OGH 3Ob216/16k

OGH3Ob216/16k29.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P*, vertreten durch Mag. Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H*, wegen Feststellung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 13. September 2016, GZ 20 R 136/16i‑6, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Korneuburg vom 5. Juni 2016, GZ 1 C 20/16x‑2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E117903

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

Der Kläger zeigt mit Rücksicht auf die bestehende Judikatur und Lehre keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb der Revisionsrekurs – ungeachtet des nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht – nicht zulässig ist.

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Lehre ist als Teil der Bindungswirkung der Rechtskraft (§ 411 ZPO) die Präklusionswirkung anerkannt: Durch die Rechtskraft der Entscheidung ist auch das Vorbringen aller Tatsachen ausgeschlossen, die zur Begründung oder Widerlegung des entschiedenen Anspruchs rechtlich erforderlich waren und schon bei Fällung der Entscheidung (bzw bei Schluss der mündlichen Verhandlung) bestanden haben, aber nicht vorgebracht wurden (RIS-Justiz RS0041321; Fasching/Klicka in Fasching/Konecny² § 411 ZPO Rz 89; Rechberger in Rechberger 4 § 411 ZPO Rz 7; Kodek/Mayr, Zivilprozessrecht3 [2016] Rz 927). Die Präklusionswirkung der Rechtskraft schließt also nicht nur die neuerliche Entscheidung des gleichen Begehrens aufgrund der gleichen Sachlage aus, sondern auch die Geltendmachung des gleichen Begehrens aufgrund von Tatsachen und Erwägungen, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden und der verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren, aber – etwa infolge objektiver (vgl Fasching/Klicka in Fasching/Konecny 2 § 411 ZPO Rz 89) Verletzung einer prozessualen Diligenzpflicht der Parteien (also der ihnen auferlegten Behauptungs- und Beweis‑pflicht) – nicht zum Gegenstand des Vorprozesses gemacht wurden (RIS-Justiz RS0039347 [T17]; RS0041321).

1.2. Mit der Eventualmaxime (§ 35 Abs 3 EO) hat das Prozesshindernis der entschiedenen Rechtssache nichts zu tun (3 Ob 51/16w), es wirkt daher auf Folgeverfahren sowohl mit als auch ohne Geltung der Eventualmaxime.

2.1. Der Kläger stellt in seinem Revisionsrekurs gar nicht in Abrede, dass er sowohl mit seiner erfolglosen Oppositionsklage als auch mit der nunmehr zurückgewiesenen negativen Feststellungsklage vom 27. April 2016 dasselbe Begehren erhob: gerichtet auf die Feststellung, dass seine zuletzt durch einen Vergleich geregelte Unterhaltspflicht gegenüber seiner geschiedenen Gattin (von 300 EUR monatlich) seit 1. März 2012 erloschen sei.

2.2. Er stützte seine negative Feststellungsklage im Wesentlichen darauf, mit seinem Ausscheiden aus der aktiven Erwerbstätigkeit (Antritt seiner Alterspension) im März 2012 – dh von einem Tag auf den anderen – habe sich sein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von 5.000 EUR auf 4.000 EUR, also um 20 % reduziert. Die Beklagte beziehe durchschnittlich monatlich 2.800 EUR. Dabei handelt es sich aber zweifellos um Umstände, die im Vorprozess schon vorhanden waren.

2.3. Die – erstmals im Revisionsrekurs erhobene – Behauptung, im Oppositionsprozess wären die Sachverhaltsvoraussetzungen für dieses Vorbringen gar nicht vorgelegen, weil der Rekurswerber schrittweise aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei, was ein schrittweises Sinken seines Einkommens mit sich gebracht habe, sodass seine nunmehrigen Sachverhaltsbehauptungen gar nicht Gegenstand des Vorverfahrens hätten werden können, steht mit diesem Klagevorbringen in unauflöslichem Widerspruch und ist schon deshalb unbeachtlich.

2.4. Abgesehen davon wurde die Oppositionsklage erst am 14. August 2012 eingebracht, sodass der Kläger jedenfalls die bis dahin bereits wirksam gewordenen Veränderungen seines Einkommens hätte behaupten können. Aber selbst wenn es erst danach zu einer weiteren Verminderung seines Einkommens gekommen sein sollte, wären – bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz im Vorverfahren (am 10. November 2014) – die erst während dieses Verfahrens entstandenen oder dem Kläger bekannt gewordenen Einwendungstatsachen jedenfalls durch Klageänderung geltend zu machen gewesen (RIS-Justiz RS0113437).

3. Die vor Streitanhängigkeit ausgesprochene Klagezurückweisung durch beide Vorinstanzen ist daher nicht zu beanstanden. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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