OGH 3Ob535/85

OGH3Ob535/8512.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Silvia A, geboren 28.7.1974, 6423 Mötz Nr.92, und 2.) Simone A, geboren 28.7.1974, wohnhaft ebendort, beide vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Imst, Abteilung Jugendfürsorge, als Amtsvormund, diese vertreten durch Dr.Peter Riedmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Alois B, geboren 6.2.1951, Mechaniker, 8452 Großklein, Großklein Neubau, vertreten durch Dr.Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Vaterschaft und Unterhalt infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 9.Oktober 1984, GZ 3 a R 427/84-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Imst vom 12.Juni 1984, GZ 1 C 13/84-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beiden am 28.7.1974 geborenen Klägerinnen begehrten die Feststellung der unehelichen Vaterschaft des Beklagten und die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von je 850 S. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, er habe mit der Mutter in der gesetzlichen Vermutungszeit nur einmal Ende Jänner 1974 geschlechtlich verkehrt, sei aber auf Grund erbbiologisch-anthropologischer Merkmale als Vater auszuschließen. Das Erstgericht stellte die Vaterschaft des Beklagten fest und verurteilte ihn zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von je 750 S. Es nahm als erwiesen an, daß der Beklagte mit der Mutter der beiden klagenden Zwillinge von Ende Dezember 1973 bis Februar oder März 1974 mehrmals geschlechtlich verkehrt habe. Auf Grund der bei den Klägerinnen, bei der Mutter und beim Beklagten im Verfahren 1 C 5/83 des Erstgerichtes (ein Verfahren auf Bestreitung der ehelichen Geburt der beiden Klägerinnen) durchgeführten blutserologischen Untersuchungen ergebe die biostatische Berechnung eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Beklagten von 99,9 % mit der Bewertung, daß die Vaterschaft praktisch erwiesen sei. Auf Grund dieser Beweislage sei die Einholung eines erbbiologischen Gutachtens entbehrlich, weil dieses die Beweiskraft eines blutserologischen Gutachtens bei einem derart hohen Wahrscheinlichkeitsgrad nicht zu widerlegen vermöge.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes und billigte auch die Abstandnahme von einem erbbiologischen Gutachten aus dem vom Erstgericht angeführten Grunde, zumal der ehemalige Ehemann der Mutter unbekannten Aufenthaltes sei und nicht in eine erbbiologische Untersuchung einbezogen werden könne.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern oder es aufzuheben.

Die klagenden Parteien beteiligten sich nicht am Revisionsverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus folgenden Gründen verspätet:

Die Zustellung des Berufungsurteiles an den Vertreter des Beklagten erfolgte am 27.11.1984. Am 12.12.1984 verfaßte der Beklagte selbst ein Schreiben, welches nur als Revisionsschrift gedeutet werden kann, das er an das Landesgericht Innsbruck, also an das Berufungsgericht adressierte und am gleichen Tag zur Post gab. Beim Landesgericht Innsbruck langte dieses Schreiben am 14.12.1984 ein. Erst am 27.12.1984 verfügte das Landesgericht Innsbruck die Weiterleitung des Schreibens an das Erstgericht und zwar 'zuständigkeitshalber zur allfälligen weiteren Veranlassung (Verbesserung bei Versäumung der Berufungsfrist, gemeint Revisionsfrist, Wiedereinsetzung?)'. Am 31.12.1984 langte das Schreiben des Beklagten beim Erstgericht ein, welches am 7.1.1985 unter Anschluß dieses Schreibens des Beklagten ein Schreiben an den Vertreter des Beklagten richtete, in dem darauf hingewiesen wurde, daß das Schreiben des Beklagten am 14.12.1984 beim Berufungsgericht und am 31.12.1984 beim Erstgericht eingelangt sei, und ersucht wurde, das gesetzlich Notwendige zu veranlassen. Am 8.1.1985 langte dieses Schreiben des Erstgerichtes beim Vertreter des Beklagten ein, der am selben Tag einen Schriftsatz an das Erstgericht zur Post gab, in welchem das Schreiben des Beklagten vom 12.12.1984 urschriftlich mit der Unterschrift des Vertreters des Beklagten versehen wieder vorgelegt und diese Eingabe vor allem durch Angabe von Rechtsmittelgründen und eines Rechtsmittelantrages verbessert wurde. Ein Wiedereinsetzungsantrag wurde vom Beklagtenvertreter nicht gestellt.

Dieser Verbesserungsversuch scheitert daran, daß die vom Beklagten selbst verfaßte mangelhafte Revision beim Erstgericht verspätet eingelangt war, so daß das Urteil des Berufungsgerichtes schon in Rechtskraft erwachsen war, als die mangelhafte Eingabe einlangte und der Verbesserungsversuch unternommen wurde.

Gemäß § 505 Abs1 ZPO muß die Revision durch überreichung der Revisionsschrift bei dem Prozeßgericht erster Instanz erhoben werden. Wird die Revision bei einem anderen Gericht angebracht, zB beim Gericht zweiter Instanz, dann hat dieses die Revisionsschrift an das Erstgericht weiterzuleiten, und nur wenn die Revisionsschrift bei diesem noch vor Ablauf der Revisionsfrist einlangt, ist die Revision rechtzeitig. Die Tage des Postenlaufes sind nämlich nur dann in eine richterlicher Frist nicht einzurechnen, wenn die Anschrift der Postsendung an jenes Gericht lautet, bei dem die Eingabe gesetzmäßig zu überreichen ist (Fasching IV 53,54, AnwBl.1975,359, Arb.9.465, SZ 52/155). Gemäß § 505 Abs2 ZPO beträgt die Revisionsfrist vier Wochen. Diese Frist war am 31.12.1984 schon verstrichen; denn Vaterschaftsprozesse sind gemäß § 224 Abs1 Z 4 ZPO Ferialsache.

Diese für den Beklagten sicher nicht ohne weiteres verständliche Rechtslage, welche zum Teil durch die ungewöhnlich lange Untätigkeit des Berufungsgerichtes veranlaßt wurde, aber auch der Umstand, daß sein eigener Vertreter innerhalb der Revisionfrist keine Revision erhob und nach übermittlung des Schreibens des Beklagten vom 12.12.1984 auch keinen Wiedereinsetzungsantrag stellte, hat aber im vorliegenden Fall zu keiner Benachteiligung des Beklagten geführt, denn die Entscheidung der zweiten Instanz hielte ohnedies einer überprüfung durch den Obersten Gerichtshof stand. Auch in dem von der Offizialmaxime beherrschten Verfahren (Art. V Z 5 UeKindG) müssen nämlich nicht alle nur erdenklichen Beweise aufgenommen werden, sondern ein Verfahrensmangel liegt nur vor, wenn die Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens verletzt wurden (EFSlg.43.308). Und daß bei einem praktischen Vaterschaftsnachweis durch ein Blutgutachten auf die Einholung eines erbbiologisch-anthropologischen Gutachtens verzichtet werden kann, wurde vom Obersten Gerichtshof ebenfalls schon wiederholt ausgesprochen (zB EFSlg.43.307). So hart daher das vorliegende Ergebnis für den Beklagten erscheinen mag, der ursprünglich den wiederholten Geschlechtsverkehr in der kritischen Zeit zugab, später dann freilich seine Angaben weitgehend widerrief und offenbar die Vermutung hegt, nicht der wirkliche Vater der klagenden Kinder zu sein, obschon neben der Zeugenaussage der Mutter auch das Blutgutachten ohnedies mit einer fast an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit praktisch für die Vaterschaft des Beklagten spricht, so sind doch die Urteile der Vorinstanzen frei von Rechtsirrtum.

Die verspätete Revision war daher zurückzuweisen.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil das Rechtsmittel des Beklagten unzulässig ist und er daher die Kosten dieses Rechtsmittels selbst zu tragen hat und sich die klagenden Parteien am Revisionsverfahren nicht beteiligt haben.

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