OGH 3Ob260/01h

OGH3Ob260/01h24.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei Raiffeisenbank ***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Franz Wielander, Rechtsanwalt in Gmünd, und der beigetretenen betreibenden Gläubiger 1. mj. Patrizia G*****, geboren am 9. August 1986, 2. mj. Alexandra G*****, geboren am 12. Juli 1989, 3. mj. Franziska G*****, geboren am 17. Februar 1991, 4. mj. Isabella G*****, geboren am 24. April 1992, und 5. mj. Nicolas G*****, geboren am 24. April 1992, alle vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Tulln als Unterhaltssachwalterin, diese vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch, Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wider die verpflichtete Partei Reinhard G*****, vertreten durch Dr. Thomas Hofer-Zeni, Rechtsanwalt in Wien als Kurator gemäß § 115 ZPO, wegen 300.000S (= 21.801,85 Euro) und anderer betriebener Forderungen, infolge Revisionsrekurses der 1.-5. beigetretenen betreibenden Gläubiger gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Juli 2001, GZ 46 R 129/01p-108, womit infolge Rekurses der beigetretenen Pfandgläubigerin Gabriele Susanne G*****, vertreten durch Mag. Rainer Rienmüller, Rechtsanwalt in Wien, der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 2. Oktober 2000, GZ 50 E 157/98k-96, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Rekurs der Pfandgläubigerin Gabriele Susanne G***** zurückgewiesen wird. Die Pfandgläubigerin Gabriele Susanne G*****, ist schuldig, den Revisionsrekurswerbern die mit 2.117,35 Euro (darin 352,89 Euro Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gegenstand ist die Verteilung des Meistbots von 1,7 Mio S aus der Zwangsversteigerung eines Liegenschaftsanteils, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist.

In der Meistbotsverteilungstagsatzung am 25. Juli 2000 meldeten die nunmehrigen Revisionsrekurswerber, die fünf mj. Kinder des Verpflichteten, einen Gesamtbetrag von 442.650,40 S (= 32.168,66 Euro; im Protokoll offenbar unrichtig 42.650,40 S) an, der sich aus den zu AZ 50 E 188/98v des Erstgerichts betriebenen Unterhaltsrückständen aus dem Zeitraum 15. Juli 1998 bis 31. Oktober 1998 und Kosten von insgesamt 194.110,40 S, den zu AZ 50 E 47/00i des Erstgerichts betriebenen Unterhaltsrückständen aus dem Zeitraum 1. November 1998 bis 29. Februar 2000 und Kosten von insgesamt 199.740 S und einer (aufgeschlüsselten) Unterhaltsforderung für den Zeitraum ab 1. März 2000 bis 30. Juni 2000 von 48.800 S zusammensetzt. Auf Antrag der Revisionsrekurswerber bewilligte die Erstrichterin zwei Zwangsversteigerungen dieses Liegenschaftsanteils (AZ 50 E 188/98v und 50 E 47/00i des Erstgerichts), wobei es sich jeweils um Beitritte zu der von der führenden betreibenden Partei betriebenen Zwangsversteigerung handelt. Worauf die Anmeldung der zuletzt genannten Forderung von 48.800 S gestützt werde, wurde nicht vorgebracht.

Gegen die Zuweisung der angemeldeten Forderung(en) im laufenden Rang wurde kein Widerspruch erhoben.

Das Erstgericht wies zu Punkt 2b) "der Bezirkshauptmannschaft Tulln, als Vertreter der mj. Kinder Patrizia, Alexandra, Franziska, Isabella und Nicolas G*****, aufgrund der in C-LNR 141, 154, 157 und 159 an Unterhaltsrückständen zur gänzlichen Berichtigung durch Barzahlung einen Betrag von 442.650,40 S" in der bücherlichen Rangordnung zu. Das Erstgericht führte damit laut Grundbuchsstand folgende Eintragungen an: zu C-LNR 141 aufgrund der Urkunde vom 10. November 1997 ein Zwangspfandrecht zur Sicherung der Forderung von 68.100 S und Kosten von 2.906,90 S für die Ehegattin des Verpflichteten, Rekurswerberin und Mutter der Revisionsrekurswerber (im Folgenden nur Pfandgläubigerin) und die mj. Patrizia, Alexandra, Franziska-Johanna und Isabella-Valerie G*****, und zwar als Nebeneinlage; zu C-LNR 154 aufgrund der Urkunde vom 10. November 1997 ein Zwangspfandrecht zur Sicherung der Forderung von 128.000 S und Kosten von 10.642,32 S für die zu C-LNR 141 genannten Personen sowie überdies für Nicolas-Florian G*****, ebenfalls als Nebeneinlage; zu C-LNR 157 die Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahren AZ 50 E 188/98v und zu C-LNR 159 aufgrund der Urkunde vom 13. Jänner 1998 ein Zwangspfandrecht zur Sicherung der Forderung von 64.400 S und Kosten von 3.724,40 S für dieselben Gläubiger wie zu C-LNR 154, ebenfalls als Nebeneinlage.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Pfandgläubigerin - die vorgetragen hatte, die berücksichtigten Forderungen stellten Unterhaltsforderungen der Kinder, aber auch von ihr selbst in Höhe von 431.884,02 S dar, das Erstgericht habe fälschlicherweise den Gesamtbetrag an die Bezirkshauptmannschaft Tulln überwiesen - Folge und hob den erstinstanzlichen Verteilungsbeschluss, der in Ansehung der Zusammensetzung der Verteilungsmasse und der vorangehenden Zuweisungen in den Punkten 1) und 2a) als unangefochten unberührt blieb, in den übrigen Punkten auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung auf. Die zweite Instanz vertrat die Rechtsansicht, die Ansprüche der Pfandgläubigerin ergäben sich aus dem Grundbuch als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet; sie seien daher im Rahmen der Meistbotsverteilung gemäß § 216 Abs 1 Z 4 EO zu berücksichtigen. Es erachtete den Revisionsrekurs unter Hinweis auf die Lehrmeinung von Angst (in Angst, EO § 210 Rz 7), wonach auch eine Forderung, für die ein gemäß §§ 87 ff EO zwangsweise begründetes Pfandrecht eingetragen sei, angemeldet werden müsse, weil auf den betreffenden Exekutionsakt nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen sei, als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der 1.- 5. beigetretenen betreibenden Gläubiger ist zulässig und berechtigt.

Mit Bundesgesetz vom 11. Juli 2000 BGBl I 2000/59 (EO-Nov 2000) wurden auch die somit diesem Verfahren zu Grunde zu legenden Bestimmungen der §§ 209 ff EO über die Meistbotsverteilungstagsatzung und die Meistbotsverteilung teilweise geändert. Gemäß seinem Art III Abs 1 trat dieses Bundesgesetz - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - mit 1. Oktober 2000 in Kraft und ist auf Exekutionsverfahren anzuwenden, in denen der Exekutionsantrag nach dem 30. September 2000 bei Gericht eingelangt ist. Tritt - wie hier - der betreibende Gläubiger einem anhängigen Versteigerungsverfahren bei, so ist dieses Bundesgesetz nur anzuwenden, wenn der Exekutionsantrag des führenden betreibenden Gläubigers nach dem 30. September 2000 bei Gericht eingelangt ist (8 Ob 271/00m). Da hier der Exekutionsantrag der führenden betreibenden Gläubigerin vorher, nämlich am 31. August 1998 bei Gericht einlangte, sind die Bestimmungen der EO idF vor der EO-Nov 2000 (im Folgenden nur EO aF) anzuwenden.

Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass jedes Rechtsmittel ein Rechtsschutzinteresse (eine Beschwer) voraussetzt, steht das Rekursrecht nach § 234 ZPO einem Gläubiger ua dann nicht zu, wenn er auch beim Ausfall des bestrittenen Rechts nicht zum Zuge kommen kann (Angst in Angst, EO § 234 Rz 1 mwN auf die Rsp; Heller/Berger/Stix, EO4 1596). Hier kann die Pfandgläubigerin aus folgenden Gründen auch bei Ausfall der von ihr bekämpften Zuweisung nicht zum Zug kommen, weshalb ihr Rekurs gegen den erstinstanzlichen Verteilungsbeschluss nicht zulässig war:

Der Umstand, dass die Pfandgläubigerin ihre Forderung nicht gemäß § 210 EO anmeldete, bewirkt zwar nach stRsp nicht, dass sie allein wegen dieser Unterlassung nicht berücksichtigt würde. § 210 EO aF, wonach bei Nichtanmeldung die Ansprüche bei der Verteilungstagsatzung nur insoweit berücksichtigt werden, als sie aus dem öffentlichen Buche, dem Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen, wird dahin verstanden, dass die Anmeldung der Forderung ua dann fakultativ ist, wenn hiefür im Grundbuch ein Festbetragspfandrecht eingetragen ist, sofern nur der Kapitalsbetrag rückständig ist. Unterbleibt in diesem Fall die Anmeldung, so wird bei der Verteilung nach Maßgabe des § 216 EO auf die Forderung in der sich aus dem Grundbuch, und zwar aus dem Hauptbuch, ergebenden Höhe Bedacht genommen; die Urkundensammlung ist hiebei nicht zu berücksichtigen (Angst aaO § 210 Rz 6, § 214 Rz 2, jeweils mwN aus der Rsp; Heller/Berger/Stix EO4 1438; vgl auch Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO §§ 210, 211 Rz 6 mwN aus der Rsp). Nach stRsp (JBl 1961, 288 ua E in RIS-Justiz RS0003176) dürfen außer den Anmeldungen lediglich die Akten des laufenden Versteigerungsverfahrens, in dem die Verteilung erfolgt, berücksichtigt werden, nicht aber auch die Akten früherer, bereits beendeter Verfahren. Die Entscheidung SZ 19/121, wonach als Entscheidungsgrundlage für den Verteilungsbeschluss von Amts wegen auch die Exekutionsakten über ein anderes Versteigerungsverfahren desselben Gerichtes heranzuziehen sind, ist überholt. Im vorliegenden Fall kann dem Grundbuch, und zwar dem allein maßgeblichen Hauptbuch, nicht entnommen werden, in welcher Höhe die zu C-LNR 141, 154 und 159 eingetragenen Zwangspfandrechte zur Sicherung einer Forderung der Pfandgläubigerin dienen. Neben ihr sind nämlich auch die beigetretenen betreibenden Gläubiger (ihre Kinder), an welche die bekämpfte Zuweisung entsprechend ihrer Anmeldung in der Verteilungstagsatzung erfolgt ist, als Pfandgläubiger (bei C-LNR 141 mit Ausnahme eines Kindes) eingetragen, ohne dass aus dem Hauptbuch ersichtlich wäre, wie die gesicherte Forderung auf die einzelnen Gläubiger entfällt. In einem solchen Fall kann ohne Anmeldung der Forderung allein auf Grundlage des Grundbuchsstands eine Verteilung nicht vorgenommen werden. Die erstmals im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Meistbotsverteilungsbeschluss eine Forderung geltend machende Pfandgläubigerin ist somit durch diesen Meistbotsverteilungsbeschluss nicht beschwert, weil an sie keinesfalls (auch nach der dargelegten stRsp) von Amts wegen ohne Anmeldung eine Zuweisung erfolgen durfte.

Auf die davon abweichende Lehrmeinung von Angst (aaO § 210 Rz 7), wonach ohne ordnungsgemäße Anmeldung auch durch Festbetragshypotheken sichergestellte Forderungen nicht zu berücksichtigen seien, ist daher hier mangels Relevanz nicht einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO (Obsiegen in einem Zwischenstreit: SZ 58/160 ua).

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