Normen
ABGB §161
Haager Unterhaltsstatutabkommen, BGBl. 293/1961 Art1
JN §1
PStG §31
ABGB §161
Haager Unterhaltsstatutabkommen, BGBl. 293/1961 Art1
JN §1
PStG §31
Spruch:
Solange bei Anordnungen im Sinne des § 142 ABGB die ausländische Behörde ihre ausschließliche Zuständigkeit nicht in Anspruch genommen hat, ist mit der örtlichen Zuständigkeit nach § 109 Abs. 1 JN auch die inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen
Der Beschluß des Vormundschaftsgerichtes, mit dem gemäß § 31 PStG die eingetretene Legitimation durch nachfolgende Ehe ausgesprochen wird, ist nur deklarativer Natur und hat keine materielle Rechtskraftwirkung. Der Beschluß hat die Bedeutung einer Bescheinigung über die vorläufig bewiesene Ehelichkeit und ist solange wirksam, als nicht im Prozeß etwas anderes festgestellt wird
Der Anfechtung der durch den Legitimierungsbeschluß vorläufig festgestellten Ehelichkeit des Kindes im Prozeßweg bedarf es nicht nur im Falle der Bestreitung der natürlichen Vaterschaft, sondern auch dann, wenn der Eintritt der Legitimationswirkung aus anderen Gründen bestritten wird
Unterhaltsansprüche pflegebefohlener Kinder gegen ihren ehelichen Vater sind im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen. Dies gilt auch für minderjährige eheliche Kinder ausländischer Staatsbürgerschaft, wenn sie sich im Inland aufhalten und ein inländisches Pflegschaftsgericht besteht
OGH 15. Juni 1976, 3 Ob 224/75 (LG Innsbruck 4 R 173/76, BG Innsbruck 3 P 332/74)
Text
Die minderjährige Nadja A wurde am 20. Feber 1966 in H von Annemarie S außer der Ehe geboren. Der ägyptische Staatsangehörige Achmed Mohammedt A anerkannte am 28. März 1966 vor dem Stadtjugendamt 1 die Vaterschaft zu diesem Kinde. Die Eltern der Minderjährigen schlossen am 10. August 1973 vor dem Standesamt H die Ehe. Mit dem rechtskräftigen Beschluß vom 7. November 1973 stellte das Erstgericht fest, daß die minderjährige Nadja S durch die Heirat ihrer Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt habe, und ordnete die Beischreibung am Rande des Geburtenbuches an. Die Ehe der Eltern wurde mit Urteil des Landesgerichtes I vom 16. Dezember 1974 rechtskräftig geschieden.
Die Mutter, die auch während ihrer Ehe mit Mohammed A österreichische Staatsangehörige geblieben war, beantragte am 21. November 1974 beim Erstgericht, ihr die Pflege und Erziehung des im Kinderheim P untergebrachten Kindes zu übertragen und den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 1 000 S ausschließlich der Kinderbeihilfe zu verpflichten und das Stadtjugendamt I zum besonderen Sachwalter für die Minderjährige zu bestellen.
Der Vater stimmte der Überlassung des Kindes in Pflege und Erziehung der Mutter unter der Voraussetzung zu, daß die Mutter das Kind im Heim beläßt. Zur Unterhaltsgewährung erklärte sich der Vater außerstande.
Das Erstgericht entschied mit Beschluß vom 7. April 1975, daß das Kind der Mutter in Pflege und Erziehung zugewiesen werde (Punkt 1) und daß der Vater für das Kind ab 21. November 1974 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 500 S ohne Familienbeihilfe zu Handen der Mutter zu bezahlen habe (Punkt 2). Das Unterhaltsmehrbegehren wurde abgewiesen, die Entscheidung über den Antrag auf Bestellung eines besonderen Sachwalters wurde vorbehalten. Das Erstgericht stellte folgendes fest:
Der Vater ist ägyptischer Staatsbürger und mohammedanischer Konfession. Er hält sich seit 1957 in Österreich auf und studiert seither mit einer krankheitsbedingten Unterbrechung von zwei Jahren Pharmazie. Das Kind befindet sich seit dem 15. September 1972 im städtischen Kinderheim P. Die Mutter wird weiterhin berufstätig sein und beabsichtigt daher nicht, das Kind aus dem Heim zu nehmen.
Das Erstgericht führte aus, daß das Kind nach dem gemäß § 13 der 4. DVzEheG maßgebenden Heimatrecht des Vaters nicht legitimiert werden konnte, aber als ehelich zu behandeln sei, weil das Gericht an seinen die Legitimation feststellenden rechtskräftigen Beschluß gebunden sei. Die Verhältnisse ehelicher Kinder zu ihren Eltern seien gemäß § 10 der zitierten Verordnung nach dem Recht des Heimatstaates des Vaters zu beurteilen. Nach ägyptischem Recht stehe dem Vater das Pflegschaftsrecht ab einem bestimmten Alter des Kindes ohne Rücksicht auf das Wohl des Kindes zu. Da diese gesetzliche Regelung gegen den inländischen ordre public verstoße, sei inländisches Recht (§ 142 ABGB) anzuwenden. Das Kind sei entsprechend der Übereinkunft der Eltern der Mutter zuzuweisen, da dies den Interessen des Kindes am besten entspreche. Der Vater wäre in der Lage, durch eine ihm zumutbare Ferialpraxis so viel zu verdienen, daß ihm 12 000 S verblieben, wovon er monatlich 500 S für den Unterhalt seines Kindes bezahlen könne.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, der seine Verpflichtung zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages von 500 S monatlich ab 1. August 1975 unbekämpft gelassen hatte, Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes in seinem Punkt 1 (Pflege und Erziehung) und hinsichtlich des Zuspruches von Unterhalt für die Zeit vom 21. November 1974 bis 31. Juli 1975 auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfange eine neuerliche Entscheidung auf. Es bejahte, wie das Erstgericht, die Bindung an den in Rechtskraft erwachsenen Legitimierungsbeschluß und ging daher ebenfalls davon aus, daß das Kind zumindest für den österreichischen Rechtsbereich als ehelich zu gelten habe. Der § 15 der 4. DVzEheG bestimme für den Bereich des österreichischen internationalen Familienrechtes, daß bei Verweisung auf ein fremdes Recht eine allfällige Rückverweisung auf das österreichische Recht zu befolgen und dieses anzuwenden sei. Verweise das ausländische Kollisionsrecht auf das österreichische Recht zurück, so werde dies stets und unwiderruflich als Verweisung auf das österreichische materielle Recht aufgefaßt und dieses endgültig angewendet. Die Rückverweisung sei daher immer als sogenannte Sachnormverweisung anzusehen. Nach Art. 16 des ägyptischen bürgerlichen Gesetzbuches, verkundet durch Gesetz vom 16. Juli 1948, richten sich die Grundsätze über die gesetzliche Vermögensverwaltung, die Vormundschaft, Pflegschaft und anderen Einrichtungen zum Schutze Geschäftsunfähiger und Abwesender nach dem Heimatrecht der schutzbedürftigen Person. Damit verweise das ägyptische Recht auf das Heimatrecht des Pflegebefohlenen. Besitze das Kind, was noch geprüft werden müsse, die österreichische Staatsbürgerschaft, so sei die Frage der Pflege und Erziehung nach österreichischem Recht zu beurteilen, ebenso wenn die Minderjährige außer der österreichischen Staatsbürgerschaft auch noch die ägyptische Staatsangehörigkeit besitze. Diesfalls sei nach § 142 ABGB vorzugehen, und auf das Wohl des Kindes abzustellen. Dabei müsse noch geprüft werden, ob der Vorwurf des Vaters, daß die Mutter Alkoholikerin und daher für die Erziehung des Kindes ungeeignet sei, zutreffe. Wenn das Kind nur die ägyptische Staatsangehörigkeit besitze, sei ägyptisches Recht anzuwenden. Das Personenrecht sei nach Auffassung der mohammedanischen Staaten regelmäßig eine konfessionelle Angelegenheit, die meisten personenrechtlichen Vorschriften seien daher den Rechten der Religionsgemeinschaften zu entnehmen. Falls ägyptisches Recht anzuwenden sei, müsse die Religionszugehörigkeit der Minderjährigen geklärt werden. Gehöre das Kind dem mohammedanischen Glauben nach hanefitischem Ritus an, so wäre für sie das Gesetzbuch über das Personenrecht und die Erbfolge nach dem hanefitischen Ritus anzuwenden. Diese Vorschriften widersprächen nicht dem österreichischen ordre public, da sie im Zusammenhang mit dem Dekretgesetz vom 30. Juli 1952 über die Entziehung der elterlichen Gewalt in gewissen Fällen, in denen das Wohl des Kindes eine solche Maßnahme erfordere, zu sehen seien. Die multilateralen Staatsverträge über die internationale Rechtsanwendung der Normen auf dem Gebiete des Unterhaltsrechtes seien im Verhältnis zu Ägypten nicht anzuwenden. Der Unterhaltsanspruch des Kindes sei gemäß § 10 der 4. DVzEheG nach dem Heimatrecht des Mannes zu beurteilen. Nach Art. 15 des ägyptischen bürgerlichen Gesetzbuches bestimme sich die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten nach dem Heimatrecht des Schuldners. Es liege daher eine Verweisungsannahme vor. Es müsse nun geklärt werden, welchem Ritus der Vater angehöre und ob bzw. in welchem Ausmaß das betreffende religiöse Recht eine Unterhaltspflicht des Vaters konstituiere.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Mutter nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Revisionsrekurs ist zulässig, da gegen Aufhebungsbeschlüsse der Gerichte zweiter Instanz im außerstreitigen Verfahren, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt, ein Rechtsmittel an den OGH ergriffen werden kann (JB 203; JBl. 1971/138; SZ 45/31 u. a.). Der Anfechtung des Aufhebungsbeschlusses der zweiten Instanz hinsichtlich der Unterhaltsfrage steht auch die Bestimmung des § 14 Abs. 2 AußStrG nicht im Wege, da der Rekurs die Frage, nach welchem Recht der gesetzliche Unterhalt des Kindes zu bemessen ist und ob die Anwendung einer ausländischen Rechtsnorm dem ordre public widerspricht, zum Gegenstand hat, diese Fragen aber nicht zum Bemessungskomplex im Sinne der zitierten Vorschrift und des Jud. 60 gehören (JBl. 1964, 465; RZ 1968; 94; RZ 1969, 33 u. a.).
Die von den Vorinstanzen nicht erörterte inländische Gerichtsbarkeit ist auch dann zu bejahen, wenn das Kind nur die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Arabischen Republik Ägypten besitzen sollte. Der OGH hat wiederholt ausgesprochen, daß die Vorschrift des § 14 Abs. 1 der
4. DVzEheG nur auf die eigentlichen Vormundschafts- und Pflegschaftssachen (§§ 187 - 284 ABGB), anzuwenden ist (vgl. die unter Nr. 1 und 1 a zu § 14 der 4. DVzEheG, MGA, 2. Band 1972, zitierten Entscheidungen). Das örtlich zuständige österreichische Gericht kann in Ansehung ausländischer ehelicher Kinder Anordnungen im Sinne des § 142 ABGB (und nicht bloß vorläufige Maßnahmen), allerdings nach den im § 10 der 4. DVzEheG bezeichneten Sachnormen treffen, sofern nicht das für das ausländische Kind zuständige ausländische Gericht seine ausschließliche Zuständigkeit in Anspruch genommen hat (JBl. 1960, 45 mit Glosse Schwimanns; SZ 38/15; SZ 43/228 u. a.). Solange die ausländische Behörde ihre ausschließliche Zuständigkeit nicht in Anspruch genommen hat, ist mit der örtlichen Zuständigkeit nach § 109 Abs. 1 JN auch die inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen (EvBl. 1975/161).
Die minderjährige Nadja A hat ihren ständigen Aufenthalt im Sprengel des Erstgerichtes. Dieses ist daher zur Anordnung der beantragten pflegschaftsbehördlichen Maßnahmen nach § 109 Abs. 1 Satz 3 JN ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Pflegebefohlenen örtlich zuständig. Da die allenfalls in Betracht kommenden ausländischen Behörden die ausschließliche Zuständigkeit nach der Aktenlage nicht in Anspruch genommen haben, ist die inländische Gerichtsgewalt auf jeden Fall gegeben.
Die Untergerichte sind davon ausgegangen, daß die Minderjährige infolge Rechtskraft des vom Vormundschaftsgericht gefaßten Legitimierungsbeschlusses als ehelich zu gelten habe. Obwohl diese Ansicht unwidersprochen blieb, muß ihre Richtigkeit wegen der Unterschiedlichkeit der mit der Ehelichkeit oder Unehelichkeit des Kindes verbundenen Rechtsfolgen geprüft werden.
Die Legitimation durch nachfolgende Ehe tritt nach österreichischem Recht (§ 161 ABGB) ipso jure durch die Eheschließung der Kindeseltern ein. Der Beschluß des Vormundschaftsgerichtes, mit dem gemäß § 31 Personenstandsgesetz die eingetretene Legitimation durch nachfolgende Ehe ausgesprochen wird, ist nur deklarativer Natur und hat keine materielle Rechtskraftwirkung (ebenso Schwimann, Die Bestreitung (Anfechtung) der Legitimation durch nachfolgende Ehe, JBl. 1957, 392, 394, Schwind, Komm. z. EheG, 55; Stölzel, Personenstandsgesetz[6], 279). Nach ständiger Rechtsprechung hat der Beschluß über die Legitimation durch nachfolgende Ehe nur die Bedeutung einer Bescheinigung über die vorläufig bewiesene Ehelichkeit und ist so lange wirksam, als nicht im Prozeß etwas anderes festgestellt wird (RZ 1958, 73; RZ 1962, 24 und 227; EvBl. 1972/252; vgl. auch Schwimann, 392 und Zemen, ZfRV 1970, 33, der allerdings dem Legitimierungsbeschluß privatrechtliche Entscheidungswirkung und eine "spezifisch materielle" Rechtskraftwirkung zumißt). Der Anfechtung der durch den Legitimierungsbeschluß des Vormundschaftsgerichtes vorläufig festgestellten Ehelichkeit des Kindes im Prozeßweg bedarf es nicht nur im Falle der Bestreitung der natürlichen Vaterschaft sondern auch dann, wenn der Eintritt der Legitimationswirkung aus anderen Gründen, z. B. wegen Fehlens einer gültigen Eheschließung der Kindeseltern oder deshalb bestritten wird, weil das gemäß § 13 Abs. 1 der 4. DVzEheG anzuwendende Heimatrecht des Mannes eine Legitimation durch nachfolgende Eheschließung nicht kennt. Da eine solche Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes nicht erfolgte, ist, wie den Vorinstanzen beigepflichtet werden muß, von seiner Ehelichkeit auszugehen und daher nach § 10 der 4. DVzEheG zu beurteilen, welche Sachnorm bei der Entscheidung über den Antrag der Mutter auf Überlassung das Kindes in ihre Pflege und Erziehung anzuwenden ist. Nach dieser Bestimmung muß das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und ehelichen Kindern nach dem Heimatrecht des Vaters beurteilt werden. Das ägyptische Kollisionsrecht bestimmt im Art. 16 des bürgerlichen Gesetzbuches, verkundet durch das Gesetz vom 16. Juli 1948, daß sich die Grundsätze über die gesetzliche Vermögensverwaltung, die Vormundschaft, die Pflegschaft und anderen Einrichtungen zum Schutze Geschäftsunfähiger und Abwesender nach dem Heimatrecht der schutzbedürftigen Person richten. Nach Art. 25 dieses bürgerlichen Gesetzbuches bestimmt bei Staatenlosigkeit oder mehreren Staatsangehörigkeiten einer Person der Richter das anzuwendende Recht; es ist jedoch ägyptisches Recht anzuwenden, wenn der Betreffende zugleich vom Standpunkt Ägyptens die ägyptische Staatsangehörigkeit und vom Standpunkt eines oder mehrerer ausländischer Staaten deren Staatsangehörigkeit besitzt (Abs. 2). Dies bedeutet, daß österreichisches Recht anzuwenden ist, wenn das Kind die österreichische, aber nicht die ägyptische Staatsangehörigkeit besitzt. Unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 2 des ägyptischen bürgerlichen Gesetzbuches liegt keine Rückverweisung vor. Es ist daher fraglich, ob auch im Falle der Doppelbürgerschaft des Kindes auf jeden Fall österreichisches Recht anzuwenden wäre, wie das Rekursgericht annimmt. Diese Frage kann aber aus folgenden Gründen auf sich beruhen: Das Personenrecht ist, worauf schon das Rekursgericht zutreffend hingewiesen hat, nach Auffassung der mohammedanischen Staaten regelmäßig eine konfessionelle Angelegenheit. Im Sinne dieser Auffassung hat auch das ägyptische bürgerliche Gesetzbuch vom 16. Juli 1948 das Personenrecht nicht geregelt. Es enthält nur einzelne Bestimmungen in dem zweiten Kapitel des einleitenden Titels über Rechts- und Handlungsfähigkeit, Voll- und Minderjährigkeit, Vormundschaft und anderes. Soweit das Ehe- und Kindschaftsrecht nicht durch staatliche Gesetze geregelt ist, ist das Recht der Religionsgemeinschaft anzuwenden, welcher die Parteien angehören (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht[3], Vereinigte arabische Republik Ägypten III A, Punkt 1). Für Gesetzeskonflikte, die daraus entstehen, daß Parteien verschiedenen Religionsgemeinschaften angehören und somit verschiedenen personenrechtlichen Bestimmungen unterliegen, ist Art. 24 des bürgerlichen Gesetzbuches maßgebend, nach welchem die Grundsätze des Internationalen Privatrechtes anzuwenden sind (Bergmann, 11). Die ägyptischen Gerichte urteilen nach der Konfession der Parteien, wenn diese die gleiche ist, sonst nach mohammedanischem Recht (Schnitzer, Handbuch des Internationalen Privatrechtes[4] I, 145 in Anm. 2). Nach der Rechtsprechung zum ägyptischen internationalen Privatrecht wäre also auch dann mohammedanisches Recht anzuwenden, wenn die Minderjährige die ägyptische Staatsbürgerschaft besitzen und einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören sollte, weil der Vater Mohammedaner ist. Die Anwendung ausländischen Rechtes ist aber ausgeschlossen, wenn sie gegen den Zweck eine österreichischen Gesetzes verstößt (§ 18 der 4. DVzEheG) oder das inländische Rechtsempfinden in unerträglichem Maße verletzt (vgl. Scheucher, ZfRV 1960, 15 f; EvBl. 1961/27). Nun hat der OGH bereits in der Entscheidung RZ 1975/16, 40 (= EvBl. 1975/161) ausgesprochen, daß eine ausländische Norm, die die vaterrechtliche Ordnung so konsequent durchführt, daß sie die Pflege und Erziehung ehelicher Kinder von einem bestimmten Alter an ohne Rücksicht auf ihr Wohl dem Vater überträgt, gegen einen tragenden Gedanken des österreichischen Familienrechtes verstößt, da nach diesem bei einem Streit der Eltern über die Pflege und Erziehung ehelicher Kinder das Wohl dieser Kinder für die zu treffende pflegschaftsbehördliche Maßnahme entscheidend ist. Nach Art. 391 des Gesetzbuches über das Personenrecht und die Erbfolge nach dem hanefitischen Ritus endet aber das Recht der Mutter, ihr Kind während der Ehe und nach ihrer Auflösung bei sich zu haben, für Mädchen mit dem vollendeten 9. Lebensjahr. Der Richter kann eine für das Wohl des Kindes erforderliche Verlängerung des Sorgerechtes der Mutter nur bis zum Alter von 11 Jahren anordnen. Es verstößt deshalb das Heimatrecht des Vaters gegen den Zweck des § 142 ABGB und damit gegen den inländischen ordre public (vgl. RZ 1975/16; EFSlg. 22.948). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß nach Dekretgesetz Nr. 118 vom 30. Juli 1952 unter bestimmten Voraussetzungen die elterliche Gewalt im vollen Umfange oder teilweise entzogen werden kann, weil in einem solchen Fall das Kind nicht der Mutter, sondern der Person zu übergeben ist, an welche die elterliche Gewalt nach dem Gesetze fällt. Das ist nach Art. 35 Abs. 2 des hanefitischen Rechtsbuches zuerst der Großvater. Es ist daher auf den vorliegenden Fall ohne Rücksicht auf das Religionsbekenntnis des Kindes auch dann österreichisches Recht anzuwenden, wenn die Minderjährige die österreichische und die ägyptische Staatsangehörigkeit oder nur letztere besitzt, weil mohammedanisches Recht wegen des inländischen ordre public nicht angewendet werden darf (RZ 1975/16 = EFSlg. 22.948). Dennoch muß es hinsichtlich der Pflege und Erziehung des Kindes bei der Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses bleiben, weil der OGH auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz ist und daher dem Ergänzungsauftrag des Rekursgerichtes, den vom Vater erhobenen Vorwurf, daß die Mutter wegen Alkoholismus zur Erziehung des Kindes ungeeignet sei, zu prüfen, nicht entgegentreten kann.
Hinsichtlich der Unterhaltsfrage ist zunächst festzuhalten, daß nach der Rechtsprechung (SZ 5/117; JBl. 1965, 367 u.a.) die Mutter auch ohne Bestellung zur besonderen Sachwalterin berechtigt ist, den Unterhaltsanspruch ihres Kindes geltend zu machen. Damit ist auch die Legitimation der Mutter zur Anfechtung der über das Unterhaltsbegehren ergangenen Entscheidung zu bejahen.
Nach Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht, BGBl. 293/1961, bestimmt das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes, ob, in welchem Umfang und von wem das Kind Unterhaltsleistungen verlangen kann. Weiters bestimmt der Art. 6, daß die Konvention nur anzuwenden ist, wenn das Sachrecht eines Vertragsstaates zur Anwendung kommt; d. h. das internationale Privatrecht eines Vertragsstaates muß als Kollisionsrecht auf den Fall anzuwenden sein. Diese Voraussetzung ist jedenfalls erfüllt, wenn ein Gericht eines Vertragsstaates mit dem Fall befaßt ist (Scheucher, Haager Unterhaltsstatutabkommen, ZfRV 1963, 82). Da die Minderjährige ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und Österreich Vertragsstaat des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens ist, kommt entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes dieses Abkommen zur Anwendung. Der Unterhaltsanspruch des Kindes richtet sich daher nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltes, also nach österreichischem Recht (RZ 1969, 33; RZ 1974/84 u. a.). Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, daß der Unterhalt dem Kind an seinem Aufenthalt zu gewähren ist und die rechtlichen Voraussetzungen für die Unterhaltsleistungen an alle innerhalb desselben Rechtsbereiches lebenden Kinder dieselben sein sollen (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum BGBl. 293/1961, 514 BlgNR, VIII. GP). Nach dem eindeutigen Wortlaut der Konvention muß das Kind nicht Angehöriger eines Signatarstaates sein. Den allgemeinen innerstaatlichen Kollisionsnormen - hier § 10 der 4. DVzEheG - sind durch dieses Übereinkommen auch in den Fällen derogiert, wo kein zweiter Haager Vertragsstaat beteiligt ist (Scheucher, 84; Deskovic, AnwBl. 1973, Sonderheft 15; RZ 1974/84). Da die gesamten Voraussetzungen für das Bestehen des Unterhaltsanspruches nach dem Unterhaltsstatut zu beurteilen sind, ist die Abstammung des Kindes als Vorfrage der Entscheidung über den Unterhaltsanspruch zu behandeln und auch die Vorfrage der Abstammung nach dem Recht des Aufenthaltsortes des Kindes zu entscheiden (Scheucher, 86 f.; SZ 38/21; ZfRV 1969, 299). Nach österreichischem Recht ist die Minderjährige als eheliches Kind anzusehen.
Unterhaltsansprüche pflegebefohlener Kinder gegen ihren ehelichen Vater sind im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen (JB 237; SZ 1/46; EFSlg. 10/797; vgl. auch EvBl. 1975/143). Diese Regelung findet auch auf minderjährige eheliche Kinder ausländischer Staatsangehörigkeit Anwendung, wenn sie sich im Inland aufhalten und, wie hier, ein inländisches Pflegschaftsgericht besteht (Fasching I, 136; SZ 23/37). Dem steht nicht entgegen, daß gemäß Art. 1 Abs. 3 des Übereinkommens das Unterhaltsstatut auch bestimmt, wer zur Erbringung der "Unterhaltsklage" befugt ist und welche Fristen für ihre Einbringung gelten. Unter diese Bestimmung fallen wohl die Fragen der Parteifähigkeit, der Prozeßfähigkeit, der Klagslegitimation usw. (vgl. Scheucher, 89), aber nicht die Frage, ob der Unterhaltsanspruch im streitigen oder außerstreitigen Verfahren zu verhandeln ist. Für die Lösung dieser Frage ist die lex fori maßgebend; das Unterhaltsstatutübereinkommen regelt nur das Kollisionsrecht auf dem Gebiete der Unterhaltspflicht (Art. 5 Abs. 2). Wenn in der Entscheidung SZ 38/21 ausgesprochen wurde, daß der Unterhaltsanspruch im streitigen Verfahren geltend zu machen sei, so nur deshalb, weil dort die außereheliche Vaterschaft des auf Unterhalt Geklagten strittig war. Im vorliegenden Fall ist weder die außerstreitig anerkannte Vaterschaft des als Unterhaltsschuldner Belangten, noch seine Unterhaltspflicht an sich bestritten. Der Vater bestritt lediglich seine Leistungsfähigkeit.
Da die Entscheidung, ob der Unterhalt, wie beantragt, zu Handen der Mutter zu leisten ist, davon abhängt, ob dieser die Pflege und Erziehung des Kindes zu überlassen ist, erweist sich die Aufhebung des Unterhaltsbemessungsbeschlusses im Umfange der Anfechtung im Ergebnis als richtig.
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