OGH 3Ob156/98g

OGH3Ob156/98g24.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Rolf P*****, wider die verpflichtete Partei Cornelia W*****, vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 27.263,75, AZ 6 E 253/98k des Bezirksgerichtes Feldkirch, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 4. Mai 1998, GZ 4 Nc 3/98a-1, womit über die Ablehnung sämtlicher Richter des Landesgerichtes Feldkirch durch die verpflichtete Partei entschieden wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der im übrigen bestätigt wird, wird dahin abgeändert, daß auch die Befangenheit des Richters des Landesgerichtes Feldkirch Dr. Mück festgestellt wird.

Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Schriftsatz vom 24.2.1998 (ON 9 des Exekutionsaktes), der auch einen Rekurs enthält, lehnte die Verpflichtete sämtliche Richterinnen und Richter des Landesgerichtes Feldkirch einschließlich dessen Präsidenten und Vizepräsidenten sowie sämtliche Richter/innen der Bezirksgerichte in Vorarlberg einschließlich deren Vorsteher sowie sämtliche Rechtspfleger in Vorarlberg ab und beantrage die Zuweisung der "Aufschiebungssache" an ein Bezirksgericht im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck.

Im Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 21. März 1997, 3 Nc 5/97m, sei ausgesprochen worden, daß im Verfahren 9 Cg 153/96a des Landesgerichtes Feldkirch dessen Präsident, dessen Vizepräsident und sämtliche Richter dieses Gerichtes befangen seien. Im vorliegenden Verfahren lägen dieselben Gründe vor. Sämtliche Richterinnen und Richter des Landesgerichtes Feldkirch sowie der Bezirksgerichte in Vorarlberg seien mit der betreibenden Partei befreundet. Dieselben Gründe lägen auch bei sämtlichen Rechtspflegern in Vorarlberg, darunter bei einer namentlich genannten Rechtspflegerin des Bezirksgerichtes Feldkirch vor.

Über Aufforderung des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch, zur behaupteten Befangenheit wegen Freundschaft mit dem Betreibenden Stellung zu nehmen, erklärten sich Präsident und Vizepräsident sowie die Richter des Landesgerichtes Feldkirch mit Ausnahme der Richter Dr. Fischer, Dr. Weißenbach, Dr. von der Thannen und Dr. Thurnher für nicht befangen.

Mit dem angefochtenen Beschluß erkannte das Oberlandesgericht Innsbruck die genannten Richter für befangen, wies aber im übrigen die Ablehnung zurück. Soweit der Ablehnungsantrag sämtliche Richter der Bezirksgerichte in Vorarlberg betraf, wurde die Rechtssache an das Landesgericht Feldkirch überwiesen.

Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß allein der Umstand, daß aufgrund der beruflichen Tätigkeit auch ein entsprechender Kontakt [zum Betreibenden, einem Rechtsanwalt mit Kanzlei am Sitz des Landesgerichtes Feldkirch] nicht zu vermeiden sei, eine Befangenheit nicht zu begründen vermöge. Es bestehe mit Ausnahme der im Spruch genannten Richter lediglich ein kollegiales Verhältnis und somit auch kein Naheverhältnis.

Diese Entscheidung bekämpft die Verpflichtete mit ihrem auf Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten Rekurs, mit welchem in erster Linie beantragt wird, der Ablehnung des Präsidenten, des Vizepräsidenten und sämtlicher Richter/innen des Landesgerichtes Feldkirch stattzugeben und die Aufschiebungssache zur Entscheidung über die Ablehnung sämtlicher Richter und Rechtspfleger in Vorarlberg an das Landesgericht Feldkirch zu überweisen. Hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Soweit sich die Verpflichtete erstmals im Rekurs darauf beruft, zwei weitere Richter hätten sich in einem Zivilprozeß vor dem Landesgericht Feldkirch wegen freundschaftlicher Beziehungen zum Betreibenden (offenbar im Jahr 1994) für befangen erklärt, liegt eine unbeachtliche Neuerung vor. Mangels entsprechender Behauptungen im Antrag war das Oberlandesgericht auch nicht gehalten von sich aus nach allenfalls relevanten Akten zu forschen.

Soweit geltend gemacht wird, die Stellungnahmen der Richter seien großteils unrichtig und unvollständig, daraus ließen sich die Feststellungen im angefochtenen Beschluß nicht ableiten, wird in Wahrheit zu Unrecht eine unrichtige Tatsachenfeststellung geltend gemacht. Die Rekurswerberin übersieht jedoch, daß die Richter, wie dargelegt, ausdrücklich nach allfälliger Befangenheit wegen Freundschaft zum Betreibenden befragt wurden, sodaß die Verneinung der Befangenheit auch die einer Freundschaft bedeutet.

Was die Begründung der Ablehnung mit einem Verweis auf das Verfahren 9 Cg 153/96 angeht, trifft es zwar zu, daß dazu keine ausdrückliche Stellungnahme eingeholt wurde. Es kann aber hier dahingestellt bleiben, ob ein derartiger Verweis auf einen Akt überhaupt der Vorschrift des § 22 Abs 1 JN genüge tut, weil die Rekurswerberin selbst einräumt, daß im angesprochenen Verfahren die Befangenheit angenommen wurde, weil ein Richter des betroffenen Gerichtshofes erster Instanz als Zeuge zu vernehmen war, was im vorliegenden Exekutionsverfahren nicht der Fall sei. Damit ist aber jedenfalls die Wesentlichkeit eines allfälligen Verfahrensmangels nicht gegeben, ergibt sich doch schon aus dem Vorbringen der Rekurswerberin eindeutig, daß der behauptete Befangenheitsgrund hier nicht gegeben ist, sodaß in der Nichtbeischaffung der bezughabenden Akten auch kein wesentlicher Mangel des Verfahrens liegen kann.

Auch die Rechtsrüge versagt im wesentlichen. Auch wenn es bei Ablehnung seitens einer Partei (anders als bei Selbstmeldung: s. Kodek in Rechberger Rz 4 zu § 19 JN) nicht allein auf die subjektive Selbsteinschätzung des abgelehnten Richters ankommen kann, vermochte die Verpflichtete keine objektiven Gründe für Zweifel an der Unbefangenheit der sich nicht ohnehin für befangen erklärenden Richter darzulegen. Ein kollegiales Verhältnis zu einem ortsansässigen Rechtsanwalt ist für sich allein dafür nicht ausreichend (vgl dazu die aaO Rz 6 zitierten E, wonach nicht einmal bei Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber für Laienrichter eine Bekanntschaft auf kollegialer Basis ausreicht).

Richtig ist allerdings, daß der Richter des Landesgerichtes Feldkirch Dr. Mück, wie der erkennende Senat erhoben hat, in einer der beiden Namenslisten (und zwar gerade in der zum vorliegenden Ablehnungsakt des Erstgerichtes genommenen zu 4 Nc 16/98m des LG Feldkirch angelegten) irrtümlich für nicht befangen, in der zweiten dagegen für befangen erklärt hat. Im Hinblick auf diesen Richter ist daher der Ablehnungsantrag berechtigt.

Dem Rekurs war somit insoweit Folge zu geben.

Im Ablehnungsverfahren findet ein Kostenersatz nicht statt.

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