OGH 4Nc9/09z

OGH4Nc9/09z20.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** AG, *****, vertreten durch Mag. Andreas Germann, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 199.525,82 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Landesgericht Feldkirch bestimmt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadenersatz infolge Verletzung vertraglicher wie außervertraglicher Sorgfaltspflichten. Sie ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz und wird durch einen Bregenzer Rechtsanwalt vertreten. Sie beantragte die Vernehmung ihres Verwaltungsrats als Partei sowie eines Zeugen, der in einer Vorarlberger Filiale der Beklagten tätig ist. Die den Klageanspruch bestreitende Beklagte berief sich auf die Einvernahme desselben Zeugen sowie einer weiteren in einer Vorarlberger Filiale tätigen Angestellten.

Zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung beantragte die Klägerin die Delegierung nach § 31 JN vom zunächst von ihr angerufenen Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien an das Landesgericht Feldkirch. Sie verwies auf den Wohnsitz der zu vernehmenden Personen und weiters darauf, dass sie noch Zeugen aus Deutschland und Holland beantragen werde sowie die Vorführung eines derzeit in Nordrhein-Westfalen inhaftierten Zeugen. Für alle sei die Anreise nach Feldkirch leichter bzw schneller und kostengünstiger als nach Wien.

Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus. Die Parteienvernehmung der Klägerin sowie des Vorarlberger Zeugen könnten an einem Tag durchgeführt werden. Die Klägerin hätte darüber hinaus die Klage schon beim Landesgericht Feldkirch als Tatortgericht einbringen können.

Das zunächst angerufene Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sprach sich im Hinblick auf den Wohnort der zu vernehmenden Personen für die Delegierung als zweckmäßig aus. Im Hinblick auf das umfangreiche Vorbringen der Streitteile und die zahlreich vorgelegten Urkunden seien umfangreiche Vernehmungen zu erwarten. Die Organisation der Beweisaufnahme werde durch die große Entfernung wesentlich erschwert. Die Übertragung der Zuständigkeit würde den Organisationsaufwand wesentlich erleichtern und damit auch zu einer voraussichtlichen Verkürzung des Prozesses sowie Verbilligung des Verfahrens führen (Reduktion der Zeugengebühren). Eine Vernehmung der Bankangestellten mittels Videokonferenz sei nicht zweckmäßig, weil nach der Erfahrung des erkennenden Gerichts Urkundenvorhalte über die Videoanlage schlecht oder gar nicht funktionierten.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann. Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinn sind der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage eines Augenscheinsgegenstands (RIS-Justiz RS0046540). Im Hinblick auf den Wohnort der zu vernehmenden Zeugen und Parteien im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch oder in dessen - zumindest im Vergleich zu Wien - relativer Nähe erscheint die beantragte Delegierung zweckmäßig. Dass die Klägerin unzweckmäßigerweise nicht gleich die Klage beim nun begehrten Gericht eingebracht hat, steht einer zweckmäßigen Delegierung nicht entgegen (RIS-Justiz RS0109590).

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