Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 18.987,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.507,95 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die Tochter der Beklagten. Am 12. Februar 1970 wurden zwischen ihr und der durch deren Ehegatten, den Vater der Klägerin, vertretenen Beklagten in Form eines Notariatsaktes ein "Schenkungs- und Erbverzichtsvertrag" abgeschlossen, der unter anderem folgenden Wortlaut hat:
"Erstens:
Frau Zita E*** geborene V*** beabsichtigt, von der
Österreichischen Siedlungsgemeinschaft Bausparerheim, gemeinnützige
registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung in Salzburg,
Roseggerstraße Nr. 23, im Bauvorhaben Haunspergstraße, Haus II. in
Salzburg, eine Eigentumswohnung mit einem Höchstkaufpreis
von ..... S 760.000,-- (siebenhundertsechzigtausend Schilling) und
eine Garage zum Kaufpreis von ......... S 28.000,--
(achtundzwanzigtausend Schilling) zu erwerben.
Zweitens:
Die Finanzierung der obigen Eigentumswohnung und der Garage erfolgt durch ein Bauspardarlehen der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot, wobei ein Drittel des Kaufpreises als Eigenmittel aufzubringen und der Rest in monatlichen Raten samt Zinsen auf zwanzigeinhalb Jahre abzustatten ist.
Drittens:
Frau Paula V*** geborene M*** schenkt hiemit ihrer Tochter Zita E*** geborene V*** zu deren Erb- und Pflichtteilsabfertigung den zum Kaufe einer Eigentumswohnung im obigen genannten Hause sowie einer Garage hiezu erforderlichen Betrag in der Höhe von höchstens S 788.000,-- (siebenhundertachtundachtzigtausend Schilling) und Frau Zita E*** geborene V*** nimmt diese Schenkung ihrer Mutter hiemit dankend an.
Frau Paula V*** geborene M*** verpflichtet sich dabei, die Bezahlung des Schenkungsbetrages in der Weise vorzunehmen, wie dies von der vorgenannten Siedlungsgemeinschaft und Bausparkasse vorgeschrieben werden wird, somit ein Drittel des Kaufpreises als Eigenmittel bei Übergabe der Wohnung an die Tochter Zita E*** geborene V*** und den restlichen Kaufpreis samt Zinsen in monatlichen Raten an die Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot, und zwar durch zwanzigeinhalb Jahre.
Von der Geschenkgeberin ist somit der Schenkungsbetrag gleich zu verzinsen, wie von der Geschenknehmerin ihr Bauspardarlehen an die Bausparkasse.
..........
Fünftens:
Frau Zita E*** geborene V*** erklärt hiemit, daß sie durch die vorstehenden Zuwendungen hinsichtlich ihres Erb- und Pflichtteilsrechtes sowohl gegen ihre Mutter, Frau Paula V*** geborene M***, als auch gegen ihren Vater, Herrn Johann V***, und zwar bezüglich des diesen jetzt bereits gehörigen Vermögens und auch des von den Eltern allenfalls bis zum Ableben noch hinzuerworbenen Vermögens, zur Gänze abgefertigt sei und daß sie also darüberhinaus keine weiteren Erb- oder Pflichtteilsansprüche gegen ihre beiden Eltern stelle.
Sie verzichtet somit für sich und ihre Rechtsnachfolger rechtsverbindlich und unwiderruflich auf jegliches weitere Erb- und Pflichtteilsrecht sowohl gegen ihre Mutter, als auch gegen ihren Vater, die diesen Erbverzicht ihrer Tochter Zita, und zwar Johann V*** auch in Vertretung für seine Frau Paula V***, hiemit annehmen, wodurch er für alle diese Vertragsteile rechtsverbindlich geworden ist."
Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Bezahlung von S 840.000,-- s.A. und stellte außerdem das Begehren auf Feststellung, daß sie berechtigt sei, von der Beklagten oder von deren Gesamtrechtsnachfolger die aus der Finanzierung einer Eigentumswohnung zum Kaufpreis von S 1,800.000,-- mit Hilfe eines Bauspardarlehens erforderlichen Zahlungen nach Maßgabe der Vorschreibungen der Bausparkasse zu fordern. Sie habe die im Notariatsakt genannte Wohnung nicht gekauft, weil sich die Pläne ihres Ehegatten, in Salzburg ansässig zu werden, zerschlagen hätten. Die Wohnung habe ein Ausmaß von etwa 120 m2 gehabt und es sei der Wille der Beklagten als Geschenkgeberin gewesen, ihr eine Wohnung in dieser Größe samt Garage in entsprechender Lage zu finanzieren. Eine solche Wohnung würde heute zumindest S 1,800.000,-- kosten. Würde dieser Kaufpreis mit einem zuteilungsreifen Bausparvertrag finanziert, so wären S540.000,-- an Eigenkapital und durch 20 Jahre monatliche Raten von S 8.800,-- zu bezahlen. Auf Grund des Schenkungsvertrages fordere sie den "Eigenkapitalanteil" von S 840.000,-- (d.s. S 540.000,-- und S 300.000,-- an Zinsen für den angesparten Kapitalanteil). Außerdem habe sie ein Interesse an der Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung der Darlehensraten.
Die Beklagte wendete ein, daß die Klägerin dem Motiv der Schenkung, nämlich dem Erwerb der Eigentumswohnung in Salzburg, nicht entsprochen habe. Im übrigen sei offenkundiger Vertragsinhalt, daß die Klägerin vorweg das bekomme, was ihr als Erbin nach ihren Eltern später zukommen könnte. Die eigene Vermögenslage der Beklagten sei aber ebenso wie der Nachlaß ihres inzwischen verstorbenen Ehegatten derzeit bestenfalls ausgeglichen. Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren mit S 788.000,-- sA statt und wies - insoweit rechtskräftig - das auf Bezahlung weiterer S 52.000,-- sA gerichtete Mehrbegehren und das Feststellungsbegehren ab. Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgendes fest:
Nach Abschluß des Schenkungs- und Erbverzichtsvertrages besichtigten die Klägerin und ihr Vater die im Vertrag genannte Wohnung, wobei der Vater der Klägerin meinte, diese Wohnung sei nicht das richtige für sie. In der Folge besichtigten die beiden gemeinsam noch weitere Objekte. Es kam jedoch nicht zum Abschluß eines Kaufvertrages, weil dem Vater der Klägerin die Preise für die angebotenen Wohnmöglichkeiten zu hoch erschienen. Er äußerte der Klägerin gegenüber, daß man für das gleiche Geld in ihrem Wohnort ein Haus bauen könnte.
Die Klägerin zog sodann mit ihrem Ehemann nach München. Sie kaufte die im Vertrag bezeichnete Wohnung nicht, wobei nicht festgestellt werden kann, warum sie von dem ihr möglichen Kauf Abstand nahm.
Im Jahr 1974 begann der Vater der Klägerin mit der Ausführung eines Bauvorhabens. Die Klägerin glaubte, ihre Rechte aus dem Schenkungsvertrag gegenüber der Beklagten weiterhin nicht geltend machen zu können, weil ihr Vater durch das Bauvorhaben in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Im übrigen äußerte sich ihr Vater ihr gegenüber wiederholt dahin, daß man ihn zur Erfüllung des Vertrages nicht drägen solle. Von allen Beteiligten wurde der Vater der Klägerin im Zusammenhang mit der Abwicklung des Schenkungs- und Erbverzichtsvertrages vom 12. Februar 1970 weiterhin als Vertreter der Beklagten angesehen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß als Höchstmaß der Schuld der Beklagten nur der im Vertrag vorgesehene Betrag von S 788.000,-- in Betracht komme, weil eine Wertsicherung nicht vereinbart worden sei. Um beurteilen zu können, ob die Beklagte diesen Betrag zu zahlen habe, müsse der Wille der Parteien für den eingetretenen Fall erforscht werden, daß es nicht zum Kauf der im Vertrag genannten Wohnung kam. Aus der Tatsache, daß die Klägerin, teilweise gemeinsam mit ihrem Vater, sowohl vor als auch nach Abschluß des Vertrages weitere Objekte besichtigte, könne geschlossen werden, daß die Parteien den Kauf der im Vertrag genannten Wohnung in Aussicht genommen, außerdem aber durchaus mit der Möglichkeit gerechnet hätten, daß eine andere Wohnung gekauft werde. Der Kauf der im Vertrag genannten Wohnung sei daher weder Motiv noch Bedingung für das Entstehen der Verbindlichkeit der Beklagten gewesen. In ergänzender Auslegung des Vertrages komme man zu dem Schluß, daß sich die Beklagte durch den Vertrag nicht nur zur Finanzierung der darin genannten Wohnung verpflichtet habe, sondern daß sich ihre Finanzierungszusage auch auf andere, vergleichbare Wohnungen habe erstrecken sollen. Aus dem Verhalten des Vertreters der Beklagten werde darüber hinaus offenkundig, daß die Entstehung ihrer Leistungspflicht auch nicht vom Kauf irgendeiner Eigentumswohnung abhängig gemacht werden sollte, sei es doch der Vater der Klägerin gewesen, der ihr den Vorschlag unterbreitet habe, für sie an ihrem Wohnort ein Haus zu errichten, das von der Beklagten finanziert würde. Die Beklagte habe daher S 788.000,-- zu den im Vertrag vorgesehenen Bedingungen zu bezahlen. Danach hätte sie bis zur Einbringung der Klage schon einen höheren als den eingeklagten Betrag bezahlen müssen, wenn die Klägerin die Wohnung im Jahr 1970 gekauft hätte. (Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht auf der Verweigerung einer Verzinsung des versprochenen Kapitals.)
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Urteils gerichteten Berufung keine Folge. Es übernahm die wiedergegebenen Feststellungen als unbedenklich und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß es keiner Feststellungen zur Frage bedürfe, ob sich die Vermögensverhältnisse der Beklagten seit Vertragsabschluß geändert haben. Wenn man den Vertrag als entgeltliches Rechtsgeschäft betrachte, komme zwar eine Anfechtung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Sie sei hier aber ausgeschlossen, weil es regelmäßig keine Geschäftsgrundlage für einen Vertrag über die Abfindung eines Erb- und Pflichtteils sei, daß in den Vermögensverhältnissen des Erblassers zwischen Vertragsabschluß und Tod keine wesentliche Änderung eintrete und daß die vereinbarte Abfindung der Höhe nach dem präsumtiven Erb- oder Pflichtteil entspreche. Insoweit enthalte ein solcher Vertrag auch Elemente eines Glücksvertrages. Wenn man hingegen den Vertrag vom 12. Februar 1970 als unentgeltliches Rechtsgeschäft ansehe, könne zwar auch die bloße Angabe des Beweggrundes als Beschränkung des rechtsgeschäftlichen Willens wirken. Voraussetzung sei aber, daß der unentgeltlich Zuwendende den angegebenen Beweggrund als Bedingung verstanden habe. Hier fehle jeder Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte ihr Schenkungsversprechen nur auf der Grundlage ihrer damaligen Vermögensverhältnisse abgegeben und eine Verschlechterung dieser Verhältnisse als Auflösungsgrund bedungen habe. Nicht berechtigt sei auch der Einwand der Beklagten, daß der Erwerb der im Vertrag genannten Wohnung Beweggrund und Endzweck des Schenkungsvertrags gewesen sei. Das Erstgericht sei auf Grund der Beweisergebnisse zu dem Schluß gekommen, daß die Leistungspflicht der Beklagten nach dem Willen der Vertragsparteien nicht vom Kauf der im Vertrag genannten oder einer anderen Eigentumswohnung abhängig gemacht werden sollte. Die entsprechenden Ausführungen des Erstgerichtes über den Vertragswillen der Parteien seien, auch wenn sie sich im Rahmen der Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung fänden, den Tatsachenfeststellungen zuzuordnen. Auf dieser Tatsachengrundlage könne aber die im Vertrag angeführte Absicht der Klägerin, eine bestimmte Wohnung in Salzburg zu kaufen, bloß als Anlaß, nicht jedoch als Beweggrund für den Abschluß des Schenkungs- und Erbverzichtsvertrages angesehen werden. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens, allenfalls im Sinne des Zuspruchs von S 349.169,-- an die Klägerin, abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gemäß § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an
dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht
der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es
der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Es war daher richtig,
daß die Vorinstanzen sich nicht auf die Auslegung des Wortlautes des
Notariatsaktes beschränkten, sondern den Willen der Parteien
feststellten. Nichts damit zu tun hat die in der Revision bezogene
Frage, wann die Auslegung einer Urkunde in den Bereich der
rechtlichen Beurteilung fällt, weil dies nur dafür von Bedeutung
ist, inwieweit eine Entscheidung im Rahmen des
Rechtsmittelverfahrens überprüt werden kann. Hiezu ergibt sich aber
aus der zum Teil schon vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung
des Obersten Gerichtshofs (ZAS 1984, 19; JBl. 1985, 97 ua), daß
dieser gegebenenfalls auch die über die Absicht der Parteien
getroffenen Feststellungen zu berücksichtigen hat.
Das Berufungsgericht wertete die Ausführungen, die im Urteil des Erstgerichtes im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zum Vertragswillen der Parteien enthalten sind, als Tatsachenfeststellungen und legte sie seiner Entscheidung zugrunde. Dieser prozessualle Vorgang wird in der Revision nicht bekämpft. Die entsprechenden Revisionsausführungen laufen auf die Behauptung hinaus, daß die Annahmen des Erstgerichtes unrichtig seien, und enthalten daher bloß eine nicht zulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Es hat somit auch der Oberste Gerichtshof von den vom Berufungsgericht als Tatsachenfeststellungen gewerteten Annahmen des Erstgerichtes auszugehen, die nicht bloß rechtliche Schlußfolgerungen zur Vertragsauslegung enthalten. Die Zahlungspflicht der Beklagten sollte demnach nach dem Willen der Vertragsparteien weder vom Kauf der im Vertrag genannten Eigentumswohnung noch überhaupt vom Kauf irgendeiner Eigentumswohnung abhängig sein. Ein solcher Kauf bildete daher weder das Motiv noch eine Bedingung für die Zahlungspflicht der Beklagten; hierauf wiesen schon die Vorinstanzen zutreffend hin. Ebenso zutreffend ist die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß es unter diesen Umständen nicht darauf ankommt, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ein entgeltliches oder unentgeltliches Rechtsgeschäft ist, weil § 901 ABGB in keinem Fall zum Tragen kommt. Die Ausführungen, die in der Revision zur Frage enthalten sind, ob das Schenkungsversprechen der Beklagten wegen der in der Zwischenzeit eingetretenen Änderung ihrer Vermögensverhältnisse infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage ungültig ist, sind nicht zielführend. Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannte, handelt es sich beim Erbverzicht gegen Abfindung um einen Vertrag mit aleatorischen Elementen, bei dem das Risiko beiden Vertragsparteien bekannt ist. Eine Änderung des Vermögens liegt im Bereich des als möglich Voraussehbaren. Die Last des Risikos der Vermögensvermehrung trifft den Verzichtenden, die der Vermögensverminderung den Erblasser. Es entfallen weitgehend die Rechtsbehelfe und Ansprüche wegen mangelnder Äquivalenz (NZ 1986, 158). Schon aus diesen Gründen kann auch nicht angenommen werden, daß das Gleichbleiben der Vermögensverhältnisse der Beklagten eine Geschäftsgrundlage bildete, deren Wegfall die Ungültigkeit des Vertrages zur Folge haben könnte. Überdies darf sich niemand auf den Wegfall einer Geschäftsgrundlage berufen, die sich auf Tatsachen der eigenen Sphäre bezieht (SZ 49/13; ZAS 1979, 145; JBl. 1980, 652; MietSlg. 34.130 ua). Auch unter diesem Gesichtspunkt kann die von der Beklagten ins Treffen geführte Änderung ihrer Vermögensverhältnisse nicht zur Aufhebung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrages führen.
Der Beklagten kann schließlich auch nicht darin beigepflichtet werden, daß der vom Erstgericht zugesprochene Betrag noch nicht zur Gänze fällig sei. In dem Schenkungs- und Erbverzichtsvertrag wurden der Beginn ihrer Zahlungspflicht und die Fälligkeit der weiteren Raten auf die zu erwartenden Vorschreibungen der Siedlungsgemeinschaft und Bausparkasse für die damals in Aussicht genommene Wohnung abgestellt. Die Fälligkeiten der einzelnen Teilbeträge waren auf diese Weise im Sinn des § 904 erster Halbsatz ABGB bestimmt. Allerdings haben die Parteien für den in Erwägung gezogenen Fall, daß nicht gerade die in Aussicht genommene Eigentumswohnung gekauft werden würde, keine bestimmte Vereinbarung getroffen. Insoweit ist der Beginn der Zahlungspflicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln. Dabei sind alle in Betracht kommenden Auslegungsaspekte zu erwägen, und es ist die Lücke so zu schließen, wie es der Gesamtregelung des Vertrages, gemessen an den - nach der redlichen Verkehrsübung zu vermutenden - Absichten der Parteien, am besten entspricht (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 11 zu § 914; 8 Ob 609/86 ua.).
Bei dieser ergänzenden Vertragsauslegung ist hier zu erwägen, daß weder der Leistungspflichtigen Beklagten zumutbar war, auf die ihr eingeräumten langfristigen und niedrig verzinsten Raten ohne ihre nachträgliche Zustimmung zu verzichten (falls die Klägerin ein Objekt erworben hätte, das sie etwa gleich auszahlen mußte); noch aber umgekehrt der Klägerin nach Treu und Glauben ein weiteres Entgegenkommen als durch die auf viele Jahre vereinbarten Raten zugemutet werden konnte, wenn sich die Beschaffung der - dann möglicherweise teureren oder schneller abzuzahlenden - Wohnung verzögern sollte. Nach der Übung des redlichen Verkehrs ist also anzunehmen, daß es in jedem Fall bei den vereinbarten Teilzahlungen und Fälligkeiten bleiben sollte. In keinem Fall erlitt der Zahlungspflichtige dabei einen Nachteil, weil er keine Rate früher als zu dem vereinbarten Termin zahlen mußte. Die verfehlte Klagsbehauptung, die Klägerin habe Anspruch auf den heutigen Kaufpreis einer Eigentumswohnung nach den heutigen Fälligkeiten, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil die Klägerin damit ein nicht bestehendes weiteres Recht behauptet hatte, dessen angenommene Fälligkeit für die ergänzende Vertragsauslegung nicht maßgeblich sein kann.
Der vom Erstgericht zugesprochene Betrag ist demnach fällig, weil die Beklagte nach den Zahlungsmodalitäten, die in dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag festgelegt wurden, bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz schon einen höheren Betrag hätte zahlen müssen, wenn die Klägerin die Eigentumswohnung, wie geplant, schon kurze Zeit nach dem Abschluß des Vertrages gekauft hätte. Die entsprechende Berechnung des Erstgerichtes blieb unbekämpft und ist unbedenklich.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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