European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00169.17Z.1025.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß
§ 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 66 Abs 1 JN ist der Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen.
Von einem Wohnsitz kann nur dann die Rede sein, wenn neben dem körperlichen Moment des tatsächlichen Aufenthalts an einem bestimmten Ort das Willensmoment der erweislichen Absicht, dort einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, nach außen hin erkennbar wird
(RIS‑Justiz RS0046600 [T3]). Ein Mehrfachwohnsitz ist möglich, wenn die Absicht besteht, die mehreren Orte zum jeweiligen Mittelpunkt der Lebensführung zu machen (RIS‑Justiz
Für die Frage der Begründung eines – zweiten – Wohnsitzes ist nicht allein die Dauer der Aufenthalte ausschlaggebend, sondern vor allem auch, ob Umstände vorliegen, die eine dauernde Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Entscheidend ist, dass der Aufenthaltsort bewusst zum wirtschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Mittelpunkt gemacht wird (RIS‑Justiz
RS0046688 [T3]).
2. Die behördliche Meldung ist demgegenüber für die Wohnsitzbegründung oder ‑aufgabe ohne Bedeutung (
RIS‑Justiz
RS0046711 [T1]; RS0046692). Der erkennende Senat sieht sich durch die im außerordentlichen Revisionsrekurs ins Treffen geführte – nicht näherbegründete – Lehrmeinung von Mayr in Rechberger 4 § 66 JN Rz 2 aE, wonach sich derjenige, der durch eine behördliche Meldung nach außen hin den Rechtsschein erwecke, es bestehe dort ein Wohnsitz, „auch gefallen lassen muss“, dort geklagt zu werden, nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits judiziert, dass der Grundsatz, wonach jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat, auch für prozessuale Tatbestände wie die örtliche Zuständigkeit oder inländische Gerichtsbarkeit gilt (RIS‑Justiz
RS0037797 [T34]). Demgemäß gehen die vom Rekursgericht geprüften und übernommenen Negativfeststellungen des Erstgerichts zum Aufenthalt des Beklagten an der im Sprengel des Erstgerichts liegenden Adresse zu Lasten der Klägerin.
4. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, diese Negativfeststellungen seien ohne Relevanz, weil sich aus den übrigen Feststellungen entgegen der Ansicht der Vorinstanzen der Schluss ziehen lasse, dass der Beklagte (mit unstrittigem Wohnsitz in Moskau) im Sprengel des Erstgerichts einen zweiten Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt habe, versucht sie im Ergebnis in unzulässiger Weise, die – vor dem Obersten Gerichtshof unangreifbare – Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen zu bekämpfen (RIS‑Justiz RS0123663; RS0040278 [T1]).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)