European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00034.22D.0622.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 537,70 EUR (darin enthalten 89,62 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 619,75 EUR (darin enthalten 61,49 EUR USt und 250,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Beklagte mietete am 1. 6. 2009 von den Klägern das auf deren 9.000 m² großen Liegenschaft befindliche eingeschoßige, eine Wohnfläche von rund 50 m² aufweisende sogenannte „Pförtnerhaus“ um monatlich 800 EUR. Dem Beklagten wurde die Gartenmitbenützung zugestanden.
[2] Die Kläger kündigten das Bestandverhältnis gestützt auf die Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 Z 3 erster und zweiter Fall MRG auf. Der Beklagte mache vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch, indem er die Dusche trotz deren Undichtheit verwende und dadurch das Bestandobjekt schädige. Zudem zeige er ein unleidliches Verhalten, das den Klägern die weitere Vermietung unzumutbar mache, indem er gegen diese mutwillig Exekution führe, gegen sie laufend Besitzstörungsklagen einbringe und seine Bestandrechte immer weiter auszudehnen versuche.
[3] Der Beklagte bestritt das Vorliegen der relevierten Kündigungsgründe.
[4] Das Erstgericht hob die Aufkündigung als rechtsunwirksam auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es ging – auf das Wesentliche gekürzt – von folgendem Sachverhalt aus:
Zu den zwischen den Parteien geführten Verfahren im Allgemeinen:
[5] Das Mietverhältnis sollte nach der ursprünglichen Vereinbarung, ohne dass es einer Aufkündigung bedarf, am 31. 5. 2010 enden. Eine im Juni 2010 gegen den Beklagten eingebrachte Räumungsklage wurde 2011 rechtskräftig abgewiesen. Die wesentliche gerichtliche Begründung dafür war, dass – weil es sich beim Pförtnerhaus um eines von zwei Nebengebäuden zu einem größeren Hauptgebäude auf der Liegenschaft der Kläger handelt – die Vollausnahme des § 1 Abs 2 Z 5 MRG nicht vorliege. Das Verfahren ergab weiters, dass das Pförtnerhaus aufgrund ungenügender und gefährlicher Elektrik in die Kategorie „D unbrauchbar“ einzuordnen sei.
[6] Die Kläger erhoben 2013 gegen den Beklagten abermals Räumungsklage. Dieser habe bei der Schlichtungsstelle – und sodann fortgeführt bei Gericht – einen Antrag auf Mietzinsüberprüfung eingebracht und darin ausgeführt, das Bestandobjekt sei unbrauchbar, weil die Elektroanlagen gefährlich seien. Die Kläger hätten nach Erhalt des Antrags Behebungsmaßnahmen setzen wollen, seien aber vom Beklagten daran gehindert worden. Die Räumungsklage wurde 2014 zweitgerichtlich mit der tragenden Begründung abgewiesen, das Verhalten des Beklagten, eine Veränderung der elektrischen Anlage aus Beweissicherungsgründen vor der Befundaufnahme durch den Sachverständigen nicht zuzulassen, sei nicht so schwerwiegend, dass es die Auflösung des Mietverhältnisses rechtfertige. Eine dagegen angestrengte außerordentliche Revision der Kläger blieb erfolglos.
[7] 2014 klagten die Parteien einander wechselseitig wegen Besitzstörung aufgrund der Benützung eines Erdkellers durch den Beklagten zum Abstellen von Gartengeräten und Gartenmöbeln bzw dessen Versperrung durch die Kläger. Die Besitzstörungsklage des Beklagten drang durch, jene der Kläger wurde abgewiesen. Gleiches gilt für eine von den Klägern 2015 erhobene Besitzstörungsklage wegen des Abstellens des PKW des Beklagten auf dem Zufahrtsweg der Liegenschaft.
[8] Im Jahr 2018 veranlassten die Kläger eine umfangreiche Sanierung und Neugestaltung eines weiteren Nebengebäudes und nahmen auch andere Bauarbeiten vor. Es kam zur Einrichtung einer umfangreichen Baustelle auf der Liegenschaft. Insbesondere wurde auch der Nahbereich des vom Beklagten gemieteten Pförtnerhauses in Anspruch genommen. Der Beklagte erhob gegen die Kläger Besitzstörungsklage. Mit Endbeschluss vom 20. 11. 2019 wurde antragsgemäß die Besitzstörungshandlung festgestellt und den Klägern aufgetragen, den vorigen Zustand wiederherzustellen, unter anderem dadurch, dass sie den Rasen sowie die Bepflanzung wiederherstellen lassen. Ein dagegen erhobenes Rechtsmittel blieb erfolglos.
[9] Unmittelbar nach Rechtskraft des Besitzstörungsendbeschlusses forderte der Beklagte die Kläger zur Wiederherstellung der Rasenflächen auf. Die Kläger beauftragten einUnternehmen mit Sanierungsarbeiten, doch wuchs, unter anderem weil nicht mit hinreichender Vorbereitung des Untergrunds gesät und nicht wirksam gegossen wurde, der Rasen nicht zur Gänze erfolgreich an.
[10] Mit Exekutionsantrag vom 20. 8. 2020 begehrte der Beklagte die Bewilligung der Fahrnisexekution, Forderungsexekution sowie Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen. Er begehrte zum einen Exekution zur Hereinbringung der Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Besitzstörungsverfahrens im Gesamtbetrag von 1.559,14 EUR, zum anderen die Durchsetzung der im Endbeschluss aufgetragenen Verpflichtung, den Rasen auf der Liegenschaft wiederherzustellen. Der Beklagte möge ermächtigt werden, die Wiederherstellung des Rasens auf Kosten der Erstklägerin durch ein befugtes Gartengestaltungsunternehmen vornehmen zu lassen. Der Beklagte legte hierzu einen Kostenvoranschlag vor, der für Raseninstandsetzungen nach Bauarbeiten auf rund 700 m² insgesamt brutto 48.192 EUR ansetzte. Der Beklagte beantragte auch, der Erstklägerin als verpflichteter Partei aufzutragen, die Kosten, die durch die Vornahme der Handlung entstehen und laut dem Kostenvoranschlag 48.192 EUR betragen werden, vorauszubezahlen. Das Exekutionsgericht bewilligte gegenüber der Erstklägerin die beantragte Exekution, allerdings führte es aus, dass die verpflichtete Partei schuldig sei, dem Beklagten an voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme lediglich 12.180 EUR zu bezahlen. Dagegen erhob die Erstklägerin 2020 Oppositionsklage und beantragte auch die Aufschiebung der Exekution, im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass die Rasenbepflanzung auf der Liegenschaft wieder einwandfrei hergestellt worden und die Exekutionsführung schikanös sei. Das Verfahren ist noch anhängig.
[11] Mit in Rechtskraft erwachsenem Besitzstörungsendbeschluss vom 22. 2. 2021 wurde eine Besitzstörung durch die Kläger festgestellt, weil sie unmittelbar neben dem Pförtnerhaus fünf Müllcontainer auf der Rasenfläche aufgestellt, laufend mit Müll beladen und neben diesem Container Sperrmüll abgelagert hatten. Diesem Verfahren und dem Endbeschluss lag zugrunde, dass die Müllkübel im unmittelbaren Nahbereich des Pförtnerhauses aufgestellt wurden, was zuvor nicht der Fall gewesen war. Gerade aufgrund des Nahbereichs zum Pförtnerhaus erachtete das Gericht die Besitzstörungsklage trotz des bestehenden bloßen Mitbesitzes, also eines Besitzes, der auch eine Benutzung der Rasenflächen und Gartenflächen durch andere berechtigte Nutzer einschließt, als gegeben. Insbesondere wurde festgehalten, dass die Benützung dieser Müllkübel nur möglich ist, wenn der allerengste Nutzungsbereich des (hier) Beklagten betreten wird.
Zur Dusche im Besonderen:
[12] Im Jahr 2013 ersetzten Professionisten der Kläger im Badezimmer die Metallduschtasse durch eine Kunststoffduschtasse. Zur Behebung von Mängeln wurde die Tasse 2015 seitens der Kläger nochmals neu eingebaut. Der Einbau erfolgte nicht fachgerecht. Die Duschtasse liegt nicht ausreichend auf einer Unterkonstruktion auf, sodass sie sich beim Betreten bewegt, was dazu führt, dass die Randabdichtung, eine Silikonfuge, reißt. Wegen der Undichtheit wird die Trennwand zur Küche stark durchfeuchtet und schimmelt es in der Küche in Bodennähe. Auch die Steinplatten am Boden zeigen Feuchtigkeit. Die Durchfeuchtung der Trennwand stellt zwar noch keine Substanzgefährdung des Hauses dar, der Schimmel kann bei längerem Andauern aber die Gesundheit belasten. Die Duschtasse ist im derzeitigen Zustand nicht brauchbar, weil ihre Verwendung zur Durchfeuchtung des Mauerwerks führt. Unter den betroffenen Bereichen befindet sich der unbewohnte Keller.
[13] Der Beklagte bemerkte erstmals 2017 die Durchfeuchtung und berichtete dies der Hausverwaltung. Er benützt die Dusche bis dato. Zur Sanierung ist es erforderlich, die Duschtasse zu erneuern und die Mauer auszutrocknen. Es sind Kosten in Höhe von 2.200 EUR zu erwarten.
[14] Mit Antrag vom 15. 4. 2019 an die Schlichtungsstelle begehrte der Beklagte unter anderem die Behebung der Mängel der Duschtasse. Das Verfahren wurde zu Gericht abgezogen. Bis zuletzt bestritten die Kläger als Antragsgegner ihre Verpflichtung, die Dusche instandzusetzen.
[15] In dem zwischen den Parteien geführten Verfahren des Bezirksgerichts Döbling 5 Msch 25/19 erging am 21. 7. 2021 der Sachbeschluss, mit dessen Punkt 2 – soweit hier von Interesse – den Klägern aufgetragen wird, den ortsüblichen Standard des Mietobjekts wiederherzustellen, indem „b) die Duschtasse samt anschließendem Mauerwerk saniert wird durch Erneuerung der Duschtasse samt Untergestell und fachgerechte Trocknung der Trennwand“. Das LGZ Wien als Rekursgericht bestätigte mit Sachbeschluss vom 20. 12. 2021 zu AZ 39 R 192/21f diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es in Punkt 2 nach dem Wort „Mietobjekts“ die Worte „1190 Wien, Sieveringer Straße 245/2 (Pförtnerhaus)“ einfügte. Der Beschluss erwuchs nach Erlassung der hier angefochtenen Entscheidung in Rechtskraft.
[16] Rechtlich führte das Erstgericht zusammengefasst aus, das Verhalten des Beklagten in den von ihm geführten Verfahren könne nicht als unleidlich im Sinn des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG qualifiziert werden, habe er doch nur und erfolgreich seine Rechte wahrgenommen. Den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG verneinte es im Wesentlichen aus der Erwägung, die Kläger hätten dem Beklagten bei Vermietung eine Duschanlage zur Verfügung gestellt, deren Untauglichkeit aber in der Folge selbst geschaffen. Die Erhaltungspflicht im Sinn des § 3 MRG beziehe sich auf die Beibehaltung des bei Anmietung vorhandenen Zustands und könne nicht auf die jeweiligen Mindesterfordernisse der Wohnungskategorie beschränkt werden. Hier sei im Übrigen die Kategorie D nur aufgrund der untauglichen Elektrik festgestellt worden. Weil die Kläger seit Jahren ihrer bestehenden Erhaltungspflicht nicht nachgekommen seien, falle es schwer, in der Benützung der Dusche die Verwirklichung des herangezogenen Kündigungsgrundes zu sehen. Auch bleibe die Feuchtigkeit auf das vom Beklagten selbst gemietete Objekt beschränkt.
[17] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es die Aufkündigung für rechtswirksam erklärte und den Beklagten zur Räumung des Bestandobjekts verpflichtete. Es trat in Hinsicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG, nicht aber in Hinsicht auf jenen nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts bei. Es hielt für entscheidend, dass der Beklagte in Kenntnis der Undichtheit der Duschkonstruktion weiter dusche und damit ein weiteres Eindringen von Wasser in die Gebäudestruktur bewirke. Ein redlicher Mieter würde in der vorliegenden Konstellation die Dusche nicht weiterbenützen, sondern auf deren Sanierung durch den Vermieter warten und bis dahin allenfalls Anspruch auf Mietzinsminderung erheben, oder er würde die Dusche selbst reparieren, um sie wieder benützen zu können, und die Kosten dafür gegenüber dem Vermieter, etwa durch Aufrechnung mit den geschuldeten Mietzinsen, geltend machen. Der Beklagte dokumentiere mit seinem Verhalten, dass ihm die Interessen der Kläger an der Erhaltung der Bausubstanz gleichgültig seien; dies mache ihn vertrauensunwürdig, auch wenn die Vermieter ihren Erhaltungspflichten tatsächlich nicht nachgekommen sein sollten.
[18] Das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu. Ob ein nachteiliger Gebrauch vorliege begründe in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage.
[19] Gegen das Berufungsurteil richtet sich die aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erhobene außerordentliche Revision des Beklagten mit einem auf die Wiederherstellung des Ersturteils gerichteten Abänderungsantrag.
[20] Die Kläger machten von der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Möglichkeit der Erstattung einer Revisionsbeantwortung keinen Gebrauch.
[21] Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsurteil – wie in der Revision zutreffend aufgezeigt – von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[22] Die behauptete Aktenwidrigkeit und der behauptete Verfahrensmangel zweiter Instanz wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
[23] Hinsichtlich des von den Vorinstanzen verneinten Kündigungsgrundes des unleidlichen Verhaltens nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in deren Urteilen verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO analog; vgl 9 Ob 8/18v [Pkt I.]).
[24] Zum Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG führt der Beklagte in seiner Rechtsrüge unter anderem ins Treffen, der vorliegende Fall sei dadurch gekennzeichnet, dass der Missstand – gemeint: die Undichtheit der Dusche und die aus ihr resultierende Durchfeuchtung der Trennwand – durch die Bestandgeber nicht bloß trotz Anzeige nicht behoben, sondern durch diese erst erzeugt worden ist. Dazu ist wie folgt auszuführen:
[25] Die alte Rechtsprechung verneinte kategorisch, dass die Instandhaltungspflicht des Vermieters oder deren allfällige Verletzung oder Vernachlässigung eine Rechtfertigung oder Entschuldigung dafür sein könnten, dass der Mieter seinerseits einen Zustand schaffe, der eine erhebliche Gefährdung für die Substanz des Bestandobjekts und die persönliche Sicherheit der Bewohner bedeutet (1 Ob 61/57 = MietSlg 5.819; 4 Ob 602/74 = MietSlg 26.229; 5 Ob 583/77 = MietSlg 29.244; 1 Ob 608/78 = MietSlg 30.367; 1 Ob 562/94 – siehe RS0068059).
[26] In 10 Ob 270/99z (= immolex 2000/71 [Pfiel]) wurde demgegenüber ausgesprochen, dass der gegen die Beklagte erhobene Vorwurf, sie habe durch Unterlassung notwendiger Vorkehrungen insbesondere die elektrischen Anlagen betreffend eine drohende Brandgefahr herbeigeführt, die sofortige Vertragsauflösung nicht rechtfertigen könne, „geht doch nach den Feststellungen ein nicht unwesentlicher Teil der vorhandenen Mängel darauf zurück, dass die Vermieter entgegen § 1096 ABGB und § 3 MRG nicht dafür gesorgt haben, die Wohnung im jeweils ortsüblichen Standard zu übergeben bzw zu erhalten“. Aufgrund dieser Entscheidung ist heute herrschende Auffassung, dass eine drohende Gefährdung der Substanz des Bestandobjekts die sofortige Vertragsauflösung dann nicht rechtfertigen kann, wenn ein nicht unwesentlicher Teil der Mängel auf eine Vernachlässigung der den Vermieter treffenden Erhaltungspflicht zurückgeht (Höllwerth in GeKo Wohnrecht I § 1118 ABGB Rz 55; Lovrek in GeKo Wohnrecht I § 30 MRG Rz 54; dies in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1118 Rz 59; Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 1118 Rz 78). Diese Ansicht teilte auch das Berufungsgericht in einer veröffentlichten Entscheidung (LGZ Wien 39 R 287/19y = MietSlg 71.318). Der Senat sieht keine Veranlassung, von der herrschenden Auffassung abzugehen.
[27] Es kommt daher maßgeblich darauf an, ob die Kläger verpflichtet waren und sind, die Dusche zu sanieren, und bejahendenfalls, ob die eingetretenen Schäden im Wesentlichen nur Folge der Verletzung dieser Pflicht sind.
[28] Die Rechtskraft einer anderen Entscheidung ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (§§ 230 Abs 3, 411 Abs 2 ZPO). Dies bedeutet, dass auch die Rechtsmittelinstanzen die Rechtskraft einer Entscheidung berücksichtigen müssen, wenn diese während des Rechtsmittelverfahrens eingetreten ist (RS0074226 [T6]). Aufgrund der Identität der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhalts sowie der Präjudizialität der im Msch-Verfahren entschiedenen Hauptfrage (vgl RS0041572) für den vorliegenden Zivilprozess ist hier und nunmehr bindend davon auszugehen, dass es Sache der Kläger war und ist, die Dusche zu sanieren.
[29] Im vorliegenden Fall verursachten im Jahr 2015 von den Klägern hinzugezogene und diesen daher zuzurechnende Professionisten eine Undichtheit der Dusche, deren Folge – die Durchfeuchtung der Trennwand zur Küche – dem Beklagten 2017 auffiel. Dass dem Beklagten die Undichtheit bereits vorher auffallen hätte müssen, wurde im Verfahren nicht behauptet und ist auch aus den Feststellungen nicht ersichtlich. Die Durchfeuchtung der Trennwand zur Küche ist damit darauf zurückzuführen, dass die Kläger– entgegen § 1096 ABGB und § 3 MRG – nicht dafür gesorgt haben, die Wohnung im jeweils ortsüblichen Standard zu übergeben bzw zu erhalten. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Weiterbenützung der Dusche durch den Beklagten den Schaden wesentlich vergrößerte, steht doch fest, dass die Durchfeuchtung der Trennwand noch keine Substanzgefährdung des Hauses darstellt. Dadurch und weil sich unter dem betreffenden Bereich allein der unbewohnte Keller des Pförtnerhauses befindet unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von dem zu 7 Ob 225/00i entschiedenen, auch die Weiterbenützung einer undichten Dusche betreffenden Fall.
[30] Zusammengefasst folgt, dass derzeit noch keine Gefährdung der Substanz des Bestandobjekts besteht und unter dieser Voraussetzung die Weiterbenützung der undichten Dusche die sofortige Vertragsauflösung jedenfalls dann nicht rechtfertigen kann, wenn der betreffende Mangel gerade auf eine Vernachlässigung der den Vermieter treffenden Erhaltungspflicht zurückgeht. In diesem Fall liegt der Kündigungsgrund eines erheblichen nachteiligen Gebrauchs nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG nicht vor.
[31] Die Entscheidung über die Kosten zweiter und dritter Instanz beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage für das Anwaltshonorar betrug aufgrund der Größe der Wohnung 1.000 EUR (§ 10 Z 2 lit c RATG).
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