Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Revisionsrekursbeantwortung der Drittschuldnerin wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung von 31.398,57 EUR sA bewilligte das Erstgericht dem Betreibenden die Forderungsexekution nach § 294 EO auf Guthaben des Verpflichteten aus Kontoverbindungen ua bei der im weiteren Verfahren noch eine Rolle spielenden Drittschuldnerin.
Nach Abgabe einer Drittschuldnererklärung teilte diese, vertreten durch einen Rechtsanwalt, dem Erstgericht mit, dass ihr (wie ihrer Rechtsvorgängerin) auf Grund einer nach wie vor aufrechten einstweiligen Verfügung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien jedwede Unternehmung, welche die Exekutionsführung zur Hereinbringung einer Geldforderung erschweren könnte, untersagt sei. Nach Ansicht der zuständigen Richterin des genannten Landesgerichts dürfe die Drittschuldnerin keine Auszahlung vornehmen. Da de Betreibende sie mittlerweile zur unverzüglichen Zahlung bei Klagsandrohung aufgefordert habe, beantrage sie die gerichtliche Hinterlegung des strittigen Betrags (von 34.973,40 EUR) nach den §§ 307 und 385 Abs 2 EO.
Das Erstgericht nahm mit Beschluss vom 28. Jänner 2003, diesen Betrag als Erlag nach § 307 EO an.
Den Rekurs des Betreibenden wies das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach bisheriger Rsp des Obersten Gerichtshofs könne weder der Verpflichtete noch sonst ein Beteiligter die Annahme des vom Drittschuldner im Rahmen des § 307 EO erlegten Betrags zu Gericht mit Rekurs bekämpfen, weil dadurch ihre Rechte nicht berührt würden. Es sei allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass auch im Rahmen des Erlags nach § 307 EO eine Abkehr von der bisherigen Rsp (wie zu § 1425 ABGB) erfolgen könnte.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Betreibenden ist nicht berechtigt.
Schon zur Fassung des § 307 EO vor der EO-Novelle 1991 entschied der Oberste Gerichtshof wiederholt, dass weder der Verpflichtete noch sonst ein Beteiligter die Annahme des vom Drittschuldner erlegten Betrags zu Gericht mit Rekurs bekämpfen könne, weil dadurch deren Rechte nicht berührt würden (7 Ob 72/56; 3 Ob 25/88, 3 Ob 17/92). Daran ist mit der Lehre auch für die Rechtslage nach der EO-Novelle 1991 (Mohr, Die neue Lohnpfändung 128; Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 307 Rz 27) festzuhalten. Abgesehen davon, dass gar nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, es handle sich beim "Annahmebeschluss" - im Gegensatz zur Zurückweisung des Erlags - überhaupt um eine Entscheidung des Exekutionsgerichts, besteht angesichts des einfachen Verteilungsverfahrens nach § 307 Abs 2 EO kein rechtliches Interesse des sich beschwert fühlenden Beteiligten an einer das Verfahren mit Sicherheit nicht beschleunigenden Entscheidung zumindest der zweiten Instanz, die im Falle seines Obsiegens zur Beseitigung des Annahmebeschlusses und zur Zurückweisung des Erlags führen, ihm aber nicht Eigentum am hinterlegten Betrag verschaffen kann, sondern ihn mangels freiwilliger Zahlung des Drittschuldners an ihn vielmehr zur Einbringung der Drittschuldnerklage zwingt. Soweit Zechner (Forderungsexekution, § 307 EO Rz 4) ausführt, die Erlagsgegner hätten ein Rekursrecht gegen den Annahmebeschluss, soweit der Erlag nach § 1425 ABGB und nicht nach § 307 EO behandelt werde, ist seinen Ausführungen keine grundsätzlich gegenteilige Auffassung zu entnehmen. Vielmehr spricht die Formulierung auch für die Annahme eines weitgehenden Rechtsmittelausschlusses. Der von Zechner behandelte Ausnahmefall, für den er sich zu Recht auf [richtig] EvBl 1972/231 stützt, liegt hier gerade nicht vor, haben doch, wie dargelegt, die Vorinstanzen mit keinem Wort zum Ausdruck gebracht, sie würden von einem Erlag nach § 1425 ABGB ausgehen (ausdrücklich gegenteilig das Rekursgericht). Da hier ein Erlag der Drittschuldnerin nach § 307 EO und nicht nach § 1425 ABGB vorliegt, können auch die von der neueren Rsp zu § 1425 ABGB entwickelten Grundsätze zur Rekurslegitimation des Erlagsgegners (SZ 71/158 ua; RIS-Justiz RS0110882) nicht übertragen werden. Die unterschiedliche Anfechtbarkeit in Fällen des § 1425 ABGB und § 307 EO ist durch die Vorschrift des § 307 Abs 2 EO gerechtfertigt. Der Revisionsrekurs ist daher nicht berechtigt, ohne dass es auf die vom Rekursgericht und vom Revisionsrekurswerber angeführten erheblichen Rechtsfragen ankäme.
Zuzustimmen ist letzterem allerdings dahin, dass das nach den Behauptungen der Drittschuldnerin aufrechte Drittverbot durch einstweilige Verfügung (EV) nach § 379 Abs 3 Z 3 EO der Überweisung der gepfändeten Geldforderung an ihn in Wahrheit nicht entgegensteht, weshalb auf diese EV im Verteilungsverfahren nach § 307 Abs 2 EO nicht Rücksicht zu nehmen ist.
Nach stRsp des Obersten Gerichtshofs erwirbt die gefährdete Partei durch eine EV weder ein Pfandrecht noch einen Rang (SZ 45/61 = EvBl 1972/349; RdW 1986, 308; 1 Ob 543/94 = SZ 67/110 uva; wN bei Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, vor § 378 Rz 3). Diese Rsp wird auch von der Lehre ohne Ausnahme gebilligt (Nachweise aaO; weiters ua Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 425). Der mit der EO-Novelle 2000 eingefügte § 379 Abs 4 EO untersagt ausdrücklich die Pfändung von Sachen des Gegners der gefährdeten Partei. Dementsprechend begründet auch das Doppelverbot nach § 379 Abs 3 Z 3 EO kein Pfandrecht (Nachweise bei Sailer aaO § 379 Rz 24). Hat daher die gefährdete Partei weder ein gesetzliches, vertragliches oder exekutives Pfandrecht noch ein anderes Befriedigungsrecht erwirkt, kann das bloße Fortbestehen der EV die Exekution dritter Gläubiger auf die beschlagnahmte Forderung in keiner Weise beeinträchtigen. Sie bietet keinen Schutz gegen Exekutionen anderer Gläubiger des Gegners (Holzhammer aaO). Nach der Rsp muss die EV "gegen Exekutionshandlungen zur Hereinbringung oder Sicherstellung zurücktreten" (SZ 45/61 mN der Rsp; Sailer aaO § 379 Rz 21 mwN). Die Entscheidungen SZ 67/110 und SZ 69/16 sind nicht gegenteilig, ging es doch darin nie um Exekutionen Dritter auf mit Drittverbot beschlagnahmte Forderungen. Auch der Gesetzestext des § 379 Abs 3 Z 3 EO besagt, dass dieses Verbot nur bis auf weitere gerichtlich Anordnung gelte. Als solche ist die Bewilligung der Forderungsexekution zu Gunsten eines dritten Gläubigers anzusehen.
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass dann, wenn die gefährdete Partei bis zur Verteilungsentscheidung des Exekutionsgerichts kein - vorrangiges - Befriedigungsrecht an der gegenständlichen Forderung nachweisen kann, dem Betreibenden der erlegte Betrag auszufolgen sein wird. Die EV sichert eben nur gegen Vereitelungshandlungen des Schuldners (SZ 45/61), darf aber die Exekution Dritter nicht einmal verzögern.
Daraus folgt aber andererseits auch, dass in Wahrheit mangels eines Befriedigungsrechts zwischen dem betreibenden Gläubiger und der gefährdeten Partei keine zu berücksichtigende Konkurrenz vorliegen kann, ist doch die gefährdete Partei nicht als Forderungsprädentent iSd § 307 EO zu qualifizieren, weshalb auch die Hinterlegung bei Gericht diesen Bestimmungen nicht entsprach.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40 und 50 ZPO iVm § 78 EO.
Die Revisionsrekursbeantwortung der Drittschuldnerin ist zurückzuweisen, weil das Rekursverfahren - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - auch in dritter Instanz einseitig ist.
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