Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 2. 2. 2000 wurde der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei aufgrund eines Schiedsspruches des Internationalen Schiedsgerichtes der Bundeswirtschaftskammer Österreich zur Hereinbringung einer Forderung von S 5,000.000 und der mit S 23.000,40 bestimmten Kosten des Exekutionsantrags die Forderungsexekution (auf ein Bankguthaben der verpflichteten Partei) bewilligt. Bei der betriebenen Forderung handelt es sich laut Exekutionsantrag um einen Teilbetrag der Kapitalforderung von S 4,676.032,64 und einer weiteren Forderung auf Zahlung von US-Dollar 250 pro Tag für den Zeitraum vom 1. 3. 1991 bis 25. 1. 2000. Die Exekution wurde mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluss des Erstgerichtes vom 21. 2. 2000, gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von S 1,250.000 bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens über die am 26. 3. 1999 beim Handelsgericht Wien eingelangte Klage auf Aufhebung des Exekutionstitels aufgeschoben.
Die Sicherheitsleistung wurde am 6. 3. 2000 erlegt. Die verpflichtete Partei beantragte (ON 12), die erfolgte Pfändung ihres Bankguthabens aufzuheben, weil sie volle Sicherheitsleistungen zur Aufschiebung erlegt habe. Die Einbringlichkeit der insgesamt (in mehreren Verfahren) betriebenen Forderung aus diesem Schiedsspruch von S 16,332.576 sei in Anbetracht der erlegten Sicherheiten nicht gefährdet. Weiters habe die betreibende Partei ein Pfandrecht in Höhe von S 2,649.069,10 an dem gegenständlichen Bankguthaben erlangt. Der Aufhebungsantrag werde auf § 43 Abs 2 EO, in eventu auf § 41 Abs 2 EO gestützt.
Die betreibende Partei beantragte in ihrer Äußerung ON 24, dem "Einschränkungsantrag" nicht Folge zu geben. Es sei bereits absehbar, dass die Gesamtforderung der betreibenden Partei im Laufe des beim Handelsgericht Wien anhängigen Aufhebungsprozesses auf über S 36,865.815 ansteigen werde.
Die verpflichtete Partei brachte im Schriftsatz ON 25 vor, die betreibende Partei habe zur Hereinbringung ihrer Forderung von maximal S 15,707.768,69 sA Pfandrechte von über S 32,000.000 erlangt. Weiters habe sie (verpflichtete Partei) als Sicherheitsleistung insgesamt S 23,100.000 erlegt.
Das Erstgericht schränkte die Exekution gemäß § 41 Abs 2 EO um einen Betrag von S 10,649.069,10 ein; es ging davon aus, dass die betreibende Partei unabhängig von den in diesem Verfahren laut Drittschuldneräußerung gepfändeten S 10,649.069,10 über Pfandrechte an Forderungen der verpflichteten Partei in Höhe von S 21,707.322,06 verfüge; darüber hinaus erlägen bei Gericht weitere Sicherheitsleistungen in Höhe von S 6,400.000, während sich die Höhe der Forderung der betreibenden Partei bei Wegfall des Aufschiebungsgrundes nach Einschätzung des Gerichtes auf etwa S 24,000.000, nach Einschätzung der betreibenden Partei selbst auf S 27,000.000 belaufen werde. Aufgrund der bisher geleisteten und gepfändeten Sicherheiten sei von einer vollen Befriedigung des zu vollstreckenden Anspruchs der betreibenden Partei auszugehen.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses der betreibenden Partei dahin ab, dass der Antrag der verpflichteten Partei auf Einschränkung der Exekution gemäß § 41 Abs 2 EO abgewiesen wurde; es sprach aus, dass gegen diese Entscheidung der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen der im § 528 Abs 1 ZPO genannten Qualifikation zur Entscheidung nicht vorlägen. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, ein Vergleich der gepfändeten Geldforderung mit der sich aus der Exekutionsbewilligung ergebenden Forderung ergebe keineswegs eine Überdeckung. Die Einschränkung der Exekution nach § 41 Abs 2 EO habe allerdings nicht nur dann stattzufinden, wenn innerhalb eines Exekutionsverfahrens Überdeckung erzielt wurde, sondern auch, wenn aufgrund desselben Exekutionstitels zur Hereinbringung derselben Forderung mehrere Exekutionen bewilligt und vollzogen wurden und in Summe eine Überdeckung zustandekam. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit darin, dass nach der Äußerung der betreibenden Partei (von welcher mangels substantiierten Vorbringens der Verpflichteten auszugehen sei) am 9. 3. 2000 eine Gesamtforderung gegen die verpflichtete Partei von S 24,564.285 bestehe und von der verpflichteten Partei bisher Sicherheiten in Höhe von S 23,100.000 erlegt worden seien, dass sich jedoch dieser Betrag um täglich US-Dollar 250 erhöhe, solange die verpflichtete Partei die Verwendung des Namens "M*****" mit der näher bezeichneten Marke nicht unterlasse, was bisher nicht geschehen sei. Es könne daher von einer Übersicherung der Forderung nicht gesprochen werden. Sie wäre nur dann gegeben, wenn die Forderung geringer als die Sicherungsmittel wäre, was hier im Hinblick auf die Höhe der gepfändeten Forderung unter Berücksichtigung der Tatsache der Erhöhung der in Exekution gezogenen Forderung um US-Dollar 250 pro Tag nicht zutreffe. Hinzu komme, dass eine Überdeckung nur dann vorliege, wenn mit Sicherheit angenommen werden könne, dass nicht alle bisher angeordneten oder gesetzten Vollzugsmaßnahmen zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers binnen angemessener Zeit erforderlich sind, dass also auch mit der eingeschränkten Exekution derselbe Befriedigungserfolg erzielt werden kann. Im Hinblick auf den bisherigen Verfahrensverlauf sei dagegen anzunehmen, dass die zu erwartende Verfahrensdauer auch die Pfändung der hier vorliegenden Forderung im vollen Umfang rechtfertige.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist zulässig, weil das Rekursgericht bei der Entscheidung über den Einschränkungsantrag wegen Überdeckung gemäß § 41 Abs 2 EO unzutreffende Kriterien angewendet hat; er ist auch berechtigt. Gemäß § 41 Abs 2 EO ist die Exekution einzuschränken, wenn sie in größerem Umfang vollzogen wurde, als zur Erzielung vollständiger Befriedigung des Gläubigers notwendig ist. Die Einschränkung der Exekution nach § 41 Abs 2 EO hat nicht nur dann stattzufinden, wenn innerhalb eines Exekutionsverfahrens Überdeckung erzielt wurde, sondern auch, wenn aufgrund desselben Exekutionstitels zur Hereinbringung derselben Forderung mehrere Exekutionen bewilligt und vollzogen wurden und so in summa eine Überdeckung zustandekam (Jakusch in Angst, EO § 41 Rz 8). Eine Überdeckung und damit die Voraussetzung zur Einschränkung nach § 41 Abs 2 EO ist nur dann gegeben, wenn mit Sicherheit angenommen werden kann, dass nicht alle bisher angeordneten oder gesetzten Vollzugsmaßnahmen zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers binnen angemessener Zeit erforderlich sind, dass also auch mit der eingeschränkten Exekution derselbe Befriedigungserfolg erzielt werden kann (SZ 26/208; Jakusch in Angst § 41 Rz 10). In erster Linie hat der betreibende Gläubiger das Recht zu entscheiden, welche Exekutionsmittel weiterhin angewendet werden sollen; er ist aus Anlass der gemäß § 41 Abs 2 EO durchzuführenden Vernehmung aufzufordern, dieses Exekutionsmittel zu bezeichnen (SZ 64/88).
Maßgeblich ist allein, ob für die hier betriebene Forderung Überdeckung vorliegt. Hingegen kommt es nicht darauf an, welche Forderung der betreibenden Partei laut Exekutionstitel zusteht, sofern diese in diesem Exekutionverfahren nicht betrieben wird. Zu berücksichtigen ist demnach nur der hier betriebene Kapitalsbetrag von S 5,000.000 zuzüglich der gerichtlich bestimmten Kosten. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht wird noch zu klären sein, ob die hier betriebene Forderung von der betreibenden Gläubigerin noch in anderen Exekutionsverfahren gegen die verpflichtete Partei betrieben wird.
Bei der Beurteilung, welche Sicherheiten die betreibende Partei bereits erlangt hat, haben die Vorinstanzen auch bei Gericht erliegende Sicherheitsleistungen berücksichtigt, die von der verpflichteten Partei als Aufschiebungswerberin erlegt wurden. Dabei wurde außer Acht gelassen, dass der betreibende Gläubiger an der erlegten Sicherheit ein Pfandrecht für seinen Anspruch auf Ersatz des durch die Aufschiebung verursachten Schadens erwirbt; die Sicherheit haftet jedoch nicht für die betriebene Forderung selbst. Der betreibende Gläubiger kann daher insoweit nicht Befriedigung seiner betriebenen Forderung aus der Sicherheit fordern, als die Erfolglosigkeit der Exekution nicht durch die Aufschiebung verursacht wurde (Jakusch in Angst, EO § 44 Rz 47). Bei der Entscheidung über den Einschränkungsantrag wegen Überdeckung gemäß § 41 Abs 2 EO können somit nicht die erlegten Sicherheiten den bereits zur Hereinbringung der Forderung begründeten Pfandrechten hinzugerechnet werden. Die Sache ist somit noch nicht zur Entscheidung reif, weil zur Höhe der in mehreren Verfahren betriebenen Forderungen, deren Identität mit der hier betriebenen Forderung und der dort voraussichtlich erzielbaren Erlöse (s hiezu Jakusch in Angst § 41 Rz 10 mwN) keine Feststellungen getroffen wurden. Falls sich hiebei eine Überdeckung ergibt, wird primär dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit zur Äußerung zu geben sein, auf welche Forderungen die Exekution nach seinem Willen fortzuführen ist. Erst danach wird vom Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Einschränkungsantrag zu fällen sein. Wegen dieser Wahlmöglichkeit der betreibenden Partei ist es dem Obersten Gerichtshof nicht möglich, schon jetzt darüber zu entscheiden, ob nicht die Einschränkung der vom Einschränkungsantrag betroffenen Exekution schon deshalb gerechtfertigt ist, weil die in dieser Exekution gepfändete Forderung zu einer Überdeckung geführt hat.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)