OGH 3Ob77/88

OGH3Ob77/8827.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sigrid P***, Angstellte, Franz Schuber-Straße 3, 7033 Pöttsching, vertreten durch Dr. Rudolf Friedrich Stiehl und Dr. Rudolf Christian Stiehl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Maria B***, Angestellte, Wehlistraße 366/7/17, 1020 Wien, vertreten durch Dr. Norbert Schira, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Berufungsgerichtes vom 12. April 1988, GZ R 85/88-33, womit ihre Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 23. November 1987, GZ C 78/87 -24, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die Vornahme der Exekution zu AZ E 2424/87 des Erstgerichtes auf den Herausgabeanspruch des Walter B*** sei (nach § 37 EO) unzulässig, ab und verpflichtete die klagende Partei nach § 41 ZPO zum Kostenersatz. Dabei unterlief in der Urschrift und den Ausfertigungen des Urteils der Schreibfehler, daß anstelle der beklagten Partei als Gläubiger des Kostenersatzanspruchs die "klagende" Partei angeführt wurde, also die klagende Partei schuldig erkannt wurde, der "klagenden" Partei die Prozeßkosten zu ersetzen. Die Ausfertigung des Urteils wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 7. Dezember 1987 zugestellt.

Am 11. Dezember 1987 beantragte die Beklagte die Berichtigung der Kostenentscheidung.

Am 17. Dezember 1987 berichtigte das Erstgericht den offensichtlichen Schreibfehler in der Kostenentscheidung dahin, daß die klagende Partei der beklagten Partei die Prozeßkosten zu ersetzen habe. Eine Ausfertigung des Berichtigungsbeschlusses wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 22. Dezember 1987 zugestellt.

Er gab am 18. Jänner 1988 die Berufungsschrift der Klägerin zur Post.

Das Berufungsgericht wies die Berufung zurück. Die Berufungsfrist von vier Wochen sei durch die Gerichtsferien (vom 24. Dezember 1987 bis 6. Jänner 1988) nicht berührt worden, weil die im § 37 EO bezeichnete Streitigkeit eine Ferialsache sei. Durch die Urteilsberichtigung sei keine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt worden, weil die Rechtsmittelwerberin keinen Zweifel über den wirklichen Inhalt des richterlichen Ausspruches über den Kostenersatz haben konnte und durch die Berichtigung die Entscheidung in der Hauptsache überhaupt nicht betroffen sei. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Zurückweisung erhobene zulässige Rekurs (§ 519 Abs. 1 Z 1 ZPO) ist nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat den in SZ 23/16 aufrecht gehaltenen Rechtssatz, daß die Rechtsmittelfrist gegen ein Urteil, das von Amts wegen oder auf Antrag berichtigt wird, erst mit der Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung beginne (SZ 2/145 = SprR 8 neu), bald eingeschränkt und die Ansicht vertreten, die Rechtsmittelfrist werde dann nicht neu in Gang gesetzt, wenn der Rechtsmittelwerber auch ohne den Berichtigungsbeschluß über den wirklichen Inhalt des richterlichen Ausspruches nicht in Zweifel sein konnte (SZ 27/219). Die dagegen unter dem Gesichtspunkt des Gebotes nach Rechtssicherheit geäußerten Bedenken (Fasching III 813 und ZPR Rz 1567) sind dann nicht begründet, wenn nur in den Fällen eines völlig zweifelsfreien Entscheidungswillens die ursprüngliche Rechtsmittelfrist maßgebend bleibt. Die Abgrenzung kann so ohne Nachteil für die Parteien danach vorgenommen werden, ob ohne Berichtigung Zweifel am wirklichen Inhalt der Entscheidung bestehen konnten (NZ 1972, 201; EvBl. 1975/224; RZ 1983/5;

MietSlg. 33.652 ua). So hat auch der dritte Senat zu 3 Ob 598/87 an der im wesentlichen einhelligen Rechtsprechung festgehalten, daß eine neue Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung der berichtigten Entscheidungsausfertigung beginnt, es sei denn, der Rechtsmittelwerber habe auch ohne Berichtigung keinen Zweifel am wirklichen Inhalt des richterlichen Willens haben können. Ein solcher Fall liegt vor, wenn hier nach § 41 ZPO der unterlegenen klagenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung aufgewendeten Prozeßkosten der beklagten Partei auferlegt wurde und dabei bloß durch einen offenkundigen Schreibfehler die Parteirolle des Gläubigers der Kostenschuld vertauscht worden ist. Die Klägerin konnte nicht annehmen, das Gericht habe sie verpflichten wollen, an sich selbst die Prozeßkosten zu ersetzen. Ihr Rechtsvertreter mußte die Kostenentscheidung in Verbindung mit dem Hinweis auf § 41 ZPO in den Entscheidungsgründen so lesen, wie sie in Wahrheit gemeint war. Damit hat auch die Frage der Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung nichts zu tun. Das Titelgericht hätte die Exekution selbst ohne Berichtigung bewilligen können. Der Schreibfehler in Urschrift und Ausfertigungen durfte jederzeit - auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - nach § 419 Abs. 1 ZPO richtiggestellt werden, ohne daß dadurch ein neuer Fristenlauf ausgelöst wurde.

Daran ändert auch eine von der Rekurswerberin behauptete andere Beurteilung durch den Erstrichter nichts.

Da die Berichtigung keine neue Berufungsfrist auslöste, ist die am 18. Jänner 1988 nach dem letzten Tag der vierwöchigen Berufungsfrist (5. Jänner 1988) zur Post gegebene Berufung verspätet erhoben. Die Zurückweisung des Rechtsmittels durch das Berufungsgericht erfolgte ohne Rechtsirrtum.

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