OGH 3Ob99/07s

OGH3Ob99/07s23.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl P*****, vertreten durch Dr. Alexander Knotek, Rechtsanwalt in Baden, wider die beklagte Partei Renate P*****, vertreten durch Dr. Friedrich Lorenz, Rechtsanwalt in Baden, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 11. August 2006, GZ 16 R 48/06g-68, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28. Februar 2007, AZ 16 R 48/06g, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 18. Mai 2005, GZ 6 C 14/03a-51, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der ordentlichen Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Berufungsentscheidung in ihrem Ausspruch über das gänzliche Erlöschen des betriebenen Anspruchs ab 1. Jänner 2003 dahin abgeändert, dass dieses Erlöschen erst für die Zeit ab 1. August 2003 festgestellt wird. Im übrigen Umfang wird die Berufungsentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass das über den Ausspruch des Erlöschens des betriebenen Anspruchs hinausgehende Mehrbegehren der klagenden Partei abgewiesen wird.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die Hälfte der Pauschalgebühren erster und zweiter Instanz, das sind 23,50 EUR und 26,50 EUR binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die klagende Partei hat der beklagten Partei die Hälfte der Pauschalgebühr dritter Instanz, das sind 79,50 EUR, binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens vor dem Bezirksgericht Liesing wurde der Oppositionskläger (dort Beklagter und Widerkläger) mit einstweiliger Verfügung vom 13. November 2001, 5 C 174/00d-39, zur Zahlung eines einstweiligen Unterhalts vom monatlich 20.000 S (1.453,46 EUR) ab 8. Mai 2001 bis zur rechtskräftigen Erledigung des Scheidungsverfahrens verpflichtet, und zwar die bis zur Rechtskraft dieser einstweiligen Verfügung fälligen Beträge - abzüglich bereits geleisteter Zahlungen von je 9.000 ATS (= 654,06 EUR) monatlich von Mai bis Oktober 2001 und weiterer Akontozahlungen von 15.000 ATS am 28. September 2001 und 3.000 ATS am 9. November 2001 - binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein.

Die Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 26. September 2002, GZ 5 C 174/00d-65, gemäß § 55 EheG aus dem überwiegenden Verschulden des Oppositionsklägers geschieden. Seiner Berufung wurde nicht Folge gegeben. Seine außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 12. Juni 2003, AZ 2 Ob 123/03g, zurückgewiesen. Die Zustellung dieser Entscheidung erfolgte im August 2003.

Der Kläger bezahlte ab 8. Mai 2001 jeweils 654,06 EUR monatlich bis einschließlich Dezember 2002. In diesem Monat leistete er noch eine weitere Zahlung von 100 EUR an die Frau.

Der Beklagten wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom 24. Juni 2002, 5 E 1909/02z-2, antragsgemäß die Forderungsexekution nach § 294a EO sowie die Fahrnisexekution zur Hereinbringung von 10.392,21 EUR Unterhaltsrückstand (zum 3. Juni 2002) sowie auf (restlichen) laufenden Unterhalt von 654,04 EUR ab 1. Juni 2002 bewilligt. In ihrem Exekutionsantrag hatte sie dabei darauf verwiesen, der Kläger als Verpflichteter habe von Mai bis Oktober 2001 sowie von November 2001 bis April 2002 jeweils 654,05 EUR monatlich sowie zusätzlich 1.090,09 EUR am 28. September 2001 und 281,01 EUR am 9. November 2001 bezahlt. Am 23. September 2002, GZ 5 E 3019/02k-2 des Erstgerichts, wurde ihr darüber hinaus antragsgemäß die Forderungsexekution nach § 294 EO auf ein Kontoguthaben des Klägers bei der Raiffeisenbank Baden zur Hereinbringung des (zum 6. September 2002) fälligen Unterhaltsrückstands von 15.750,59 EUR sowie des (restlichen) laufenden Unterhalts von 654,05 EUR ab 1. September 2002 bewilligt. Auch in diesem Exekutionsantrag hatte die betreibende Beklagte ausgeführt, der Kläger als Verpflichteter habe von Mai bis Oktober 2001 sowie von November 2001 bis April 2002 jeweils EUR 654,05 monatlich sowie zusätzlich 1.090,09 EUR am 28. September 2001 und 281,01 EUR am 9. November 2001 bezahlt. Am 20. November 2002 wurde ihr schließlich zu GZ 5 E 3542/02x-2 des Erstgerichts wegen des fälligen Unterhaltsrückstands (zum 1. November 2002) von 17.146,67 EUR sowie des (restlichen) laufenden Unterhalts von 654,05 EUR ab 1. November 2002 antragsgemäß die Exekution auf Vermögensrechte gemäß § 331 EO (auf den Hälfteanteil des Klägers an der P***** Gesellschaft bürgerlichen Rechts, im Folgenden nur GesbR) bewilligt. Auch in diesem Exekutionsantrag hatte sie auf die Zahlungen des Klägers als Verpflichteten (Mai bis Oktober 2001 sowie November 2001 bis April 2002 jeweils 654,05 EUR monatlich sowie zusätzlich 1.090,09 EUR am 28. September 2001 und 281,01 EUR am 9. November 2001) verwiesen. Darüber hinaus habe er aufgrund der betriebenen Exekution zu AZ 5 E 3019/02k am 29. Oktober 2002 512,84 EUR bezahlt.

Mit der am 14. November 2003 beim Erstgericht eingelangten Oppositionsklage begehrt der Kläger, den Anspruch „für den Zeitraum bis 31. Dezember 2002 infolge Zahlung um 5.232,16 EUR" und ab 1. Jänner 2003 zur Gänze für erloschen zu erklären. Er habe neben den in den Exekutionsanträgen erwähnten Zahlungen nicht nur bis April 2002 monatlich 654,02 EUR bezahlt, sondern diese Zahlungen bis Dezember 2002 geleistet. Im Übrigen sei seine Unterhaltsverpflichtung mit der Rechtskraft der Ehescheidung befristet. Diese Rechtskraft sei am 14. Februar 2003 (d.i. Datum der Zustellung des Berufungsurteils) im Scheidungsverfahren eingetreten. Das Verfahren über die eingebrachte außerordentliche Revision sei ohne Bedeutung. Der Kläger sei seit vielen Jahren stark alkoholabhängig. Dies habe zu einer völligen Arbeitsunfähigkeit im Laufe des Jahres 2002 geführt. Es sei deshalb zum Ende des Jahres 2002 die Auflösung der GesbR, aus welcher der Kläger sein bisheriges Einkommen bezogen habe, vereinbart worden. Im Verfahren über den einstweiligen Unterhalt sei davon ausgegangen worden, dass der Kläger als Gesellschafter ein Einkommen von durchschnittlich netto 70.000 S erwirtschaften könne. Dies sei ab Anfang 2003 nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger könne nicht mehr als 600 EUR netto monatlich durch Gelegenheitsarbeiten verdienen. Dem gegenüber erfreue sich die Beklagte bester Gesundheit und könne aufgrund ihrer Ausbildung als Volksschullehrerin und als Buchhalterin ein entsprechendes Einkommen von zumindest 700 EUR monatlich verdienen, sodass ihr kein Unterhaltsanspruch zustehe. In der Tagsatzung vom 17. Mai 2005 brachte der Kläger noch vor, dass die GesbR Ende 2002 bereits starke Umsatzeinbußen gehabt habe. Im Jahr 2003 habe sich der Umsatz halbiert. Es hätten beträchtliche Betriebsschulden bestanden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Oppositionsklage. Der Kläger sei bis zum 31. Dezember 2002 50 %-Gesellschafter der GesbR gewesen. Deren Auflösung sei erfolgt, um Unterhaltszahlungen an die Beklagte und ihren Sohn nicht leisten müssen. Die Angaben des Klägers über seinen schlechten Gesundheitszustand seien unrichtig. Seit der Erlassung der einstweiligen Verfügung hätten sich die Verhältnisse nicht geändert. Eine Arbeitsfähigkeit der Beklagten hätte der Kläger schon im Titelverfahren behaupten müssen. Der Kläger selbst könne iSd Anspannungstheorie weit höhere Beträge ins Verdienen bringen, als er behaupte.

Das Erstgericht gab der Oppositionsklage nur mit einem Teilbetrag von 100 EUR statt und wies das Mehrbegehren ab. Es traf über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende zusammengefassten Feststellungen:

Der Kläger habe schon ab etwa 1980 begonnen, mit Würmern und Maden Handel zu treiben und dazu mit einem Partner eine GesbR gegründet. Im Sommer 1999 sei der Kläger aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Unmittelbar nachdem dem Kläger der erste Exekutionsbewilligungsbeschluss vom 20. November 2002 zugestellt worden sei, habe er einvernehmlich mit seinem Partner die GesbR per 31. Dezember 2002 mit der Absicht aufgelöst, sich dadurch seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten zu entziehen. Das Monatseinkommen des Klägers habe zum Zeitpunkt der Auflösung der GesbR 5.087 EUR betragen. Die Alkoholabhängigkeit des Klägers sei zwar arbeitsleistungsmindernd, schließe aber seine Erwerbsfähigkeit nicht aus. Dieser Zustand habe bereits zu Beginn des Jahres 2001 bestanden. Er könne seinen Alkoholmissbrauch zumindest dahin beherrschen, dass eine Ganztagsbeschäftigung möglich sei, und zwar auch in verantwortungsvoller Tätigkeit. Der Kläger sei noch im Jahr 2003 in der Lage gewesen und sei es auch noch heute, eine Tätigkeit auszuüben, wie er sie als Gesellschafter der GesbR ausgeübt habe. Aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten könne der Kläger den Beruf eines Handelsvertreters ausüben. Als solcher hätte er im Jahr 2001 1.843,50 EUR monatlich verdienen können, im Jahr 2002 1.874,24 EUR und im Jahr 2003 1.903,78 EUR. Seine Chancen auf eine Tätigkeit als Handelsvertreter seien im Zeitraum 2001 bis 2003 aber gering gewesen. Der Kläger sei im Betrieb der GesbR, die seit 1. Jänner 2003 als Einzelunternehmen weitergeführt worden sei, wieder beschäftigt und verdiene „offiziell" ein Einkommen von lediglich 250 EUR netto monatlich. Er verrichte im Unternehmen dieselben Tätigkeiten, wie er sie zuvor als Gesellschafter ausgeübt habe.

Die Beklagte sei im Betrieb der GesbR als Buchhalterin tätig gewesen. In den Jahren 2001 bis 2003 habe sie nur über eine monatliche Notstandshilfe von 430 EUR verfügen können. Seit 15. Juni 2002 arbeite sie als Verkäuferin und verdiene monatlich 297 EUR. Die Beklagte wäre in den Jahren 2001 bis 2003 als Bürokauffrau nur schwer vermittelbar gewesen. Eine realistische berufliche Alternative bestünde für sie nur in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, beispielsweise als Ladnerin mit einem Einkommen von 400 bis 450 EUR monatlich netto. Die Chancen auf eine Ganztagsbeschäftigung seien gering.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass sich der Oppositionskläger auf starke Umsatzeinbußen im Unternehmen der GesbR wegen der Eventualmaxime des § 35 Abs 3 EO nicht berufen könne. Wegen der festgestellten Absicht, dass sich der Kläger durch die Auflösung der GesbR seiner Unterhaltsverpflichtung entziehen habe wollen, sei iS der Anspannungstheorie vom bisherigen Einkommen des Klägers auszugehen. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass der Beklagten die Erlangung eines ihr zumutbaren Arbeitsplatzes möglich wäre. Die von der Beklagten bezogene Notstandshilfe bzw. Arbeitslosenunterstützung sei ein Sachverhalt, der schon vor Schaffung des Exekutionstitels gegeben gewesen sei. Bei Anrechnung der Notstandshilfe oder eines Einkommens von etwa 300 EUR der Beklagten reduziere sich der mit der einstweiligen Verfügung angeordnete einstweilige Unterhalt nicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und erklärte den betriebenen Anspruch in den drei Exekutionsverfahren wegen der vom Kläger in den Monaten Mai 2002 bis einschließlich Dezember 2002 insgesamt bezahlten 5.232,16 EUR an Unterhaltsrückstand zum 31. Dezember 2002 sowie weiters den betriebenen Anspruch ab 1. Jänner 2003 zur Gänze für erloschen. Der Ausspruch über das Erlöschen des betriebenen Unterhaltsrückstands infolge Zahlungen ist inhaltlich im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

Zum gänzlichen Erlöschen des betriebenen Unterhaltsanspruchs ab 1. Jänner 2003 und zum Nichterlöschen eines betriebenen Teilanspruchs von 100 EUR führte das Berufungsgericht im Wesentlichen Folgendes aus:

Die vom Erstgericht (allein) berücksichtigte Zahlung von 100 EUR sei zwar von den Parteien außer Streit gestellt worden. Der Kläger habe aber sein Klagebegehren nicht entsprechend ausgedehnt, sodass die Anerkennung des Erlöschens dieses Betrags durch das Erstgericht gegen § 405 ZPO verstoße.

Bei der Beurteilung des Erlöschens des laufenden Unterhaltsanspruchs der Beklagten sei zunächst entgegen der Ansicht des Oppositionsklägers davon auszugehen, dass der Unterhaltsanspruch der Frau erst mit der formellen Rechtskraft des Scheidungsurteils weggefallen sei. Die Rechtskraft beim rechtsgestaltenden Scheidungsurteil trete erst mit der Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ein, hier also mit August 2003. Der betriebene Unterhaltsanspruch sei allerdings schon zuvor aus folgenden Gründen erloschen: Auch wenn der Oppositionskläger die Auflösung der GesbR in der Absicht vorgenommen habe, sich der Unterhaltsverpflichtung zu entziehen, dürfe nicht übersehen werden, dass im Bescheinigungsverfahren bei der Schaffung des Unterhaltstitels mit einstweiliger Verfügung von einem bloß fiktiven Einkommen des Klägers von monatlich 70.000 S netto ausgegangen worden sei, obwohl dort der Sachverständige lediglich ein Monatseinkommen von 18.000 S ermittelt habe. Die Anspannung dürfe nicht zu einer bloßen Fiktion führen, es müsse immer auf ein reales Einkommen abgestellt werden. Nach dem 1. Jänner 2003 habe der Kläger nur noch geringe Einkünfte erzielt. Er sei alkoholkrank und nur eingeschränkt in der Lage, Einkommen zu erzielen. Seine Chancen, auf dem Arbeitsmarkt als Handelsvertreter unterzukommen, seien gering. Insgesamt hätten sich daher die Verhältnisse seit der Erlassung der einstweiligen Verfügung derart verändert, dass der Kläger für den relevanten Zeitraum von Jänner bis August 2003 nicht mehr auf ein Einkommen angespannt werden könne, das die Leistung von Unterhalt an die Beklagte zulassen würde. Die nachträglich zugelassene Revision der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Mit der Oppositionsklage gemäß § 35 Abs 1 EO können nur solche den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen eingewendet werden, die nach Entstehen des Exekutionstitels eingetreten sind. Der Schluss der Verhandlung erster Instanz ist der maßgebliche Stichtag (Jakusch in Angst, EO, § 35 Rz 52). Wegen der Eventualmaxime des § 35 Abs 3 EO hat der Kläger schon in der Klage sämtliche Einwendungen zu erheben (3 Ob 294/04p uva; Jakusch aaO Rz 85f). Schon an dieser Stelle ist daher festzuhalten, dass auf das erst in der Tagsatzung vom 17. Mai 2005 erstattete Tatsachenvorbringen des Klägers, die GesbR habe bereits Ende 2002 starke Umsatzeinbußen und beträchtliche Betriebsschulden gehabt (sich also auch die Einkommensituation des Klägers bei Weiterverbleib in der Gesellschaft relevant verschlechtert hätte) nicht zu berücksichtigen ist und dass die Vorinstanzen zu diesem Thema zutreffend keine Feststellungen getroffen haben.

II. Zu der von der Revisionswerberin allein relevierten erheblichen Rechtsfrage, ob im Oppositionsstreit die tatsächlichen Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Schaffung des Exekutionstitels überprüft werden können:

1. Einer Überprüfung steht nicht nur der schon zu I. erläuterte Umstand entgegen, dass mit der Oppositionsklage nur eine Sachverhaltsänderung nach Schaffung des Titels geltend gemacht werden kann, es ist auch die Rechtskraft und die materielle Bindungswirkung der Entscheidung im Titelverfahren zu beachten. Die Oppositionsklage ist kein Rechtsbehelf gegen allenfalls fehlerhafte Entscheidungen (RIS-Justiz RS0001101). Die Folgen einer unrichtigen Ansicht im Titelverfahren können nicht im Wege einer Oppositionsklage beseitigt werden (3 Ob 56/89).

2. Das Berufungsgericht missversteht die Entscheidungsbegründung im Titelverfahren. Grundlage der einstweiligen Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO war nicht ein vom Oppositionskläger in der GesbR erzielbares, fiktives Einkommen, sondern das festgestellte Monatseinkommen von 70.000 S (= 5.087 EUR) netto. Dass der Sachverständige im Titelverfahren nach den ihm zur Verfügung gestellten schriftlichen Unterlagen nur ein Monatseinkommen von 18.000 S ermittelte, trifft zwar zu, die Tatsacheninstanzen im Vorprozess sind jedoch von sogenannten „Schwarzeinkünften" ausgegangen, sodass für den folgenden Oppositionsstreit das von ihnen festgestellte weit höhere Monatseinkommen von 70.000 S bindend feststeht. Dieses Einkommen hat das Gericht im Oppositionsprozess nicht mehr zu überprüfen, sondern vielmehr von dieser Basis ausgehend eine Änderung der Verhältnisse zu erforschen.

III. Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung den festgestellten Alkoholismus des Klägers und die geringen Chancen seiner Vermittelbarkeit als Handelsvertreter auf dem Arbeitsmarkt irrig als maßgebliche Änderung der Verhältnisse zugunsten des Oppositionsklägers bewertet und ist dabei von den Grundsätzen der Rsp zur sogenannten Anspannungstheorie abgewichen:

1. Übersehen wurden die konkreten Feststellungen des Erstgerichts zur Arbeitsfähigkeit des Klägers (S 13 in ON 51):

„Der Kläger war noch im Jahre 2003 in der Lage, und ist es auch noch heute, eine Tätigkeit auszuüben, wie er sie als Gesellschafter der P***** Gesellschaft nach bürgerlichen Recht ausgeübt hat, hätte sohin seine im Gewerbebetrieb dieser Gesellschaft bis zu ihrer Auflösung ausgeübte Tätigkeit und Funktion auch noch danach, also auch noch im Jahr 2003 und danach, ausüben können".

2. Damit kommt der weiteren Feststellung (S 12 in ON 51), dass der Kläger aus der GesbR mit der Absicht ausschied, „sich dadurch seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten zu entziehen", entscheidungswesentliche Bedeutung zu:

Die Anspannung auf ein tatsächlich nicht erzieltes Einkommen hat immer dann zu erfolgen, wenn den Unterhaltsschuldner ein Verschulden daran trifft, dass er keiner zumutbaren Erwerbstätigkeit nachgeht (RIS-Justiz RS0047495). Die Fahrlässigkeit ist an der Sorgfalt eines ordentlichen, familien- und pflichtbewussten Ehepartners zu messen (7 Ob 151/06s). Dass der Anspannungsgrundsatz bei rechtsmissbräuchlicher Aufgabe eines gutdotierten Arbeitsplatzes anzuwenden ist, braucht nicht näher erläutert werden (zur vorsätzlichen Unterhaltsflucht: 10 Ob 2184/96s).

IV. Aus den erläuterten Gründen ist für den gesamten Zeitraum ab der Auflösung der GesbR bis zum Erlöschen der Unterhaltspflicht infolge Rechtskraft des Scheidungsurteils der titelmäßige Unterhaltsanspruch der Beklagten mangels geänderter Verhältnisse aufrecht. Als berechtigter Oppositionsgrund können nur die vom Berufungsgericht ohnehin berücksichtigten Zahlungen (Mai bis Dezember 2002) des Klägers angesehen werden:

Das Berufungsgericht hat in der Frage des Erlöschens des Unterhaltsanspruchs eines Ehegatten bei aufrechter Ehe (§ 94 EheG) zutreffend auf den Eintritt der formellen Rechtskraft abgestellt, die hier mit der Zustellung der oberstgerichtlichen Entscheidung über die außerordentliche Revision der Oppositionsbeklagten im Scheidungsverfahren eingetreten ist (§§ 411 und 505 Abs 4 ZPO; Kodek in Rechberger³, § 505 ZPO Rz 4). Die einstweilige Verfügung über die Unterhaltsleistungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Scheidungsverfahrens bleibt zwar bis zu ihrer Aufhebung (§ 399 EO) wirksam, als Exekutionstitel kann sie aber nur für Unterhaltsansprüche dienen, die bis zum Eintritt der Rechtskraft der Scheidung entstanden sind (Kodek in Angst, EO, § 382 Rz 47 mwN). Der Revision ist aus den dargelegten Gründen teilweise Folge zu geben und die Berufungsentscheidung dahin abzuändern, dass das gänzliche Erlöschen des betriebenen Unterhaltsanspruchs nicht schon ab 1. Jänner 2003, sondern erst ab August 2003 auszusprechen ist und dass das über das spruchgemäße Erlöschen hinausgehende Mehrbegehren abgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung beruht wegen ungefähr gleichteiligen Prozesserfolgs auf § 43 Abs 1 ZPO, für die Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Parteien haben jeweils nur Anspruch auf Ersatz der Hälfte der Pauschalgebühren, die auf der Basis des § 16 Abs 1 lit d GGG zu berechnen waren.

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