Spruch:
Der Gläubiger einer Pfandrechtlich sichergestellten effektiven Auslandsschuld, die von dem im Ausland wohnhaften Ersteher der Hypothekarliegenschaft in Anrechnung auf das Meistbot übernommen wurde, kann vom Ersteher mit Personalklage Effektivzahlung der übernommenen Schuld begehren.
Entscheidung vom 13. Jänner 1954, 3 Ob 802/53.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Über Betreiben der Beklagten wurde die Liegenschaft EZ. 161 Katastralgemeinde M. zwangsversteigert und der Beklagten als Meistbietenden auf Grund der Versteigerungsbedingungen um das Meistbot von 45.226.30 S zugeschlagen. Die auf der Liegenschaft auf Grund des Schuldscheines vom 17. Dezember 1928 pfandrechtlich sichergestellte Forderung der Klägerin von restlichen 1.832.34 US-Dollar wurden von der Beklagten in Anrechnung auf das Meistbot übernommen. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung des Betrages von 1.832.34 US-Dollar effektiv.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung jenes Betrages in US-Dollar, der dem Gegenwert von 18.323.40 S nach dem Nationalbankkurs des Zahlungstages entspricht. Das Mehrbegehren wies es ab. Es stellte fest, daß die mit dem Betrag von 1.832.34 US-Dollar aushaftende Forderung anläßlich der Zwangsversteigerung der angeführten Liegenschaft von der Beklagten in Anrechnung auf das Meistbot übernommen wurde, und daß dem Beschluß des Exekutionsgerichtes die Erklärung der Österreichischen Nationalbank vom 13. Dezember 1949 zugrunde lag, nach welcher die Bewilligung erteilt wurde, daß die Beklagte als Ersteherin der Liegenschaft die auf derselben pfandrechtlich sichergestellte Forderung der Klägerin in der Höhe von US-Dollar 1.832.34, zum Kurse von 1 Dollar = 10 Schilling, unter Anrechnung auf das Meistbot zur Zahlung übernimmt. Das Erstgericht vertrat die Ansicht, daß die Übernahme der Forderung nur im Rahmen der Genehmigung zulässig sei, und daß die Beklagte zwar in US-Dollar zu erfüllen, aber keinen höheren Betrag aufzuwenden habe als 18.323.40 S. Das Urteil des Erstgerichtes wurde von beiden Parteien mit Berufung angefochten. Von der Klägerin, soweit nicht auf Zahlung des vollen Betrages von US-Dollar 1.832.34 erkannt wurde, von der Beklagten, soweit sie zur Zahlung in US-Dollar statt in österreichischen Schillingen verurteilt wurde.
Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der Klägerin, nicht aber der der Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin US-Dollar 1.832.34 effektiv binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Berufungsgericht ging davon aus, daß nach dem Inhalt des Schuldscheines sich der Schuldner verpflichtet habe, US-Dollar zu bezahlen, und daß es sich sonach um eine effektive Dollarschuld handle - letzterer Umstand ist unbestritten -. Das im Schuldschein festgelegte Schuldverhältnis habe durch die Ergebnisse des Zwangsversteigerungsverfahrens keine Änderung erfahren. Es habe seinen durch die Schuldurkunde eindeutig festgelegten Inhalt behalten und die Beklagte als Ersteherin sei in dieses Verhältnis in dem aus dem Grundbuch ersichtlichen Umfang eingetreten. Das Exekutionsgericht habe daher im Meistbotverteilungsbeschluß auch nicht Schillinge, sondern Dollar zugewiesen. Wenn im Meistbotverteilungsbeschluß auch noch die Umrechnung des Dollarbetrages in Schillinge erfolgte, so sei dies lediglich zum Zwecke der Berechnung jenes Betrages, um den sich die Verpflichtung der Ersteherin, das Meistbot zu erlegen, infolge Einverständnisses der Klägerin als Hypothekargläubigerin zur Übernahme dieser Forderung in Anrechnung auf das Meistbot verringerte. Auch der Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank vom 13. Dezember 1949 sei Bedeutung lediglich für den Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens zugekommen, keinesfalls aber habe diese Bewilligung für den gegenständlichen Prozeß die Wirkung einer devisenbehördlichen Genehmigung. Einer solchen bedurfte es im vorliegenden Falle nicht, weil es sich um eine Zahlungsverpflichtung zwischen zwei Devisenausländern handle, für welche weder die im Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz wirksam gewesene Kundmachung Nr. 8 noch die seither an deren Stelle getretene Kundmachung Nr. 60 in dieser Zeitung Nr. 76 vom 1. April 1953 der Oesterreichischen Nationalbank die Bewilligungspflicht vorschreibe. Damit erledige sich auch der Einwand der Beklagten, einer Verurteilung zur Zahlung in US-Dollar stehe die laut Schuldurkunde bestehende Verpflichtung zur Rückzahlung des "Darlehens" in Wien entgegen. Die Beklagte könne ihrer in Hinsicht auf den Erfüllungsort bestehenden Verpflichtung etwa dadurch nachkommen, daß sie sich eben zur Bezahlung des noch aushaftenden Dollarbetrages nach Wien begibt. Welche Bedeutung der Vereinbarung des Erfüllungsortes Wien für ein auf Grund eines rechtskräftigen Urteiles von der Klägerin eingeleitetes Exekutionsverfahren zukomme, sei bei der Entscheidung über das Klagebegehren nicht zu prüfen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhebt die Beklagte Revision mit dem Revisionsantrag auf Abänderung des Urteiles des Berufungsgerichtes in dem Sinne, daß die Beklagte schuldig erkannt werde, an die Klägerin in Wien den Betrag von 18.323.40 S zu bezahlen. Hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Urteiles und die Zurückverweisung der Streitsache an das Berufungsgericht zu neuerlicher Verhandlung und Urteilsfällung beantragt.
Die Beklagte beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Revision.
In der Revision wird unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z. 4 ZPO.) die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes als irrig bekämpft, daß das im Schuldschein festgelegte Schuldverhältnis auch durch die Ergebnisse des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht geändert werden konnte. Nach Ansicht der Revision könne die Beklagte als Ersteherin nur im Rahmen der Meistbotmasse zur Zahlung herangezogen werden. Als Folge der Meistbotverteilung sei zwischen Ersteher und Gläubiger durch Vermittlung des Gerichtes ein neues Rechtsverhältnis entstanden und eine Novation im Sinne der §§ 1376 und 1377 ABGB. eingetreten. Das Exekutionsgericht habe im Meistbotverteilungsbeschluß die Dollarforderung der Klägerin mit dem Betrag von 18.323.40 S wertmäßig festgestellt und es könne daher die Beklagte nur zur Zahlung dieses, von ihr der Klägerin mehrfach vergeblich angebotenen Betrages verurteilt werden.
Die Revision hatte keine Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Ausführungen der Revision gehen fehl. Sie wären nur dann richtig, wenn die Klägerin im Zwangsversteigerungsverfahren Befriedung aus dem Meistbot gesucht und die Barzahlung ihrer pfandrechtlich sichergestellten Forderung begehrt hätte. In diesem hätte ihr das Exekutionsgericht aus der in österreichischen Schillingen bestehenden Verteilungsmasse einen entsprechenden Schillingbetrag zur Berichtigung ihrer schuldscheinmäßigen Forderung zuweisen und aussprechen müssen, inwieweit die Ansprüche der Klägerin getilgt sind (§ 229 EO.). Das ist aber vorliegendenfalls nicht geschehen. Die gegenständliche, auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellte Forderung der Klägerin wurde gemäß den Versteigerungsbestimmungen von der Beklagten in Anrechnung auf das Meistbot übernommen. Die Beklagte konnte sich daher weder damals noch heute durch Erlag eines der von ihr übernommenen Forderung entsprechenden Kapitalsbetrages in österreichischen Schillingen von dieser Fremdwährungsforderung befreien. Sie ist infolge Übernahme derselben in ein direktes Rechtsverhältnis mit der Hypothekargläubigerin (Klägerin) getreten, so wie dieses nach Maßgabe der diesem Forderungsrecht zugrunde liegenden und aus dem Grundbuch ersichtlichen Rechtsakte zwischen dem ursprünglichen und nunmehr befreiten Schuldner und der Klägerin bestand. Danach hat ersterer von letzterer ein Darlehen in US-Dollar empfangen und sich verpflichtet, dieses in der gleichen Währung wieder zurückzuerstatten. Diese Verpflichtung kann die Beklagte nicht willkürlich verändern.
Entgegen der Meinung der Revision ist die Beklagte, nachdem sie das grundbücherliche Eigentum an der erstandenen Liegenschaft erworben hat, auch Personalschuldnerin der Klägerin geworden und haftet dieser nicht nur mit der Liegenschaft, sondern auch mit ihrem übrigen Vermögen (§§ 171, 223 EO.; GlUNF. 3477). Die Klägerin ist daher nicht gehalten, die allfällige zwangsweise Hereinbringung ihrer Forderung ausschließlich aus der Liegenschaft zu suchen, weshalb es, wie dies auch aus dem Schreiben der Oesterreichischen Nationalbank vom 3. Jänner 1953, ONr. 8, hervorgeht, zur Verurteilung der Beklagten einer devisenbehördlichen Bewilligung nicht bedarf. Ob und welche devisenbehördlichen Vorschriften die Beklagte zu beachten haben wird, wenn sie in Wien, als dem im Schuldschein vereinbarten Erfüllungsort, der Klägerin ihre Verbindlichkeit abstatten sollte, ist hier nicht zu untersuchen. Die Klägerin hat jedenfalls in ihrem Klagebegehren nicht verlangt, daß die Beklagte ihr die Zahlung im Inland leiste.
Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes hat somit die Streitsache durchaus richtig beurteilt.
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