OGH 4Ob13/10f

OGH4Ob13/10f20.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** P*****, vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. S*****GmbH, *****, 2. A***** AG, *****, 3. S***** GmbH, *****, 4. S***** GmbH & Co KG, *****, 5. V***** GmbH & Co KG, *****, alle vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Geldleistung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 70.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse der klagenden und der erst- bis viertbeklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 21. Oktober 2009, GZ 5 R 100/09a-49, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 5. Juni 2009, GZ 10 Cg 59/07t-42, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurses der klagenden Partei wird, soweit er die Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Sinn von Punkt 1 b des Spruchs des Erstgerichts gegen die erstbeklagte Partei anstrebt, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben, und der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die einstweilige Verfügung des Erstgerichts zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen, die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Rekurses endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen. Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

2. Der außerordentlichen Revisionsrekurs der erst- bis viertbeklagten Partei wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g :

Die Klägerin ist selbständige Fotografin. Sie fotografiert unter anderem Kinder in Kindergärten und Horteinrichtungen. Die von ihr aufgenommenen Lichtbilder bezeichnet sie mit ihrem Namen und ihrer Etablissementbezeichnung. Diesen Hinweis brachte sie im Lauf der Zeit in unterschiedlicher Art und Weise an, etwa durch Aufkleber oder durch Eindrucke auf Schmuckmappen oder Passepartouts.

Die Klägerin stellte um 1996 die aus Beilage ./G ersichtlichen und mit BildNr. 1 bis 4 und 6 bezeichneten Portraitfotos eines 1998 entführten Mädchens her. Sie entwarf dabei den Hintergrund und bestimmte die Position (Körperhaltung) und den Gesichtsausdruck des abgebildeten Kindes. In welcher Weise sie den Herkunftshinweis anbrachte, steht nicht fest. Der Kaufpreis für die Bilder galt nur die Fotos samt Fotomappe und Passepartouts ab; eine Zustimmung zur Veröffentlichung der Bilder gab sie nicht. Das mit Nr. 2 bezeichnete Foto lag unmittelbar nach der Entführung des Mädchens zu Fahndungszwecken bei der Polizei auf.

Die erst- bis viertbeklagten Parteien sind Zeitungsverlage mit Sitz in Österreich (Erstbeklagte) und Deutschland (Zweit- bis Viertbeklagte). Die Erst-, Zweit- und Drittbeklagte geben auch in Österreich vertriebene Tageszeitungen heraus, die Viertbeklagte ist Herausgeberin einer auch in Österreich erscheinenden Wochenzeitschrift. Der zunächst fünftbeklagte Zeitungsverlag ist am Verfahren nicht mehr beteiligt.

Die Erst- bis Viertbeklagten veröffentlichten im Jahr 2006 im Zusammenhang mit dem Wiederauftauchen des Mädchens von der Klägerin hergestellte Lichtbilder, die mit keiner oder mit einer vom Namen der Klägerin abweichenden Bezeichnung versehen waren. Nach Inanspruchnahme verpflichtete sich die Erstbeklagte in einem gerichtlichen Vergleich gegenüber der Klägerin, deren Lichtbilder ausschließlich mit einer auf die Klägerin lautenden Herstellerbezeichnung zu veröffentlichen.

Zur Sicherung ihres mit Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs begehrte die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung nachstehende Unterlassungsgebote aufzuerlegen, und zwar:

1. allen Beklagten zu untersagen, Werke der Klägerin, insbesondere das in Beilage ./G abgebildete Lichtbildwerk mit der Nr. 2, den Erst- bis Drittbeklagten ferner auch zu untersagen, Werke der Klägerin in veränderter oder bearbeiteter Form, wie zum Beispiel in Gestalt des ebenfalls in Beilage ./G mit der Nr. 5 abgebildeten Phantombilds, ohne Zustimmung der Klägerin zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten;

2. den Erst- bis Drittbeklagten zu untersagen, Werke der Klägerin, insbesondere das in Beilage ./G abgebildete Lichtbildwerk mit der Nr. 2 in unveränderter, der Zweit- und der Drittbeklagten ferner auch zu untersagen, Werke der Klägerin in veränderter oder bearbeiteter Form, wie zum Beispiel in Gestalt des ebenfalls in Beilage ./G mit der Nr. 5 abgebildeten Phantombilds, ohne die Herstellerbezeichnung der Klägerin als Originalurheberin zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.

Im ersten Rechtsgang wurden folgende Teilbegehren abgewiesen (4 Ob 92/08w):

- alle Begehren gegen die Fünftbeklagte;

- alle Begehren gegen die Zweitbeklagte, soweit sie sich auf eine überregionale Ausgabe der von ihr herausgegebenen Zeitung bezogen;

- das Begehren nach Punkt 2 (Namensnennung) gegen die Erstbeklagte;

- die Begehren auf Unterlassung der Vervielfältigung oder Verbreitung eines Lichtbilds in veränderter oder bearbeiteter Form, wie zB des in Beilage ./G mit der Nr. 5 abgebildeten Phantombilds, ohne Zustimmung (Punkt 1) bzw ohne Namensnennung (Punkt 2).

Im Übrigen wurden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben, und die Rechtssache wurde in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen. Noch strittig waren daher im zweiten Rechtsgang die Begehren

1. auf Unterlassung der Veröffentlichung von Werken der Klägerin, insbesondere des in Beilage./G abgebildeten Lichtbildwerks mit der Nr 2, ohne deren Zustimmung, gegen die Erst- bis Viertbeklagte, bei der Zweitbeklagten nur in Bezug auf eine Regionalausgabe;

2. auf Unterlassung der Veröffentlichung von Werken der Klägerin, insbesondere des in Beilage./G abgebildeten Lichtbildwerks mit der Nr 2, ohne Nennung des Namens der Klägerin gegen die Zweit‑ und Drittbeklagte, bei der Zweitbeklagten wieder nur in Bezug auf eine Regionalausgabe.

Dazu bringt die Klägerin vor, die von ihr hergestellten Lichtbilder seien als eigentümliche geistige Schöpfungen urheberrechtlich geschützt. Sie habe alle an Dritte weitergegebenen Fotos mit ihrer Herstellerbezeichnung versehen. Die Beklagten hätten die Werke der Klägerin ohne deren Zustimmung vervielfältigt und - teilweise mit unrichtiger, teilweise ohne Herstellerbezeichnung - veröffentlicht.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Lichtbilder seien Automatenfotos vergleichbar und daher einem urheberrechtlichen Schutz nicht zugänglich. Die Klägerin habe den Auftraggebern die Nutzungsrechte an ihren Lichtbildern exklusiv eingeräumt. Sie habe die Fotos selbst zu Fahndungszwecken zur Verfügung gestellt und sei mit deren Veröffentlichung einverstanden gewesen. Ihre seinerzeitige Zustimmung gelte auch für den Zeitraum nach dem Wiederauftauchen des Mädchens. Im Übrigen liege eine freie Werknutzung nach § 41 UrhG vor, weil die Polizei die Lichtbilder den Presseagenturen gezielt zu Fahndungszwecken bzw zur Information der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt habe. Die Veröffentlichungen seien als Berichterstattung über Tagesereignisse iSd § 42c UrhG, jedenfalls aber als freies Bildzitat zulässig. Die Klägerin habe nicht bescheinigt, dass die Fotos mit ihrer Herstellerbezeichnung versehen gewesen seien, eine Herstellerbezeichnung auf Schmuckmappen und Passepartouts reiche nicht aus.

Das Erstgericht erließ im zweiten Rechtsgang die beantragte einstweilige Verfügung, und zwar in Punkt 1 im noch strittigen Umfang, in Punkt 2 darüber hinaus auch gegen die Viertbeklagte. Es nahm nicht als bescheinigt an, dass die Lichtbilder über amtliche Veranlassung veröffentlicht oder dass sie von der Polizei gezielt zu Fahndungszwecken den Presseagenturen oder den Beklagten zur Verfügung gestellt worden seien. Ebenso sei nicht bescheinigt, dass die Lichtbilder in gekennzeichneten Mappen oder Passepartouts gewesen seien, als sie in den Verfügungsbereich der Beklagten gelangten; daher sei auch die Kenntnis der Beklagten von der Herstellerbezeichnung nicht bescheinigt. Daraus sei rechtlich abzuleiten, dass ein Namensnennungsrecht der Klägerin bestehe. Die Klägerin habe eine ursprünglich Herstellerbezeichnung vorgenommen; die allfällige Beseitigung durch Dritte könne die Beklagten nicht entlasten. Zudem seien die Lichtbilder auch Werke iSv § 3 UrhG, sodass sich das Recht auf Namensnennung auch aus § 20 UrhG ergebe. Hier sei das Anbringen einer Herstellerbezeichnung anders als nach § 74 Abs 3 UrhG nicht erforderlich. Eine freie Werknutzung nach § 41 UrhG liege nicht vor, weil die beanstandeten Veröffentlichungen nicht der Fahndung nach einem allfälligen Mittäter gedient hätten. Insbesondere sei die Bevölkerung nie um Mithilfe bei der Klärung des Verbrechens gebeten worden. Zudem sei die Veröffentlichung von Kinderfotos aus den Jahren 1996 oder 1997 nicht geeignet, 2006 zur Auffindung eines Mittäters beizutragen. Ein Bildzitat habe nicht vorgelegen.

Gegen diese Entscheidung richtete sich ein Rekurs der Beklagten, in dem die Viertbeklagte nicht geltend machte, dass der Kläger Punkt 2 seines Begehrens nur gegen die Erst- bis Drittbeklagte gerichtet hatte. Auch die Klägerin rügte diesen Umstand in der Rekursbeantwortung nicht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs teilweise Folge. Es bestätigte die einstweilige Verfügung zu Punkt 1 des Sicherungsbegehrens (Veröffentlichung ohne Zustimmung), wies aber zu dessen Punkt 2 (Veröffentlichung ohne Namensnennung) den „gegen die Zweit- bis Viertklägerin“ gerichteten Sicherungsantrag ab. Weiters sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei. § 41 UrhG sei nicht anzuwenden, weil nicht bescheinigt sei, dass die Polizei die strittigen Bilder an die Beklagten weitergegeben habe. Auf den Textzusammenhang komme es daher nicht an. Ein zulässiges Bildzitat sei in keinem Fall vorgelegen. Daher sei die einstweilige Verfügung zu Punkt 1 des Begehrens zu bestätigen. Hingegen bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Namensnennung, weil nicht bescheinigt sei, dass die Beklagten die Fotos mit der Herstellerbezeichnung der Klägerin erhalten hätten. Ohne solchen Hinweis sei es praktisch unmöglich, den Fotografen zu ermitteln. Aufgrund der diesbezüglichen Ausführungen des Obersten Gerichtshofs im Aufhebungsbeschluss sei der Antrag daher insofern abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richten sich außerordentliche Revisionsrekurse beider Seiten. Jener der Beklagten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig, jener der Klägerin ist teilweise zulässig und in diesem Umfang auch berechtigt.

A. Zum Revisionsrekurs der Beklagten

1. Die Beklagten machen als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass nach der Entscheidung 4 Ob 170/07i (= MR 2008, 248 [ Walter ] = ÖBl 2008, 345 [ Büchele ] - Natascha K) keine unmittelbare Weitergabe der strittigen Lichtbilder von der Polizei an die jeweiligen Beklagten erforderlich sei. Vielmehr genüge es, wenn bei der Polizei Bilder zur Veröffentlichung auflägen und im Kontext mit deren Publikation auf tatsächlich noch anhängige strafbehördliche Ermittlungen zur Aufklärung einer strafbaren Handlung hingewiesen werde. Das in der aufhebenden Entscheidung 4 Ob 92/08w (= MR 2009, 27 [ Walter ] - Natascha K III) genannte Erfordernis der „Weitergabe“ der Bilder sei in diesem Sinn zu verstehen.

2. Richtig ist, dass das Rekursgericht die aufhebende Entscheidung des Senats missverstanden hat, als es eine unmittelbare Weitergabe der Bilder von der Polizei an die jeweiligen Beklagten forderte. Nach 4 Ob 170/07i genügt es, wenn die Bilder bei der Polizei zur Veröffentlichung aufliegen und auf diese Weise unmittelbar oder auch mittelbar (über Nachrichtenagenturen) zu den Verlagen gelangen.

Nach den Sachverhaltsannahmen der Vorinstanzen ist es aber nicht bescheinigt, dass die Bilder den Beklagten oder Presseagenturen zu Fahndungszwecken zur Verfügung gestellt worden seien. Lichtbild Nr. 2 war zwar unmittelbar nach der Entführung in einem Steckbrief der Polizei veröffentlicht worden. Aus diesem Umstand kann aber nicht abgeleitet werden, dass es dort auch noch im strittigen Zeitpunkt zur Veröffentlichung auflag. Die Behauptung, dass das Lichtbild Nr. 6 im Rahmen einer Pressekonferenz zur Verfügung gestellt worden sei, ist ebenfalls nicht erwiesen. Damit ist es den Beklagten nicht gelungen, eine der beiden in 4 Ob 170/07i kumulativ genannten Voraussetzungen für die freie Werknutzung nach § 41 UrhG zu bescheinigen. Schon aus diesem Grund muss ihr Einwand gegen den Unterlassungsanspruch scheitern.

3. Auf den vom Erstgericht erörterten Kontext der Bildveröffentlichung kommt es daher nicht an. Die diesbezüglichen Ausführungen sind jedoch im Kern nicht zu beanstanden. Ein Interesse der Rechtspflege iSv § 41 UrhG liegt nur dann vor, wenn die Bildveröffentlichung im Zusammenhang mit einem Bericht über noch laufende Ermittlungen steht, sodass das Interesse der Sicherheitsbehörden, das sich im Auflegen der Bilder ausdrückt, durch deren Veröffentlichung wesentlich gefördert wird ( Büchele , ÖBl 2008, 352). Das war zumindest in einigen Fällen nach den diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichts nicht der Fall, dienten die Bilder dort doch ausschließlich der Illustration redaktioneller Berichte ohne Bezug auf weitere Fahndungsmaßnahmen.

B. Zum Revisionsrekurs der Klägerin

1. Der Revisionsrekurs der Klägerin strebt eine einstweilige Verfügung im Sinn von Punkt 2 des Begehrens (Unterlassung der Veröffentlichung ohne Namensnennung) gegen alle vier Beklagten an. Gegenüber der Erstbeklagten wurde dieses Teilbegehren schon im ersten Rechtsgang abgewiesen. Insofern steht dem Revisionsrekurs die Rechtskraft dieser Entscheidung entgegen. Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Erstbeklagte richtet, ist er daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

2. Das Erstgericht hat eine einstweilige Verfügung im Sinn von Punkt 2 des Begehrens auch gegen die Viertbeklagte erlassen, obwohl der Sicherungsantrag (ON 13) - anders als die Klage (ON 1) - insofern nur gegen die Erst-, Zweit- und Drittbeklagte gerichtet waren. Die Viertbeklagte hat in ihrem Rekurs das Fehlen des Antrags nicht gerügt, sondern nur inhaltliche Einwände erhoben.

2.1. Das Fehlen eines Sicherungsantrags erfordert zunächst die Prüfung der Frage, ob die Klägerin insofern überhaupt rechtsmittellegitimiert ist.

Ein Rechtsmittel kann erheben, wer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung zwischen formeller und materieller Beschwer zu unterscheiden. Formelle Beschwer liegt vor, wenn die Entscheidung von dem in der Vorinstanz gestellten Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu seinem Nachteil abweicht (RIS-Justiz RS0041868). Materielle Beschwer ist anzunehmen, wenn die rechtlich geschützten Interessen des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt werden (RIS-Justiz RS0041868; RS0006641). Es muss ein subjektives Recht betroffen sein, nicht nur wirtschaftliche, ideelle oder sonstige Interessen (RIS-Justiz RS0006497 [T2 und T7]). Dies ist nicht abstrakt, sondern bezogen auf die konkrete Stellung einer Verfahrenspartei in dem einzelnen zu entscheidenden Fall zu beurteilen (6 Ob 289/07d mwN).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar in erster Instanz keine einstweilige Verfügung gegen die Viertbeklagte angestrebt. In ihrer Rekursbeantwortung hat sie allerdings beantragt, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben. Sie ist durch die abändernde Entscheidung daher formell beschwert. Selbst wenn man jedoch auf das Fehlen eines verfahrenseinleitenden Sachantrags in erster Instanz abstellte und daher die formelle Beschwer verneinte, läge jedenfalls materielle Beschwer vor. Denn die materielle Rechtskraft der Rekursentscheidung stünde bei unveränderter Sachlage einem weiteren Sicherungsantrag gegen die Viertbeklagte entgegen. Die Rechtsmittellegitimation der Klägerin ist daher zu bejahen.

2.2. Eine Nichtigkeit, die aus Anlass des Revisionsrekurses wahrzunehmen wäre, liegt nicht vor.

Zwar hätte das Erstgericht die einstweilige Verfügung gegen die Viertbeklagte nicht erlassen dürfen. Dieser Mangel bewirkt aber nach ständiger Rechtsprechung zu § 405 ZPO nicht die Nichtigkeit der Entscheidung, sondern kann nur aufgrund einer diesbezüglichen Rüge wahrgenommen werden (RIS-Justiz RS0041240; zuletzt etwa 2 Ob 172/08w und 9 Ob 71/09w). Eine solche Rüge wurde nicht erhoben. Daher hat sich das Rekursgericht auch in Bezug auf die Viertbeklagte zutreffend nur mit dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt. Durch das Unterbleiben der Rüge wurde der Anspruch gegen die Viertbeklagte (endgültig) zum Gegenstand des Verfahrens; auch in dritter Instanz ist daher inhaltlich darüber zu entscheiden.

3. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt vor, weil die Rechtsprechung zu § 20 Abs 1 UrhG einer Klarstellung bedarf. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist daher zulässig, soweit er eine einstweilige Verfügung gegen die Zweit-, die Dritt- und die Viertbeklagte anstrebt.

4. Der Anspruch der Klägerin auf Namensnennung ist - wegen des Werkcharakters der Lichtbilder (4 Ob 92/08w) - nach § 20 UrhG begründet.

4.1. Nach § 20 Abs 1 UrhG bestimmt der Urheber, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist. Unter „Werk“ ist dabei nicht nur das Original zu verstehen, sondern auch Vervielfältigungsstücke ( Grubinger in Kucsko [Hrsg], urheber.recht [2008] 326 mwN). Die Klägerin hat daher als Urheberin das Recht, über die Bezeichnung von Vervielfältigungen ihrer Lichtbilder zu entscheiden. Fraglich ist allerdings, ob die Geltendmachung dieses Recht gegen Dritte - wie beim Recht des Lichtbildherstellers nach § 74 Abs 3 UrhG - vom Setzen eines Urheberrechtsvermerks beim Original abhängt.

4.2. Die letztgenannte Auffassung liegt offenkundig der Entscheidung 4 Ob 340/78 (= SZ 51/134 - Festliches Innsbruck) zugrunde, in der eine „konkrete Bestimmung“ der Bezeichnung durch die Urheber gefordert wird; dass sie nie darauf verzichtet hätten, reiche nicht aus. Dem hält Walter in mehreren Veröffentlichungen entgegen, dass § 20 Abs 1 UrhG ein solches Erfordernis - anders als § 74 Abs 3 UrhG - gerade nicht enthalte ( Walter, Österreichisches Urheberrecht I [2008] Rz 908; schon früher in MR 1994, 243 f und MR 1998, 199 f; zuletzt in MR 2008, 361 f). Eine förmliche Erklärung sei daher nicht erforderlich, vielmehr sei im Normalfall anzunehmen, dass der Urheber eine Bezeichnung mit seinem Namen wünsche. Ähnlich argumentiert Grubinger (aaO 325), der eine Urheberbezeichnung nicht für erforderlich hält; die Berufung auf die Urhebereigenschaft bleibe dem Urheber auch in diesem Fall erhalten.

In der weiteren Rechtsprechung hielt der Senat das Erfordernis einer „konkreten Bestimmung“ zunächst nicht ausdrücklich aufrecht. Allerdings lagen den Entscheidungen jeweils Sachverhalte zugrunde, in denen der Urheber auf oder im Zusammenhang mit dem Original auf seine Urheberschaft hingewiesen hatte. So versah die Urheberin in 4 Ob 101/93 (= SZ 66/122 = MR 1994, 239 [ Walter ] - Win) ihre Zeichnungen regelmäßig mit ihrem Namen oder Künstlernamen; in 4 Ob 63/98p (= SZ 71/92 = MR 1998, 194 [ Walter ] = ecolex 1998, 855 [ Schanda ] - Rauchfänge) war der Name des Urhebers auf der Rückseite der strittigen Bilder angebracht; in 4 Ob 179/01d (= MR 2002, 195 [ Swoboda ] = ÖBl 2003, 164 [ Noll ] - Eurobike) waren die Diapositive mit den Initialen des Urhebers bezeichnet; und in 4 Ob 274/02a = MR 2003, 162 [ Walter ] - Felsritzbilder) war die strittige Zeichnung innerhalb eines namentlich gekennzeichneten Aufsatzes erschienen. Zuletzt hat der Senat in 4 Ob 111/08i = MR 2008, 357 [Walter] - Lageplan) ausgesprochen, dass sich der Urheber zu einer Urheberbezeichnung „entschlossen“ haben müsse.

4.3. § 20 UrhG gewährt dem Urheber das Recht zu entscheiden, ob sein Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist. Das Gesetz geht daher gerade nicht von einer uneingeschränkten Bezeichnungspflicht aus, sondern macht sie von einer Entscheidung durch den Urheber abhängig. Daher ist grundsätzlich an der oben dargestellten Rechtsprechung festzuhalten, wonach der Anspruch auf Bezeichnung von einer diesbezüglichen Entscheidung des Urhebers abhängt.

Richtig ist allerdings, dass diese Entscheidung nicht unbedingt durch eine förmliche Erklärung erfolgen muss. Vielmehr genügt es, wenn der Urheber anlässlich der Veröffentlichung des Werks oder bei der Übergabe eines Werksstücks an einen Dritten erkennen lässt, dass er die Bezeichnung mit seinem Namen wünscht. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Verkörperung des Werks (Bild, Manuskript, Tonträger) unmittelbar mit dem Namen des Urhebers bezeichnet ist. Gleiches gilt aber auch dann, wenn ein Lichtbildwerk in einem Passepartout oder einer Schmuckmappe übergeben wird, die mit dem Namen des Urhebers versehen ist. Denn auch dadurch lässt der Urheber erkennen, dass er auf die Bezeichnung des Werks mit seinem Namen Wert legt. Wird die Bezeichnung in weiterer Folge bei (zulässigen oder unzulässigen) Vervielfältigungs- oder Verbreitungshandlungen entfernt, sodass sie von anderen Personen nicht mehr wahrgenommen werden kann, so kann das die Rechtsstellung des Urhebers nicht mehr beeinträchtigen. Denn einen gutgläubigen (hier „lastenfreien“) Erwerb gibt es im Urheberrecht nicht (4 Ob 57/03s = MR 2003, 239 - Die Puppenfee; zuletzt auch 4 Ob 64/09d = MR 2009, 206 [ Walter ]). Mehr noch: selbst wenn der Urheber gegenüber einem bestimmten Dritten auf das Bezeichnungsrecht verzichtet hat, können sich andere Personen, die über kein davon abgeleitetes Recht verfügen, darauf nicht berufen (4 Ob 101/93 - Win).

4.4. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei der Übergabe der Lichtbilder an ihre Auftraggeberin klar zu erkennen gegeben, dass sie eine Urheberbezeichnung wünscht; dabei ist unerheblich, ob ihr Name im konkreten Fall auf den Lichtbildern selbst oder auf Passepartouts oder Schmuckmappen aufschien. Zwar mag das für die Beklagten Jahre später nicht (mehr) erkennbar gewesen sein. Das kann aber nichts daran ändern, dass sich die Klägerin für die Urheberbezeichnung entschieden und diese Entscheidung bereits lange vor der hier strittigen Veröffentlichung nach außen kundgetan hatte. Nachträgliche Änderungen können die Wirksamkeit dieses Entschlusses nicht beeinträchtigen.

4.5. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist daher nach § 20 Abs 1 UrhG begründet. Auf ein Verschulden der Beklagten kommt es dabei nicht an. Soweit sie sich darauf stützen, es sei ihnen im konkreten Fall unzumutbar gewesen, den Namen der Urheberin zu ermitteln, verkennen sie ihre Rechtsstellung: Veröffentlichen sie ein Lichtbildwerk, so greifen sie in Ausschließungsrechte des Urhebers ein, wenn sie sich nicht auf eine (Kette von) Rechteeinräumung(en) berufen können. Auch bei der Übernahme von Lichtbildern, die eine Nachrichtenagentur zur Verfügung stellt, sind sie daher Ansprüchen des Urhebers ausgesetzt, wenn die Agentur nicht über Verwertungsrechte verfügt und ihnen daher nicht mehr Rechte übertragen kann als sie selbst hat. Weshalb das beim Bezeichnungsrecht des Urhebers anders sein soll, ist nicht zu erkennen.

Für den Fall einer freien Werknutzung (unter anderem) nach § 41 UrhG sieht § 57 Abs 4 UrhG ohnehin vor, dass die Quellenangabe nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten unterbleiben kann. Das könnte bei einer Veröffentlichung im Interesse der Rechtspflege zutreffen, wenn die Veröffentlichung dringlich ist und die Ermittlung des Urhebers trotz gehörigen Bemühens scheitert. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

4.6. Nur zur Klarstellung ist festzuhalten, dass der Urheber seine Entscheidung über die Bezeichnung oder Nichtbezeichnung des Werks auch noch nach dessen Veröffentlichung oder der Übergabe eines Werkstücks treffen kann, soweit er nicht gegenüber bestimmten Dritten wirksam darauf verzichtet hat (vgl 4 Ob 164/02z = SZ 2002/96 = MR 2002, 307 [ Walter ] = ÖBl 2003, 147 [ Wolner ] - Universum). Denn § 20 Abs 1 UrhG enthält keine Beschränkung dahingehend, dass die Entscheidung in jenem Zeitpunkt zu treffen wäre, zu dem das Werk aus der Sphäre des Urhebers hinaustritt.

5. Aus diesen Gründen ist dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts zur Gänze wiederherzustellen. Dies gilt auch für die einstweilige Verfügung gegen die Viertbeklagte. Es ist unstrittig, dass auch sie eines der Lichtbilder ohne (korrekte) Urheberbezeichnung veröffentlicht hat. Daher besteht der durch Unterbleiben einer Mängelrüge im Sicherungsverfahren strittig gewordene Unterlassungsanspruch auch gegen sie.

6. Die Kostenentscheidung für das Rechtmittelverfahren gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Ein Ersatzanspruch der Erstbeklagten für die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung besteht nicht, weil sie nicht auf die ihr gegenüber bestehende Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat.

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