Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der Beschluß des Erstgerichtes wird wiederhergestellt.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen und ist schuldig, den betreibenden Parteien die mit S 23.701,50 (darin enthalten S 3.950,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 7.3.1994, GZ 37 Cg 115/94d-2, wurde der Beklagten zur Sicherung des mit Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruchs verboten, im geschäftlichen Verkehr mit dem Hinweis auf eine gegen sie eingebrachte Klage wegen unlauteren Wettbewerbs, insbesondere nachdem bereits eine vollstreckbare Entscheidung gegen sie ergangen ist, für ihr eigenes Angebot zu werben, insbesondere durch pauschale Herabsetzung der Kläger mit Äußerungen wie "San dei deppert?" oder Äußerungen ähnlichen Inhalts. In dieser einstweiligen Verfügung wurde als bescheinigt angenommen, daß die Streitteile konkurrierende Elektrohändler seien. Die M***** GmbH, ***** Innsbruck, ***** habe gegen die Beklagte die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Innsbruck vom 16.2.1994, GZ 10 Cg 18/94a-7, erwirkt, womit der Beklagten verboten worden sei, im geschäftlichen Verkehr mit Fotoartikeln zu Zwecken des Wettbewerbs einem größeren Kreis von Verbrauchern anzukündigen, daß sie neben Waren auch unentgeltlich Nebenleistungen als Zugabe gewährt, insbesondere die kostenlose Entwicklung beim Kauf von Farbbild-Negativfilmen. Wesentlicher Sachverhalt dieser einstweiligen Verfügung sei gewesen, daß die Beklagte am 31.8.1993 in ihrer Filiale Silpark in einer Schütte zur Selbstbedienung eine 3er-Packung Farb-Negativfilme 135/25 zusammen mit einem "Gutschein für die kostenlose Entwicklung des anliegenden Negativfilmes" zum Verkauf angeboten habe.
Am 27.2.1994 und an den darauffolgenden Tagen sei in Ö3 im Werbeblock vor den 7 Uhr-Nachrichten folgender Werbespot der Beklagten gesendet worden:
"A: Herr Karl Oskar P*****, C***** Elektro-Fachmarkt.
B: Herr P*****, was ist los? Wann i bei Euch an Film kauf', ja warum gibt's do kan 20,-- Gutschein mehr für die Entwicklung?
A: Dürfen wir nicht mehr. Der "freie Markt" hat uns geklagt.
B: Was? Des is verboten, daß i an Gutschein krieg'?
A: Sie haben's erfaßt.
B: Na, do geht's ja um mei Geld. Na, san dei deppert?
A: Das haben Sie gesagt. Tja, wir von C***** lassen uns hassen, damit unsere Kunden uns lieben"
Die Klägerinnen treten in der Werbung - so wie die anderen M*****-Märkte als "Der freie Markt" auf.
Diese einstweilige Verfügung wurde der Beklagten am 15.3.1994 zugestellt.
Am 31.5.1994 beantragten die Klägerinnen, aufgrund dieser einstweiligen Verfügung werde ihnen gegen die Beklagte zur Durchsetzung des Verbotes, im geschäftlichen Verkehr mit dem Hinweis auf eine gegen sie eingebrachte Klage wegen unlauteren Wettbewerbs für ihr eigenes Angebot zu werben, die Exekution bewilligt; die Verhängung der Geldstrafe bleibe dem Exekutionsgericht vorbehalten. Die betreibenden Parteien brachten vor, die Verpflichtete habe der einstweiligen Verfügung dadurch zuwidergehandelt, daß sie in ihrem wöchentlichen Werbefaltblatt zur N***** vom 28.4.1994 mit den Behauptungen "Die Konkurrenz klagt wegen der kleinsten Kleinigkeit. Vor allem wegen unserer Preise." und "Wieder einmal klagt die Konkurrenz. Die Regeln des freien Wettbewerbs sind ihr wohl zu hart?" für ihr Angebot geworben habe.
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom 1.6.1994 (ON 7a) die beantragte Exekution und behielt die Verhängung der Strafe dem Exekutionsgericht vor.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß infolge Rekurses der Verpflichteten dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei und (mit ergänzendem Beschluß vom 22.2.1995) daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige.
Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, der einstweiligen Verfügung vom 7.3.1994 lägen Werbeäußerungen der verpflichteten Partei zugrunde, in denen sie zum einen auf eine konkrete Klage, die die Betreibenden gegen sie wegen Ankündigung einer unzulässigen Zugabe eingebracht hätten, und auf die Berechtigung dieser Klage verwiesen habe, deren Rechtsfolge sie im Interesse ihrer Kunden auf sich nehme, zum anderen die betreibenden Parteien mit herabsetzenden Äußerungen bedacht habe. Das Unterlassungsgebot der dementsprechend ergangenen einstweiligen Verfügung habe sich in seinem Umfang richtig an der konkreten Handlung orientiert. Mit ihren im Exekutionsantrag behaupteten Werbeäußerungen unterstelle die verpflichtete Partei einem unbestimmten Konkurrentenkreis ("die Konkurrenz") kleinliches oder querulatorisches ("wegen der kleinsten Kleinigkeit") Verhalten, zeihe nicht näher spezifizierte Konkurrenten der wiederholten Klagsführung ("wieder einmal") und spreche die Vermutung aus, daß der Grund für diese Klagsführungen die der Konkurrenz zu hart erscheinenden Regeln des freien Wettbewerbes seien. Insgesamt erwecke die verpflichtete Partei mit den im Exekutionsantrag inkriminierten Behauptungen den Eindruck mutwilliger und damit vermutlich erfolgloser Klagsführung ihrer Konkurrenten. Durch dieses Verhalten sei keine der im Spruch der einstweiligen Verfügung genannten Bedingungen erfüllt. Die verpflichtete Partei habe weder mit einer gegen sie eingebrachten Klage wegen unlauteren Wettbewerbs geworben, noch gebe es eine vollstreckbare Entscheidung noch würden die betreibenden Parteien herabgesetzt. Die nunmehr inkriminierten Äußerungen wiesen nicht in Richtung einer erfolgreichen Prozeßführung eines Konkurrenten und damit in Richtung besonderer Konsumentenfreundlichkeit der verpflichteten Partei, die eine Verurteilung im Interesse ihrer Kunden auf sich nehme, sondern umgekehrt in Richtung zahlreicher erfolgloser Prozesse der insgesamt wegen des Preis- und sonstigen Wettbewerbsdrucks innerhalb der Branche mißgünstigen Konkurrenten. Während sich das Unterlassungsgebot der einstweiligen Verfügung auf einen konkreten und erfolgreich prozessierenden Konkurrenten, dessen Erfolge die betreibenden Parteien ihren Kunden zuliebe auf sich nehmen, beziehe, richteten sich die im Exekutionsantrag beschriebenen Äußerungen gegen einen abstrakten Konkurrentenkreis, dem die wiederholte Einleitung von Prozessen mit Hinweis auf deren vermutliche Erfolglosigkeit vorgehalten werde. Die allgemein gehaltene Mutmaßung, der Konkurrenz seien die Regeln des freien Wettbewerbs wohl zu hart, weise auf die Einhaltung dieser - wenn auch harten - Wettbewerbsregeln durch die verpflichtete Partei hin, nicht aber auf deren Verletzung zugunsten ihrer Kunden. Das im Exekutionsantrag behauptete Verhalten der Verpflichteten sei somit nicht vom Unterlassungsgebot des Exekutionstitels umfaßt.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der betreibenden Parteien ist zulässig und berechtigt.
Die Exekution nach § 355 EO darf nur dann bewilligt werden, wenn das behauptete konkrete Verhalten titelwidrig ist (ÖBl 1991, 280; ÖBl 1991, 38; WBl 1991, 204; ÖBl 1983, 149; ÖBl 1982, 51 ua). Es kommt nicht darauf an, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (WBl 1991, 204; ÖBl 1985, 49; ÖBl 1983, 149; ÖBl 1978, 75 ua).
Hier wurde der Verpflichteten mit einstweiliger Verfügung verboten, im geschäftlichen Verkehr mit dem Hinweis auf eine gegen sie eingebrachte Klage wegen unlauteren Wettbewerbs für ihr eigenes Angebot zu werben. Wird dem Verpflichteten ein bestimmtes Verhalten allgemein verboten, so wird dieses Verbot - anders als etwa beim Gebrauch der Worte "und zwar" - nicht dadurch eingeschränkt, daß nach dem Wort "insbesondere" ein bestimmtes Verhalten angeführt wird. Ein allgemein gehaltenes Verbot ist nicht unbestimmt im Sinn des § 226 Abs 1 ZPO und des § 7 Abs 1 EO, kann doch aufgrund eines solches Verbotes ohne weiteres geprüft werden, ob das im Exekutionsantrag konkret zu behauptende Verhalten des Verpflichteten dagegen verstoßen hat. Es kann daher aufgrund eines allgemeinen Verbotes wegen jedes Handelns, das ihm widerspricht, Exekution geführt werden (Jus extra 1994 Z 1587). Aus der Verbindung des generellen Verbotes mit einem konkreten Einzelverbot ("insbesondere") ergibt sich somit keine Einschränkung, weil es sich hiebei nur um eine beispielshafte Aufzählung handelt (vgl ÖBl 1991, 105).
In jüngster Zeit ist allerdings Swoboda (in ÖJZ 1994, 311 ff) dafür eingetreten, daß ein allgemein formulierter Unterlassungstitel gegebenenfalls auf die darin angeführten Beispiele und diesen ähnliche Fälle eingeschränkt werden müsse und die Exekution nur wegen Zuwiderhandlungen gegen das in diesem Sinn eingeschränkte Unterlassungsgebot bewilligt werden dürfe. Wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 3 Ob 93/94 ausgeführt hat, verkennt Swoboda, daß sich das Gericht bei der Frage der Bewilligung einer Exekution streng an den Wortlaut des Exekutionstitels zu halten hat (RZ 1994/7; EF 44.142; NZ 1980, 4 ua) und daß es dabei auf den Sinn der Worte ankommt, der ihnen gewöhnlich beigelegt wird (ÖBl 1980, 164; Heller/Berger/Stix I 187; vgl auch RZ 1994/7). Der gewöhnliche Sinn des Wortes "insbesondere" besteht aber allein darin, daß damit Beispiele für den vorangehenden Satz oder Satzteil angeführt werden. Eine Einschränkung in der Richtung, daß der Inhalt dieses Satzes oder Satzteiles nur in den beispielsweise angeführten oder ihnen vergleichbaren Fällen gilt, wird durch das Wort "insbesondere" hingegen nicht zum Ausdruck gebracht. Die Erwägungen, die Swoboda für die Einschränkung des Unterlassungsgebotes ins Treffen führt, können daher nur im Titelverfahren bei der Fassung des Unterlassungsgebotes zum Tragen kommen; hiezu ist hier aber nicht Stellung zu nehmen. Enthält der Exekutionstitel ein allgemein gehaltenes Unterlassungsgebot, so ist das zur Bewilligung der Exekution berufene Gericht daran gebunden und es darf dem Exekutionstitel keinen Sinn beilegen, der durch dessen Wortlaut nicht gedeckt ist. Nach dem Inhalt des Exekutionsantrages stellt die verpflichtete Partei eine der einstweiligen Verfügung zuwiderlaufende Verbindung von Klagen der Konkurrenz, zu der auch die betreibenden Parteien zählen, mit ihren (niedrigen) Preisen her. Ein Titelverstoß wird demnach dargetan.
Es war somit in Stattgebung des Revisionsrekurs der betreibenden Gläubiger die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes wieder herzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO, § 78 EO.
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