OGH 3Ob99/04m

OGH3Ob99/04m20.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei DI Leopold H*****, vertreten durch Dr. Andreas Löw und Dr. Ingo Riß, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Wolfgang N*****, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in Wien, wegen 62.974,50 EUR sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Jänner 2004, GZ 47 R 13/04s-11, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 11. Dezember 2003, GZ 10 E 2585/03k-7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs und die von der betreibenden Partei eingebrachte Rekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte mit rechtskräftigem Beschluss vom 15. Oktober 2003 dem betreibenden Gläubiger gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung einer Forderung von 62.974,50 EUR sA die Pfändung der Rechte, die dem Verpflichteten gegenüber einer näher bezeichneten Wohnbaugesellschaft als Drittschuldnerin auf Grund des über eine bestimmte Wohnung (Haus) abgeschlossenen Nutzungsvertrags und des einbezahlten Eigenleistungsbeitrags zustehen.

In der Tagsatzung über den Verwertungsantrag am 4. Dezember 2003 brachte der Verpflichtete nur vor, alle Versuche einer außergerichtlichen Einigung seien gescheitert.

Das Erstgericht ermächtigte hierauf den betreibenden Gläubiger, die gepfändeten Rechte des Verpflichteten in dessen Namen geltend zu machen, insb den Nutzungsvertrag aufzukündigen und alle für die Verwertung notwendigen Erklärungen wirksam für den Verpflichteten abzugeben.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und verwies die Exekutionssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung über den Verwertungsantrag an das Erstgericht zurück; es sprach aus, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs zur bedeutsamen Rechtsfrage fehle, ob der betreibende Gläubiger gemäß § 333 Abs 1 EO dazu ermächtigt werden könne, im Namen des Verpflichteten ein dem WGG unterliegendes Bestandverhältnis aufzukündigen und - wenn ja - ob dabei die Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 4 MRG zu beachten sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, ein Gläubiger des Mieters könne nach der Pfändung des Mietrechts (§ 331 Abs 1 EO) gemäß § 333 Abs 1 EO zur Aufkündigung des Mietvertrags ermächtigt werden, um in weiterer Folge im Wege der Forderungsexekution auf Ansprüche des Mieters nach § 17 Abs 1 WGG greifen zu können. Solch eine Ermächtigung sei dem betreibenden Gläubiger im angefochtenen Beschluss erteilt worden. Allerdings sei die Schuldnerschutzbestimmung des § 42 Abs 4 MRG, der auf Grund der Verweisung des § 20 Abs 1 WGG auch im Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht unmittelbar anzuwenden sei, zu berücksichtigen. Der Verpflichtete bringe dazu erstmals im Rekurs vor, dass sowohl er selbst als auch seine Lebensgefährtin und seine Tochter das von der Exekution betroffene Reihenhaus zur Befriedigung ihrer dringenden Wohnbedürfnisse benötigten. Diese Ausführungen verstießen nicht gegen das Neuerungsverbot, zumal die Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 4 MRG gemäß § 42 Abs 6 MRG in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen sei. Die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts sei daher zum Zweck der Verfahrensergänzung aufzuheben. Das Erstgericht werde als Tatsacheninstanz in einem kontradiktorischen Verfahren zu klären haben, ob die Voraussetzungen des § 42 Abs 4 MRG erfüllt sind. Danach werde über den Verwertungsantrag eine neuerliche, begründete Entscheidung zu fällen sein.

Der Rekurs an den Verpflichteten ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in der - nach dem hier angefochtenen Beschluss ergangenen - E 3 Ob 174/03i (RIS-Justiz RS0118768) zu den auch hier maßgeblichen Fragen bereits Stellung genommen:

Bestandrechte nach dem WGG unterliegen danach der Exekution nach den §§ 331 ff EO wie andere Bestandrechte. Zufolge der Verweisung des § 20 WGG gilt die Exekutionsbeschränkung des § 42 Abs 4 MRG - mit der Rechtsfolge einer Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 2 EO - auch hier, allerdings kommt als Verwertungsart auch die Ermächtigung des betreibenden Gläubigers gemäß § 333 EO in Betracht, das Rechtsverhältnis zu kündigen, um in weiterer Folge auf die gemäß § 17 WGG bei Beendigung des Bestandverhältnisses zustehenden Geldleistungen zu greifen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist bei der Pfändung (noch) nicht zu prüfen, die Bestimmung kommt vielmehr erst im Verwertungsverfahren zum Tragen.

Zutreffend hat das Rekursgericht das Vorbringen des Verpflichteten in seinem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss berücksichtigt. Da im § 42 Abs 6 MRG ausdrücklich angeordnet wird, dass die im § 42 MRG festgelegten Exekutionsbeschränkungen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen sind, muss demnach auf entsprechendes Vorbringen in einem Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung Bedacht genommen werden, zumal diese Ausnahme vom Neuerungsverbot dadurch gerechtfertigt ist, dass sonst der Zweck dieser Exekutionsbeschränkung vereitelt werden könnte (3 Ob 221/00x, SZ 73/204).

Auch aus der Regelung des § 20 Abs 5 WGG über den Ersatzanspruch des Mieters für Verbesserungen ergibt sich kein Hindernis für die beantragte Exekutionsführung. Entgegen der Rechtsansicht des Verpflichteten muss der Mieter im vorliegenden Fall den Ersatzanspruch nicht spätestens mit der Aufkündigung, die ja nicht durch ihn erfolgt, der Bauvereinigung bei sonstigem Verlust unter Vorlage von Rechnungen schriftlich anzeigen. Hier gilt § 20 Abs 5 Z 4 lit c WGG, wonach der Anspruch auf Ersatz binnen einer Frist von zwei Monaten ab Eintritt der Rechtskraft des Räumungstitels, bei früherer Zurückstellung des Mietgegenstandes jedoch spätestens mit der Zurückstellung schriftlich anzuzeigen ist. Dies wird dem Verpflichteten durch die Exekutionsführung gemäß § 331 EO jedoch keineswegs unmöglich gemacht.

Die Vorgangsweise des Rekursgerichts entspricht somit den in der Rsp des Obersten Gerichtshofs bereits dargelegten Grundsätzen, sodass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt. Der Rekurs des Verpflichteten ist daher zurückzuweisen.

Die Rekursbeantwortung des betreibenden Gläubigers ist als unzulässig zurückzuweisen, weil das Rekursverfahren in Exekutionssachen grundsätzlich einseitig ist (grundlegend 3 Ob 162/03z, 163/03x, JBl 2004, 529).

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