OGH 3Ob544/93

OGH3Ob544/9310.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch MMag. Dr.Peter E. Pescoller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Land Tirol, vertreten durch Dipl.Vw.DDr. Armin Santner und Dr.Peter Lechner, Rechtsanwälte in Innsbruck, und 2. Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol, Innsbruck, Meinhardstraße 14, vertreten durch DDr.Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung, infolge der außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 28. Jänner 1993, GZ 2 R 337/92-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. Juni 1992, GZ 15 Cg 101/91-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1) den

Beschluß

gefaßt:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Schriftsatzes vom 25.10.1993, die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu tragen.

2) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.789,60 (darin S 1.131,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Land Tirol (erstbeklagte Partei) und die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol (zweitbeklagte Partei) haben sich zu einer "Tiroler Bürgschaftsgemeinschaft" zusammengeschlossen und übernehmen in deren Rahmen zum Zweck der Wirtschaftsförderung in Tirol Bürgschaften gemäß § 1346 ABGB für Darlehen und Kredite, die österreichische Kreditinstitute an Unternehmen gewähren. Die von den beklagten Parteien herausgegebenen "Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften durch die Tiroler Bürgschaftsgemeinschaft (TBG)" haben in dem hier noch bedeutsamen Teil folgenden Wortlaut:

"10. Widerruf der Bürgschaftsübernahme

Die Bürgen werden von der Verpflichtung aus der Bürgschaftsübernahme frei, wenn die Kreditunternehmung bei Gewährung, Überwachung oder Verwaltung des Kredites nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes gewahrt hat oder der in diesen Richtlinien festgelegten Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen und dadurch ein Ausfall entstanden ist. ......"

Das klagende Kreditinstitut räumte einem am Verfahren nicht beteiligten Unternehmen (im folgenden Kreditnehmer genannt) mit Vertrag vom 11./13.7.1988 einen Kredit in der Höhe von S 1,200.000,--. ein, der ab März 1989 in gleichbleibenden jährlichen Raten von S 400.000,-- zurückzuzahlen war und daher bis 31.3.1991 zurückgezahlt sein sollte. Am 19.8.1988 richteten die beklagten Parteien an die klagende Partei ein "Bürgschaftsanbot" mit folgendem hier noch bedeutsamen Wortlaut:

"Mit Ihrer Zusage vom 29.6. bzw. 12.7.1988 haben Sie sich bereit erklärt, der Firma (es folgt der Name des Kreditnehmers) einen Kredit in der Höhe von S 1,200.000,-- mit einer Laufzeit bis 31.3.1991 einzuräumen. Das unterfertigte Land Tirol übernimmt für 60 % und die unterfertigte Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol übernimmt für 10 % jenes Teiles des oben angeführten Kredites, der bei der Realisierung der für den Kredit gegebenen Sicherheiten nicht hereingebracht werden kann, die Haftung als Bürge gemäß § 1346 ABGB. Die Realisierung hat die Einklagung des noch aushaftenden Kreditbetrages samt Anhang und die Exekutionsführung auf die hereingenommenen Sicherheiten zu umfassen. Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich sonstiger Vermögenswerte sind nicht Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Bürgschaft.

Die Ihnen bekannten "Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften durch die Tiroler Bürgschaftsgemeinschaft" werden von Ihnen für die Abwicklung des verbürgten Kredites als verbindlich anerkannt.

Die vorangeführte Haftung wird unter folgenden Bedingungen übernommen:

1. Die Bürgschaft wird für 70 % (siebzig) von S 1,200.000,-- (i.W. Schilling eine Million zweihunderttausend) übernommen und reduziert sich zum

31.3.1989 auf 70 % von S 800.000,--

31.3.1990 auf 70 % von S 400.000,--

31.3.1991 auf 0,--.

Die Haftung endet jedenfalls nach Ablauf von 5 Jahren ab der seinerzeitigen Anbotsannahme, das ist am 31.3.1991.

2. Die Gesamtbürgschaft umfaßt neben der Bürgschaftssumme (70 % von S 1,200.000,--) auch die Bürgschaft für Zinsen und Kosten nach Maßgabe der übernommenen Bürgschaftsquote, jedoch begrenzt mit 30 % (dreißig) der Darlehens- bzw. Kreditsumme von S 1,200.000,-- (Einschränkung siehe Punkt 1).

5. Besicherung des zu verbürgenden Kredites durch

- Übernahme der Haftung als Bürge und Zahler nach § 1357 ABGB zur

ungeteilten Hand durch die Eheleute (es folgt der Name zweier am Verfahren nicht beteiligter Personen);

- Eintragung eines Höchstbetragspfandrechtes über S 1,440.000,-- (S

1,200.000,-- plus 20 % NGK) auf den ...... Anteilen der EZ

......... nach Vorlasten von S 432.000,-- Bausparkasse (Stand

18.8.88) und S 741.000,-- Wohnbauförderung Land Tirol (Stand 18.8.88)

9. Die in den Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften durch die Tiroler Bürgschaftsgemeinschaft und die in Ihrem Schreiben vom 29.6.88 und 12.7.88 angeführten Bestimmungen und Bedingungen sind einzuhalten."

Die klagende Partei veranlaßte, daß auf den der Sicherstellung dienenden Liegenschaftsanteilen zu Ihren Gunsten im dritten Rang das Pfandrecht für eine Forderung von S 700.000,-- und erst im vierten Rang das Pfandrecht für die den Gegenstand der Bürgschaft bildende Forderung eingetragen wird. Am 14.3.1990 beantragte der Kreditnehmer die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens. Die klagende Partei brachte gegen die beiden Personen, die die Haftung als Bürge und Zahler übernommen hatten, die Klage ein.

Mit der am 27.3.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei die Feststellung, daß die erstbeklagte Partei für 60 % und die zweitbeklagte Partei für 10 % jenes Teiles des von ihr gewährten Kredites, der bei der Realisierung der für diesen Kredit gegebenen Sicherheiten nicht hereingebracht werden kann, als Bürge gemäß § 1346 ABGB bis zu einem Höchstbetrag von 70 % von S 1,200.000,-- samt Zinsen und Kosten haftet. Sie brachte vor, daß sie gegen die beklagten Parteien keine Leistungsklage einbringen könne, weil noch nicht feststehe, in welchem Ausmaß sich der zum 12.2.1991 mit S 1,155.980,-- aushaftende Kredit durch die Realisierung der Sicherheiten und die Zahlungen des Ausgleichsschuldners verringere. Da die beklagten Parteien trotz Aufforderung die Anerkennung ihrer Haftung abgelehnt hätten, habe sie ein rechtliches Interesse an der Feststellung dieser Haftung.

Die zweitbeklagte Partei wendete unter anderem ein, daß sie nicht fristgerecht in Anspruch genommen worden sei, weshalb ihre Haftung zur Gänze erloschen sei. Überdies habe die klagende Partei vertragswidrig gehandelt, weil sie das zur Sicherstellung ihrer Forderung dienenden Pfandrecht nicht im dritten, sondern im vierten Rang eintragen lassen habe.

Die klagende Partei erwiderte hierauf, bei dem für die streitgegenständlichliche Forderung eingetragenen Pfandrecht sei "bankintern vorgemerkt" worden, daß ihm im Fall der Verwertung der Liegenschaft der Vorrang vor dem anderen zu ihren Gunsten eingetragenen Pfandrecht zukomme.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Soweit dies noch von Bedeutung ist, war es in rechtlicher Hinsicht der Meinung, daß die klagende Partei gegen die Bestimmungen des Bürgschaftsvertrages verstoßen habe, weil sie das Pfandrecht nicht im dritten, sondern im vierten Rang eintragen lassen habe. Die beklagten Parteien seien deshalb gemäß den Richtlinien von ihren Verpflichtungen frei geworden, weil die klagende Partei die darin übernommene Pflicht zur Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verletzt habe. Daran ändere die Aussage der Angestellten der klagenden Partei, diese werde den Kredit im dritten Pfandrang abrechnen, nichts. Diese Angestellten seien zu einer solchen Erklärung nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht stellte infolge Berufung der klagenden Partei unter Abweisung des Mehrbegehrens fest, daß die von der erstbeklagten Partei übernommene Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 60 % und die von der zweitbeklagten Partei übernommene Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 10 % von S 400.000,-- samt Zinsen und Kosten aufrecht ist. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes für jede der beklagten Parteien S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Den stattgebenden Teil des Urteils begründete das Berufungsgericht damit, daß das Feststellungsinteresse der klagenden Partei zu bejahen sei, weil zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung noch nicht festgestanden sei, inwieweit sich der noch aushaftende Kredit durch Zahlungen des Kreditnehmers und die Verwertung der Sicherheiten verringere, weshalb noch keine Leistungsklage eingebracht werden könne. Überdies sei es zweckmäßig, durch ein Feststellungsurteil die Streitfrage zu klären, ob die Bürgschaftsverpflichtung durch das vertragswidrige Verhalten der klagenden Partei unabhängig von der Höhe des aushaftenden Kreditbetrages erloschen sei. Dies treffe aber nicht zu, weil gemäß Punkt 10 der Richtlinien das Erlöschen davon abhänge, ob durch das vertragswidrige Verhalten der klagenden Partei ein Ausfall bei der Hereinbringung des Kredites entstanden sei. Die beklagten Parteien könnten daher aufgrund dieser Bestimmung der Richtlinien ihre Bürgschaftsverpflichtung nur um jenen Betrag verringern, der wegen des vertragswidrigen Verhaltens der klagenden Parteien nicht hereingebracht werden könne. Hier sei noch nicht zu prüfen, ob eine Vertragsverletzung der klagenden Partei vorliegt und inwieweit daraus ein Ausfall entstanden ist. Die beklagten Parteien könnten sich erst im Zusammenhang mit der Errechnung des Ausfalls darauf berufen, daß dieser geringer oder überhaupt nicht eingetreten wäre, wenn die klagende Partei alle Verpflichtungen aus der Bürgschaftsvereinbarung eingehalten hätte. Die klagende Partei könne bei der Ermittlung des Ausfalls die Beklagten so stellen, als ob die den Gegenstand der Bürgschaft bildenden Forderungen im dritten Pfandrang sichergestellt worden wären. Da sogar die rechtzeitige außergerichtliche Geltendmachung und damit umsomehr die gerichtliche Geltendmachung einer befristeten Bürgschaft deren Erlöschen verhindere, habe die klagende Partei durch die Einbringung der Klage das Erlöschen der Bürgschaft bezüglich des erst am 31.3.1991 und somit nach Einbringung der Klage fällig gewordenen Betrages von S 400.000,-- verhindert. In diesem Umfang sei die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten nach Maßgabe der übernommenen Bürgschaftsquoten dem Grunde nach aufrecht.

Gegen dieses Urteil erhoben sowohl die klagende als auch die zweitbeklagte Partei eine außerordentliche Revision. Dem jeweiligen Revisionsgegner wurde gemäß § 508a Abs 2 ZPO mitgeteilt, daß ihm die Beantwortung der Revision freistehe.

Die von der klagenden Partei gegen den klageabweisenden Teil des Berufungsurteils erhobene Revision ist unzulässig; die von der zweitbeklagten Partei gegen den klagestattgebenden Teil des Berufungsurteils wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Zur Revision der klagenden Partei:

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei hat in ihrer Beantwortung der Revision der zweitbeklagten Partei vorgebracht, daß sich ihre Forderung gegen den Kreditnehmer zum 8.7.1993 auf S 331.681,66 verringert habe. Damit fehlt ihr aber bei ihrer Revision das Rechtsschutzinteresse, weil es für sie ohne Bedeutung ist, ob die Haftung der beklagten Parteien über den vom Berufungsgericht ohnedies festgestellten, die noch aushaftende Forderung übersteigenden Umfang hinaus festgestellt wird. Sie ist daher durch den von ihr angefochtenen klageabweisenden Teil des Berufungsurteils nicht (mehr) beschwert. Das Fehlen des Rechtsschutzinteresses, das noch im Zeitpunkt der Entscheidung gegeben sein muß, macht ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof aber unzulässig (ÖBl 1992, 267; ÖBl 1991, 38; SZ 61/6 uva).

Da es gemäß § 50 Abs 2 ZPO idF der EO-Nov 1991 bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen ist, wenn bei einem Rechtsmittel das Rechtsschutzinteresse nachträglich wegfällt, wurde die klagende Partei zur Äußerung darüber aufgefordert, wann ihre Forderung unter S 400.000,- gesunken ist. Sie gab bekannt, daß sich die Forderung zum 2.3.1992 unter diesen Betrag verringert hat. Das Rechtsschutzinteresse ist daher schon vor Einbringung der am 1.4.1993 zur Post gegebenen Revision der klagenden Partei und somit nicht "nachträglich" im Sinn des § 50 Abs 2 ZPO weggefallen, weshalb die klagende Partei unabhängig davon, ob ihr Rechtsmittel, wie der Oberste Gerichtshof bei der ersten Prüfung annahm, gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig gewesen wäre, keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten des ihre Revision betreffenden Rechtsmittelverfahrens hat. Dazu gehören auch die Kosten für den Schriftsatz, mit dem sie zur Verringerung ihrer Forderung Stellung machen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortungen der beklagten Parteien beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO. Diese Kosten sind nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig im Sinn des § 41 Abs 1 ZPO anzusehen, weil in den Revisionsbeantwortungen auf den dargelegten Grund der Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde.

Zur Revision der zweitbeklagten Partei:

Die Zulässigkeit der Revision der zweitbeklagten Partei ergibt sich daraus, daß zur Auslegung des Punktes 10 der "Richtlinien" der beklagten Parteien eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt und diese Auslegung in ihrer Bedeutung über den Anlaßfall hinausgeht, weil die Richtlinien von den beklagten Parteien offensichtlich in einer größeren Anzahl von Fällen verwendet werden.

Die in der Revision geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die zweitbeklagte Partei meint in der Revision, daß das Berufungsgericht infolge der Pflicht zur amtswegigen Prüfung des Feststellungsinteresses in den Akt über die Zwangsversteigerung der der klagenden Partei verpfändeten Liegenschaftsanteile Einsicht nehmen und das Ergebnis der Meistbotsverteilung berücksichtigen hätte müssen. Es ist ihr einzuräumen, daß das Vorliegen des Feststellungsinteresses von Amts wegen zu prüfen und daß das Fehlen des Feststellungsinteresses auch im Rechtsmittelverfahren wahrzunehmen ist (SZ 55/87; MietSlg Bd 38/25; SZ 53/171 ua). Nicht zu folgen ist ihr allerdings darin, daß es dabei auf den Schluß der mündlichen Berufungsverhandlung ankommt; entscheidend ist vielmehr der Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (SZ 62/2; MietSlg Bd 33/25; EvBl 1980/36 ua).

Die mündliche Verhandlung wurde vom Erstgericht am 21.1.1992 geschlossen. Selbst wenn man vom Vorbringen in der Revision ausgeht, daß der klagenden Partei im Zwangsversteigerungsverfahren S 683.321,29 an Kapital wäre das Feststellungsinteresse der klagenden Partei zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz zu bejahen, weil die Forderung der klagenden Partei zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht getilgt gewesen wäre. Es muß daher nicht geprüft werden, ob der klagenden Partei die ihr zugewiesenen Beträge schon vor diesem Zeitpunkt zugegangen sind.

Die der klagenden Partei zugewiesenen Beträge hätten entgegen der von

der zweitbeklagten Partei vertretenen Ansicht nicht auf jenen Teil

der Forderung angerechnet werden können, für den das Berufungsgericht

das Bestehen der Haftung der beklagten Parteien festgestellt hat.

Zahlungen sind vielmehr zuerst auf den durch die Bürgschaft nicht

gesicherten Teil der Forderung anzurechnen. Dies ergibt sich zwingend

aus der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung, wonach die

beklagten Parteien nur in dem Umfang in Anspruch genommen werden

können, in dem der Kredit durch die Realisierung der anderen dafür

bestellten Sicherheiten nicht hereingebracht werden kann. Die

beklagten Parteien haften daher aus der Bürgschaft - nur, aber gerade

- für jenen Betrag, der nach Realisierung der Sicherheiten noch übrig

bleibt. Dieser Betrag stand aber zur Zeit des Schlusses der

mündlichen Verhandlung erster Instanz unabhängig vom Ergebnis der

Zwangsversteigerung noch nicht fest, weil noch Zahlungen des

Kreditnehmers und der anderen Bürgen möglich waren. Die klagende

Partei hätte daher zu diesem Zeitpunkt noch kein Leistungsbegehren

stellen können, weshalb auch nicht zu erörtern ist, ob die erst nach

Einbringung einer Feststellungsklage eingetretene Möglichkeit, ein

Leistungsbegehren zu stellen, den Wegfall des Feststellungsinteresses

bewirkte. Zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster

Instanz war das Feststellungsinteresse jedenfalls ohne Rücksicht auf

das Ergebnis der Zwangsversteigerung zu bejahen. Dieses Ergebnis

hätte allenfalls zu einer Verringerung des Haftungsumfanges der

beklagten Parteien führen können. Hierauf wäre aber nur aufgrund

einer entsprechenden, hier jedoch nicht erhobenen Einwendung der

beklagten Parteien Bedacht zu nehmen gewesen. Unter diesen Umständen

ist auch nicht zu entscheiden, ob die in erster Instanz vorliegenden

Verfahrnsergebsnisse eine anreichende Grundlage für die Prüfung des

Feststellungsinteresses in der von der zweitbeklagten Partei

gewünschten Richtung bildeten (vgl MietSlg Bd 33/25).

Zur Auslegung des Punktes 10 der "Richtlinien" ist der zweitbeklagten Partei zwar darin beizupflichten, daß aus der Verwendung des Wortes "Widerruf" in der Überschrift zu dieser Bestimmung entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes nicht geschlossen werden kann, daß zur Verringerung der Haftung der Bürgen von ihrer Seite eine entsprechende Erklärung notwendig ist; dies wäre im übrigen hier ohne Bedeutung, weil die beklagten Parteien diese Erklärung spätestens durch ihr Vorbringen vor dem Erstgericht abgegeben hätten. Die Haftung der Bürgen erlischt daher bei Eintritt der im Punkt 10 der "Richtlinien" festgesetzten Voraussetzungen von selbst. Schon das Berufungsgericht hat aber zutreffend darauf hingewiesen, daß die Bürgen nach dem Wortlaut der Bestimmung von den Verpflichtungen aus der Bürgschaftsübernahme nur frei werden, wenn das Kreditunternehmen nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes gewahrt hat oder ihren Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist und wenn dadurch ein Ausfall entstand. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung führt also nicht schon die Verletzung von Sorgfalts- oder sonstigen vertraglichen Pflichten zum Erlöschen der Bürgschaft, sondern es ist als weitere Voraussetzung erforderlich, daß diese Pflichtverletzung einen Ausfall verursacht hat. Solange dies nicht feststeht, ist die Bürgschaft der beklagten Parteien somit nicht erloschen. Da das hier im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz zumindest in dem Umfang der Fall war, in dem das Berufungsgericht dem Klagebegehren stattgegeben hat, ist seine Entscheidung richtig. Die zweitbeklagte Partei hat gegebenenfalls die Möglichkeit, das Erlöschen der von ihr übernommenen Bürgschaft infolge eines durch ein pflichtwidriges Verhalten der klagenden Partei verursachten Ausfalls im Leistungsstreit einzuwenden.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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