Spruch:
Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners wird nicht Folge gegeben. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die vom Antragsgegner der Antragstellerin binnen 14 Tagen zu leistende Ausgleichszahlung nicht S 200.000,--, sondern S 400.000,-- beträgt und nur ein Mehrbegehren an Ausgleichszahlung von S 900.000,-- abgewiesen wird.
Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Begründung
In einem am 6. Februar 1984 eingebrachten Antrag gemäß §§ 81 ff EheG begehrte die Antragstellerin die Zuweisung der Hauptmietrechte an der Ehewohnung in Wien 6.,
Mariahilferstraße 107/13 sowie die Zuweisung des in dieser Wohnung befindlichen Hausrates, und den Zuspruch einer Ausgleichszahlung von S 1,3 Mio. Sie verwies darauf, daß dem Antragsgegner Liegenschaften in Brunn am Gebirge und in Völkermarkt gehörten, weiters sei er an einem Unternehmen beteiligt.
Der Antragsgegner sprach sich gegen diesen Antrag aus und erklärte sich nur damit einverstanden, daß der Antragstellerin Untermietrechte an der Ehewohnung eingeräumt würden. Am 26. Juni 1984 langte beim Erstgericht ein Schreiben ein, das eine Unterschrift trug, unter der mit Schreibmaschine der Name der Antragstellerin angeführt war. Mit diesem Schreiben wurde bekanntgegeben, daß die Antragstellerin das Vollmachtsverhältnis mit ihren Rechtsanwälten auflöse und den Antrag (Klage) zurückziehe. Das Erstgericht nahm diese Eingabe als Zurücknahme des Antrages nach §§ 81 ff EheG zur Kenntnis und verständigte ua. am 23. Juli 1984 auch die bisherigen Vertreter der Antragstellerin. Am 10. August 1984 teilten diese mit, daß die Zurückziehungseingabe entweder eine Fälschung sei oder eine erschlichene Unterschrift der Antragstellerin trage und beantragten die Fortsetzung des Verfahrens. Mit Beschluß vom 18. Oktober 1984 wies das Erstgericht den Fortsetzungsantrag ab. Das Gericht zweiter Instanz behob jedoch diesen Beschluß ersatzlos und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. In der Tagsatzung vom 7. November 1985 erklärte der Antragsgegner, daß er die bisher fehlende Zustimmung zur Zurückziehung des Antrages der Antragstellerin nachhole und erteile. Das Erstgericht ordnete den Eintritt der Antragstellerin in das vom Antragsgegner mit dem Hauseigentümer begründete Mietverhältnis an, wies ihr den gesamten Hausrat dieser Wohnung zu und verpflichtete den Antragsgegner unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 200.000,--. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die beiden Vorinstanzen gingen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Die im Jahr 1957 geschlossene Ehe wurde mit Urteil vom 29. April 1983 geschieden. Der Ehe entstammen zwei jetzt selbsterhaltungsfähige Söhne.
Bis zu den Jahren 1974, 1975 diente den Eheleuten die Wohnung in der Mariahilferstraße, eine Fünfzimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 150 bis 180 m2, als Ehewohnung. Die Hauptmietrechte hatte der Antragsgegner schon vor der Eheschließung erworben. Die Miete beträgt etwa S 2.000,-- monatlich. An Strom- und Gaskosten laufen rund S 1.300,-- monatlich an. Die Antragstellerin ist auf diese Wohnung angewiesen.
In der Ehewohnung befindet sich Hausrat im Wert von etwa S 200.000,--.
In den Jahren 1965 und 1969 erwarb der Antragsgegner Grundstücke in Brunn am Gebirge, wofür er aus eigenem S 76.000,-- auslegte, und begann dort im Jahr 1971 mit dem Bau eines Bungalows, der in den Jahren 1974, 1975 bezugsfertig wurde. Im Jahr 1975 zog der Antragsgegner aus der Ehewohnung in der Mariahilferstraße aus und wohnte seither im Bungalow. Die Errichtung des Bungalows nahm der Antragsgegner unter Beiziehung von Hilfskräften und Anleitung eines Baumeisters in eigener Arbeitsleistung vor. Die Antragstellerin leistete keine Mithilfe. Die Errichtungskosten betrugen rund S 1 Mio. Der Wert der Liegenschaft in Brunn am Gebirge beträgt jetzt etwa S 2,650.000,--. Mit Schenkungsvertrag vom 3. Dezember 1982 übergab der Antragsgegner die Liegenschaft seinen Söhnen, behielt sich aber ein lebenslängliches Fruchtgenußrecht vor. Im Jahr 1978 schenkte der Vater des Antragsgegners diesem eine Liegenschaft in Völkermarkt, die der Antragsgegner kürzlich um etwa S 1,1 Mio. verkaufte.
Im Jahr 1962 gründete der Antragsgegner ein zunächst als Einzelfirma betriebenes Unternehmen, das im Jahr 1968 in eine Gesellschaft mbH umgewandelt wurde. Die Antragstellerin besaß vorübergehend 20 % der Geschäftsanteile, übertrug sie aber dann unentgeltlich einem Sohn der Streitteile. Der Antragsgegner besitzt derzeit nur mehr 20 % der Geschäftsanteile.
Die Antragstellerin führte bis etwa zum Jahr 1969 den gemeinsamen Haushalt und betreute die beiden ehelichen Kinder in zufriedenstellender Weise. In der Folge wurde sie alkoholkrank, worauf der Antragsgegner auch die wesentlichen Hausarbeiten verrichtete. Bis zum Jahr 1969 arbeitete die Antragstellerin zusätzlich ganztägig im erwähnten Unternehmen. Ab Gründung der GesmbH erhielt sie ein Gehalt von S 3.000,-- bis S 3.500,--, vorher nichts. In den folgenden Jahren arbeitete sie nur mehr in beschränktem Maße im Unternehmen, erhielt aber weiter den Gehalt. Seit 1975 hörte jede Mitarbeit auf.
Der Antragsgegner bezieht derzeit als Angestellter der erwähnten GesmbH ein Monatsgehalt von rund S 16.000,--. Außer dem Verkaufserlös der Liegenschaft in Völkermarkt und dem 20 %-igen Geschäftsanteil an der GesmbH verfügt er über kein weiteres Vermögen. Die Antragstellerin ist ohne eigenes Einkommen und auf die Unterhaltsleistungen des Antragsgegners angewiesen, welche derzeit mit S 4.800,-- monatlich festgesetzt sind, wobei aber der Antragsgegner zusätzlich für die Kosten der Ehewohnung aufkommt. Ein gegen den Antragsgegner wegen Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB eingeleitetes Strafverfahren endete mit seinem Freispruch, weil nach dem Gutachten des Schriftsachverständigen die Unterschrift auf dem Zurücknahmeschriftsatz mit höchster Wahrscheinlichkeit von der Antragstellerin stammt und nicht erwiesen sei, auf welche Weise die Unterschrift der Antragstellerin erreicht wurde. Die Antragstellerin wollte aber ihren Antrag nie zurückziehen.
Auf Grund dieser Feststellungen waren beide Vorinstanzen der Auffassung, daß die Zurückziehung des Antrages nicht von Belang sei, weil sie nicht ernstlich gewollt gewesen und noch vor Annahme der Zurückziehung durch den Antragsgegner widerrufen worden sei. Das Unternehmen und die Liegenschaft in Völkermarkt seien in die Aufteilung nicht einzubeziehen. Als Beitrag der Antragstellerin sei neben der Führung des Haushaltes und der Betreuung der Kinder allerdings ihre Mitarbeit im Unternehmen zu berücksichtigen. Bei den gegebenen Umständen entspreche eine Ausgleichszahlung von S 200.000,-- der Billigkeit.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt; teilweise berechtigt ist jedoch der Revisionsrekurs der Antragstellerin.
1) Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:
Der Antragsgegner macht nur geltend, daß wegen der rechtswirksamen Zurückziehung des Antrages kein Aufteilungsverfahren möglich sei.
Dieser Rechtsmittelgrund liegt nicht vor. Der Antragsgegner hat den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz ON 19 nicht bekämpft. Dieser Beschluß war keine Sachentscheidung iSd § 232 Abs 1 AußStrG, sondern ein abändernder verfahrensrechtlicher Beschluß, für dessen Anfechtung die allgemeinen Bestimmungen über die Zulässigkeit von Rechtsmitteln im Verfahren außer Streitsachen gelten (EFSlg 50.124), sodaß eine Anfechtung möglich gewesen wäre. Mit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses ist aber die Verfahrensfrage, ob damals ein aufrechter Antrag vorlag, abschließend entschieden. Die später abgegebene "Zustimmung" zur Zurücknahme des Antrages ging daher ins Leere.
2) Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:
Zutreffend haben die Vorinstanzen das Unternehmen und die Liegenschaft in Völkermarkt nicht in die Aufteilung einbezogen (§ 82 Abs 1 Z 1 Fall 3 und Z 4 EheG). Die Zuweisung der Ehewohnung und des in ihr befindlichen Hausrates wird von keinem Teil mehr bekämpft, auch nicht, daß der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von S 200.000,-- zusteht. Strittig ist nach den im Rechtsmittelverfahren gestellten Anträgen der Parteien nur, ob eine höhere Ausgleichszahlung berechtigt ist.
Nach Ansicht des erkennenden Senates wird eine Ausgleichszahlung von nur S 200.000,-- den Beiträgen der Antragstellerin nicht voll gerecht.
In den ersten Ehejahren, nämlich bis zur Gründung des Unternehmens, haben zwar beide Teile in gleicher Weise Beiträge geleistet, es ist aber nicht ersichtlich, daß in diesem Zeitraum nennenswerte Ersparnisse oder Anschaffungen möglich waren oder tatsächlich erfolgten.
Für die Jahre 1962 bis 1968, also etwa sechs Jahre, zeigte sich aber, daß die Antragstellerin neben der vollen Auslastung durch den Haushalt und die Betreuung der Kinder zusätzlich ganztägig im Betrieb des Antragsgegners arbeitete, ohne dafür etwas zu erhalten. Auf diese Mitwirkung im Erwerb des Antragsgegners muß gemäß § 83 Abs 2 EheG Bedacht genommen werden. Die Ersparnisse des Antragsgegners für diesen Zeitraum ist ein erheblicher Beitrag der Antragstellerin. Dazu kommt noch ein Jahr Vollmitarbeit, als schon die GesmbH gegründet war und die Antragstellerin nur ein kleines Gehalt erhielt. Die etwa S 1 Mio., die der Antragsgegner später für die Errichtung des Bungalows aufwendete, enthalten somit zu einem großen Teil Leistungen der Antragstellerin. Nur wegen dieses Beitrages der Antragstellerin konnte er dem Unternehmen zusätzlich zum Unterhalt für die vierköpfige Familie die entsprechenden Beträge entnehmen. Auch die später eintretende Werterhöhung der Liegenschaft in Brunn am Gebirge geht teilweise auf diesen Beitrag der Antragstellerin zurück.
Als dann infolge der Alkoholerkrankung der Antragstellerin deren Leistungen im Betrieb und im Haushalt zurückgingen und der Antragsgegner nicht nur beim Bau des Bungalows erhebliche Arbeitsleistungen erbrachte, sondern schließlich auch noch im Haushalt arbeitete, begann allerdings der Zeitraum, in welchem die Beiträge des Antragsgegners deutlich überwiegen.
Insgesamt ist es daher gerechtfertigt, dem Antragsgegner vom ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen mehr zuzuweisen als der Antragstellerin.
Bei der grundsätzlich zu übernehmenden Aufteilungsweise der Vorinstanzen erhält der Antragsgegner die Liegenschaft in Brunn am Gebirge. Der Umstand der Übertragung dieser Liegenschaft an die Söhne des Antragsgegners bleibt iSd § 91 Abs 1 EheG ohne Auswirkung (vgl. dazu Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 91 EheG). Für die Bemessung der Ausgleichszahlung ist nicht der Wert im Zeitpunkt der Errichtung des Bungalows oder der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zugrundezulegen, sondern der im Zeitpunkt der Aufteilung gegebene Wert (JBl. 1983, 648 mit Glosse von Huber; EFSlg 48.909; Pichler aaO Rz 8 zu § 84 EheG). Der Antragsgegner erhält somit einen Wert von S 2,650.000,-- abzüglich der zu leistenden Ausgleichszahlung. Die Antragstellerin erhält dem gegenüber die Hauptmietrechte an der sehr großen Ehewohnung, für die ein ungewöhnlich niedriger Mietzins zu entrichten ist, was ebenfalls einen sehr erheblichen Wert darstellt, zusätzlich zum Hausrat und der ihr zuzusprechenden Ausgleichszahlung.
In Abwägung der beiderseitigen Beiträge entspricht nach Ansicht des erkennenden Senates eine Ausgleichszahlung von S 400.000,-- der Billigkeit. Der Antragsgegner ist zu einer solchen Zahlung ohne Gefährdung seiner Interessen nach den getroffenen Feststellungen (Erlös aus der verkauften Liegenschaft in Völkermarkt) imstande. Auch bei diesem Verfahrensausgang ist gemäß § 234 AußStrG für das Verfahren in allen drei Instanzen die gegenseitige Kostenaufhebung gerechtfertigt.
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