OGH 3Ob43/91

OGH3Ob43/918.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ester W*****, vertreten durch Dr.Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei mj.Natalie W*****, vertreten durch Dr.Werner Sporn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 14. November 1990, GZ 43 R 2074/90-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Exekutionsgerichtes Wien vom 28. Juni 1990, GZ 17 C 65/90-12, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 4.077 S (darin 679,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die Mutter zweier Söhne, die am 7.3.1981 und am 26.10.1982 geboren wurden, und der am 9.10.1976 geborenen Beklagten. Ihre Ehe mit dem Vater der Kinder wurde am 16.12.1986 geschieden. In dem aus Anlaß der Scheidung geschlossenen Vergleich vereinbarten die Eltern, daß die Obsorge für die beiden Söhne der Klägerin und für die Beklagte dem Vater zustehen soll. Die Klägerin verpflichtete sich, ihrer Tochter einen monatlichen Unterhalt von 2.300 S zu Handen des Vaters zu leisten. Der Vater verpflichtete sich in einem am 8.4.1987 vor dem Bezirksgericht Favoriten geschlossenen Vergleich, seinen beiden Söhnen ab 1.1.1987 einen monatlichen Unterhalt von je 1.750 S zu bezahlen.

Auf Grund des angeführten Vergleiches wurde der durch den zuständigen Jugendwohlfahrtsträger vertretenen Beklagten gegen die Klägerin vom Erstgericht zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstands für die Zeit vom 1.1.1987 bis 31.10.1989 in der Höhe von 78.200 S die Gehaltsexekution bewilligt.

Die Klägerin erhob gegen den betriebenen Anspruch die Einwendung, der Unterhalt sei gemäß einer Vereinbarung der Eltern in der Form bezahlt worden, daß die Forderung der Beklagten mit den Forderungen der Söhne kompensiert worden sei und der Vater für diese daher nur 1.200 S monatlich zu bezahlen gehabt und auch nur bezahlt habe. Sie begehrte auszusprechen, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich "durch Zahlung bzw Kompensation aufgehoben wurde".

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, wobei ihrem Vorbringen die Behauptung zu entnehmen ist, daß der Unterhalt für die Söhne ebenfalls vom Vater und nicht von der Klägerin geleistet worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte unter anderem fest, daß der Vater der Klägerin den Differenzbetrag von 1.200 S monatlich, der sich zwischen den Unterhaltsansprüchen der beiden Söhne von 3.500 S und jenem der Beklagten von 2.300 S ergab, im ganzen strittigen Zeitraum bezahlte, und war rechtlich der Meinung, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten für den strittigen Zeitraum durch Kompensation erloschen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung der Beklagten das Urteil des Erstgerichtes für die Zeit vom 1.1.1987 bis 30.6.1989 und vom 1.9. bis 31.10.1989 und somit im Ausmaß von 73.600 S und wies (unbekämpft) nur das Mehrbegehren ab, das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs auch für die Zeit vom 1.7. bis 31.8.1989 und somit für einen weiteren Betrag von 4.600 S auszusprechen. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Eltern der Kinder seien wechselseitig sowohl Unterhaltsschuldner als auch Empfänger der Unterhaltszahlungen. Die vorgenommene Gegenverrechnung der wechselseitig geschuldeten Zahlungen, bei der es sich nicht um eine Kompensation im rechtlichen Sinn handle, sei unbedenklich und nicht zu beanstanden. Ein Hin- und Herschieben von Geld anstelle der Zahlung bloß der "Spitze" wäre ein sinnentkleideter Formalismus. Nur für die Monate Juli und August 1989 sei es zu einer Gegenverrechnung nicht gekommen, weil sie hievon (gemeint offensichtlich: durch Vereinbarung der Parteien) ausgenommen worden seien.

Gegen den bestätigenden Teil dieses Urteils richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß der Berufung zur Gänze Folge gegeben werde.

Die Klägerin beantragte, die Revision zurückzuweisen oder ihr allenfalls nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, zulässig, weil zur Bedeutung und Wirksamkeit der zwischen den Eltern der Kinder getroffenen Vereinbarung eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt. Sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Aus der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung, deren Abschluß vom Erstgericht zwar nicht ausdrücklich festgestellt wurde, von der aber beide Vorinstanzen ausgegangen sind und deren Zustandekommen in der Revision auch nicht bestritten wird, läßt sich die wechselseitige Verpflichtung der Eltern der Kinder ableiten, die geschuldete Leistung für den anderen Elternteil zu erbringen. Sie enthält demnach eine Erfüllungsübernahme im Sinn des § 1404 ABGB, die zwischen den Eltern eines Kindes ohne weiteres geschlossen werden kann, weil hiedurch dessen Rechtstellung nicht berührt wird. Die Vereinbarung bedeutet zugleich, daß der Unterhalt statt in Geld in natura geleistet wird.

Der Oberste Gerichtshof hat zwar schon ausgesprochen (EFSlg

58.880 = RPflSlgE 1989/163), daß die vereinbarte oder gerichtlich festgestellte Verpflichtung zur Bezahlung des Unterhalts in Geld an sich nur durch die Bezahlung des geschuldeten Geldbetrages erfüllt werden kann. Hier liegt die Besonderheit aber darin, daß der Geldunterhalt dem Vater der Beklagten zu bezahlen gewesen wäre, der damit die Kosten ihrer Lebensführung zu bestreiten gehabt hätte, und daß der Vater seinerseits einen gleich hohen Betrag der Klägerin für die Söhne hätte bezahlen müssen. Im Ergebnis wäre daher für den Unterhalt der Beklagten nicht mehr zur Verfügung gestanden, als dies auf Grund der Vereinbarung ihrer Eltern der Fall war. Unter diesen besonderen Umständen wurde der Unterhaltsanspruch der Beklagten auch dann erfüllt, wenn ihr Vater die Kosten ihrer Lebensführung in demselben Ausmaß bestritt, wie er es getan hätte, wenn ihm die Klägerin die Unterhaltsbeträge bezahlt hätte, weil dann die Beklagte das selbe wie bei Bezahlung des Unterhalts erhielt. Daß dies hier nicht der Fall gewesen sei, hat die Beklagte nicht behauptet und es ist auch nach den Verfahrensergebnissen nichts anderes anzunehmen. Wenn der Unterhalt für die beiden Söhne, wie dies dem Vorbringen der Beklagten zu entnehmen ist, ebenfalls zumindestens teilweise vom Vater und nicht von der Klägerin geleistet worden wäre, so hätte dies nur einen Anspruch des Vaters gegen die Klägerin auf Grund der vereinbarten Erfüllungsübernahme zur Folge, würde aber am Erlöschen des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gegen die Klägerin nichts ändern. Da der Differenzbetrag zwischen den Unterhaltsansprüchen der Söhne und jenem der Beklagten in der Höhe von 1.200 S monatlich weiterhin bezahlt und angenommen wurde, wäre nämlich davon auszugehen, daß die Eltern die Vereinbarung über die wechselseitige Leistung des Unterhalts auch für diese Zeiträume aufrecht erhalten wollten.

Entgegen der von der Beklagten in der Revision vertretenen Meinung geht es hier also nicht um die Aufrechnung der wechselseitigen Unterhaltsforderungen der Kinder, weshalb auf die Voraussetzungen für eine solche Aufrechnung und deren Zulässigkeit nicht eingegangen werden muß. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten wurde in dem im Revisionsverfahren noch strittigen Zeitraum vielmehr dadurch getilgt, daß ihr Vater die Kosten ihrer Lebensführung in dem selben Ausmaß bestritt, wie er es getan hätte und tun hätte müssen, wenn ihm die Unterhaltsbeträge von der Klägerin bezahlt worden wären. Dieser Grund für das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs der Beklagten läßt sich aus den von der Klägerin erhobenen Einwendungen noch ableiten, weshalb die Vorinstanzen ihrem Klagebegehren zu Recht stattgegeben haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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