OGH 3Ob64/17h

OGH3Ob64/17h4.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. M*****, wider die verpflichtete Partei Ing. M*****, vertreten durch Mag. Agnes Lepschy, Rechtsanwältin in Altlengbach, wegen § 355 EO, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. März 2017, GZ 46 R 321/16w‑79, mit dem ein Ergänzungsantrag der betreibenden Partei abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00064.17H.0704.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

In dem am 23. Juni 2016 eingebrachten, weiteren Strafantrag gemäß § 355 EO (ON 65) machte die betreibende Rechtsanwältin als Verstöße gegen eine titulierte Unterlassungsverpflichtung ua geltend, dass weiterhin das Seil eines Sonnensegels über den Servitutsweg gespannt sei, und dass der Verpflichtete auf dem nördlichen Tor ein Schild mit dem Text: „Kein öffentlicher Durchgang. Unbefugten ist der Zutritt verboten. Eltern haften für ihre Kinder“, sowie an seinem Balkon in Richtung Servitutsweg ein weißes Schild mit schwarzer Schrift und roter Umrandung, auf dem eine Videokamera abgebildet und der Text: „Achtung! Grundstück wird videoüberwacht!“ ersichtlich sei, angebracht habe.

Das Erstgericht verhängte aufgrund des Verstoßes des Spannens des Seiles eines Sonnensegels eine weitere Geldstrafe und wies den Strafantrag hinsichtlich der anderen geltend gemachten Verstöße ab.

Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge und sprach aus, der Revisionsrekurs sei jedenfalls unzulässig (ON 74).

Daraufhin beantragte die Betreibende beim Rekursgericht rechtzeitig die Ergänzung, in eventu Berichtigung der Rekursentscheidung ON 74. Während das Rekursgericht alle übrigen geltend gemachten Titelverstöße einzeln zitiere, fehle jeglicher Hinweis auf den noch wesentlich schwerer wiegenden Verstoß „Videoüberwachung“. Es liege daher der Schluss nahe, dass bei Ausarbeitung und Begründung der letzte Punkt des Strafantrags irrtümlich schlichtweg übersehen worden sei (ON 78).

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Ergänzung, in eventu Berichtigung des Beschlusses ON 74 ab. Eine Berichtigung bzw Ergänzung eines Beschlusses sei gemäß §§ 78 EO, 430 ZPO iVm §§ 419, 423 ZPO nur bei Schreib- und Rechenfehlern, anderen offenbaren Unrichtigkeiten oder einer nicht vollständigen Entscheidung über ein Begehren oder den Kostenersatz möglich. Ein Berichtigungs- oder Ergänzungsfall liege nicht vor. Es sei insbesonders über die Rechtsmittelanträge der Parteien vollständig entschieden worden (ON 79).

Dagegen erhob die Betreibende Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Stattgebung des Beschlussergänzungsantrags; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Begründung des Rekursgerichts decke sich nicht mit dem Akteninhalt, weil es sich in ON 74 darauf beschränkt habe, die Anfechtungserklärung der Betreibenden wiederzugeben, jedoch keine Sachentscheidung über den schwerwiegenden Verstoß „Videoüberwachung“ getroffen habe; es gäbe auch keine Erwägungen zu diesem Verstoß oder Gründe für die Ablehnung der Entscheidung. Es liege daher nahe, dass dies auf ein Versehen zurückzuführen sei (ON 81).

Rechtliche Beurteilung

Die Betreibende verfolgt somit nur mehr ihr Hauptbegehren auf Ergänzung der Rekursentscheidung ON 74, ihrem Rechtsmittel kommt jedoch keine Berechtigung zu:

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat zwar bei Erlassung des Beschlusses ON 79 als Rekursgericht, funktionell aber als Erstgericht entschieden, weil es den Beschluss nur „im Rahmen“ des Rekursverfahrens erließ. Die Zulässigkeit des Rekurses ist somit nach § 514 ZPO zu beurteilen, weshalb es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht ankommt. Da eine der in § 517 und § 528 Abs 2 ZPO genannten Rechtsmittelbeschränkungen nicht vorliegt, ist der Rekurs zwar zulässig (RIS-Justiz RS0115511; 3 Ob 125/14z; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 528 ZPO Rz 14), aber nicht berechtigt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betreibenden, mit der sie die Abweisung ihres Strafantrags ua wegen der Anbringung der beiden oben näher beschriebenen Schilder nicht Folge, womit eine Sachentscheidung auch über den von der Betreibenden nunmehr so bezeichneten Verstoß „Videoüberwachung“ vorliegt. Es trifft auch nicht zu, dieser behauptete Titelverstoß wäre in der Begründung der Rekursentscheidung übergangen worden, weil ihn das Rekursgericht nicht nur bei der Darstellung des Verfahrens erwähnte, sondern Titelverstöße „auch durch die Anbringung der Schilder“ ausdrücklich verneinte und dazu Ausführungen machte. Der Rekursentscheidung ON 74 mangelt es daher weder an einer Sachentscheidung über diesen geltend gemachten Titelverstoß noch an einer Begründung dafür.

Da eine Urteils-/Beschlussergänzung nur im Falle eines versehentlichen Übergehens eines Anspruchs in Betracht kommt (§ 78 EO iVm §§ 430, 423 Abs 1 ZPO; RIS-Justiz RS0041531), verweigerte das Rekursgericht die begehrte Ergänzung seines Beschlusses ON 74 zu Recht.

Es liegen aber auch die Voraussetzungen einer Berichtigung nicht vor, weil die Verneinung des Verstoßes „Videoüberwachung“ nach dem Inhalt der Rekursentscheidung dem Willen des Rekursgerichts entsprach (§ 78 EO iVm § 419 Abs 1 ZPO; RIS-Justiz RS0041836; RS0041519; RS0041418; RS0041362).

Ob die Begründung des Rekursgerichts dafür ausreichend und/oder richtig ist, hätte nur in einem Revisionsrekurs gegen den Beschluss ON 74 geprüft werden können, der hier allerdings nach § 78 EO iVm § 528 ZPO jedenfalls unzulässig war.

Rekurskosten wurden nicht verzeichnet.

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