OGH 3Ob540/90

OGH3Ob540/9027.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*** ZUR L*** Gesellschaft mbH, Wien 2., Taborstraße 16, vertreten durch Dr. Adolf Lientscher, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die beklagte Partei R*** S*** reg. Genossenschaft mbH, Salzburg,

Schwarzstraße 50, vertreten durch Dr. Karl Ludwig Vavrovsky ua, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Entfernung und Anbringung einer Geschäftsaufschrift, infolge Revision der klagenden und beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 20.Dezember 1989, GZ 21 R 263/89-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 27.Juni 1989, GZ 13 C 1127/89z-5, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden zu Punkt 2 des Klagebegehrens dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

Die beklagte Partei ist schuldig, an der Außenfassade des Hauses Salzburg, Schwarzstraße 9/Hummelstraße 1, oberhalb der Schaufenster und des Geschäftseinganges der von der klagenden Partei gemieteten Geschäftsräumlichkeiten unter Beachtung behördlicher Vorschriften und Auflagen auf ihre Kosten binnen acht Wochen die Aufschrift "T*** ZUR L***" anzubringen, und zwar in Buchstaben, die in Beschaffenheit und Größe entweder der früheren Firmenaufschrift der klagenden Partei oder der jetzt von der beklagten Partei angebrachten Firmenaufschrift "L***" entsprechen, und an der Stelle, an der sich jetzt die genannte Firmenaufschrift "L***" befindet.

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben und das Urteil des Berufungsgerichtes zu Punkt 1 des Klagebegehrens (Entfernung der Aufschrift "L***") bestätigt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 12.904,-- S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 1.784,-- S Umsatzsteuer und 2.200,-- S Barauslagen), die mit 11.203,-- S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 1.200,50 S Umsatzsteuer und 4.000,-- S Barauslagen) und die mit 8.674,-- S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.029,-- S Umsatzsteuer und 2.500,-- S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei ist Eigentümerin eines an der Ecke Schwarzstraße Nr 9/Hummelstraße Nr 1 in Salzburg stehenden Hauses. Die klagende Partei ist Mieterin von ebenerdigen Geschäftslokalen, etwa hinter je drei Schaufenstern in der Schwarzstraße und einem Schaufenster in der Hummelstraße. Anläßlich eines von der beklagten Partei durchgeführten Umbaues vereinbarten die Streitteile im Jänner 1989, daß die beklagte Partei auf ihre Kosten spätestens mit der fristgerechten Beendigung der Bautätigkeit die Firmenaufschriften der klagenden Partei wieder anzubringen habe. Vor dem Umbau war die Fassade im Bereich des Erdgeschoßes so gestaltet, daß die Schaufenster etwa eine Höhe von ca 3 Meter vom Gehsteig aus hatten; oberhalb der Schaufenster war eine ungefähr 1 Meter breite Mauerfläche, auf der über den Schaufenstern der klagenden Partei in der Hummelstraße in großen Leuchtbuchstaben die Aufschrift "ZUR L***" und über den Schaufenstern der klagenden Partei in der Schwarzstraße die Aufschrift "T*** ZUR L***" angebracht war, wozu jeweils noch ein Lindenbaumsymbol kam. Oberhalb dieser Mauerfläche befand sich ein weiteres etwas schmäleres Mauerband, in dem keine Firmenaufschriften waren, das aber zB in der Ecke Platz für Straßenbezeichnungstafeln bot.

Nach dem Umbau wurde das untere Mauerband (mit der alten Firmenaufschrift) praktisch entfernt und dieser Bereich in die Schaufensterflächen miteinbezogen, die jetzt Oberlichten erhielten und so insgesamt auf etwa 3,70 Meter Höhe vom Gehsteig aus vergrößert wurden. Das obere Mauerband blieb hingegen mehr oder weniger in gewissen stilistischen Veränderungen erhalten. Es entstand in der Folge zwischen den Streitteilen ein Streit, in welcher Form und wo jetzt die bisherige Firmenaufschrift der klagenden Partei angebracht werden solle. Tatsächlich brachte die beklagte Partei in dem erwähnten oberen Mauerband genau in der Mitte über den drei Schaufenstern der klagenden Partei in der Schwarzstraße die Anschrift "L***" an, wobei die Buchstaben etwa die Höhe der früheren Firmenaufschrift der klagenden Partei haben. Im Bereich der Oberlichten aller Schaufenster der klagenden Partei brachte die beklagte Partei jedoch im Siebdruckverfahren eine Werbeaufschrift an, die ein schmal umrandetes Quadrat, ein Lindenbaumsymbol und den Text "ZUR L***" aufweist.

Die klagende Partei begehrt die Entfernung der Aufschrift "L***" und unter Beachtung behördlicher Vorschriften und Auflagen die Anbringung der Aufschrift "T*** ZUR L***". Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die alte Firmenaufschrift nur im Bereich des früheren unteren Mauerbandes, also im Bereich der jetzigen Oberlichten, angebracht werden müsse, was ohnedies geschehen sei und wobei sich die beklagte Partei an Vorschläge der klagenden Partei gehalten habe. Auf ein Schild im oberen Mauerband habe die klagende Partei keinen Anspruch, und das neue Schild der beklagten Partei sei der klagenden Partei im übrigen zumutbar.

Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab.

Es nahm als erwiesen an, daß die Streitteile in ihren Gesprächen nicht vereinbart hätten, daß die Firmenanschrift nach dem Umbau an einer anderen Stelle als vorher, nämlich am oberen Mauerband, anzubringen wäre, obwohl der klagenden Partei die Umbaupläne vorgelegt worden seien; nach dem Umbau habe die beklagte Partei um Unterlagen für die neuen Werbeaufschriften ersucht und einen Lay-Out-Film über die dann im Bereich der Oberlichten angebrachten Werbeaufschriften übermittelt, die gar nicht auf das obere Mauerband gepaßt hätte; auf dem Wort "T***" habe die klagende Partei selbst nicht mehr bestanden.

Die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung legte das Erstgericht in Anwendung des § 915 ABGB dahin aus, daß die beklagte Partei durch die Anbringung der Druckaufschriften im Bereich der Oberlichten ihrer Verpflichtung entsprochen habe. Das obere Mauerband sei nicht Teil des Mietgegenstandes. Da die beklagte Partei immerhin fünf Sechstel des Erdgeschosses benütze, müsse ihr auch die Anbringung eines entsprechenden Firmenschildes gestattet werden. Der Geschäftsbereich der klagenden Partei werde durch die neue Anschrift nicht beeinträchtigt.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes teilweise dahin ab, daß dem Klagebegehren auf Entfernung der Aufschrift "L***" stattgegeben wurde, bestätigte es aber in der Abweisung des Begehrens auf Anbringung einer Aufschrift "T*** ZUR L***". Es sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Teiles des Streitgegenstandes 15.000,-- S und der Wert des von der Bestätigung betroffenen Teiles des Streitgegenstandes 60.000,-- S übersteige, beide jedoch nicht 300.000,-- S, und daß die Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß sich das Recht der klagenden Partei nach (Wieder-)Anbringung ihrer Firmenanschrift vor allem aus der getroffenen Vereinbarung ergebe. Der beklagten Partei stehe ein Recht zur Anbringung einer Reklametafel im selben Bereich nur zu, wenn dadurch die Auffälligkeit der Geschäftsanschrift der klagenden Partei nicht beeinträchtigt werde. Die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung ergebe, daß es der klagenden Partei um eine tunlichste Wiederherstellung des früheren Zustandes gegangen sei. Die jetzt in den Schaufenstern angebrachten Druckbilder seien kein Ersatz für die frühere Aufschrift. Sie würden vor allem durch die neue Aufschrift "L***" übertönt. Mit der Übergabe der Lay-Out-Filme habe die klagende Partei nicht auf ihre Rechte aus der Vereinbarung verzichtet. Das Begehren auf Entfernung der Aufschrift "L***" sei daher berechtigt. Das Begehren auf Wiederanbringung einer der alten Aufschrift der klagenden Partei entsprechenden Firmenaufschrift sei hingegen wegen Unbestimmtheit des Klagebegehrens unberechtigt. Eine Verdeutlichung im Berufungsverfahren sei nicht möglich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist berechtigt, die Revision der beklagten Partei nicht.

1. Zur Revision der beklagten Partei:

Der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 6 ZPO liegt nicht vor. In der vorliegenden Klage wird nicht geltend gemacht, daß die beklagte Partei Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten im Sinne der §§ 3, 4 und 6 MRG erbringen müsse, daß eine Wiederherstellungspflicht im Sinne des § 7 MRG bestehe, oder daß die klagende Partei eine Veränderung des Mietgegenstandes im Sinne des § 9 MRG dulden müsse. Es liegt damit keiner der im § 37 Abs 1 MRG aufgezählten Anträge vor, über die im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden wäre. Die klagende Partei stützt ihren Anspruch vielmehr auf eine Vereinbarung. Es ist daher im streitigen Rechtsweg zu erkennen.

Bei der Auslegung der zwischen den Streitteilen zustande gekommenen Vereinbarung kann es nicht darauf ankommen, was die klagende Partei erreichen hätte können, wenn sie keine Vereinbarung abgeschlossen hätte. Es ist also nicht darauf abzustellen, welche Rechte der klagenden Partei vor dem Abschluß der Vereinbarung zustanden, sondern nur darauf, wie redliche Vertragspartner ihre Vereinbarung verstehen mußten.

Ob also das Mauerband, auf dem die beklagte Partei jetzt ihre Firmenaufschrift angebracht hat, Teil der eigentlichen Fassade ist oder nicht, ob es ursprünglich zur mitgemieteten Außenfläche gehörte, wo die Firmentafel der klagenden Partei anzubringen wäre und auf welche Rechte die beklagte Partei auf Grund des ihr selbst zustehenden Benützungsrechtes pochen könnte, wenn es keine Vereinbarung gäbe; das ist alles unentscheidend. Zu untersuchen ist nur, wie die zwischen den Streitteilen abgeschlossene Vereinbarung auszulegen ist.

Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß bei der Auslegung einer Vereinbarung nicht nur vom reinen Wortsinn ausgegangen werden kann, sondern daß im Sinne des § 914 ABGB die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter Parteiabsicht ist dabei nicht eine nicht ausgedrückte innere Absicht zu verstehen, sondern es ist vom objektiven Erklärungswert auszugehen (HS 12.903, 12.913).

Wenn der Mieter eines Geschäftslokales einem großen Umbau des Hauses zustimmt und damit dem Vermieter die sofortige Inangriffnahme des Umbaues ermöglicht, dabei aber sichergestellt wissen will, daß er nach dem Umbau wieder eine gleich wirksame Werbeaufschrift zur Verfügung hat wie vorher, dann sind in der Tat hier die jeweils an den Oberlichten angebrachten Aufdrucke in ihrem Auffälligkeitswert kein Ersatz für die zuvor mit großen Reliefbuchstaben vorhandene Firmenaufschrift. Ein Blick auf die Lichtbilder über die frühere und über die jetzige Situation zeigt vielmehr, daß statt der früheren Firmenaufschrift der klagenden Partei jetzt an der scheinbar gleichen Stelle die neue Firmenaufschrift der beklagten Partei angebracht ist. Daß das noch verbliebene obere Mauerband höher liegt als das früher vorhandene zweite untere Mauerband, spielt bei diesem Gesamteindruck keine Rolle. Es mag zwar zutreffen, daß aus unmittelbarer Nähe die in den Oberlichten angebrachten Aufdrucke jetzt deutlicher zu sehen sind als früher die Buchstabenaufschrift am unteren Mauerband. Für die Wirkung einer Werbeaufschrift ist aber ebenso der Eindruck aus der Entfernung maßgebend. Die Anbringung der Firmenaufschrift "L***" verstößt daher gegen die zwischen den Streitteilen vor dem Umbau abgeschlossene Vereinbarung.

Die gegenteilige buchstäbliche Argumentation der beklagten Partei ist nicht zielführend. Zur "Außenfassade" gehört auch das strittige Mauerband, mag sie zum "gemieteten" Geschäftslokal gehören oder nicht. Unter "derselben" Stelle ist nach redlicher Verkehrsübung nicht eine geometrisch zu ermittelnde Fläche zu verstehen. Unergiebig sind auch die einzelnen Zentimeterrechnungen über die Höhe der alten und neuen Buchstaben und über die Größe des in den Oberlichten angebrachten Werbeemblems. Den Umstand, daß der beklagten Partei nach dem Umbau an der strittigen Stelle keine (mögliche) Werbefläche mehr zur Verfügung steht, hat sie durch den Umbau und die abgeschlossene Vereinbarung selbst herbeigeführt. Auch vor dem Umbau befand sich übrigens im Bereich des Geschäftslokales der klagenden Partei keine zusätzliche Werbeaufschrift an der strittigen Stelle. Es mag zutreffen, daß die Rücksichtnahme auf das Stadtbild nur eine Aufschrift gestattet. Das muß aber dann eben die frühere Aufschrift der klagenden Partei sei. Mag die jetzige Aufschrift sehr ausgewogen sein, so ist dieselbe Ausgewogenheit auch erzielbar, wenn statt der neuen Aufschrift "L***" wieder die frühere Firmenaufschrift der klagenden Partei angebracht wird. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Aufschrift "L***" mit den Bestimmungen des Salzburger Altstadt-Erhaltungsgesetzes samt Altstadt-Erhaltungsverordnung vereinbar soll, nicht aber eine in gleicher Art an eben dieser Stelle angebrachte Aufschrift "T*** ZUR L***".

Die von der klagenden Partei gemachten Vorschläge über eine Änderung ihrer Firmenaufschrift können nicht als Verzicht auf die Rechte aus der geschlossenen Vereinbarung gewertet werden. Da es zu keiner endgültigen Einigung über eine solche Änderung kam, kann die klagende Partei daher die Rechte aus der Vereinbarung geltend machen. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht dem Klagebegehren auf Entfernung der Aufschrift "L***" stattgegeben.

2. Zur Revision der klagenden Partei:

Aus den Ausführungen zur Revision der beklagten Partei ergibt sich, daß der klagenden Partei, wie auch das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, in Zuhaltung der getroffenen Vereinbarung auch der Anspruch auf Wiederanbringung der alten Firmenaufschrift zusteht.

Der erkennende Senat erachtet das Klagebegehren im Gegensatz zur Beurteilung durch das Berufungsgericht als ausreichend bestimmt. Ort und Text der gewünschten Firmenaufschrift stehen fest, die nähere Form der Buchstaben hat sich am früheren Zustand, allenfalls, womit sich die klagende Partei ausdrücklich einverstanden erklärte, am Zustand der neu angebrachten Aufschrift "L***" und selbstverständlich auch an etwaigen behördlichen Vorschriften und Auflagen zu orientieren. Damit kann unter Berücksichtigung des Ortsgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs hinreichend deutlich entnommen werden, was begehrt wird (MietSlg 35.761, 36.759, 37.742). Um aber etwaige Unklarheiten für das Exekutionsverfahren hintanzuhalten, war die Formulierung des Klagebegehrens dahin zu verdeutlichen, daß die herzustellende Beschaffenheit und Größe der Buchstaben entweder der früheren Firmenaufschrift oder der jetzt angebrachten neuen Aufschrift "L***" entsprechen kann, und auch die neue Lage noch deutlicher mit der Stelle beschrieben wird wo sich jetzt die Aufschrift "L***" befindet.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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