OGH 3Ob178/93

OGH3Ob178/9320.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K***** Zeitungsverlag- und Druckerei GmbH (vormals Aktiengesellschaft), ***** 2. M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co KG,***** und 3. M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH, ***** alle vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Giger, Dr.Ruggenthaler & Dr.Simon Partnerschaft, Kärntnerstraße 12, 1010 Wien, wider die beklagte Partei F***** Zeitungsgesellschaft mbH (früher D***** ZeitschriftenGmbH), ***** vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung nach § 36 EO, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23.September 1992, GZ 46 R 614/92-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Exekutionsgerichtes Wien vom 17.April 1992, GZ 17 C 43/92x-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 23.Mai 1990 zu 38 Cg 16/90 wurden den klagenden Parteien bestimmte wettbewerbswidrige Handlungen iSd § 26 MedG verboten.

Das Exekutionsgericht Wien bewilligte dem beklagten Mitbewerber am 19. Juli 1990 zu 13 E 10090/90 die Exekution zur Durchsetzung dieses Anspruches auf Unterlassung von Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten in der Tageszeitung K*****, wenn für die Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung nicht ausgeschlossen werden können und a) die Veröffentlichung nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet ist und/oder b) die Kennzeichnung nicht in mindestens gleich großem Druck wie der laufende Text erfolgt und/oder c) die Kennzeichnung bei der einzelnen Veröffentlichung nur durch ein Schlagwort und ein Symbol erfolgt, das erst an anderer Stelle der Zeitung dahin erläutert wird, daß es sich um eine entgeltliche Veröffentlichung handelt.

Die beklagte Partei hat unter anderem einen weiteren Strafantrag vom 1. Oktober 1990 mit der Behauptung begründet, die verpflichteten hier klagenden Parteien hätten dadurch einen neuen Verstoß gesetzt, weil in der Tageszeitung K***** "vom 30.September 1990 auf den Seiten 39, 40 und 41 unter der Rubrik Fertighäuser" entgeltliche Veröffentlichungen erfolgten, ohne daß diese durch Gestaltung und Anordnung zweifelsfrei als solche erkennbar oder entsprechend gekennzeichnet waren.

Mit Strafbeschluß vom 10.Oktober 1990 verhängte das Exekutionsgericht wegen dieses weiteren Zuwiderhandelns gegen jede verpflichtete Partei eine Geldstrafe von S 80.000,-.

Die klagenden Parteien erhoben am 4.Feber 1991 gegen diese Exekutionsführung ihre Einwendungen mittels der Klage nach dem § 36 EO. Die Voraussetzungen für die nach § 355 Abs 1 EO erlassene Strafverfügung fehlten. Die behauptete Veröffentlichung sei nicht erfolgt. Die Tageszeitung K***** vom 30.September 1991 habe keine "Rubrik Fertighäuser" gehabt. Die erstklagende Partei liefere als Medieninhaberin nur den redaktionellen Teil der Zeitung und habe keine Möglichkeit, Veröffentlichungen in den allein von der zweitklagenden Verlegerin gestalteten Beilagen, wie den "Rubriken Fertighäuser" zu verhindern. Die zweitklagende Verlegerin und ihre drittklagende KomplementärGmbH habe die Veröffentlichungen nicht gekannt. Es werde stets streng auf Einhaltung des § 26 MedG geachtet. Inkriminierte Veröffentlichungen seien nicht erfolgt. Auch sei der Strafantrag unzureichend, weil kein Belegexemplar angeschlossen und nicht angegeben war, durch welche der mehreren Veröffentlichungen gegen das Unterlassungsgebot verstoßen worden sei. Es sei kein konkreter Verkaufsfall beschrieben, die Zeitung erscheine täglich in mehreren nicht gleichen Ausgaben für bestimmte Tageszeitungen und einige Bundesländer. Wegen eines Verstoßes dürfe auch nur eine Geldstrafe verhängt werden, nicht aber je eine Geldstrafe gegen die drei klagenden Parteien.

Die beklagte Partei trat dem Impugnationsbegehren im wesentlichen mit dem Vorbringen entgegen, der die Strafverhängung rechtfertigende Verstoß sei gesetzt und nur das Datum der Tageszeitung im Antrag versehentlich mit "30.September 1990" statt richtig "29.September 1990" angegeben worden. Es sei aber eindeutig die Beilage Rubrik Fertighäuser im K***** vom 29.September 1990 gemeint.

Das Erstgericht gab den Einwendungen statt und erklärte die mit Beschluß vom 10.Oktober 1990 erfolgte Strafverhängung für unzulässig. Es sei unbestritten, daß der im Strafantrag behauptete Verstoß am 30. September 1990 nicht stattfand. Die betreibende Partei habe in ihrem Exekutionsantrag irrtümlich ein falsches Datum angegeben und könne sich nun nicht auf einen Verstoß vom 29.September 1990 berufen. Dieser Irrtum gehe zu ihren Lasten und sei nicht sanierbar. Schon deshalb seien die Einwendungen der klagenden Parteien gegen die Exekutionsführung berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Das Vorbringen im Exekutionsantrag stimme nicht, weil der Zeitung vom 30.September 1990 eine Rubrik Fertighäuser nicht beigelegt war. Auch könne im Impugnationsprozeß ein anderer Verstoß (Ankündigung am 29.September 1990) nicht mehr geltend gemacht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.

Welche Anforderungen an einen Exekutionsantrag oder Vollzugsantrag zu stellen sind, wenn ein Verstoß gegen eine mit einstweiliger Verfügung auferlegte Unterlassungsverpflichtung iSd § 26 MedG geltend gemacht wird, wurde bereits zu 3 Ob 77/91 = MuR 1991/209 = ecolex 1992, 787 = WBl 1991, 364 und 3 Ob 65/93 eingehend dargestellt. Die gebotene konkrete und schlüssige Behauptung des Zuwiderhandelns gegen das Verbot von Ankündigungen, Empfehlungen und Berichten, wenn für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, ohne daß den Vorschriften des § 26 MedG entsprochen wäre, erfordert nur die Angabe der Seitenzahlen der Zeitung, auf denen sich die als Verstoß gewerteten Einschaltungen befanden. Es bedarf weder der Vorlage von Belegexemplaren noch der Angabe konkreter "Verkaufsfälle", weil bei in großen Auflagen erscheinenden Tageszeitungen davon auszugehen ist, daß verlegte Zeitungen auch vertrieben und ihr Inhalt daher veröffentlicht wird (3 Ob 65/93 vom 28.April 1993).

Die beklagte Partei hat in ihrem Strafvollzugsantrag vom 1.Oktober 1990 die Seitenzahlen und die Rubrik Fertighäuser bezeichnet, allerdings nach ihren Behauptungen irrig als Tag des Erscheinens der Zeitung statt "29.September 1990" den "30.September 1990" genannt. Die klagende Partei brachte dazu in diesem Verfahren vor, die Rubrik "Fertighäuser" sei am 29.September 1990 nicht das erste Mal erschienen, sie erscheine öfters im K*****. Aus dem Vorbringen der Parteien folgt daher, daß eine "Rubrik Fertighäuser" nicht jeden Tag der von den klagenden Parteien herausgegebenen bzw vertriebenen Tageszeitung beiliegt. Ihnen mußte damit klar sein, daß es sich bei der Datumsangabe um einen offensichtlichen Schreibfehler und Irrtum der beklagten Partei handelt, weil sie wissen mußten, daß in der Zeitung vom 30.September 1990 keine der mit den Seitenzahlen konkretisierten Einschaltungen enthalten waren, wohl aber in der am Vortag herausgegebenen Zeitung. Damit kommt aber der irrigen Angabe des Datums nicht die ihr von den Vorinstanzen beigelegte Bedeutung zu, daß allein der Umstand, daß an diesem Tag die inkriminierten Ankündigungen, Empfehlungen oder sonstigen entgeltlich veröffentlichten Beiträge auf den bezeichneten Seitenzahlen der Zeitung nicht enthalten waren, die Unzulässigkeit der mit dem Strafantrag erreichten Strafverhängung bewirkt. Vielmehr konnte, weil den verpflichteten hier klagenden Parteien der Irrtum erkennbar war, eine Richtigstellung des Tages des Verstoßes noch nachgetragen werden. Nicht anders wäre es gewesen, wenn die betreibende Partei ihrem Strafantrag ein Belegexemplar vom 29.September 1990 beigelegt hätte, weil dann die Datumsverwechslung noch augenscheinlicher gewesen wäre.

Daß der Fehler im Exekutionsantrag der betreibenden Partei unterlief, schadet ihr dann nicht, wenn den verpflichteten Parteien dennoch erkennbar war, welcher Verstoß zum Anlaß des Strafantrages genommen wurde.

Da das Zuwiderhandeln schon im Exekutionsantrag ungeachtet der falschen Angabe des Tages der Herausgabe der Zeitung ausreichend konkret bezeichnet war, ist auf die von den klagenden Parteien aufgeworfene Frage der Verjährung nach § 20 UWG nicht einzugehen.

Es bedarf auch nicht der Auseinandersetzung mit der Frage, ob der betreibende Gläubiger im Impugnationsprozeß bei Bestreitung des der Exekutionsbewilligung zugrunde liegenden Verstoßes andere Verstöße "nachschießen" darf und die Impugnationsklage auch dann abzuweisen ist, wenn für dieselbe zeitliche Vollzugsstufe ursprünglich nicht geltend gemachte andere Verstöße erwiesen sind (Heller-Berger-Stix 2596; 3 Ob 46-66, 1053/91 vom 16.Oktober 1991). Ob diese Rechtsansicht aufrecht gehalten wird, ist hier nicht zu entscheiden; es wurde nämlich von der beklagten Partei nicht ein anderer in der selben Vollzugsstufe begangener Verstoß behauptet, sondern es ging immer nur um die Veröffentlichung der Beiträge auf den Seiten 39 bis 41 der Rubrik Fertighäuser in der Zeitung vom 29.September 1990.

Da die Vorinstanzen sich infolge ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsmeinung, die Richtigstellung des für die Gegner erkennbar irrigen Tagesangabe vom 30.September 1990 auf den 29. September 1990 sei nicht zulässig, mit den übrigen von den klagenden Parteien in ihrer Klage erhobenen Einwendungen nach § 36 EO nicht auseinandergesetzt haben und es dazu einer Verhandlung und Erörterung in erster Instanz bedarf, sind ihre Urteile aufzuheben. Die Sache ist an das Prozeßgericht erster Instanz zurückzuverweisen (§ 510 Abs 1 ZPO).

Auf die sonstigen Rechtsausführungen kann nicht eingegangen werden, solange der zu beurteilende Sachverhalt nicht feststeht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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