Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache an das Bezirksgericht Floridsdorf zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt die Scheidung ihrer mit dem Beklagten geschlossenen Ehe aus dessen Verschulden sowie die Verurteilung des Beklagten zur Leistung eines Unterhaltes. Das Verfahren darüber ist seit 27.4.1989 beim Bezirksgericht Schwaz anhängig. Die Parteien hatten die Vernehmung von insgesamt 18 Zeugen beantragt. 10 davon hat mittlerweile das erkennende Gericht vernommen (ON 20, 37 und 41); 5 wurden im Rechtshilfeweg durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien gehört (ON 54); 3 Zeugen konnten unter der angegebenen Anschrift nicht geladen werden (ON 56).
Die Klägerin begehrt nun die Delegierung der Sache an das Bezirksgericht Floridsdorf. Sie sei finanziell nicht mehr in der Lage, nach Schwaz zu reisen; außerdem müsse sie ihren Sohn, der in Wien zur Schule gehe, beaufsichtigen. Sie sei Invalide, während ihr Mann gesund sei, ein Auto besitze, kostenlos bei Verwandten in Wien wohnen könne und wesentlich mehr als sie verdiene. Der letzte gemeinsame Wohnsitz habe in Wien 21, Semmelweisgasse 12, bestanden. Der Beklagte sprach sich gegen diesen Antrag aus, weil die Delegierung jetzt, wo das Verfahren beim Bezirksgericht Schwaz vor dem baldigen Abschluß stehe, unzweckmäßig wäre (ON 60).
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Nach § 31 Abs. 1 und 2 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßig ist eine Delegierung dann, wenn beide Parteien oder doch eine von ihnen sowie die überwiegende Anzahl der Zeugen im Sprengel des anderen Gerichtes wohnen und die Durchführung vor dem erkennenden Gericht übermäßige Kosten verursachen würde (Fasching I 232). Alle diese Voraussetzungen fehlen im vorliegenden Fall: Ganz abgesehen davon, daß keine der Parteien im Sprengel des Bezirksgerichtes Floridsdorf wohnt, sind mittlerweile so gut wie alle Zeugen schon vernommen worden; den größeren Teil davon hat das erkennende Gericht selbst gehört. Wollte man die Sache jetzt an ein anderes Gericht übertragen, dann müßte sich das nunmehr bestellte Gericht entweder mit der Verlesung der vor dem Bezirksgericht Schwaz abgelegten Zeugenaussagen begnügen oder die in Tirol ansässigen Zeugen - unter hohem Kostenaufwand - nach Wien laden, um sie neuerlich befragen zu können. Daß dies keinesfalls zweckmäßig wäre, liegt auf der Hand. Die von der Klägerin geltend gemachten Umstände könnten allenfalls die Vernehmung der Klägerin als Partei vor einem Rechtshilfegericht rechtfertigen (§ 375 Abs 2, letzter Satz, ZPO), nicht aber eine Delegierung.
Aus diesen Erwägungen war der Delegierungsantrag abzuweisen.
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