OGH 3Ob204/19z

OGH3Ob204/19z19.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr.

 Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.‑Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. E*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die verpflichtete Partei DDr. S*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Exekution nach § 354 EO, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 12. September 2019, GZ 53 R 172/19d‑165, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 24. Juni 2019, GZ 6 E 1184/18g‑124, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00204.19Z.1119.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Verpflichtete ist aufgrund eines rechtskräftigen Teilurteils vom 27. Dezember 2016 schuldig, der Betreibenden binnen 14 Tagen über seine monatlichen Einkünfte ab 1. Jänner 2010 Rechnung zu legen.

Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden aufgrund dieses Titels mit Beschluss vom 13. März 2018 zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Rechnungslegung die Exekution nach § 354 EO und trug dem Verpflichteten auf, binnen vier Wochen Rechnung über das monatliche Einkommen ab 1. Jänner 2010 zu legen, widrigenfalls über ihn auf Antrag der Betreibenden eine Geldstrafe in Höhe von 750 EUR verhängt würde. In der Folge wurden zahlreiche weitere Geldstrafen angedroht und über den Verpflichteten verhängt. Eine Oppositionsklage des Verpflichteten zu 41 C 28/18h des Erstgerichts, in der er sich darauf stützte, die Rechnungslegungsverpflichtung bereits am 20. April 2018 durch Vorlage bestimmter Unterlagen erfüllt zu haben, wurde mittlerweile rechtskräftig abgewiesen (3 Ob 132/19m).

Am 21. Juni 2019 brachte die Betreibende einen weiteren Strafantrag ein, mit dem sie geltend machte, der Verpflichtete habe nach wie vor nicht Rechnung gelegt. Aufgrund seiner hartnäckigen Weigerung möge die zuletzt (mit Beschluss vom 31. Mai 2019) angedrohte Geldstrafe von 51.000 EUR verhängt und ihm unter Androhung einer Geldstrafe von zumindest 66.000 EUR neuerlich die Rechnungslegung aufgetragen werden.

Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2019 brachte der Verpflichtete daraufhin vor, er habe mittlerweile dem Titel durch Vorlage von insgesamt 677 (im Einzelnen aufgelisteten) Urkunden am 5. Juni 2019 entsprochen. Darüber hinausgehende Buchhaltungsunterlagen betreffend die Unternehmensgruppe D***** GmbH könne er nicht vorlegen, weil er darauf keinen direkten Zugriff (mehr) habe und die derzeitige Eigentümerin dieses Unternehmens jegliche Offenbarung für Zwecke der Rechnungslegung ablehne.

Bereits am 17. Juni 2019 hatte der Verpflichtete zu 41 C 22/19b eine Oppositionsklage beim Erstgericht eingebracht, in der er das Erlöschen des betriebenen Anspruchs durch die Urkundenvorlage vom 5. Juni 2019 sowie die Unmöglichkeit der Vorlage weiterer Unterlagen behauptete.

Das Erstgericht verhängte mit Beschluss vom 24. Juni 2019 – also bereits vor Einlangen des Schriftsatzes vom 27. Juni 2019 – aufgrund des Strafantrags vom 21. Juni 2019 über den Verpflichteten die ihm mit Beschluss vom 31. Mai 2019 angedrohte Geldstrafe von 51.000 EUR und trug ihm unter Androhung einer weiteren Geldstrafe von 56.500 EUR neuerlich die Rechnungslegung binnen 14 Tagen auf.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten teilweise Folge und halbierte jeweils die über ihn verhängte und die ihm angedrohte Geldstrafe. Der Verpflichtete habe zunächst die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht am 20. April 2018 mit Oppositionsklage zu 41 C 28/18h des Erstgerichts – erfolglos – geltend gemacht. In der Folge habe er am 5. Juni 2019 eine weitere Rechnung gelegt und in diesem Zusammenhang einen USB‑Stick mit insgesamt 677 Beilagen an die Betreibende übermittelt. Diese habe den Erhalt dieser Unterlagen zugestanden, bezeichne aber auch diese Rechnungslegung als nicht vollständig. Eine daraufhin vom Verpflichteten eingebrachte Oppositionsklage zu 41 C 22/19b des Erstgerichts sei noch anhängig. Aufgrund strittiger Tatumstände könne im Exekutionsverfahren nicht davon ausgegangen werden, dass der Verpflichtete den Titel vollständig erfüllt habe. Allerdings sei angesichts der umfangreichen Urkundenvorlage vom 5. Juni 2019 im Unterschied zum bisherigen Verfahren doch davon auszugehen, dass sich sein Bemühen um eine Erfüllung der Rechnungslegungsverpflichtung ganz erheblich gesteigert habe. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Titel, wenngleich er ausreichend bestimmt sei, doch die Pflicht zur Rechnungslegung sehr allgemein formuliert habe, sodass der Verpflichtete nicht besonders angeleitet worden sei, worin eine vollständige Rechnungslegung zu erblicken sei. Insgesamt werde die bislang stets vorgenommene Steigerung der verhängten und angedrohten Geldstrafe dem nunmehr vorliegenden Grad und der Hartnäckigkeit des Zuwiderhandelns nicht mehr gerecht. Vielmehr erscheine es angemessen, die verhängte und die angedrohte Geldstrafe jeweils auf die Hälfte zu reduzieren.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, dass die hier vorliegenden Rechtsfragen einer geminderten Widersetzlichkeit seitens des Verpflichteten im Sinn einer teilweisen Erfüllung der Rechnungslegungspflicht und das Ausmaß der Überprüfung der Erfüllung des Exekutionstitels im Exekutionsverfahren im Lichte zweier anhängiger Oppositionsverfahren die Qualität des § 528 Abs 1 ZPO erfüllten.

Mit seinem Revisionsrekurs strebt der Verpflichtete primär an, dass „keine Geldstrafe verhängt sowie keine Geldstrafe angedroht“ (richtig: der zugrunde liegende Strafantrag abgewiesen) werde; hilfsweise beantragt er die (weitere) Reduktion der verhängten und angedrohten Strafe; wiederum hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

1. Vorauszuschicken ist, dass ungeachtet der Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichts zum Vorliegen des (weiteren) Titelverstoßes durch das Rekursgericht keine Konformatsentscheidung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO vorliegt, die den Revisionsrekurs insofern absolut unzulässig machen würde. Eine teilweise bestätigende Entscheidung ist nämlich dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass sie voneinander nicht gesondert werden können und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann (RS0044257 [T61]). Dies ist bei der Entscheidung über das Vorliegen des in einem Exekutions- oder weiteren Strafantrag behaupteten Titelverstoßes und über die Höhe der dafür angemessenen Strafe der Fall (RS0044257 [T22, T67]).

2.

 Nach ständiger Rechtsprechung wirft die Bemessung von Geldstrafen nach § 355 EO schon wegen der gebotenen Bedachtnahme auf die konkreten Umstände des Einzelfalls keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO auf (

RS0012388 [T1]). Nichts anderes gilt für die Bemessung der Höhe einer im Verfahren nach § 354 EO verhängten bzw angedrohten Geldstrafe.

Darin, dass das Rekursgericht die vom Erstgericht verhängte und für den Fall des weiteren Zuwiderhandelns angedrohte Geldstrafe im Hinblick auf die (erst nach Fassung des erstgerichtlichen Strafbeschlusses) behauptete Erfüllung der titelmäßigen Verpflichtung jeweils nicht auf weniger als die Hälfte reduzierte, liegt entgegen der Ansicht des Verpflichteten keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung:

2.1. Wie der Revisionsrekurswerber grundsätzlich richtig erkennt, kann die – hier zwischen den Parteien strittige – Frage der Erfüllung der Rechnungslegungsverpflichtung nur im (ohnehin bereits anhängigen) Oppositionsverfahren geklärt werden (

RS0122815); nur eine gerichts-, also offenkundige oder unstrittige Erfüllung der titelmäßigen (Rechnungslegungs-)Verpflichtung müsste sogleich zur Abweisung des (Exekutions- oder) Strafantrags führen (RS0084555 [T1]). Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil der Verpflichtete selbst davon ausgeht, noch nicht alle Unterlagen vorgelegt zu haben, weil die derzeitige Eigentümerin der Unternehmensgruppe D***** GmbH bis dato jede Offenbarung von Buchhaltungsunterlagen abgelehnt habe. Für die Strafzumessung ist daher (weiter) von einer – nunmehr jedenfalls hartnäckigen – Nichterfüllung der titulierten Rechnungslegungspflicht auszugehen.

Jedenfalls hier folgt daraus, dass bei Bemessung der Höhe der zu verhängenden bzw anzudrohenden Beugestrafe gerade nicht angenommen werden kann, dass der Verpflichtete die titelmäßige Verpflichtung bereits (ganz oder teilweise) erfüllt hat oder dass sich „sein Bemühen um eine Erfüllung des Titels ganz erheblich gesteigert“ hat.

2.2.

 Eine unvertretbare Handlung, die zu erbringen dem Verpflichteten dauernd unmöglich ist, ist unerzwingbar. Die Unmöglichkeit ist ein Grund zur amtswegigen oder auf Antrag vorzunehmenden Einstellung selbst dann, wenn sie im Titelverfahren hätte eingewendet werden können (

RS0106431).

Eine Berücksichtigung einer– hier gar nicht konkret behaupteten (arg „bis dato“) – dauernden Unmöglichkeit der Erbringung der geschuldeten Leistung im Exekutionsverfahren setzt allerdings – wie im Fall der behaupteten Erfüllung – voraus, dass die ihr zugrunde liegenden Tatumstände offenkundig (§ 269 ZPO iVm § 78 EO) oder zwischen den Parteien des Exekutionsverfahrens unstrittig sind. Hängt hingegen die materiell‑rechtliche Beurteilung der dauernden Unmöglichkeit von strittigen Tatumständen ab, kann sie der Verpflichtete nur als eine den Anspruch aufhebende Tatsache iSd § 35 EO mittels Oppositionsklage geltend machen; eine amtswegige Einstellung scheidet in diesem Fall aus (3 Ob 35/12m mwN). Da die vom Verpflichteten behauptete (teilweise) Unmöglichkeit der Rechnungslegung (weil bestimmte Unterlagen für ihn bisher nicht erlangbar gewesen seien) weder offenkundig noch zwischen den Parteien unstrittig ist, scheidet also auch eine Berücksichtigung dieses Umstands bei Bemessung der Geldstrafe aus.

3. Der geltend gemachte Begründungsmangel der Rekursentscheidung liegt nicht vor (§ 78 EO iVm § 510 Abs 3, § 528a ZPO).

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