OGH 3Ob91/88

OGH3Ob91/8829.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dkfm.Dr. Siegfried S***, Kaufmann, Bergheidengasse 8/II/8, 1130 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Weber, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei T*** Warenhandelsgesellschaft m.b.H., Neustiftgasse 145, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Helmut Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wegen des Erlages von S 350.000,-- sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 26. April 1988, GZ 1 R 52/88-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 2. September 1987, GZ 11 C 1295/86y-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Rechtsstreit AZ 11 C 1295/86y kam vor dem Erstgericht am 18. Dezember 1986 ein Vergleich zwischen dem nun betreibenden Gläubiger als Kläger und der nun verpflichteten Gesellschaft mbH als beklagter Partei zustande. Die beklagte Partei verpflichtete sich darin ua, einen Gerichtserlag von S 350.000,-- zuzüglich 6 % Zinsen seit dem 1. August 1986 zugunsten des Klägers sowie der ARV A*** G*** MBH und der Dipl. Ing. B*** & CO B*** MBH als Erlagsgegner

bis zum 20. Feber 1987 vorzunehmen.

Der betreibende Gläubiger beantragte am 25. August 1987 beim Erstgericht als Titelgericht nach einer Antragsverbesserung, ihn auf Grund des vollstreckbaren Vergleiches nach § 353 Abs 1 EO zu ermächtigen, auf Kosten der verpflichteten Partei den Betrag von S 350.000,-- zuzüglich der Zinsen zugunsten der drei Erlagsgegner bei Gericht zu hinterlegen, und der verpflichteten Partei nach § 353 Abs 2 EO die Vorauszahlung der durch die Ersatzvornahme entstehenden Kosten von S 350.000,-- zuzüglich 6 % Zinsen seit dem 1. August 1986 aufzutragen.

Das Erstgericht bewilligte diese Exekution am 2. September 1987 und bestimmte die Leistungsfrist mit vierzehn Tagen. Das Rekursgericht wies über den Rekurs der verpflichteten Partei den Exekutionsantrag ab. Nach neuerer Ansicht sei der gerichtliche Erlag eines Geldbetrages nicht mittels der Exekution nach § 353 EO durchzusetzen, sondern mit den Mitteln der Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen und der Einschränkung, daß zwangsweise hereingebrachte Beträge nicht zur Befriedigung des Gläubigers, sondern zum Erlag zu verwenden sind.

Rechtliche Beurteilung

Der nach § 78 EO und § 528 Abs 2 ZPO sowie § 502 Abs 4 Z 2 EO zulässige Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt.

Wie die Verpflichtung zum Erlag einer Geldsumme exekutiv durchzusetzen ist, wurde nicht immer einheitlich beurteilt. Pollak, System2 1029, führt den Gelderlag bei einer bestimmten Bank als ein Beispiel einer nach § 354 EO zu erzwingenden unvertretbaren Handlung an und beruft sich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 24. April 1930, 3 Ob 242/30, Rsp 1930/315, mit der aber die Rechtsansicht vertreten wurde, daß man es nicht mit einer Geldforderung zu tun habe, wenn auf Grund eines Schiedsspruches bei einer bestimmten Bank ein Geldbetrag zu erlegen sei, und daher die Verwirklichung des Anspruches allein durch Exekutionsführung nach § 353 EO in Betracht komme. Der dort zu beurteilende Exekutionsantrag nach § 354 EO wurde abgewiesen. Diese Entscheidung, die sich auch auf Neumann-Lichtblau3 1100 stützen konnte, wonach die Verpflichtung zum Erlag einer Geldsumme nach § 353 EO durchzusetzen sei, hat Wahle in Rsp 1930, 151 f, kritisch glossiert und auf die von ihm (JBl 1923, 136) und im deutschen Schrifttum überwiegend vertretene Ansicht verwiesen, daß der Anspruch auf Erlag von Geld bei einem Dritten nach den gleichen Regeln zu vollstrecken sei, wie ein Anspruch auf Geldzahlung an den Gläubiger selbst. Der Oberste Gerichtshof ist bald darauf mit der Entscheidung vom 16. Juni 1936, 2 Ob 468/36, SZ 18/104 von seiner früher vertretenen Ansicht abgerückt und hat ausgesprochen, daß die §§ 353 oder 354 EO nicht anzuwenden sind, wenn es um die Durchsetzung des Anspruchs auf gerichtlichen Erlag einer Geldsumme geht, den die Verpflichteten den betreibenden Parteien schuldeten. Ein gerichtlicher Erlag, zu dem der Verpflichtete verurteilt wurde, sei keine vertretbare Handlung iSd § 353 EO. Der gerichtliche Erlag der geschuldeten Geldsumme sei nichts anderes als die Berichtigung einer Forderung. Es stehe kein anderes Exekutionsmittel zur Verfügung als die Vermögenspfändung. Die Bestimmungen des dritten Abschnitts der EO seien nicht anzuwenden, weil diese Vorschriften nur bei Exekutionen zur Erwirkung von Handlungen Platz griffen, die nicht in einer baren Geldleistung bestehen. Der Entscheidung SZ 25/56 lag ein Exekutionsantrag auf Zwangsversteigerung zugrunde, um die in einem Vergleich übernommene Verpflichtung durchzusetzen, einen Geldbetrag bei einem Treuhänder zu erlegen, der diesen Betrag der betreibenden Partei nur Zug um Zug gegen Räumung eines Teils einer Liegenschaft ausfolgen sollte. Der Oberste Gerichtshof hielt unter Hinweis auf seine Entscheidung SZ 18/104 daran fest, daß dieser Anspruch nicht nach § 353 EO, sondern mittels Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung durchzusetzen ist. In EvBl 1961/86 ging es um die Durchsetzung der in einem Scheidungsvergleich übernommenen Verpflichtung zum Erlag eines Betrages in ausländischer Währung bei einer ausländischen Bank, an welchem die Kinder Eigentum und die Ehefrau zur Deckung ihres Unterhalts das lebenslange Fruchtgenußrecht erlangen sollten. Auch dort wurde ausgeführt, daß grundsätzlich die Exekution auf Erlag eines Geldbetrages bei einem Dritten nach den Bestimmungen des zweiten Abschnittes (des ersten Teiles) der EO über die Exekution wegen Geldforderungen (§§ 87 bis 345 EO) zu führen sei. Nur im besonderen Fall der Notwendigkeit der Vornahme bestimmter Währungsmanipulationen unter Beachtung der Devisenvorschriften zum Erlag im Ausland entspreche das beantragte Exekutionsmittel nach § 353 EO der Sachlage.

Der Oberste Gerichtshof sieht keinen Anlaß, von der dargestellten, auch von der Lehre (Heller-Berger-Stix 2555) gebilligten rechtlichen Beurteilung abzugehen und zu der überholten Rechtsansicht zurückzukehren, daß die Verpflichtung zum gerichtlichen Erlag zugunsten eines oder mehrerer Erlagsgegner mit den Mitteln des § 353 EO durchzusetzen sei. Es ist nicht einzusehen, warum der Erlag bei Gericht eine andere von einem Dritten - allenfalls dem betreibenden Gläubiger - auf Kosten des Verpflichteten vorzunehmende Handlung sein sollte, wenn erst nach § 353 Abs 2 EO zur Beschaffung der Geldmittel zum Erlag Beschluß gefaßt werden muß und dieser Beschluß in das Vermögen des Verpflichteten zu vollstrecken ist. Vielmehr überzeugt es, daß zur Bewirkung des Erlages der bestimmten Geldsumme gleich alle zur Hereinbringung der Geldforderung geeigneten Exekutionsmittel anzuwenden sind. Der zwangsweise hereingebrachte Geldbetrag darf nur nicht dem betreibenden Gläubiger ausgefolgt werden. Er ist zum gerichtlichen Erlag zu verwenden.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels selbst zu tragen (§ 74 EO bzw § 78 EO und §§ 40 und 50 ZPO).

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