OGH 4Ob122/11m

OGH4Ob122/11m20.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der I***** G*****, vertreten durch den Verfahrenssachwalter Dr. Karl König, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, über den „Rekurs“ (richtig: außerordentlichen Revisionsrekurs) des Einschreiters Dr. J***** H*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Mai 2011, GZ 48 R 105/11p, 48 R 106/11k-38, mit welchem die Rekurse des Einschreiters gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Josefstadt vom 28. Oktober 2010, GZ 27 P 162/10t-4, und vom 4. Februar 2011, GZ 27 P 162/10t-17, zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Aufgrund einer Verständigung durch eine Krankenanstalt leitete das Erstgericht ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung für die 89-jährige Betroffene ein. In diesem Verfahren bestellte es einen Rechtsanwalt zum Verfahrenssachwalter und zum einstweiligen Sachwalter für dringende Angelegenheiten (ON 4). Da sich aus dem psychiatrischen Gutachten ergab, dass die Betroffene bei der 2009 erfolgten Veräußerung einer Liegenschaft an den Einschreiter (einen entfernten Angehörigen) geschäftsunfähig gewesen sein könnte, genehmigte das Erstgericht auf Antrag des einstweiligen Sachwalters die Einbringung einer Klage auf Rückabwicklung dieses Vertrags (ON 17).

Der Einschreiter erhob gegen beide Beschlüsse Rekurs. Die Betroffene habe ihn 2009 beauftragt, „sich hinkünftig um [ihre] Angelegenheiten zu kümmern“. Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verfahrenssachwalter und die Genehmigung der Klagsführung lägen nicht in ihrem Interesse.

Das Rekursgericht wies die Rekurse zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Auch nahe Angehörige hätten in Sachwalterschaftssachen keine Parteistellung und daher auch kein Rekursrecht. Soweit das Vorbringen des Erwerbers dahin zu verstehen sei, dass er die Rekurse für die Betroffene erhebe, fehle es am urkundlichen Nachweis einer Vollmacht. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil „Fragen der Unterhaltsbemessung im Einzelfall keine Rechtsfragen erheblicher Bedeutung darstellen“.

Dagegen richtet sich ein als Rekurs bezeichnetes Rechtsmittel des Einschreiters. Er stützt sich ausschließlich auf den von ihm behaupteten Auftrag der Betroffenen, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Daher sei er deren selbst gewählter Vertreter iSv § 119 AußStrG; eine schriftliche Vollmacht sei dafür nicht erforderlich.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist zurückzuweisen.

1. Ein im Rekursverfahren ergangener Beschluss des Rekursgerichts, mit dem ein Rekurs aus formalen Gründen zurückgewiesen wurde, ist im Außerstreitverfahren nur unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG anfechtbar (RIS-Justiz RS0120974, RS0120565; zuletzt etwa 2 Ob 85/10d). Das Rechtsmittel ist daher mangels Zulassung durch das Rekursgericht als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandeln.

2. Der Erwerber beruft sich darauf, „selbst gewählter Vertreter“ der Betroffenen zu sein; auf eine (wie immer begründete) eigene Rechtsmittellegitimation stützt er sich nicht. Daraus ist abzuleiten, dass er mit dem Rechtsmittel ausschließlich für die Betroffene (dh in deren Namen) handeln will. In diesem Fall sind aber, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, die gesetzlichen Vorschriften über die Vertretung im Verfahren anzuwenden.

2.1. Nach § 6 Abs 4 AußStrG iVm § 30 Abs 1 ZPO haben Personen, die im Verfahren für einen anderen einschreiten wollen, ihre Bevollmächtigung urkundlich nachzuweisen; nach § 6 Abs 4 AußStrG iVm § 30 Abs 4 ZPO kann die Vollmacht unter bestimmten Voraussetzungen auch zu gerichtlichem Protokoll erklärt werden. Eine - allenfalls erweisbare - mündliche Vollmachterteilung reicht nicht aus.

2.2. Ein Grund, weshalb die Rechtslage im Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters oder die Genehmigung einer Klageführung anders sein soll, ist nicht erkennbar. Ist der Betroffene nicht offenkundig unfähig, den Zweck einer Vollmachterteilung zu erkennen, kann er ohnehin auch noch während des Bestellungsverfahrens wirksam Vollmacht erteilen (RIS-Justiz RS0008539, zuletzt etwa 2 Ob 173/08t und 6 Ob 240/10b). Fehlt ihm die dafür erforderliche Einsicht, wird er auch über eine früher erteilte Vollmacht keine Auskunft mehr geben können. Ließe man dennoch die Berufung auf eine mündlich (oder auch nur konkludent) erteilte Vollmacht zu, deren Vorliegen durch andere Beweismittel erwiesen werden müsste, belastete man das Verfahren mit untragbarer Rechtsunsicherheit. Auch in der bisherigen Rechtsprechung zur selbst gewählten Vertretung im Sachwalterbestellungsverfahren waren daher regelmäßig Sachverhalte zu beurteilen, in denen eine schriftlich erteilte Vollmacht vorlag (vgl nur zuletzt 3 Ob 154/08f und 8 Ob 83/09b).

3. Damit ist die Vertretungsbefugnis des Einschreiters, der den Revisionsrekurs nach seinem Vorbringen als Vertreter der Betroffenen erhoben hat, nicht nachgewiesen. Ein Verbesserungsverfahren ist nicht einzuleiten, weil der Einschreiter ohnehin zugesteht, über keine schriftliche Vollmacht zu verfügen. Vielmehr ist der Revisionsrekurs wegen des Fehlens einer wirksam erteilten Vollmacht zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte