Normen
ABGB §905 Abs1
ABGB §905 Abs2
ABGB §1420 Abs1
ABGB §1420 Abs2
AußStrG §14 Abs1
AußStrG §14 Abs2
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AußStrG §14 Abs1
AußStrG §14 Abs2
Spruch:
Die Fragen, in welcher Währung Unterhalt geschuldet wird und in welcher Währung die Alimente vom Gericht zuzusprechen sind, betreffen nicht die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts im Sinne des § 14 Abs. 2 AußStrG
Das Unterhaltsstatut ist auch für die Währung maßgebend, in der Unterhalt geschuldet wird. Einem in Österreich lebenden Kind ist daher Unterhalt in Schilling zuzusprechen
OGH 11. April 1978, 3 Ob 567/78 (LGZ Wien 42 R 43/78; BG Favoriten 1 P 386/69)
Text
Der am 12. Feber 1961 außer der Ehe geborene Jürgen befindet sich in Pflege und Erziehung seiner in Wien lebenden Mutter. Der Vater des Kindes hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Mit Beschluß vom 29. September 1976 ON. 47, erhöhte das Erstgericht den vom Vater zu entrichtenden Unterhaltsbeitrag ab 1. Juli 1976 auf 2500 S monatlich. Noch vor Rechtskraft dieses Beschlusses beantragte das Bezirksjugendamt für den 11. Bezirk als Kurator des Minderjährigen mit der Behauptung, daß sich das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen erhöht habe, dem Vater am 16. Oktober 1977 die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages von 480 sfr monatlich aufzutragen.
Der Vater erklärte, äußerstenfalls zur Zahlung von 2700 S monatlich bereit zu sein, da sich sein Einkommen, das 3412.99 sfr monatlich betrage, seit der letzten Unterhaltsregelung nur um etwa 6.5% erhöht habe.
Das Erstgericht gab dem Antrag des Kurators statt. Es führte aus, daß der Durchschnittsbedarf des Kindes auf Grund der Lebensverhältnisse derzeit 2170 S monatlich betrage, das Kind jedoch an den höheren Lebensverhältnissen des Vaters teilnehmen solle. Bei einem Einkommen von 3412.90 sfr monatlich sei dem Vater eine Unterhaltsleistung von 480 sfr monatlich zumutbar.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters dahin Folge, daß es den Unterhaltsbeitrag am 16. Oktober 1977 um 160 S auf insgesamt 2660 S monatlich erhöhte und das diesen Betrag übersteigende Mehrbegehren abwies. Es ging davon aus, daß das Nettoeinkommen des Vaters seit der letzten Unterhaltsregelung von rund 3190 sfr auf 3410 sfr monatlich, also etwa um 6.5% gestiegen sei. Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß der Erhöhungsantrag des Kurators nicht berechtigt sei, da sich das Realeinkommen des Vaters nicht wesentlich geändert habe und eine besondere Steigerung des Bedarfes des Kindes nicht behauptet worden sei. Der Unterhaltsbeitrag sei daher nur auf das vom Vater - im Rekurs - zugestandene Ausmaß anzuheben. Unterhaltsbeschlüsse dürften nicht auf eine ausländische Währung lauten; es handle sich um unechte Valutaforderungen, bei denen die Rechnungsgrundlage für die ausländische Währung erkennbar sein müsse.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Kurators nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Fragen in welcher Währung der Unterhalt geschuldet wird und in welcher Währung die Alimente vom Gericht zuzusprechen sind, nicht die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts im Sinne des § 14 Abs. 2 AußStrG betreffen. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH (Jud. 60 neu = SZ 27/177 u. a.) gehört zur Bemessung die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Um eine bloße Bemessungsfrage geht es also, wenn der Streit nur das Ausmaß, das Mehr oder Weniger einer Unterhaltsverpflichtung betrifft (RZ 1976/72; SZ 45/87 u. a.). Der Revisionsrekurs ist daher zulässig; er ist aber nicht berechtigt. Das unterhaltsberechtigte Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sein Unterhaltsanspruch richtet sich daher nach österreichischem Recht. Nach Art. 1 des Haager Unterhaltsstatutabkommens vom 24. Oktober 1956, BGBl. 293/1961 (in Kraft seit 1. Jänner 1962), bestimmt nämlich das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes, ob, in welchem Ausmaß und von wem das Kind Unterhalt verlangen kann. Nach österreichischem Recht als der lex fori ist auch zu beurteilen, in welcher Währung das Gericht den Unterhalt zuzusprechen hat. Eine Verurteilung des Schuldners zur Zahlung in Fremdwährung ist nach inländischem Recht nicht ausgeschlossen. Österreichische Gerichte verurteilen grundsätzlich zur Zahlung in der geschuldeten Währung (Köhler, IPR[3], 158; JBl. 1954, 199). Die Frage, ob das Unterhaltsstatut auch notwendig über die Währung entscheidet, ist in der deutschen Lehre und Rechtsprechung sehr umstritten. Nach einer Ansicht richtet sich die Währung der auf Grund einer Unterhaltsverpflichtung zu zahlenden Geldsumme nach dem Familienrechtsstatut (Staudinger, Komm. zum BGB[11], Bd. II, Teil 1 a, 1104 ff. mit Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung). Eine andere Meinung geht dahin, daß die Währung dem hypothetischen Willen der Parteien oder dem Recht des Erfüllungsortes zu entnehmen sei (Staudinger a. a. O., 1106 ff.). Für den österreichischen Rechtsbereich hat Böhm in ZfRV 1974, 75 f. die Auffassung vertreten, daß der vom Landesgericht für ZRS Wien als Rekursgericht in der Entscheidung ZfRV 1974, 65 ff. angenommene Gleichlauf zwischen anwendbarem Recht und Währungsfrage jeglicher rechtlichen Grundlage entbehre. Der Richter sei in dieser Frage auf die lex fori angewiesen, da ein anerkannter Grundsatz, daß die Währung durch das Schuldstatut zwingend festgelegt sei, nicht bestehe. Das Währungsstatut sei im § 905 Abs. 1 Satz 2 ABGB "Geldsorten") verankert. Dieses gelte sowohl für vertragliche als auch - gemäß § 1420 ABGB - für gesetzliche Schuldverhältnisse und richte sich nach dem gesetzlichen Erfüllungsort (§ 905 Abs. 1 Satz 1 ABGB), im Zweifel also nach dem Wohnsitz des Schuldners. Der Wohnsitz des Schuldners bleibe ungeachtet dessen, daß die Geldschuld eine qualifizierte Schickschuld sei, gesetzlicher Erfüllungsort der Unterhaltspflicht. Denselben Standpunkt hat auch der OGH in den Entscheidungen SZ 5/30 und SZ 7/71 eingenommen.
Richtig ist, daß die Währung nicht notwendig dem Schuldstatut folgen muß (Raape, IPR[5], 532; Stanzl in Klang, Komm. z. ABGB[2] IV/1,
742) und daß gesetzlicher Erfüllungsort für Unterhaltsverpflichtungen der Wohnsitz des Unterhaltsschuldners ist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß auch die Bestimmung des § 905 Abs. 1 Satz 2 ABGB eine Auslegungsregel ist und nur im Zweifel gilt (Gschnitzer in Klang[2] a. a. O., IV/1, 365 f.). Die Unterhaltsverpflichtung ist in ihrem Ursprung nicht auf die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gerichtet, sondern gehört zu den Geldwertschulden (Koziol - Welser, Grundriß des bürgerl. Rechts[4] I, 179). Die geschuldeten Geldbeträge sollen den Naturalunterhalt sicherstellen. Im Vordergrund stehen also der Zweck des Unterhaltes und seine tatsächliche Befriedigung. Der inländische Unterhaltsberechtigte benötigt zur Deckung seines gesamten Lebensbedarfes ausschließlich Geld österreichischer Währung, das in Österreich das einzige gesetzliche Zahlungsmittel ist. Der OGH ist daher der Auffassung, daß das Unterhaltsstatut auch für die Währung maßgebend ist, in welcher der Unterhaltsbetrag geschuldet wird (vgl. Staudinger a. a. O., 1108; Raape a. a. O., 551). Die Entscheidung des Rekursgerichtes Unterhalt in österreichischen Schillingen zuzusprechen, ist daher im Ergebnis richtig.
Die übrigen Ausführungen des Revisionsrekurses betreffen ausschließlich die Frage der Unterhaltsbemessung, mit der sich der OGH auch im Rahmen eines zulässigen Revisionsrekurses nicht befassen kann.
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