OGH 3Ob34/90

OGH3Ob34/9013.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei B*** FÜR O*** UND S***, Linz, Hauptplatz 10-11, und beigetretener Gläubiger, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wider die verpflichteten Parteien 1.) Benjamin K***, Kaufmann, 2.) Yvona K***, Geschäftsfrau, beide zuletzt Wien 8., Haspingerstraße 3/28, wegen S 232.038,75 und andere Forderungen je s.A, infolge Rekurses der beigetretenen Partei R*** S***,

reg. Genossenschaft mbH, Salzburg, Schwarzstraße 13-15, vertreten durch Dr. Fritz Oberrauch und Dr. Helmut Stadlmayr, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 21.Dezember 1989, GZ 22 R 533/89-140, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 12.September 1989, GZ E 24/84-132, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Auf der Liegenschaft "Brandstattgut" in Sommerholz 22, EZ 31 Grundbuch 56313 Neumarkt-Land hafteten vor der Versteigerung am 24. Februar 1988 im ersten Buchrang eine Hypothek zugunsten der B*** FÜR O*** UND S*** für einen Höchstbetrag von

1,080.000,-- S, im zweiten Buchrang zugunsten der gleichen Gläubigerin eine solche für einen (weiteren) Höchstbetrag von S 660.000,--, im dritten Buchrang die Dienstbarkeit des Gebrauchsrechtes der Wohnung und gleichrangig die Reallast der Leibrente von monatlich S 12.608,10 (wertgesichert), beides zugunsten Anita H***. Auf die Leibrentenforderung haben Dr. Erwin H*** auf Grund einer Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 18. Dezember 1985 ein Afterpfandrecht von S 150.000,-- sowie Dr. Günther F*** auf Grund eines Vergleiches vor dem Bezirksgericht Salzburg vom 11.Februar 1988 ein weiteres Afterpfandrecht von S 172.000,-- s.A erworben. Im 5. bis 7. Buchrang folgen Simultan-Höchstbetragspfandrechte der Revisionsrekurswerberin von 5 Mio S, S 5,600.000,-- und 6 Mio S.

Während des Zwangsversteigerungsverfahrens brannte ein auf der Liegenschaft stehendes Haus ab, was die Verpflichtung des Feuerversicherers zur Zahlung einer Versicherungssumme von S 1,957.220,-- begründete. Da mehrere Gläubiger der Verpflichteten Anspruch darauf erhoben, wurde die Versicherungssumme beim Erstgericht nach § 307 EO hinterlegt.

Das Erstgericht verteilte das von den Erstehern erbrachte Meistbot von S 2,420.000,-- samt den Zinsen von S 61.000 in der Weise, daß aus dem Kapitalsbetrag als Vorzugspost dem R*** S*** die Auslagen des Zwangsverwalters zu

E 6/87 von S 150.147,-- zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung und der betreibenden Partei B*** FÜR O*** UND S*** zugunsten der in C-LN 1 und 2 einverleibten Pfandrechtsforderungen zu deren gänzlichen Berichtigung der Betrag von S 1,753.423,19 durch Barzahlung zugewiesen wurde. Sodann wurde der Buchberechtigten Anita H*** auf die in C-LNr 3 a und 4 a gleichrangig einverleibten Lasten des Gebrauchsrechtes der Wohnung und der Reallast der Leibrente der Meistbotsrest von S 516.429,90 zur verhältnismäßigen teilweisen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen. Das Erstgericht gab dem Widerspruch der Revisionsrekurswerberin und jenem der Ersteher gegen die Anmeldung der Anita H***, womit sie die Übernahme der in C-LNr 3 a und 4 a einverleibten Lasten unter Anrechnung auf das Meistbot beantragte und im Rang C-LNr 4 (richtig im laufenden Rang) Rückstände anmeldete, statt, nicht jedoch dem Widerspruch des Dr. Erwin H*** gegen die Berücksichtigung der von der Revisionsrekurswerberin angemeldeten Forderung vor seinem in C-LNr 4 c einverleibten Afterpfandrecht. Dieser Entscheidung lagen Schätzwerte des Wohnrechtes Anita H*** von S 521.820,-- sowie der Leibrentenberechtigung von S 3,265.850,-- zugrunde. In seiner Begründung führte das Erstgericht aus, daß gemäß § 227 Abs 1 EO Dienstbarkeiten und Reallasten, für welche die Verteilungsmasse nicht mehr volle Deckung finde, aufzuheben seien, an ihre Stelle trete ein Entschädigungsanspruch für die nicht übernommene Last. Diese Entschädigung sei nach Zulänglichkeit der Verteilungsmasse in der Rangordnung, die dem aufgehobenen Recht zukomme, durch Barzahlung zu entrichten. Die Rechte der Anita H*** seien gleichrangig und im Verhältnis ihrer Schätzwerte anteilsmäßig zu befriedigen gewesen. Der nach Befriedigung der vorrangigen Gläubiger verbleibende Meistbotsrest reiche nicht zur vollen Deckung dieser Lasten aus; diese seien daher gemäß § 227 Abs 1 EO zu löschen und der Berechtigten ein Entschädigungsbetrag bar zuzuerkennen. Die Rangordnung eines Afterpfandrechtes richte sich nach den grundbuchsrechtlichen Vorschriften. Die Afterpfandrechte wiesen einen späteren Rang als das unter C-LNr 5 a einverleibte Pfandrecht der Revisionsrekurswerberin auf, weshalb dem Widerspruch des Dr. Erwin H*** nicht stattzugeben gewesen sei.

Das Rekursgericht gab mit der angefochtenen Entscheidung dem gegen diesen Verteilungsbeschluß erhobenen Rekurs der Revisionsrekurswerberin, der sich gegen eine Barzahlung an Anita H*** wandte, nicht Folge, wohl aber den Rekursen der Afterpfandgläubiger Dr. Erwin H*** und Dr. Günther F***, und wies von dem Anita H*** für ihre Leibrentenforderung zuerkannten Meistbotsrest von S 445.265,85 an Dr. Erwin H*** den Betrag von S 150.000,-- und an Dr. Günther F*** den Betrag von S 233.920,-- und nur den verbleibenden Rest von S 61.345,85 Anita H*** zu. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof im Umfang der Abänderung für zulässig.

Neben den für das Revisionsrekursverfahren nicht mehr bedeutsamen rechtlichen Erwägungen begründete das Rekursgericht seine Entscheidung damit, daß die auf privatrechtlichem Titel beruhenden Dienstbarkeiten und Reallasten nur dann ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen seien, wenn ihnen der Vorrang vor dem Befriedigungs- oder Pfandrecht des bestbetreibenden Gläubigers zukomme. Da das Wohnrecht und die Leibrentenforderung Anita H*** dem bestbetreibenden Gläubiger nachgehen und der Schätzwert dieser beiden bücherlichen Rechte nach Berücksichtigung einer Befriedigung des bestbetreibenden Gläubigers schon nicht mehr im Schätzwert der Liegenschaft gedeckt gewesen sei, sei bereits in den Versteigerungsbedingungen vorgesehen gewesen, daß die beiden Berechtigten Anita H*** vom Ersteher nicht ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen seien. Tatsächlich habe der Schätzwert der beiden bücherlichen Rechte Anita H*** im Meistbot keine Deckung mehr gefunden. Für solche zeitlich beschränkten Lasten sei daher ein Entschädigungsbetrag zu bestimmen gewesen, der anteilsmäßig bar der bücherlich Berechtigten auszuzahlen gewesen sei. Anita H*** habe aber den von ihr geltend gemachten Anspruch auf rückständige Zinsen nicht aufgeschlüsselt angemeldet. Der widersprüchliche Spruch des Erstgerichtes lasse im Zusammenhang mit dessen Begründung aber erkennen, daß das Erstgericht mit dem Zuspruch von S 516.429,61 an Anita H*** nicht die Tilgung der rückständigen Leibrentenleistungen, sondern die Abgeltung für den Verlust der bücherlichen Rechte bewirken habe wollen. Der Zuspruch dieses aliud könne vom Rekursgericht nicht aufgegriffen werden, weil dies von der Rekurswerberin nicht als Verfahrensmangel gerügt worden sei. Den beiden Afterpfandgläubigern stehe aber eine Befriedigung im Rang der von ihnen gepfändeten Berechtigungen der Anita H*** zu, ihnen seien daher die von ihnen ordnungsgemäß angemeldeten Forderungen aus dem Anita H*** zuerkannten Entschädigungsbetrag zuzuweisen gewesen.

Nur gegen die Verteilung des Meistbotsrestes von S 516.429,90 an Anita H***, Dr. Erwin H*** und Dr. Günther F*** richtet sich der Revisionsrekurs des R*** S*** mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Meistbotsrest von S 516.429,90 gerichtlich und zinsbringend angelegt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 239 Abs 3 EO zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Ausgedinge ist eine auf einem Bauerngut ruhende dingliche Verpflichtung zu Natural-, Geld- und Arbeitsleistungen zum Zweck des Unterhaltes des früheren Eigentümers (SZ 55/23 uva). Nach dem Inhalt des zwischen Anita H*** und den Verpflichteten abgeschlossenen Kaufvertrages vom 17.September 1980 ist die dort vereinbarte "Versorgungsleibrente" nicht als Ausgedingsleistung zu beurteilen, weil die für das Ausgedinge typischen, im Vordergrund der Leistungen des Hofübernehmers stehenden Natural- und Obsorgeleistungen fehlen. Die eingeräumten Rechte stellen sich daher entsprechend der Grundbuchseintragung als Dienstbarkeit des Wohnrechtes und Reallast der Leibrente dar.

Nach § 225 Abs 1 EO hat der Richter unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Schätzung den Betrag festzusetzen, mit welchem Dienstbarkeiten und Reallasten von unbeschränkter Dauer, die der Ersteher nach den Versteigerungsbedingungen und dem Ergebnis der Versteigerung in Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen hat, zu bewerten sind. Bei Dienstbarkeiten und Reallasten, die zum Bezuge wiederkehrender Leistungen berechtigen, ist dieser Betrag gleich dem Kapital, das erforderlich ist, um die vom Tage der Erteilung des Zuschlages an verfallenden Leistungen oder deren Geldwert aus den Zinsen zu berichtigen. Ist die Dienstbarkeit oder Reallast von immerwährender Dauer und reicht das Meistbot zur Berichtigung des derart ermittelten Deckungskapitals hin, so ist demnach die Last vom Ersteher zu übernehmen, sie bleibt weiter einverleibt, das Deckungskapital aber gebührt dem Ersteher und wird ihm, falls das Meistbot bereits erlegt war, ausgefolgt, sonst darf er beim Erlag des Meistbotes den entfallenden Betrag in Abzug bringen. Ist die Dienstbarkeit oder Reallast von beschränkter Dauer und reicht das Meistbot zur Berichtigung des Deckungskapitales hin, so ist dieses nach § 225 Abs 2 EO zinstragend anzulegen; der Ersteher übernimmt die Last, die im Grundbuch verbüchert bleibt, und erhält hiefür während der Dauer der Last die vom Deckungskapital abreifenden Zinsen. Das Deckungkapital fällt gemäß § 225 Abs 2 iVm § 219 Abs 2 EO nach Erlöschen der Dienstbarkeit oder Reallast den nicht voll zum Zug Gelangten zu und ist, soweit tunlich, schon im voraus zuzuweisen.

Ist hingegen wie hier für den ermittelten Betrag - sei es, daß es sich um eine Dienstbarkeit oder Reallast von immerwährender, sei es, daß es sich um solche Lasten von beschränkter Dauer handelt - in der Verteilungsmasse nicht mehr volle Deckung vorhanden, so sind gemäß § 227 EO diese Dienstbarkeiten und Reallasten aufzuheben; an ihre Stelle tritt der Entschädigungsanspruch für die nicht überwiesene Last; die Entschädigung ist vom Richter zu bestimmen und nach Zulänglichkeit der Verteilungsmasse in der Rangordnung des aufgehobenen Rechtes durch Barzahlung zu berichtigen (GlUNF 682; SZ 16/98). Die Berechtigung der Anita H*** auf Auszahlung eines Barbetrages von S 516.429,90 als anteiligem Entschädigungsanspruch zur teilweisen Abgeltung ihres Wohnrechtes und ihrer Leibrentenberechtigung bei gleichzeitigem bücherlichen Erlöschen dieser Rechte entsprach somit dem Gesetz, das bei solchen Rechten eben eine bloß teilweise, aber dafür sofortige Barzuweisung vorsieht. Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß das Erstgericht Anita H*** anstelle der begehrten Übernahme ihrer bücherlichen Berechtigungen und anstelle der nur im laufenden Rang, sohin aus dem Meistbot nicht mehr zu befriedigenden angemeldeten rückständigen Leistungen aus der Leibrentenberechtigung eine nicht angemeldete Barabgeltung ihrer beiden bücherlichen Rechte zugesprochen hat. Da sich aber auch die Revisionsrekurswerberin durch diese Vorgangsweise nicht beschwert erachtet, sondern nur fordert, daß der Meistbotsrest als Deckungskapital angelegt werden soll, aus dessen Zinsen Anita H*** eine laufende Abgeltung ihrer bücherlichen Rechte auf Lebenszeit zugewiesen werden soll, kann eine allfällige Verletzung der auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden (vgl EvBl 1971/270 = RZ 1971/177) Bestimmung des § 405 ZPO von Amts wegen nicht mehr aufgegriffen werden.

Auch im Revisionsrekursverfahren blieb die Bestimmung des Schätzwertes für das Wohnrecht und für die Leibrentenforderung Anita H*** unbekämpft. Auch unter Einbeziehung der Feuerversicherungssumme, die gegebenenfalls noch gesondert zu verteilen sein wird, sind die beiden bücherlichen Berechtigungen der Anita H*** nicht voll gedeckt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO.

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