OGH 3Ob204/06f

OGH3Ob204/06f19.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Antragsteller Mag. Werner H*****, und Wolfgang H*****, beide vertreten durch Dr. Christoph Brandweiner, Rechtsanwalt in Salzburg, infolge „außerordentlichen" Revisionsrekurses deren Vaters DDr. Walter H*****, vertreten durch Dr. Petra Patzelt, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 26. Juli 2006, GZ 21 R 153/06f-290, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 25. Jänner 2006, GZ 2 P 63/00i-274, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Auch auf das Rechtsmittelverfahren ist nach § 199 AußStrG, da keine der in den nachfolgenden Paragraphen angeführten Ausnahmen vorliegt, das neue Verfahrensgesetz anzuwenden.

Das Rekursgericht sprach in seiner den erstgerichtlichen Beschluss über Unterhaltsherabsetzungs- und -erhöhungsbegehren der Parteien bestätigenden Entscheidung aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Den gegen diesen Beschluss erhobenen "außerordentlichen" Revisionsrekurs des Vaters legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der auch nach dem Inkrafttreten des neuen AußStrG der gegenüber jener nach der WGN 1997 inhaltlich gleich gebliebenen Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 63 Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung); eine solche, die mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschied, bei keinem der - für jeden Unterhaltsberechtigten getrennt zu betrachtenden (7 Ob 223/99s = ÖJZ-LSK 2000/56 u.a.; RIS-Justiz RS0112656) - Unterhaltsbegehren 20.000 EUR:

a) Der - zufolge des KindRÄG 2001 (Art XVIII § 1; § 21 Abs 2 ABGB) - seit über fünf Jahren volljährige Wolfgang, für den der vom Vater zu leistende Unterhalt mit zuletzt 4.550 S = 330,66 EUR monatlich festgesetzt worden war, begehrte dessen Erhöhung auf monatlich 6.393

S ab 1. April 1992, dann zeitlich gestaffelt auf 7.376 S und letztlich 660 EUR ab 1. September 2001; dagegen beantragte sein Vater die Herabsetzung des Unterhaltsbetrags auf 3.000 S = 218,02 EUR ab 1. Jänner 2004. Das Erstgericht setzte den Unterhalt für die Zeit ab 1. April 1992 hinauf, wobei die zusätzlich zuerkannten Beträge zwischen 91,34 EUR und 329,34 EUR lagen. Den laufenden Unterhalt ab 1. Jänner 2006 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit erhöhte es um 329,43 EUR monatlich auf 660 EUR. Das Mehrbegehren Werners sowie das Herabsetzungsbegehren des Vaters blieben erfolglos. Sowohl Vater als auch Sohn fochten diesen Beschluss an. Eine nähere Prüfung des Anfechtungsumfangs erübrigt sich bei diesem Teil der angefochtenen, weil selbst bei gänzlicher Bekämpfung sowohl der Erhöhung als auch der abweisenden Teile der Entscheidung durch die Gegner der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteigen kann. Die Summe der begehrten maximalen Erhöhung des mit umgerechnet 330,66 EUR festgesetzten Unterhalts und der begehrten Herabsetzung pro Monat ergibt nämlich nur 441,98 EUR (begehrte Herabsetzung um 1.550 S [112,64 EUR] zuzüglich 329,34 EUR begehrte Erhöhung). Maßgebend ist aber ungeachtet des hier durch die ungewöhnliche Verfahrensdauer erfolgten Neufestsetzung für einen sehr langen Zeitraum vor der erstinstanzlichen Entscheidung der (höchste) Dreijahresbetrag, über den die zweite Instanz entschied (stRsp, 3 Ob 503/96 = SZ 69/33 u. v.a.; RIS-Justiz RS0103147). Das 36-fache von 441,98 EUR ergibt aber 15.911,28 EUR.

b) Komplizierter liegen die Dinge bei dem nun schon seit fast neun Jahren volljährigen älteren Bruder Werner. Auch er begehrte die Erhöhung seines gegenüber dem Vater mit 5.600 S = 406,97 EUR monatlich festgesetzten Unterhalts rückwirkend ab 1. April 1992 auf

7.868 S, dann zeitlich gestaffelt auf 7.376 S und 8.360 S und letztlich 660 EUR ab 1. September 2001. Der Vater beantragt dagegen die Herabsetzung des Unterhalts auf monatlich 3.800 S = 276,18 EUR ab 1. Jänner 1994 sowie zuletzt den Entfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab 30. September 2004. Das Erstgericht erhöhte den Unterhaltsbetrag für den größten Teil der Zeit zwischen 1. April 1992 und 31. Oktober 2005, und zwar um Monatsbeträge zwischen 1.125 S und 253 EUR (letzteres ab 1. Jänner 2002). Für zwei mehrmonatige Perioden innerhalb dieses Zeitraums setzte es dagegen den Unterhalt auf monatlich 3.800 S bzw. 4.743 S herab. In Punkt 2. seiner Entscheidung wies es das Mehrbegehren des Sohnes Werner ab, in Punkt 5. enthob es den Vater von seiner Unterhaltspflicht ihm gegenüber ab 1. November 2005 und wies das Begehren auf Enthebung schon ab 30. September 2004 (also für insgesamt 13 Monate); auch das weitere Herabsetzungsbegehren wies es ab (Punkt 4.). Diese Entscheidung bekämpfte der Sohn - ausdrücklich in ihren Punkten 1.a) und 2. für die Zeiten 1. April 1992 bis 31. Mai 1999 und 1. Oktober 2001 bis 30. September 2001 insoweit, als seinem Unterhaltsbegehren „nicht vollinhaltlich stattgegeben" worden und begehrte, den Unterhalt vom 1. April 1992 bis 28. Februar 1993 (11 Monate) mit

7.868 S, vom 1. März 1993 bis 15. November 1993 (8,5 Monate) mit

7.376 S, vom 16. November 1993 bis 31. August 2001 mit 8.360 S und vom 1. September 2001 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit mit 660 EUR, jeweils monatlich zu bestimmen. Punkt 5. ließ er unangefochten. Das Rechtsmittel befasst sich ausschließlich mit den Einkommensverhältnissen und Belastungen des Vaters und geht auf den Zeitpunkt der Selbsterhaltungsfähigkeit nicht ein. Daher ist ungeachtet des überschießenden Wortlaut des Rechtsmittelantrags davon auszugehen, dass die Zeit ab 1. November 2005 und damit die Enthebung des Vaters von seiner Unterhaltspflicht nicht Gegenstand des Rechtsmittels und damit der Entscheidung zweiter Instanz war. Auch der Anfechtungsumfang des väterlichen Rekurses ist auslegungsbedürftig. Ungeachtet der Formulierung, den erstinstanzlichen Beschluss seinem gesamten Inhalt nach anzufechten, sah schon die zweite Instanz mit Recht nur die den Vater belastenden Teile als angefochten an. unbekämpft blieb daher insbesondere die Enthebung ab 1. November 2005; insofern strebte er erkennbar (bloß) die Enthebung - wie in erster Instanz beantragt - schon ab 1. Oktober 2004 an (13 Monate Differenz). Wie schon oben zu a) ausgeführt ist als Wert des Entscheidungsgegenstands nur ein Dreijahresunterhaltsbetrag maßgebend, wobei für Werner laufender Unterhalt nicht festgesetzt wurde. Zu berechnen sind daher jene 36 Monate mit dem höchsten Entscheidungsgegenstand. Für die 13 Monate zwischen 1. Oktober 2004 und 31. Oktober 2005 (Enthebungsbegehren des Vaters) ergibt dies (660 EUR x 13 =) 8.580 EUR. Die höchste Summe aus

den angestrebten Erhöhungen (660 EUR - 5.600 S [406,97 EUR] = 253,03

EUR) und Herabsetzungen (406,97 EUR - 3.800 S [276,16 EUR] = 130,81

EUR) pro Monat betrug 383,84 EUR (ab 1. September 2001) Dies gilt für insgesamt 23 Monate (die in der Zeit bis Ende September 2004 Deckung finden) und ergibt zusammen 8.828,32 EUR. Für 36 Monate kann daraus ein Entscheidungsgegenstand der zweiten Instanz von 17.408,32 EUR errechnet werden.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, dessen Entscheidungskompetenz derzeit nicht vorliegt. Im Streitwertbereich des § 63 AußStrG sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 69 Abs 3 AußStrG). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren außer Streitsachen - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten (§ 10 Abs 4 AußStrG; dazu Fucik/Kloiber, AußStrG § 63 Rz 5 und § 69 Rz 4 mwN der Rsp zum AußStrG 1854).

Aus diesen Erwägungen sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen.

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