European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0030OB00096.20V.0902.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein stillschweigender Verzicht auf ein Recht vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung besondere Vorsicht geboten: Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RIS‑Justiz RS0014190). Dass die Vorinstanzen einen schlüssigen Verzicht der vormaligen Vermieterin auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls verneinten, stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Die vom Beklagten ins Treffen geführte Entscheidung 4 Ob 507/87 ist hier aufgrund eines relevant anderen Sachverhalts nicht einschlägig.
[2] 2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach es beim Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG weder auf ein Verschulden des Hauptmieters noch auf eine Interessenabwägung ankomme, begründet trotz der gegenteiligen, jedoch vereinzelt gebliebenen Entscheidung 6 Ob 31/73 schon aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts keine erhebliche Rechtsfrage.
[3] 3. Ob eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung iSd § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung aufgrund der Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen (RS0106983). Ein den Hauptmietzins um 60 bis 70 % übersteigender Untermietzins wird von der Rechtsprechung regelmäßig als nicht übermäßig qualifiziert (RS0068141 [T16]), während eine Überschreitung um 100 % oder mehr als jedenfalls unverhältnismäßig angesehen wird (RS0068141 [T19]). Es trifft zwar zu, dass bei der sich aus den Unsicherheiten der Bewertung im vorliegenden Fall nach den Feststellungen ergebenden Bandbreite der Überschreitung des Hauptmietzinses von 84,99 % bis 96,75 % – wie sie das Berufungsgericht im für den Beklagten günstigsten Fall unbeanstandet annahm (vgl Berufungsurteil S 16 und 18) – angesichts der Beweislast des Klägers (§ 33 Abs 1 MRG) zugunsten des Beklagten vom niedrigeren Wert auszugehen ist. Dass die Vorinstanzen die Überschreitung im vorliegenden Fall als unverhältnismäßig hoch qualifizierten, stellt allerdings keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
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