Spruch:
Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich auf die Liegenschaft EZ 781 GB ***** bezieht, zurückgewiesen.
Im Übrigen wird ihm dahin Folge gegeben, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Gabriele S***** ist schuldig, dem Ersteher Franz B***** die mit 686,88 EUR (darin 114,48 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Im Zwangsversteigerungsverfahren gegen vier Verpflichtete wurden u.a. die 4/5 Anteile BLNr 4-7 an der Liegenschaft EZ 679 (LN) und die Liegenschaft EZ 781 (Wald und LN), je GB ***** um Meistbote von 5.006 EUR und 1.778,50 EUR demselben Meistbietenden unter dem Vorbehalt der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zugeschlagen. Dieser - in der Folge als Ersteher bezeichnet - erhielt von der Grundverkehrsbezirkskommission am 21. November 2006 diese Genehmigung, worauf das Exekutionsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 die Erteilung des Zuschlags ON 69 ausfertigte. Der Beschluss wurde am 19. Dezember 2006 in der Ediktsdatei bekannt gemacht.
Gabriele S***** - in der Folge Überbieterin genannt - stellte u.a. für die eingangs angeführten Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile Überbote von 10.200 EUR und 3.600 EUR.
Mit Beschluss vom 9. Jänner 2007 ON 78 beschrieb das Erstgericht diese beiden Überbote und trug der Überbieterin auf, binnen vier Wochen die Entscheidung der Grundverkehrsbehörde zu beantragen. Entsprechend der Zustellverfügung („mit RS") zu diesem Beschluss wurde dessen Ausfertigung samt einer Kopie des schriftlichen Überbots auch dem Ersteher am 16. Jänner 2007 ohne jedwede Belehrung zugestellt.
Mit Schreiben vom 23. Jänner 2007 ON 81 erhöhte der Ersteher seine Meistbote auf 10.201 EUR und 3.601 EUR und kündigte auch deren Überweisung am nächsten Tag an.
Mit Bescheid vom 20. Februar 2007 erhielt die Überbieterin die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ihres Rechtserwerbs. Das Erstgericht wies sämtliche Überbote der Überbieterin mit der Begründung zurück, dass ua der Ersteher der oben genannten Liegenschaften (bzw Liegenschaftsanteile) seine Meistbote nach § 197 EO erhöht habe.
Dem allein gegen die Zurückweisung ihrer Überbote in Ansehung der eingangs genannten beiden Liegenschaften erhobenen Rekurs der Überbieterin gab das Gericht zweiter Instanz dahin Folge, dass es den angefochtenen Beschluss insoweit aufhob und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auftrug. Es sprach aus, dass in Ansehung der Liegenschaft EZ 679 der ordentliche Revisionsrekurs zulässig, in Ansehung der Liegenschaft EZ 781 aber der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.
Das Rekursgericht bejahte ein Rekursrecht der Überbieterin. Sie habe der EO entsprechende Überbote gelegt. Dagegen habe der Ersteher diese nicht rechtzeitig entkräftet. Zwar sei der Eingangsvermerk des Erstgerichts unvollständig, es liege aber schon das Datum der Abfassung des Schriftsatzes ON 81 mit 23. Jänner 2007 außerhalb der mit Zustellung am 16. Jänner 2007 ausgelösten dreitägigen Frist des § 197 zweiter Satz EO. Darauf sei daher nach hM nicht Rücksicht zu nehmen. Dass das Erstgericht entgegen der Übung und dem Muster Nr. 237 im Formbuch zur Zivilprozessordnung und Exekutionsordnung seine Verständigung ohne Belehrung nach § 197 EO übermittelt habe, könne daran nichts ändern. Nach § 24 Abs 1 bgldGVG 1995 hätte auch die Aufforderung an den Überbieter zur Erwirkung der grundverkehrsbehördlichen Entscheidung vor der Verständigung des Erstehers vom Überbot zu erfolgen, dies sei in concreto aber ohnehin der Fall gewesen, weil die Überbieterin den betreffenden Beschluss einen Tag vor dem Ersteher erhalten habe. Mangels Erlags der von der Überbieterin angebotenen Sicherheit könne deren Überbot noch nicht angenommen werden; es sei der angefochtene Beschluss daher ersatzlos aufzuheben. Das Erstgericht werde in der Folge der Überbieterin den Erlag der Sicherheit binnen sieben Tagen aufzutragen haben. Der Revisionsrekurs sei in Ansehung des höheren Überbots zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung von § 24 Abs 1 bgldGVG, insbesondere im Verhältnis zu § 197 EO, existiere.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Erstehers ist in Ansehung der Liegenschaft EZ 781 unzulässig, in Ansehung der Liegenschaft EZ 679 dagegen zulässig und auch berechtigt.
1. Wie schon vom Rekursgericht zutreffend dargelegt wurde, ist als Entscheidungsgegenstand bei der Entscheidung über die Annahme oder Zurückweisung eines Überbots dessen Höhe anzusehen (3 Ob 111-116/88 [nicht: 311/88] ua; RIS-Justiz RS0002952). Das Überbot für die Anteile an der EZ 781 überstieg mit 3.600 EUR nicht 4.000 EUR, weshalb der Revisionsrekurs nach § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig ist. Zur Begründung dafür, weshalb eine Zusammenrechnung der beiden noch strittigen Überbote nicht zu erfolgen hat, ist auf die richtigen Ausführungen des Rekursgerichts zu verweisen. Wenn die Regeln über die Beschränkung des Rechtszugs zum Obersten Gerichtshof im Einzelfall dazu führen, dass auch unrichtige Entscheidungen zweiter Instanz, ohne anfechtbar zu sein, in Rechtskraft erwachsen, dann liegt dies in der Natur der Sache eines solchen Systems. Nun mag dies als besonders störend empfunden werden, wenn die dargestellte Schranke der Rechtsmittelzulässigkeit zu divergierenden Entscheidungen in gleich gelagerten Fällen führt. Dennoch folgt daraus nicht die Anfechtbarkeit jener Entscheidungen, deren Entscheidungsgegenstand die untere Wertgrenze für die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses nicht erreicht. Werden mehrere Liegenschaften (und wäre es auch nur eines Verpflichteten) getrennt versteigert, können sie eben ein unterschiedliches Schicksal haben, wie gerade auch das vorliegende Verfahren zeigt. Die Entkräftung ihrer Überbote für zwei weitere Liegenschaften (durch eine andere Ersteherin) nahm eben die Überbieterin ohne Widerstand hin, während sie bei der dritten eine unanfechtbare Entscheidung der zweiten Instanz zu ihren Gunsten erwirkte und bei der vierten - wie zu zeigen sein wird - wiederum dem Ersteher den Vortritt lassen muss. Soweit der Ersteher die Entscheidung des Rekursgerichts über das Überbot von 3.600 EUR bekämpft, ist sein Revisionsrekurs somit zurückzuweisen.
2. In Ansehung des Überbots von 10.200 EUR ist der Revisionsrekurs diesem folgend zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bisher die (über den Einzelfall hinaus bedeutende) Frage nicht beantwortete, ob - insbesondere im Zusammenhang mit § 24 bgldGVG 1995 - eine Verständigung des Erstehers von einem Überbot ohne Belehrung die Frist des § 197 zweiter Satz EO auslöst.
Der Revisionsrekurs ist insoweit auch berechtigt.
Wie schon das Gericht zweiter Instanz darlegte, enthält § 197 EO (ebenso wenig wie eine andere Norm) keine Verpflichtung des Exekutionsgerichts, den Ersteher zusammen mit seiner Verständigung von einem Überbot darüber zu belehren, dass es ihm nach dessen zweitem Satz freistehe, dieses Überbot „innerhalb dreier Tage, nachdem ihm das letzte rechtzeitig eingelangte Überbot mitgeteilt wurde" auf den Betrag des höchsten Überbots zu erhöhen. Davon abgesehen ändert nach ständiger Rechtsprechung auch das Fehlen der nach den anzuwendenden zivilverfahrensrechtlichen Normen vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung nichts am Ablauf der jeweiligen Rechtsmittelfrist (2 Ob 97/56 uva; RIS-Justiz RS0109747;
ebenso Fasching in Fasching/Konecny, ZPO IV/1² Einleitung Rz 46;
Zechner, ebendort § 521 ZPO Rz 16). Für die Frist zur Entkräftung eines Überbots kann nichts anderes gelten, auch wenn dem Exekutionsverfahren eine Wiedereinsetzung fremd ist (§ 58 Abs 2 EO). Allerdings kann § 197 erster Satz EO nicht so verstanden werden, dass tatsächlich der Ersteher von jeglichen Überboten zu verständigen wäre. Angst (in Angst, EO, § 196 Rz 2, § 197 Rz 1; ebenso schon Heller/Berger/Stix, EO4 1397, 1400) folgend, werden unzulässige (etwa zu niedrige oder verspätete) Überbote ohne Verständigung des Erstehers sofort zurückzuweisen sein. Zu berücksichtigen ist weiters, dass erst die Mitteilung des letzten rechtzeitigen Überbots die Frist des § 197 zweiter Satz EO auslöst. Wegen der Kürze der bloß dreitägigen Frist kann dem Ersteher eine Akteneinsicht innerhalb dieser nicht zugemutet werden, weshalb - da er ja nicht wissen kann, ob noch andere spätere Überbote vorliegen - der Fristbeginn bei richtiger Auslegung voraussetzt, dass dem Ersteher die Eigenschaft des bekanntgegebenen Überbots als letztes (oder auch als einziges und damit zwangsläufig auch letztes) ausdrücklich mitgeteilt wird (nicht so deutlich Heller/Berger/Stix aaO 1400). Erst eine solche Mitteilung löst ja nach dem Gesetz die Frist zur Entkräftung durch Erhöhung des Meistbots aus. Das war hier nicht der Fall.
Zudem ging für den Ersteher aus dem ihm zugestellten Beschluss ON 78 zwar hervor, dass die beiden Überbote rechtzeitig waren, die Überbieterin sich zur Einhaltung der Versteigerungsbedingungen (s aber SZ 35/98; 3 Ob 111-116/88) verpflichtet hatte, und auch die wertmäßigen und persönlichen Voraussetzungen des § 195 Abs 2 EO vorlagen. Es blieb aber offen, ob die Überbieterin die grundverkehrsgesetzlichen Vorschriften erfülle; dass dies noch nicht geklärt war, ging unzweifelhaft aus dem ihr gleichzeitig erteilten Auftrag hervor, eine Entscheidung oder Genehmigung der Grundverkehrsbezirkskommission binnen vier Wochen zu beantragen. Das Abstellen des § 197 zweiter Satz EO auf das letzte rechtzeitig eingelangte Überbot zeigt mit hinreichender Deutlichkeit, dass dem Ersteher nur wirksame, also iSd § 195 Abs 2 EO zu berücksichtigende Überbote zu dem Zweck, sein Meistbot erhöhen zu können, zu übermitteln sind. Entgegen Angst (aaO § 195 Rz 2) ist die mangelnde Erhöhung durch den Ersteher nicht von vornherein als Wirksamkeitsvoraussetzung für das Überbot, wohl aber dessen Entkräftung als ein Hindernis für dessen Annahme nach § 198 Abs 1 EO anzusehen (vgl dazu Angst aaO § 198 Rz 8 f; Feil, EO4 § 197 Rz 3). Der Entkräftung bedarf eben nur ein iSd § 195 Abs 2 EO iVm dem jeweiligen Landesgrundverkehrsrecht wirksames Überbot; fehlt es schon an den in dieser Norm genannten Voraussetzungen oder an jenen nach dem betreffenden GVG, ist eben (wie auch Angst aaO § 195 Rz 1, § 198 Rz 8 lehrt) ein solches Überbot zurückzuweisen und gar nicht dem Ersteher mitzuteilen. In solchen Fällen bleibt ihm die Entscheidung, ob er sein Meistbot entsprechend erhöht, erspart. Ein solches System - nur wirksame Überbote werden dem Ersteher mitgeteilt, unwirksame dagegen sofort, nachträglich vom Ersteher entkräftete dagegen eben danach zurückgewiesen - vermeidet überflüssige Zustellungen von Überboten an den Ersteher und erspart auch Überlegungen, welche Rechtsfolgen es hat, wenn ein Ersteher - woran er nach § 197 dritter Satz EO gebunden sein soll - ein unwirksames Überbot entkräftet und dieses erst danach zurückgewiesen wird (was in Ansehung der Meistbotserhöhung für die in Rede stehenden Liegenschaftsanteile noch zu beurteilen sein wird). Überdies lösen auch Verständigungen von erkennbar nach dem jeweiligen GVG (hier § 24 Abs 2 iVm § 22 Abs 1 bgldGVG 1995 über den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren) noch nicht wirksamen Überboten die Entkräftungsfrist nicht aus. Aus dem bgldGVG 1995, das nach § 33 bgldGVG 2007 auf das bereits anhängige Verfahren noch anzuwenden ist, folgt nichts anderes. Zwar geht aus der zu § 197 erster Satz EO spezielleren Regelung des § 24 bgldGVG 1995 (vgl 3 Ob 2194/96k = JBl 1998, 389) eindeutig hervor, dass die Aufforderung zur Antragstellung nach diesem Gesetz an den Überbieter vor Verständigung des Erstehers vom Überbot zu erfolgen habe, was zwanglos wohl dahin zu verstehen sein wird, dass die in § 197 EO so genannte Mitteilung erst nach einem positiven Ausgang des grundverkehrsrechtlichen Verfahrens zu erfolgen hat (wofür § 24 Abs 2 bgldGVG 1995 spricht, wonach in einem solchen Fall das Überbot dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen ist; idS zum vergleichbaren § 22 Abs 1 stmkGVG LGBl 1983/72 3 Ob 111-116/88; ebenso Puster, Zwangsversteigerung 2001 Rz 974); auf die zeitliche Abfolge bloß der Zustellungen von Aufforderung nach § 24 Abs 1 bgldGVG 1995 und Mitteilung iSd § 197 zweiter Satz EO wird entgegen dem Rekursgericht nicht abzustellen sein. Daraus allein kann aber nicht abgeleitet werden, die entgegen dieser Regel vorher erfolgte Verständigung des Erstehers könne die Frist des § 197 EO nicht auslösen. Da aber die dargelegte Regelung im GVG, auf die § 195 Abs 2 EO Bedacht nimmt, nicht in Widerspruch zu den oben dargestellten Erwägungen zum Fristbeginn steht, kann daraus auch für Liegenschaften, deren Erwerb dem bgldGVG unterliegt, nicht gefolgert werden, die entgegen diesem Gesetz verfrüht erfolgte Verständigung würde den Fristenlauf in Gang setzen. Ob mit der Entscheidung 3 Ob 111-116/88 tatsächlich die nach dem Landes-GVG verfrühte Mitteilung vom Überbot schon an sich als gesetzwidrig auch wirkungslos ist, bedarf daher keiner näheren Untersuchung.
Die Pflicht zur Verständigung des Erstehers von einem Überbot nach § 197 erster Satz EO entsteht erst mit dem Vorliegen des wirksamen (in casu: grundverkehrsbehördliche Bewilligung nach dem bgldGVG) Überbots des letzten Überbieters. Erst mit einer solchen Verständigung beginnt die Frist des § 197 zweiter Satz EO.
Aus jedem der beiden dargestellten Gründe (Fehlen der Bezeichnung als letztes Überbot, schwebend unwirksames Überbot) folgt (auch für sich allein), dass die Mitteilung des Überbots durch Zustellung des Beschlusses ON 78 an den Ersteher die Frist des § 197 zweiter Satz EO nicht auslöste. Somit hatte sie auch im Zeitpunkt seines Schriftsatzes vom 23. Jänner 2007 noch gar nicht zu laufen begonnen, weshalb er sein Meistbot in Ansehung der Liegenschaftsanteile EZ 679 jedenfalls fristgerecht erhöhte. Demnach wies das Erstgericht zu Recht insoweit das Überbot zurück.
Diese Erwägungen führen zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses in diesem Umfang.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO. Durch den Rekurs der Überbieterin entstand ein Zwischenstreit mit dem in dritter Instanz teilweise siegreichen Ersteher, dem Kosten auf Basis des Überbots für die ihm verbleibenden Liegenschaftsanteile zustehen. Für das Verfahren zweiter Instanz bleibt der Kostenvorbehalt unberührt, weil die endgültige Entscheidung über das Überbot für die andere Liegenschaft zufolge Rechtskraft des darüber ergangenen Aufhebungsbeschlusses noch aussteht.
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