OGH 3Ob39/93

OGH3Ob39/9317.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei P*****gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Rudolf Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wider die verpflichtete Partei "J*****" *****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wegen Erwirkung einer Unterlassung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 3. November 1992, GZ R 805/92-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 10.September 1992, GZ 10 E 1783/91-4, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Die mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 6.3.1991, GZ 3 Cg 19/91-9, bewilligte und vom Bezirksgericht Wels unter 10 E 1783/91 vollzogene Exekution zur Erwirkung einer Unterlassung wird mit Wirkung vom 22.1.1992 eingestellt.

Die bereits vollzogenen Exekutionsakte werden aufgehoben."

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit 8.154,- S (darin 1.359,- S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten der betreibenden Partei bestimmt.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Titelgerichtes vom 6.3.1991 wurde der betreibenden Partei aufgrund der einstweiligen Verfügung vom 8.2.1991 gegen die verpflichtete Partei zur Erwirkung der Unterlassung, eine bestimmte, als Grünland gewidmete Grundstücksfläche als Parkplatz für Kraftfahrzeuge von Kunden, Lieferanten und Angestellten zu verwenden gemäß § 355 EO die Exekution bewilligt. In der Folge wurden über die verpflichtete Partei wegen fortgesetzten Zuwiderhandelns gegen das Unterlassungsgebot Geldstrafen verhängt.

Mit rechtskräftigem Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 18.2.1992 wurde die einstweilige Verfügung vom 8.2.1991 mit Zustimmung der betreibenden Partei mit Wirkung ab 22.1.1992 aufgehoben. Anlaß hiefür war, daß seit diesem Tag eine rechtswirksame Umwidmung der Grundfläche von Grünland in eine Verkehrsfläche (Privatparkplatz) vorliegt.

Mit Beschluß vom 27.2.1992 entschied das Erstgericht über Antrag der verpflichteten Partei, daß die mit näher bezeichneten Beschlüssen zwischen dem 15.3.1991 und dem 9.1.1992 verhängten Geldstrafen nicht mehr eingehoben werden. Dieser Beschluß, der vom Rekursgericht abgeändert worden war, wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 27.8.1992, 3 Ob 51/92, wiederhergestellt. Der Oberste Gerichtshof vertrat darin die Meinung, daß die verhängten Geldstrafen wegen der Aufhebung der den Exekutionstitel bildenden einstweiligen Verfügung unabhängig davon, daß diese Aufhebung nicht zurückgewirkt hat, und unabhängig von der Einstellung der Exekution nicht mehr eingehoben werden dürften, weil im § 39 Abs 1 EO die Aufhebung aller bis zur Einstellung vollzogenen Exekutionsakte vorgesehen sei und die im Rahmen einer Exekution nach § 355 EO verhängten Strafen nicht einem Vergeltungsbedürfnis des betreibenden Gläubigers dienen sollten, sondern den Zweck hätten, das Zuwiderhandeln gegen ein gerichtliches Gebot oder Verbot zu verhindern.

Die verpflichtete Partei beantragte am 27.2.1992 aufgrund des Beschlusses über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Einstellung der Unterlassungsexekution.

Das Erstgericht schränkte die Exekution auf den Zeitraum bis einschließlich 21.1.1992 "gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO" ein, sprach aus, daß die bis zu diesem Zeitpunkt vollzogenen Exekutionsakte aufrecht bleiben, und wies das Mehrbegehren, die Exekution (gemeint: zur Gänze) einzustellen, ab. Eine Exekution, die zum Zeitpunkt der Bewilligung begründet gewesen sei und erst durch später eintretende Tatsachen, die den Anspruch aufheben oder hemmen, unzulässig werde, sei nicht (zur Gänze) einzustellen, sondern nur einzuschränken, weil der Anspruch auf Exekutionskosten für die Zeit vor dem Eintritt der Tatsachen aufrecht bleibe. Dies gelte auch für die rechtskräftigen Strafvollzugsbeschlüsse.

Das Rekursgericht stellte infolge Rekurses der verpflichteten Partei die Exekution zur Gänze gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO ein und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da auch die vor dem 22.1.1992 verhängten Geldstrafen wegen der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr eingehoben werden dürften, käme die bloße Einschränkung der Exekution nicht in Betracht. Diese sei vielmehr zur Gänze einzustellen, weil der Exekutionstitel nachträglich rechtskräftig beseitigt worden sei. Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes sei im Hinblick auf die Höhe der verhängten Beugestrafen, die Geldbeträge zum Gegenstand hätten, nicht zu treffen.

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat zu Unrecht den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes unterlassen, der in dem gemäß § 78 EO und § 526 Abs 3 ZPO sinngemäß anzuwendenden § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vorgesehen ist. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung kommt es nämlich darauf an, ob der Entscheidungsgegenstand ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Entscheidungsgegenstand war hier aber die Frage der Einstellung einer nicht zur Hereinbringung eines Geldbetrages geführten Exekution, weshalb er nicht in einem Geldbetrag bestand. Daß im Zuge dieser Exekution bestimmte Geldbeträge als Strafe verhängt wurden, bewirkt nicht, daß die Entscheidung über die Einstellung der Exekution ausschließlich einen Geldbetrag betrifft (vgl ÖBl 1976, 27; 3 Ob 127/83). Aus der Begründung der Entscheidung des Rekursgerichtes ist aber eindeutig zu entnehmen, daß dieses der Meinung war, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige im Hinblick auf die Höhe der verhängten Geldstrafen 50.000 S. Es erübrigt sich daher, dem Rekursgericht aufzutragen, seine Entscheidung durch den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes zu ergänzen.

In der Sache ist dem Rekursgericht im Ergebnis darin beizupflichten, daß eine Einschränkung der Exekution nicht in Betracht kommt. Die Einschränkung der Exekution bedeutet nämlich, daß die Exekution fortzusetzen ist, soweit sie zur Durchsetzung des nicht von der Einschränkung betroffenen Anspruchsteils oder auf nicht von der Einschränkung betroffene Exekutionsobjekte geführt wird. Hier kann die Exekution aber auch nicht fortgesetzt werden, soweit sie den Anspruch der betreibenden Partei auf Unterlassung des der verpflichteten Partei verbotenen Verhaltens während des Zeitraums betrifft, der vor dem Zeitpunkt liegt, mit dem die den Exekutionstitel bildende einstweilige Verfügung aufgehoben wurde. Dem steht, was die Einhebung der bereits verhängten Geldstrafen betrifft, der infolge der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 51/92 rechtskräftig gewordene Beschluß des Erstgerichtes vom 27.2.1992 entgegen, in dem ausgesprochen wurde, daß die bereits verhängten Geldstrafen nicht mehr eingehoben werden. Wie sich aber aus dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ergibt, können trotz des Umstandes, daß die den Exekutionstitel bildende einstweilige Verfügung nicht rückwirkend aufgehoben wurde, auch wegen eines Verhaltens, das vor dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Aufhebung liegt, weitere Strafen nicht mehr verhängt werden, weil dies mit dem Charakter eines Beugemittels unvereinbar wäre (vgl hiezu die in der Entscheidung bezogenen Ausführungen von Jelinek, Die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen 256, denen sich in diesem Punkt auch der erkennende Senat anschließt). Zur Frage, ob eine Einschränkung der Exekution auf bestimmte Zeiträume möglich wäre, wenn hiefür noch der Vollzug von Exekutionshandlungen in Betracht käme, oder ob die Einschränkung einer Unterlassungsexekution überhaupt nicht möglich ist, weil sie aus dem Blickwinkel der Zeitstrecke nicht in Anspruchsteile im Sinn des § 41 EO aufgelöst werden kann (so Jelinek aaO 255), ist hier nicht Stellung zu nehmen.

Die betreibende Partei beruft sich im Revisionsrekurs ebenso wie schon das Erstgericht zu Unrecht auf die Entscheidung JBl 1960, 609. Ihr lag nämlich eine zur Hereinbringung einer Geldforderung samt Nebengebühren geführte Exekution zugrunde, die durch das im Oppositionsstreit ergangene Urteil nur teilweise erloschen war. Da in einem solchen Fall die Exekution zur Hereinbringung des nicht erloschenen Teiles der betriebenen Forderung fortgesetzt werden kann und muß, ist die in der angeführten Entscheidung zum Ausdruck kommende Ansicht, daß die Exekution nicht einzustellen, sondern nur einzuschränken sei, folgerichtig. Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Deshalb ist auch aus den im Revisionsrekurs noch ins Treffen geführten, mit der angeführten Entscheidung im wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen von Heller-Berger-Stix im Kommentar zur EO I 753 zur Frage der Einschränkung einer zur Erwirkung von Unterlassungen geführten Exekution nichts zu gewinnen.

Der betreibenden Partei ist aber einzuräumen, daß für die im § 75 EO vorgesehene Aberkennung der Exekutionskosten von Bedeutung ist, ob der Exekutionstitel rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Einbringung des Exekutionsantrags (vgl EvBl 1974/288) oder ob er erst für einen späteren Zeitpunkt aufgehoben wurde. Wirkt die Aufhebung nicht bis zum Zeitpunkt der Einbringung des Exekutionsantrags zurück, sondern wird sie erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam, so wäre es nämlich nicht gerechtfertigt, den Anspruch des Gläubigers auf Kostenersatz auch für Verfahrenshandlungen zu verneinen, die während der Zeit der Wirksamkeit des Exekutionstitels vorgenommen wurden. In diesem Sinn schließt sich der erkennende Senat den Ausführungen Jelineks (aaO 256) an, daß die Exekutionsbewilligung trotz der Aufhebung des Exekutionstitels für die Zeit zwischen ihrer Erlassung und der Wirksamkeit der Aufhebung ihre Kraft behält. Die Wirkungen der Einstellung fallen mit jenem Zeitpunkt zusammen, ab dem der Exekutionstitel seine Wirksamkeit verloren hat. Der erkennende Senat hält es auch für sachgerecht, diesen Zeitpunkt im Einstellungsbeschluß anzuführen (vgl Jelinek aaO 255f und EvBl 1972/176), zumal damit schon in diesem Beschluß Klarheit für die gemäß § 75 EO zu treffende Entscheidung über die Exekutionskosten geschaffen wird. Dies bedeutet hier, daß die Einstellung der Exekution zwar zur Gänze, aber erst mit Wirkung ab 22.1.1992 auszusprechen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 74 EO, jene über die Kosten des Rekurses der verpflichteten Partei auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO. Die verpflichtete Partei hat schon deshalb keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Rechtsmittels, weil mit der betreibenden Partei in dem vor dem Erstgericht durchgeführten Verfahren ein Zwischenstreit über die Einstellung der Exekution nicht entstanden ist. Durch den Umstand, daß die betreibende Partei einen vom Kreisgericht Wels als Titelgericht gefaßten Einstellungsbeschluß mit Rekurs bekämpfte, entstand entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ein solcher Zwischenstreit nicht, weil es sich bei der Rekurserhebung nicht um eine für das Verfahren vor dem Erstgericht wirksame Prozeßhandlung handelte. Da die Änderung des Beschlusses des Rekursgerichtes nur für den Kostenersatzanspruch der betreibenden Partei von Bedeutung ist, erscheint es gerechtfertigt, die ihr für den Revisionsrekurs zustehenden Kosten auf der Grundlage die bisher zugesprochen Exekutionskosten zu bemessen.

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