheidung im Löschungsverfahren das fragliche Zeichen „Sophienwald“ nicht mit dem Hinweis auf eine registrierte Marke weiterverwenden dürfe, nicht zielführend ist.
Dass die Klägerin das fragliche Zeichen weiterhin in Kombination mit dem Registrierungshinweis verwendet, steht nicht fest. Bescheinigt ist aber, dass die Klägerin die Marke „Sophienwald“ weiterhin bewirbt und verwendet. Der Aussagegehalt dieser Feststellung ist nicht eindeutig, weil sich daraus nicht klar ergibt, ob die Klägerin nur das Zeichen oder das Zeichen „als Marke“ weiterverwendet hat. Dieser Unklarheit kommt hier aber keine Bedeutung zu, weil sich die Klägerin mit ihrem Unterlassungsbegehren nur gegen die Behauptung wendet, sie dürfe das Zeichen „in Form der gelöschten Marke“ im geschäftlichen Verkehr nicht verwenden. Eine Information darüber, dass die Klägerin das Zeichen unter Hinweis auf eine Marke – und damit „als“ Marke – nicht verwenden darf, beanstandet sie nicht und ist daher auch nicht Gegenstand des Verfahrens.
Abgesehen davon wird das von der Beklagten mit den beanstandeten Behauptungen von der Klägerin gezeichnete Bild durch die – mit der angeblichen unzulässigen Verwendung des Zeichens verknüpften – Behauptungen geprägt, dass die Klägerin gegen die gerichtliche Entscheidung im Löschungsverfahren verstoße und daraus rechtswidrige Vorteile ziehe. Es wird der Klägerin also nicht etwa bloß vorgeworfen, das Zeichen zu verwenden, sondern der Eindruck erweckt, die Gerichte hätten der Klägerin dessen Verwendung verboten, weil sie keine Verbindung zum Ort „Sophienwald“ aufweise. Ein solches Verbot war allerdings nicht Gegenstand des Löschungsverfahrens. Vielmehr wurde die Marke nur aufgrund der objektiven Beurteilung gelöscht, dass die Bezeichnung „Sophienwald“ als geografische Herkunftsbezeichnung für Glaserzeugnisse nicht dem Markenrechtsschutz unterliegt.
3. Insgesamt zeigt die Beklagte mit ihren Ausführungen keine erhebliche Rechtsfrage auf. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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