OGH 3Ob235/51

OGH3Ob235/5130.5.1951

SZ 24/153

Normen

ABGB §863
Mietengesetz §19 Abs1
Mietengesetz §19 Abs2 Z6
ABGB §863
Mietengesetz §19 Abs1
Mietengesetz §19 Abs2 Z6

 

Spruch:

Die Anerkennung nach § 1497 ABGB. muß nicht ausdrücklich erfolgen; es genügt z. B. die Vereinbarung, die Abrechnung über die in Frage stehende Forderung solle zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt erfolgen.

Entscheidung vom 30. Mai 1951, 3 Ob 235/51.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger und der im Dezember 1939 verstorbene Rechtsanwalt Dr. K. S. standen seit dem Jahre 1932 in der Art in Geschäftsverbindung, daß der Kläger für Dr. K. S. Baumeisterarbeiten ausführte und Schätzungen vornahm und Dr. K. S. den Kläger rechtsfreundlich vertrat. In der am 4. April 1942 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung des Beklagten als Universalerben nach Dr. K. S. zur Bezahlung eines Betrages von 17.429.07 RM, der im Zuge des Verfahrens auf 12.393.14 S eingeschränkt wurde, mit der Begründung, Dr. K. S. schulde ihm für Baumeisterarbeiten nach Abzug der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung diesen Betrag.

Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich eines Betrages von 876.74 S statt und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte fest, daß auf Grund eines zwischen dem Kläger und Dr. K. S. Ende April oder anfangs Mai 1938 abgeschlossenen Vergleiches sämtliche gegenseitigen Ansprüche, die aus Leistungen vor dem 1. Mai 1938 entstanden waren, aufgehoben wurden und daß bezüglich der nach diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen lediglich hinsichtlich des Betrages von 876.74 S Verjährung nicht eingetreten sei, während alle übrigen Ansprüche verjährt seien.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil, das hinsichtlich des zugesprochenen Betrages unangefochten blieb, im übrigen auf und verwies die Rechtssache im Umfange der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht, wobei es aussprach, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft seiner Entscheidung fortzusetzen sei. Es wiederholte und ergänzte das Beweisverfahren und stellte fest, daß der vom Erstgericht angenommene Generalvergleich von Ende April oder Anfang Mai 1938 nicht in dem vom Erstgericht festgestellten Umfange zustande gekommen sei, sondern sich lediglich auf Arbeiten an dem dem Dr. K. S. gehörigen Hause in der F.gasse bezogen habe. Es nahm weiters als erwiesen an, daß der Kläger den Dr. K. S. vor dessen Abreise ins Ausland im Jahre 1939 wiederholt wegen Abrechnung gedrängt und noch kurz vor der Abreise des Dr. K. S. bei diesem vorgesprochen hatte und daß bei dieser Gelegenheit auf Ersuchen des Dr. K. S. vereinbart worden war, die Generalabrechnung nach Rückkehr des Dr. K. S. vorzunehmen, wenn die vom Kläger noch durchzuführenden Arbeiten und seine Prozesse beendet sein würden. Das Berufungsgericht nahm gleich dem Prozeßgerichte an, daß ein Kontokorrentverhältnis zwischen dem Kläger und Dr. K. S. nicht bestanden habe, zog aber aus seinen tatsächlichen Feststellungen über die zwischen dem Kläger und Dr. K. S. knapp vor dessen Abreise ins Ausland im Jahre 1939 getroffenen Vereinbarung die rechtliche Schlußfolgerung, daß die Vereinbarung der Hinausschiebung der Verrechnung eine Stundung aller Forderungen in sich geschlossen habe und daß dadurch, daß beide Teile in Kenntnis des Umstandes gewesen seien, daß ein Teil der Forderungen bereits verjährt sei und dennoch keinen Vorbehalt hinsichtlich der verjährten Forderungen gemacht hätten, gemäß der Übung des redlichen Verkehrs angenommen werden müsse, daß bei dieser endgültigen Abrechnung alle zwischen den Vertragspartnern noch nicht verrechneten beiderseitigen Forderungen Berücksichtigung finden sollten, daß daher in dieser Vereinbarung auch ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung gelegen gewesen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Vereinbarung über die Verschiebung der Abrechnung bis zur voraussichtlichen Rückkehr des Dr. K. S. von seiner Reise als Verschiebung der Fälligkeit anzusehen sei, mit der Behauptung, es handle sich um eine Verschiebung des Versuches einer gütlichen Auseinandersetzung, also des Versuches einer einverständlichen Feststellung der gegenseitigen Forderungen, des einem der beiden Teile zukommenden Saldos. Die Annahme der Vorinstanzen, daß zwischen dem Kläger und Dr. K. S. ein Kontokorrentverhältnis nicht bestanden habe, ist unangefochten geblieben; im übrigen entspricht diese Rechtsansicht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wobei auf die Gründe der Entscheidungen SZ. XI/130 und DREvBl. 1942, Nr. 220, verwiesen wird. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes, an die das zur Entscheidung über den Rekurs zuständige Gericht gebunden ist, hat der Kläger von Dr. K. S. wiederholt Abrechnung verlangt und es wurde sodann im Juni 1939, knapp vor der Abreise des Dr. K. S. auf dessen Ersuchen vereinbart, daß die Generalabrechnung über sämtliche gegenseitigen Forderungen nach der Rückkehr des Dr. K. S. vorgenommen werde. Es ist dem Berufungsgerichte beizupflichten, daß diese Abmachung als die Vereinbarung, die Abrechnung der gegenseitigen Forderungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich der Rückkehr des Dr. K. S. von einer Auslandreise, zu verschieben, beurteilt werden muß. Selbst wenn daher die beiderseitigen Rechnungen bereits vorher gelegt worden waren, so wurde durch diese Vereinbarung, die gegenseitige Abrechnung aufzuschieben, gleichzeitig die Fälligkeit der beiderseitigen Forderungen bis zum Zeitpunkte der Rückkehr des Dr. K. S. hinausgeschoben, also die Berichtigung der Forderungen gestundet; daß die Fälligkeit dieser Forderungen längst eingetreten war, steht entgegen der Meinung des Rekurswerbers der Annahme einer Stundung nicht entgegen, da ja eine Stundung gewöhnlich bei bereits fälligen Forderungen vereinbart oder gewährt wird. Dadurch, daß der Kläger, der ja ein Guthaben aus der durchzuführenden Abrechnung behauptete, auf die Abrechnung drängte, hat er zu verstehen gegeben, daß er von Dr. K. S. etwas zu fordern habe und die Bezahlung seiner Forderungen verlange. Da Dr. K. S. nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes selbst um die Verschiebung der Abrechnung bis zu seiner Rückkehr ersuchte und somit den Anlaß zur erwähnten Vereinbarung gegeben hat, wäre er nach der Übung des redlichen Verkehrs verpflichtet gewesen, hinsichtlich derjenigen Forderungen, die bereits verjährt waren, einen Vorbehalt in der Richtung zu machen, daß diese Forderungen in die Abrechnung, deren Verschiebung er verlangte, nicht aufzunehmen seien. Die Anerkennung im Sinne des § 1497 ABGB. muß nicht ausdrücklich erklärt werden, es genügt jede Rechtshandlung des Schuldners, die die Anerkennung des Rechtes des Gläubigers zur den notwendigen Voraussetzung hat oder seine Absicht, die Schuld anzuerkennen, deutlich erschließen läßt. Es genügt ein Verhalten, aus dem sich entnehmen läßt, daß der Schuldner das Bewußtsein hat, verpflichtet zu sein, das aber die Erklärung des Verpflichtungswillens nicht zum Ausdruck bringen muß (Klang, 2. Aufl. zu § 1497 ABGB., S. 653). Aus dem gegenüber dem Verlangen des Klägers auf Abrechnung gestellten Ersuchen des Dr. K. S., die Abrechnung bis zu seiner Rückkehr zu verschieben, ohne einen Vorbehalt bezüglich der bereits verjährten Forderungen zu machen, muß gemäß § 863 Abs. 1 ABGB. geschlossen werden, daß Dr. K. S. damit auch die bereits verjährten zu Recht bestehenden Forderungen anerkannte, welches Anerkenntnis einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung gleichzuhalten ist (Klang,

2. Aufl. zu § 1497, S. 654; DREvBl. 1938, Nr. 385). Selbst wenn daher hinsichtlich der Forderungen des Klägers bereits vor der erwähnten Vereinbarung im Juni 1939 Verjährung eingetreten sein sollte, hat Dr. K. S. durch diese Vereinbarung auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verzichtet. Die Verweisung des Rekurses auf die Bestimmung des § 1502 ABGB. ist verfehlt, weil sich diese Gesetzesbestimmung nur auf eine im voraus geschlossene Vereinbarung des Verzichtes oder einer Verlängerung der Verjährungsfrist bezieht, jedoch die Rechtswirksamkeit des Anerkenntnisses einer verjährten Forderung, bzw. des Verzichtes auf die Geltendmachung der Einrede nach eingetretener Verjährung nicht ausschließt. Wenn der Rekurs schließlich darauf verweist, daß die Verpflichtung zur Abrechnung durch den Tod des Dr. K. S. gemäß § 1448 ABGB. unerfüllbar geworden sei, da eine Abrechnung nur persönlich vorgenommen werden könne, so übersieht sie, daß es sich bei einer Abrechnung von gegenseitigen Forderungen nicht um ein in § 1448 ABGB. erwähntes, auf die Person eingeschränktes Recht oder eine solche Verbindlichkeit, bzw. eine bloße persönliche Handlung des Verstorbenen handelt, die Abrechnung vielmehr auch von dessen Rechtsnachfolgern vorgenommen werden kann.

Dem Rekurs mußte deshalb der Erfolg versagt bleiben.

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