Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Landesgericht Innsbruck hat mit Beschluss vom 29. 4. 1983, 5 Nc 479/83-1, der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei aufgrund des Vergleichs des Landesgerichts München I vom 29. 11. 1982, Zahl 2407904/82, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 115.000 DM samt 15 % Zinsen seit 1. 11. 1981 und der Antragskosten die Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ ***** KG ***** (Bezirksgericht Lienz) und EZ ***** KG ***** (Bezirksgericht Spittal an der Drau) bewilligt.
Mit Beschluss vom 1. 7. 1983, 5 Nc 479/83-4, hat das Landesgericht Innsbruck diese Exekution über Antrag des Verpflichteten gemäß § 83 Abs 2 EO bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen die Exekutionsbewilligung erhobenen Widerspruchs aufgeschoben. In teilweiser Stattgebung eines Rekurses der betreibenden Partei hat das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht diesen Beschluss dahin abgeändert, dass die Aufschiebung der Exekution vom Erlag einer Sicherheitsleistung durch den Verpflichteten in der Höhe von 100.000 S binnen drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses abhängig gemacht wurde. Ein von der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck erhobener Revisionsrekurs wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 12. 10. 1983, 3 Ob 148/83, zurückgewiesen, soweit er sich gegen die Aufschiebung der Exekution an sich richtete; soweit er sich gegen die Höhe der auferlegten Sicherheit richtete, wurde ihm nicht Folge gegeben. Der Verpflichtete hat die ihm auferlegte Sicherheit nicht erlegt.
Mit der am 28. 7. 1983 beim Landesgericht Innsbruck überreichten Klage (nunmehr 14 Cg 308/83 des Landesgerichts für ZRS Wien) erhob der Verpflichtete gegen den geltend gemachten Anspruch Einwendungen nach § 35 EO. Der Verpflichtete brachte vor, er habe dem am 3. 8. 1981 verstorbenen Jürgen H***** am 30. 7. 1981 ein Software-Paket für die Abhaltung von Kleinkaliber-Schießgroßveranstaltungen unter Beischluss von erheblichen Adressmaterial verkauft; der vereinbarte Kaufpreis sei in zwei Raten, und zwar 146.000 DM zum 31. 12. 1982, weitere 146.000 DM zum Jahresende 1984, zur Zahlung fällig gewesen. Die betriebene Forderung sei durch Aufrechnung mit der Ende 1982 fällig gewordenen Gegenforderung von 146.000 DM getilgt worden. Gleichzeitig stellte der Verpflichtete (neuerlich) den Antrag, die Exekution ohne Erlag einer Sicherheitsleitung aufzuschieben.
Mit Beschluss vom 13. 10. 1983, ON 12, gab das Erstgericht dem Aufschiebungsantrag bis zur rechtskräftigen Erledigung der Oppositionsklage statt, ohne die Aufschiebung der Exekution von einer Sicherheitsleistung des Verpflichteten abhängig zu machen, da es die vom Verpflichteten vorgelegte, mit „Jürgen H*****“ unterschriebene Verkaufsvereinbarung als hinreichend unbedenkliche Urkunde ansah.
Das Rekursgericht machte die Aufschiebung der Exekution vom Erlag einer Sicherheitsleistung durch den Verpflichteten in der Höhe von 200.000 S binnen drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses abhängig. Es führte aus, dass die bereits bewilligte, mangels Erlags der aufgetragenen Sicherheitsleistung jedoch unwirksam gebliebene Exekutionsaufschiebung einer neuerlichen Aufschiebung aufgrund einer Klage nach § 35 EO nicht im Wege stehe. Gemäß § 44 Abs 2 Z 1 EO sei jedoch die Aufschiebung der Exekution von einer entsprechenden Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig zu machen, wenn die Tatsachen, auf die sich die Einwendungen gegen den Anspruch oder gegen die Exekutionsbewilligung (§§ 35 und 36) stützten, nicht durch unbedenkliche Urkunden dargetan seien. Unter unbedenklichen Urkunden iSd § 44 Abs 2 Z 1 und des § 40 Abs 1 EO könnten nicht schon solche Urkunden verstanden werden, die frei von besonderen, ihre Glaubwürdigkeit beeinträchtigenden Mängeln seien; es müsse sich vielmehr um Schriftstücke handeln, denen eine besondere Glaubwürdigkeit zukomme. Der (nur) in Fotokopie vorgelegten Verkaufsvereinbarung vom 30. 7. 1981 müsse die erforderliche besondere Glaubwürdigkeit abgesprochen werden, zumal selbst bei Vorliegen der Urkunde in Original für das Gericht nicht überprüfbar wäre, ob die auf ihr ersichtliche Unterschrift tatsächlich von Jürgen H***** stamme. Berücksichtige man die voraussichtliche Dauer des Oppositionsstreits von 1 ½ bis 2 Jahren und den zusätzlichen Zinsenlauf während dieser Zeit, erscheine eine Sicherheitsleistung von 200.000 S angemessen.
Der Verpflichtete bekämpft den Beschluss des Rekursgerichts mit Revisionsrekurs und beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Exekution bis zur rechtskräftigen Erledigung der Oppositionsklage ohne Auferlegung einer Sicherheit aufgeschoben werde. Er macht geltend, dass die vorgelegte Verkaufsvereinbarung vom 30. 7. 1981 durch die gleichfalls vorgelegte Provisionsvereinbarung vom 30. 7. 1981 und durch das Schreiben des Jürgen H***** vom 8. 9. 1981 gestützt und dokumentiert werde; denn aus diesem Schreiben ergebe sich, dass das laut Verkaufsvereinbarung vom 30. 7. 1981 von Jürgen H***** erworbene Software-Paket dem Bezirksschützenmeister Rudolf S***** unter Beischluss eines umfangreichen Dokumentationskonvoluts angeboten worden sei. Die Verkaufsvereinbarung vom 30. 7. 1981 sei auf Geschäftspapier des kaufmännischen Unternehmens des Jürgen H***** festgehalten worden; es komme ihr auch deshalb erhöhte Glaubwürdigkeit zu.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Wie bereits vom Rekursgericht dargelegt wurde, müssen Urkunden, um iSd § 44 Abs 2 Z 1 EO als „unbedenklich“ angesehen werden zu können, im besonderen Maße glaubwürdig sein. Das Ausmaß der erforderlichen Glaubwürdigkeit wird aus der Bestimmung des § 40 EO augenscheinlich. Nach § 40 EO kann der Verpflichtete, wenn der betreibende Gläubiger nach Entstehung des Exekutionstitels oder bei gerichtlichen Entscheidungen nach dem im § 35 Abs 1 EO angegebenen Zeitpunkt befriedigt wurde, Stundung bewilligt oder auf die Einleitung der Exekution überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, ohne vorläufig gemäß §§ 35 oder 36 EO Klage zu erheben, die Einstellung der Exekution in Antrag bringen. Der Entscheidung über den Antrag hat eine Einvernehmung des betreibenden Gläubigers voranzugehen. Wird die Befriedigung oder Erklärung des betreibenden Gläubigers durch unbedenkliche Urkunden dargetan, so kann von seiner Einvernehmung abgesehen werden.
Durch die Verwendung desselben Ausdrucks „unbedenkliche Urkunden“ in den §§ 40 und 44 EO ist klargestellt, dass an jene Urkunden, durch die iSd § 44 Abs 2 Z 1 EO die Tatsachen, auf die sich die Einwendungen gegen den Anspruch oder gegen die Exekutionsbewilligung (§§ 35 und 36 EO) stützen, dargetan werden müssen, um eine Aufschiebung der Exekution ohne Sicherheitsleistung des Antragstellers zu rechtfertigen, zumindest erhöhte Anforderungen gestellt werden müssen (vgl Heller-Berger-Stix 553 und 521, EvBl 1974/266, EvBl 1966/456). Handelt es sich um private Urkunden, wird deshalb in der Regel erforderlich sein, dass sie nicht nur frei von ihre Glaubwürdigkeit beeinträchtigenden Mängeln, wie etwa Radierungen, Ausbesserungen und dergleichen, sind, sondern dass auch Zweifel darüber, dass die auf der Urkunde bekundeten Erklärungen von der betreibenden Partei (oder ihrem Vertreter) stammen und von ihr gefertigt sind, nicht bestehen (vgl Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht2, 116). Bei anderer Ansicht wäre es möglich, dass der Verpflichtete aufgrund von Bestätigungen dritter Personen, die das Gericht nicht kennt, auch die Einstellung der Exekution erlangen könnte (vgl EvBl 1966/456).
Aus welchen Gründen die Glaubwürdigkeit der Verkaufsvereinbarung vom 30. 7. 1981 durch die Provisionsvereinbarung vom gleichen Tag gestützt werden soll, ist nicht ersichtlich und wird auch im Revisionsrekurs des Verpflichten nicht dargetan. Aber auch das Schreiben vom 8. 9. 1981 vermag die Glaubwürdigkeit der Verkaufsvereinbarung vom 30. 7. 1981 nicht zu beeinflussen. Dass dem Adressaten jenes Schreibens, dem Bezirksschützenmeister Rudolf S*****, ein Software-Paket angeboten wird, geht aus jenem Schreiben entgegen den Behauptungen im Revisionsrekurs nicht hervor; es wird durch dieses Schreiben dementsprechend auch nicht bescheinigt, dass der dem Rudolf S***** angebotene „Service der Mitgliederverwaltung“ mit dem von Jürgen H***** am 30. 7. 1981 angeblich erworbenen Software-Paket ident ist. Für das Schreiben vom 8. 9. 1981 wurde darüber hinaus zwar Geschäftspapier des Jürgen H***** verwendet, doch wurde es von einem Herrn R***** - Jürgen H***** war ja bereits verstorben - unterschrieben, und es ist in keiner Weise dargetan, dass dieser ermächtigt war, für die Verlassenschaft des Jürgen H***** zu handeln oder dessen Unternehmen fortzuführen.
Für sich allein aber kann der „Verkaufsvereinbarung“ vom 30. 7. 1981 nicht die erforderliche besondere Glaubwürdigkeit beigemessen werden. Der Umstand, dass für dieses Schreiben Geschäftspapier des Jürgen H***** verwendet wurde, spricht zwar für den Aufschiebungswerber, vermag aber für sich allein die nach vorstehenden Ausführungen zu fordernde Glaubwürdigkeit nicht zu begründen. Die Unterschrift des Jürgen H***** ist dem Gericht nicht bekannt, sodass keine Gewähr dafür besteht, dass die Verkaufsvereinbarung tatsächlich von ihm unterschrieben wurde und also er sich zur Zahlung der in der Verkaufsvereinbarung genannten Beträge verpflichtet hat. Es ist darüber hinaus merkwürdig, dass die Vereinbarung, die (im Gegensatz etwa zum Schreiben vom 8. 9. 1981) lediglich handschriftlich festgehalten wurde, nicht auch vom Verpflichteten als dem Verkäufer unterfertigt wurde, und dass der Verpflichtete sich mit Vergleich vom 29. 11. 1982 zur Zahlung des betriebenen Betrags verpflichtete, obwohl die nunmehr geltend gemachte Gegenforderung nur etwa einen Monat nach dem Abschluss des Vergleichs fällig geworden ist.
Mit Recht hat das Rekursgericht den Urkunden, auf die der Verpflichtete seine Einwendung gegen den betriebenen Anspruch stützt, die erforderliche besondere Glaubwürdigkeit nicht beigemessen. Die Auferlegung einer Sicherheit war deshalb gerechtfertigt.
Die Höhe der Sicherheitsleistung, von der das Rekursgericht die Aufschiebung der Exekution abhängig gemacht hat, wird vom Verpflichteten nicht bekämpft. Der Oberste Gerichtshof pflichtet den in der angefochtenen Entscheidung zu ihrer Begründung angestellten Erwägungen bei.
Der Revisionsrekurs erweist sich damit als unbegründet, sodass ihm ein Erfolg versagt bleiben musste.
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