Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Betreibende ist der geschiedene Gatte der Erstverpflichteten und der Vater der Zweitverpflichteten.
Zu 3 C 979/96s des Erstgerichtes klagte der nunmehrige Betreibende die nunmehrigen Verpflichteten als Erst- und Zweitbeklagte sowie seinen mj. Sohn Andreas Erich S***** auf Räumung des von ihnen bewohnten Hauses in *****, weil er als Liegenschaftseigentümer ihnen mit Scheidungsvergleich vom 26.5.1986, Sch 9/86 des Bezirksgerichtes Imst, ein Wohnrecht für zehn Jahre eingeräumt habe, das nun abgelaufen sei.
Die Parteien schlossen am 30.10.1996 einen Vergleich, der hinsichtlich der Räumungsverpflichtung folgenden Wortlaut hat:
"1) Die beklagten Parteien verpflichten sich, das Haus *****, errichtet über der EZ ***** KG H*****, bis längstens 31.5.1997 von den eigenen Fahrnissen zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben.
.............
7) Dieser Vergleich wird rechtswirksam, sofern er nicht von einer der
Parteien bis längstens 11.11.1996 (Datum des Poststempels) widerrufen
wird und vorbehaltlich der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung
hinsichtlich der drittbeklagten Partei.
............"
Mit Beschluß vom 23.12.1996, P 83/96h-58, versagte das Erstgericht in der Pflegschaftssache des Drittbeklagten sowohl einer Annahme des ihm mit Scheidungsvergleich vom 26.5.1986 von den Eltern eingeräumten Wohnungsrechtes als auch dem Räumungsvergleich vom 30.10.1996 die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung.
Das Erstgericht bestätigte am 14.1.1997 die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Vergleichs vom 30.10.1996 "hinsichtlich der Erst- und Zweitbeklagten".
Das Erstgericht bewilligte aufgrund dieses Vergleichs vom 30.10.1996 dem Betreibenden neben Fahrnis- und Forderungsexekution gegen die Erstverpflichtete gegen die beiden Verpflichteten die zwangsweise Räumung dieses von ihnen bewohnten Hauses. Der Räumungstermin wurde für 13.8.1997 festgesetzt.
Die Erstverpflichtete beantragte mit dem am 24.7.1997 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 5 die Aufschiebung der Exekution bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens 3 C 655/97w des Erstgerichtes, in dem sie Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Vergleiches vom 30.10.1996 hinsichtlich der Räumungsverpflichtung eingebracht habe.
Weiters beantragten beide Verpflichteten, ihrem Rekurs gegen die Bewilligung der zwangsweisen Räumung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Das Erstgericht schob mit Beschluß vom 8.8.1997, 2 E 2389/97v-7, die Räumungsexekution hinsichtlich der Erstverpflichteten gemäß § 42 Abs 1 Z 1 EO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die zu 3 C 655/97w des Erstgerichtes eingebrachten Klage auf; weiters wurde dem Rekurs der Verpflichteten gegen die Exekutionsbewilligung hemmende Wirkung im Sinn des § 524 Abs 2 ZPO zuerkannt und der Räumungstermin vom 13.8.1997 abberaumt.
Dagegen erhob der betreibende Gläubiger Rekurs.
Das Rekursgericht änderte die erstgerichtliche Bewilligung der Räumungsexekution dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde und Kosten der betreibenden Partei in Höhe von S 2.393,84 (nur) für deren Fahrnis- und Forderungsexekutionsantrag hinsichtlich der Erstverpflichteten bestimmt wurden. Die betreibende Partei wurde mit ihrem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 8.8.1997 auf die vorstehende Entscheidung verwiesen. Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Gegenstandes, über den es entschieden habe, übersteige jeweils S 50.000,--, der (ordentliche) Revisionsrekurs sei jeweils nicht zulässig, weil sich das Rekursgericht an einer gesicherten höchstgerichtlichen Rechtsprechung habe orientieren können.
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, der Betreibende stütze seinen Räumungsanspruch darauf, daß alle im Verfahren 3 C 979/96s des Erstgerichtes Beklagten das Haus titellos benützten, weil das allen drei Personen eingeräumte Wohnungsrecht erlöschen sei bzw weil die Zweitverpflichtete und Andreas Erich S***** ihr Wohnungsrecht von der Erstverpflichteten ableiteten, dieses aber erloschen sei. Von der Erstverpflichteten sei das Räumungsbegehren mit der Behauptung bestritten worden, das Wohnungsrecht sei durch Vereinbarung mit dem Betreibenden verlängert worden bzw es sei insbesondere den Kindern ein nach wie vor bestehendes Wohnungsrecht eingeräumt worden; solange dieses bestehe, sei das gegen sie gerichtete Räumungsbegehren sittenwidrig; erkennbar mache sie damit geltend, ihr stehe das Recht auf Benützung der Wohnung zu, weil sie mit den Kindern im Familienverband lebe und den Minderjährigen betreue.
Zwischen Personen, die eine Wohnung benützen, wobei eine ein dem Räumungskläger gegenüber bestehendes Recht behauptet, die anderen Personen aber ihr Benützungsrecht von der ein Recht behauptenden Person ableiten, bestehe eine einheitliche Streitpartei nach § 14 ZPO. Verfüge auch nur eine der eine Wohnung bewohnenden Personen über ein dem Eigentümer gegenüber bestehendes Recht zur Nutzung (Wohnrecht, Miete), so bestehe auch kein Anspruch des Liegenschaftseigentümers auf Räumung gegen die übrigen Bewohner, die ihre Rechte von der über ein Recht verfügenden Person ableiten. Gerade ein solcher Fall liege hier vor. Komme auch nur einem der Beklagten ein Wohnrecht gegenüber dem Betreibenden zu, so könnten auch die anderen Familienangehörigen hieraus Benützungsrechte für sich ableiten. Die Beklagten stellten daher eine einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO dar. Von einem Streitgenossen gegen den Willen der anderen vorgenommene Prozeßhandlungen hätten im Fall einer einheitlichen Streitpartei keine Wirkung. Der Vergleich entfalte daher mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung hinsichtlich des Drittbeklagten auch gegenüber den nunmehr Verpflichteten keine Wirkungen.
Da der dem Exekutionsantrag zugrundeliegende Titel vom Erstgericht stamme, sei dieses nicht an die Vollstreckbarkeitsbestätigung gebunden gewesen, sondern habe ihm selbst die Prüfung der Vollstreckbarkeit oblegen. Diese Verpflichtung sei auf das Rechtsmittelgericht übergegangen. Ungeachtet der erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung sei daher, weil der Vergleich gegen die Erst- und Zweitverpflichteten tatsächlich nicht vollstreckbar sei, der Antrag auf Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Räumung abzuweisen.
Das Rekursgericht verwies den Betreibenden mit seinem Rekurs auf diese Rekursentscheidung, weil durch Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Räumung dem erstgerichtlichen Beschluß vom 8.8.1997 die Grundlage entzogen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Exekutionstitel ist ein gerichtlicher Vergleich (§ 1 Z 5 EO).
Im vorliegenden Fall wurde die Bestätigung der Vollstreckbarkeit dieses gerichtlichen Vergleiches hinsichtlich der nunmehrigen Verpflichteten erteilt. Eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist jedoch gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 EO ua bei Vergleichen nicht erforderlich.
An eine dennoch erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist das Exekutionsgericht bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag nicht gebunden; es hat anhand des Exekutionstitels die Voraussetzungen für die Exekutionsbewilligung selbständig zu prüfen.
Nach Pkt 7. ist die Rechtswirksamkeit dieses Vergleiches davon
abhängig, daß er nicht von einer der Parteien bis 11.11.1996
widerrufen wird und "vorbehaltlich der pflegschaftsgerichtlichen
Genehmigung hinsichtlich der drittbeklagten Partei". Dieser
Vergleichspunkt ist dahin zu verstehen, daß kumulativ zwei
Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit des gesamten Vergleiches
gegeben sein müssen, nämlich sowohl das Unterbleiben eines Widerrufs
- was der Fall ist - als auch die wegen der Minderjährigkeit des
Drittbeklagten erforderliche pflegschaftsgerichtliche Genehmigung.
Dem maßgeblichen Vergleichswortlaut (NZ 1980, 4) kann nicht entnommen
werden, daß bei Versagung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung
der Vergleich hinsichtlich der übrigen Beklagten vollstreckbar würde.
Unklarheiten des Exekutionstitels gehen im übrigen zu Lasten des
betreibenden Gläubigers (RZ 1994/4 ua).
Schon deshalb, weil sich aus dem Vergleichswortlaut selbst ergibt, daß die Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Vergleiches nicht gegeben sind, war die beantragte Räumungsexekution nicht zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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