OGH 3Ob159/10v

OGH3Ob159/10v13.10.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friederike L*****, vertreten durch Dr. Thomas C. Mair, Rechtsanwalt in Bad Ischl, und des Nebenintervenienten auf der Seite der klagenden Partei Eduard L*****, Vereinigte Staaten von Amerika, vertreten durch Mag. Sigrun List, Rechtsanwältin in Eugendorf, als Verfahrenshelferin, gegen die beklagte Partei B***** T*****, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung (§ 231 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 19. Mai 2010, GZ 22 R 19/10p-41, womit das Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom 12. November 2009, GZ 1 C 1/09h-25, bestätigt wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.886,66 EUR (darin 481,11 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Zugunsten der Klägerin ist ob einer Liegenschaft die Dienstbarkeit der Wohnung einverleibt. Dieser gehen im Rang Pfandrechte der beklagten Bank vor, und zwar zu C-LNR 11 eines über 4 Mio S sA und infolge einer Vorrangeinräumungserklärung das Pfandrecht C-LNR 14a im Höchstbetrag von 6.300.000 S. 1989 war im Erbweg der Sohn der Klägerin (der Nebenintervenient) Eigentümer dieser Liegenschaft geworden. Die beklagte Partei erwirkte gegen den Genannten am 10. September 1996 ein Versäumungsurteil über 4.612.152,18 S. In dem von der beklagten Partei gegen ihn zur Hereinbringung dieses Betrags geführten Zwangsversteigerungsverfahren wurden die oben genannte und eine weitere Liegenschaft der Meistbietenden um 500.000 EUR zugeschlagen. Das Erstgericht wies das Meistbot mit Beschluss vom 11. August 2008 im Vorzugsrang der örtlichen Gemeinde, dann im besten bücherlichen Rang einer Bank und schließlich mit dem Restbetrag von 394.543,24 EUR im weiteren bücherlichen Rang der beklagten Bank zu. Der Klägerin wurde wegen Erschöpfung des Meistbots nichts zugewiesen.

Das Rekursgericht verwies den Widerspruch der Klägerin gegen die von der beklagten Partei angemeldete Forderung, wonach diese bereits getilgt und erloschen sei, auf den Rechtsweg (s 3 Ob 9/09h).

In ihrer mit Schriftsatz vom 8. Jänner 2009 eingebrachten Widerspruchsklage gemäß § 231 EO führte die Klägerin zusätzlich im Wesentlichen aus:

Der Verpflichtete (Nebenintervenient) habe die offene Kreditforderung zur Gänze bezahlt. Er habe mit derselben Begründung eine Oppositions- und eine Löschungsklage erhoben. Die beklagte Bank habe dem Nebenintervenienten am 12. März 1996 die offene Forderung zum Stichtag 31. März 1996 mit (umgerechnet) 14.768,15 EUR bekannt gegeben. Am 18. Juli 1997 habe er (umgerechnet) 72.672,83 EUR gezahlt.

Die beklagte Partei wendete ein, das Verfahren über die vom Nebenintervenienten auf dieselbe unrichtige Behauptung gestützte Oppositionsklage sei zunächst bis zur rechtskräftigen Erledigung der Löschungsklage unterbrochen worden. Im Hinblick auf den Verlust des Eigentumsrechts des Nebenintervenienten durch den Zuschlag sei im Verfahren über diese Klage aber Ruhen vereinbart worden. Mit dem Schreiben vom 12. März 1996 sei dem Schuldner das Ausmaß der Überziehung, nicht aber die Höhe der ganzen offenen Forderung mitgeteilt worden. Tatsächlich habe der Debetsaldo auf dem Konto 4.443.214,18 S betragen. Die Zahlung der (umgerechnet) 72.672,83 EUR habe der Nebenintervenient zum Zweck der Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens geleistet. Die beklagte Partei habe mit ihm vereinbart, dass mit der Zahlung weitere, nicht titulierte Kreditkonten und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens abgedeckt würden. Nur der Rest von 20.586,44 S sei vereinbarungsgemäß am 8. August 1997 dem mehrfach erwähnten Konto gutgeschrieben worden. Selbst bei Widmung der Zahlung für dieses Konto hafte der vom Exekutionsgericht zugewiesene Betrag weiter aus.

Mit Schriftsatz vom 19. März 2009 stützte sich die Klägerin zusätzlich auf eine Sanierungsvereinbarung mit der beklagten Partei, wonach der Nebenintervenient eine Liegenschaft verkauft und den Erlös von etwa 18 Mio S zur Gänze für die Tilgung seiner Kreditverbindlichkeiten verwendet habe. Das Schreiben vom 12. März 1996 sei in die Zeit der Geltung einer Stundungsvereinbarung gefallen. Danach wären keine Annuitäten, also kein Kapital zurückzuzahlen gewesen. Die beklagte Partei müsse den Verlauf sämtlicher Kreditkonten offen legen. Sie dürfe auch Tilgungszahlungen nicht auf andere, schlechter besicherte Forderungen anrechnen.

Die beklagte Partei replizierte, nach den bestehenden Verträgen sei sie wegen der Zinsenrückstände des Nebenintervenienten zur Fälligstellung berechtigt gewesen.

Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung eines späteren Vorbringens der Klägerin über angeblich widmungswidrige Verwendung von Zahlungen als in Verschleppungsabsicht erstattet.

Der Nebenintervenient schloss sich allen Behauptungen der Klägerin an.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil ab.

Es traf unter anderem folgende Feststellungen:

„Dass die Forderung (…), für die die beklagte Partei Zuweisung aus dem Meistbot begehrte, durch die am 18. Juli 1997 erfolgte Zahlung von ATS 1 Million getilgt und die Schuld damit erloschen ist, kann nicht festgestellt werden. Im Zeitpunkt der Erlassung des Meistbotsverteilungsbeschlusses haftete diese Forderung jedenfalls mit € 394.543,24 aus.“

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstrichters habe die Zahlung der (umgerechnet) 72.672,83 EUR im Juli 1997 nichts (mehr) mit der ab 1998 weiter betriebenen Forderung zu tun. Nach der im Sinn des Vorbringens der beklagten Partei festgestellten Vereinbarung sei die Zahlung nur mit einem geringen Restbetrag auf die titulierte Forderung angerechnet worden. Damit habe die Klägerin ihre für das Widerspruchsverfahren relevante und zulässige, weil schon im Meistbotsverteilungsverfahren vorgebrachte Behauptung der Tilgung nicht beweisen können. Selbst bei Widmung der Zahlung ausschließlich auf die betriebene Forderung würde sie noch mit dem im Meistbotsverteilungsverfahren zuerkannten Betrag aushaften. Gegenstand der Widerspruchsklage nach § 231 EO sei nur die Feststellung, ob der Teilnahmeanspruch des Beklagten nach Rang, Grund oder Höhe zu Recht bestehe. Dieser gründe sich hier auf Pfandrecht und Versäumungsurteil. Vorbringen, das sich auf einen neuen Rechtsgrund und neue Tatsachen beziehe, sei unzulässig. Das gelte für die Behauptungen, durch Abverkauf von Liegenschaften vor dem Jahr 1996 seien alle Forderungen getilgt worden oder es lägen widmungswidrige Verrechnungen vor.

Das Gericht zweiter Instanz verwarf die Nichtigkeitsberufung des Nebenintervenienten und bestätigte mit Urteil über die Berufungen desselben und der Klägerin das Ersturteil. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz und sah auch die Beweis- und Tatsachenrüge der Berufungswerber als nicht berechtigt an.

In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zweiter Instanz zunächst aus, dass es an einem hinreichenden Vorbringen der Klägerin zu Zeitpunkt und Höhe der angeblichen Rückzahlungen fehle. Schon deswegen könne dahingestellt bleiben, inwieweit sie sich im Rahmen ihrer Einwendungen in der Verteilungstagsatzung vom 1. Juli 2008 bewege. Jedenfalls in der Klage hätte die Klägerin konkrete Behauptungen über Zahlungen, Zahlungszeitpunkte Zahlungshöhe und gegebenenfalls Widmung aufzustellen gehabt.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil sich bei dem obzwar als ausreichend nach § 231 EO anzusehenden Widerspruchsvorbringen der Klägerin die Problematik ergebe, welche darüber hinausgehenden inhaltlichen Erfordernisse noch zusätzlich für eine Prozessführung nach dieser Norm erforderlich seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts, dessen Begründung sich die Klägerin im Wesentlichen anschließt, nicht zulässig.

Nur der Vollständigkeit halber ist klarzustellen, dass der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO überflüssig war, weil der Entscheidungsgegenstand der Widerspruchsklage nach § 231 EO der Höhe der damit bekämpften Zuweisung entspricht (3 Ob 1013/95 = SZ 68/93 = JBl 1995, 662 [Pfersmann] mwN).

Diese Klage ist, jedenfalls, soweit es wie hier nur um das Nichtzurechtbestehen der erfolgten Zuweisung geht, eine negative prozessuale Feststellungsklage, dass der Teilnahmeanspruch im Meistbotsverteilungsverfahren nach Rang, Grund und Höhe nicht besteht (3 Ob 1013/95 mwN; Angst in Angst, EO² § 231 Rz 7 mwN; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht5 Rz 322). Von der (im darüber eingeleiteten Prozess nicht mehr zu beantwortenden) Frage, was notwendiger Inhalt eines Widerspruchs gegen die Meistbotsverteilung ist (vgl dazu 3 Ob 9/09h), ist die ganz allgemeine zu unterscheiden, welches Vorbringen für die Schlüssigkeit einer Klage erforderlich ist. Mag auch in der Frage der für die Beachtlichkeit des Widerspruchs erforderlichen Konkretisierung des Tatsachenvorbringens keine völlige Übereinstimmung in Rechtsprechung und Lehre bestehen (vgl etwa 3 Ob 282/02w, 3 Ob 9/09h einerseits und Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO §§ 212 - 214 Rz 28 und die von diesem zitierten Entscheidungen andererseits), gibt es doch in der Exekutionsordnung keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die allenfalls eher großzügige Behandlung eines Widerspruchs enthebe den auf den Rechtsweg Verwiesenen seiner nach allgemeinen Regeln bestehenden Behauptungslast im Prozess. Demnach kommt es im Gegensatz zur Ansicht der Berufungsinstanz auf Besonderheiten einer Widerspruchsklage nicht an, bestehen doch solche (nach den §§ 232, 233 EO) nur in für die zu fällende Entscheidung nicht wesentlichen Punkten.

Ob die Beurteilung des Berufungsgerichts, dem Vorbringen der Klägerin mangle es - wohl abgesehen von der den Saldo nach den Feststellungen nicht unter den zugewiesenen Betrag drückenden, sehr wohl schon in der Klage konkretisierten Zahlung vom 18. Juli 1997 - an der erforderlichen Schlüssigkeit, zutrifft, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet demnach außer bei gravierender Fehlbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0037780). Die Klägerin kann sich nicht auf Rechtsprechung für ihre Ansicht stützen, das Berufungsgericht stelle zu hohe Anforderungen an ein für den schlüssigen Einwand der Schuldtilgung durch Zahlung erforderliches Vorbringen. Schon aus der Entscheidung 3 Ob 282/02w ist abzuleiten, dass an das Klagevorbringen höhere Anforderungen zu stellen sind als an den Widerspruch, sei dem Gesetz doch nicht zu entnehmen, dass „der Widerspruch bereits das vollständige Vorbringen der Widerspruchsklage zu enthalten hätte“. Die mit den von der Klägerin angeführten Entscheidungen behandelten Fragen lassen sich mit der hier wesentlichen nicht vergleichen. Ob die Argumente dafür, dass nach dem Zweck des § 231 (Abs 1) EO der Zeitpunkt der Zahlungen nicht genannt werden müsse, für die Beachtlichkeit des Widerspruchs selbst zutreffen, ist im Prozess über die Widerspruchsklage, der mangels abweichender Regelungen der ZPO unterliegt (vgl etwa schon 3 Ob 44/94; 3 Ob 123/85 ua, RIS-Justiz RS0003324 [zur Bewertung nach § 500 ZPO]), nicht zu untersuchen.

Es bedarf daher auch keiner Klärung, ob das von der Revisionswerberin als das wesentliche bezeichnete ergänzende Vorbringen nicht schon wegen Verstoßes gegen den Grundsatz, dass die Widerspruchsklage nur auf das schon im Widerspruch Vorgebrachte gestützt werden kann (RIS-Justiz RS0003261), unbeachtlich wäre (so das Erstgericht mit eingehender Begründung).

Auch sonst macht die Klägerin Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO bezeichneten Qualität nicht geltend. Ihre Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision hingewiesen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte