Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise dahin Folge gegeben, dass der angefochtene Beschluss, soweit damit Punkt 2. der erstinstanzlichen Entscheidung bestätigt wurde, aufgehoben wird. Insoweit wird dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs aufgetragen.
Im Übrigen (im Umfang der Punkte 4. - 7. und 9. des erstinstanzlichen Beschlusses) wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit dem Mantelbeschluss ON 70 nahm das Verlassenschaftsgericht ua das Hauptinventar vom 4. März 2003 zu Gericht an (Punkt 2.) und bestimmte Sachverständigengebühren (4. - 7.) sowie die Gebühr des Gerichtskommissärs (9.).
Das Gericht zweiter Instanz änderte über Rekurs einer Tochter des Erblassers, deren bedingte Erbserklärung das Erstgericht bereits früher zu Gericht angenommen hatte (ON 48), die angefochtene Entscheidung in Punkt 9. teilweise ab, im Übrigen bestätigte es die angefochtenen Teile des erstgerichtlichen Beschlusses. Zu Punkt 2. der erstinstanzlichen Entscheidung führte es aus, dass gegen die Einantwortung vom 6. März 2003 (ON 71) kein Rechtsmittel erhoben worden sei, diese daher in Rechtskraft erwachsen sei. Das Inventar könne aber nach ständiger Rechtsprechung nur bis zur Rechtskraft der Einantwortung berichtigt werden. Daher erübrige es sich, auf die Rekursausführungen zum Hauptinventar näher einzugehen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zu Punkt 2. der erstinstanzlichen Entscheidung zulässig und im Sinn seines der Sache nach vorliegenden Aufhebungsantrags berechtigt; im Umfang der Punkte
4. - 7. und 9. der erstinstanzlichen Entscheidung ist der Revisionsrekurs dagegen jedenfalls unzulässig.
Die übrigen erbserklärten Erben machten keinen Gebrauch von der ihnen freigestellten Möglichkeit einer Revisionsrekursbeantwortung.
1. Nach § 62 Abs 2 AußStrG (anzuwenden nach § 203 Abs 7 AußStrG) ist der Revisionsrekurs gegen Beschlüsse über die Kosten (Z 1) und die Gebühren (Z 3) jedenfalls unzulässig. Unter Z 3 fallen nach der Rechtsprechung sowohl Entscheidungen darüber, wer die Gebühren von Sachverständigen zu tragen hat (8 Ob 9/06s), wie auch über die Bestimmung der Sachverständigengebühren (iVm einem Gegenschluss zu § 41 Abs 1 GebAG; 3 Ob 272/07g), unter Z 1 jene über die Gebühren des Gerichtskommissärs (8 Ob 75/07y; 3 Ob 272/07g [im Anschluss an die Judikatur zu § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG 1854]). Für die Anwendung der Z 3 sprechen sich dagegen die ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 54 aus, allerdings mit der ausdrücklichen Intention, „die bisherige Judikatur ..., wonach der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof für die Gebühren der Sachverständigen, Dolmetsche, Kuratoren oder den Gerichtskommissär ausgeschlossen ist", fortzuschreiben (ebenso Fucik/Kloiber, AußStrG § 62 Rz 4; Klicka in Rechberger, AußStrG § 62 Rz 4). Das Ergebnis - Unanfechtbarkeit der betreffenden Entscheidungen - bleibt dasselbe. Insoweit ist daher der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
2. In der Frage der Anfechtbarkeit der Annahme des Hauptinventars, auf die nach § 205 AußStrG noch das AußStrG 1854 anzuwenden ist, weil das Verlassenschaftsverfahren vor dem 1. Jänner 2005 anhängig gemacht wurde und es nicht um Fragen der Vertretung (§ 203 Abs 1 AußStrG) oder der Rekursbestimmungen der §§ 45 - 51 und 53 - 71 AußStrG (§ 203 Abs 7 leg cit) geht, wendet sich die Revisionsrekurswerberin inhaltlich zu Recht gegen ein Abweichen der zweiten Instanz von der zur alten Rechtslage ergangenen ständigen Rechtsprechung. Nach dieser schade es nicht, wenn nur der Endbeschluss und nicht auch gleichzeitig (ausdrücklich) die Einantwortung mit dem Ziel angefochten wird, die Fortsetzung des Verfahrens zu erreichen (RIS-Justiz RS0007741 ab der Entscheidung 7 Ob 329/56). Diese bilde mit jenem inhaltlich eine Einheit, weshalb auch die Einantwortungsurkunde aufzuheben sei, wenn die Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens als notwendig erkannt werde (5 Ob 149/74 = SZ 47/87 mwN; weiters RIS-Justiz RS0006305).
Mit ihrem Rekurs ON 72 strebte die Tochter des Erblassers ausdrücklich die Fortsetzung des Verfahrens über das Hauptinventar und dessen Ergänzung an, weshalb sie das genannte Ziel eindeutig verfolgte und damit auch die Einantwortung (mangels Spruchreife) - allerdings ohne das ausdrücklich zu bekunden - anfocht. Demnach hätte das Rekursgericht aufgrund der zitierten Judikatur, von der abzugehen sich der erkennende Senat nicht veranlasst sieht, ihren Rekurs nicht mit der Begründung abweisen dürfen, die Berichtigung des Inventars sei nur bis zur Rechtskraft der Einantwortung möglich. Es ist daher die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit sie über den Rekurs gegen Punkt 2. des erstgerichtlichen Beschlusses abspricht. Insoweit wird das Rekursgericht erneut über den Rekurs zu entscheiden haben. Wie sich der Oberste Gerichtshof mittels Erhebungen des Erstgerichts überzeugte, mangelt es der Revisionsrekurswerberin nicht schon aus dem Grund an einer (formellen) Beschwer durch diesen Entscheidungsteil, dass sie selbst die von ihr bekämpfte Annahme des Hauptinventars gemeinsam mit den anderen Erben beantragt hätte. In Wahrheit gab es nämlich keine Verhandlung vor dem Gerichtskommissär, bei der irgendeiner der Erben anwesend gewesen wäre, der die im als Protokoll vom 4. März 2008 bezeichneten Schriftstück (ON 68) angeführten Anträge gestellt hätte (Bericht des Gerichtskommissärs ON 85).
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