OGH 3Ob152/01a

OGH3Ob152/01a27.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopold P*****, vertreten durch Rechtsanwälte und Verteidiger Dr. Johann Strobl, Mag. Wolfgang Lichtenwagner Partnerschaft in Rohrbach, wider die beklagten Parteien

1.) G***** OEG; 2.) Johanna G*****, und 3.) Stefan G*****, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung (Streitwert 60.000 S = 4.360,37 Euro) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 12. März 2001, GZ 22 R 28/01a-21, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Peuerbach vom 5. Dezember 2000, GZ C 476/00 a-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 407,09 Euro (darin 67,85 Euro USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt seit 1985 - ausgenommen die Jahre 1988 bis 1990 - am nördlichen (linken) Donauufer eine Fähre.

Seit 1990 betrieb ein Bruder des Drittbeklagten (im Folgenden nur 1. Betreiber) eine eigene Fähre, deren Rampe flußaufwärts etwa 600 m von der des Klägers entfernt ist. Am Donauufer liegt ein Radweg, auf dem man flußabwärts fahrend zuerst zu dieser Fähre gelangt. Dort weist ein etwa 2,5 x 1,5 m großes Schild auf die auch in Reiseführern genannte Fähre des Klägers hin. Der Radweg endet etwa 1 km nach der Rampe zur Fähre des Klägers; diese Fähre bietet die letzte Möglichkeit, um die 4,8 km entfernte Fortsetzung des Radwegs zu erreichen. Vor sechs bis sieben Jahren verkaufte der 1. Betreiber seine Fähre samt Zubehör an seine Stiefmutter (im Folgenden nur 2. Betreiberin), der die Schifffahrtskonzession erteilt wurde, während die bisherige Konzession erlosch. Sie schloss mit der Wasserstraßendirektion als Eigentümerin der Donaulände einen Bestandvertrag, der sie zur Benützung zweier Abschnitte für Steganlagen berechtigt. Die 2. Betreiberin betrieb die Fähre bis 1997; sie hatte einen Fährmann angestellt, ihr Ehegatte verkaufte gelegentlich Karten, sie selbst machte (fast) nichts. Im April 1999 verkaufte die 2. Betreiberin mit Ausnahme ihrer Konzession und einer 1996 angeschafften zweiten Fähre "alles, was sie 1994 vom 1. Betreiber erworben hatte", nämlich zwei Fähren samt Motor und Zubehör, zwei Ersatzmotoren und zwei Rampenanlagen an die erstbeklagte OEG, deren persönlich haftende Gesellschafter die Zweit- und Drittbeklagten sind. Der Fährmann wurde von der 2. Betreiberin Ende Oktober 1998 mündlich gekündigt. Er ist seit Aufnahme des Fährbetriebs durch die erstbeklagte Partei im April 1999 stiller Gesellschafter und lenkt wiederum die Fähre. Der erstbeklagten Partei wurde eine Konzession verliehen; sie schloß einen neuen Bestandvertrag mit der Wasserbaudirektion, übernahm aber weder das Geschäftskonto noch - tatsächlich nicht bestehende - Verbindlichkeiten der 2. Betreiberin.

Der 1. Betreiber verpflichtete sich als Beklagter gegenüber dem Kläger in einem am 9. Dezember 1993 vor dem Landesgericht Wels zu AZ 1 Cg 249/92y abgeschlossenen Vergleich (im Folgenden 1. Vergleich), es zu unterlassen, insbesondere an der Abzweigung des Donauradwanderwegs zu der von ihm betriebenen Fähre im Bereich der ... unwahre Tatsachenbehauptungen selbst oder durch seine Angestellten oder sonstige Mitarbeiter aufzustellen, insbesondere mit dem Inhalt, dass die Fähre des Klägers nicht mehr existiere, der Radweg nach dem Standort der Fähre des Beklagten (1. Betreibers) zu Ende und ein Übersetzen beim Anwesen des Klägers nicht mehr möglich sei. Die 2. Betreiberin anerkannte mit dem vor dem Bezirksgericht Eferding zu AZ 1 C 288/94y am 14. Dezember 1994 abgeschlossenen Vergleich, dass die dem Kläger aus dem 1. Vergleich zustehenden (Unterlassungs)Ansprüche gegen sie vollstreckbar sind. Ungeachtet der beiden Vergleiche setzten die 2. Betreiberin bzw die erstbeklagte Partei und/oder ihre Angestellten, insbesondere der Fährmann, das inkriminierte Verhalten fort. Auch im Sommer 2000 wurde eine unbekannte Anzahl von Radfahrern auf Höhe der Fährenrampe der erstbeklagten Partei durch die tatsachenwidrige Erklärung, die Fähre des Klägers fahre aufgrund des vermehrten Schiffsverkehrs nicht mehr bzw der Radweg ende nach 600 m und es gebe dort keine Fähre, "in die Irre geführt oder getäuscht". Nach wie vor gibt es indes die klägerische Fähre an ihrem ursprünglichen Standort. Der Kläger begehrte die urteilsmäßige Feststellung, sein Anspruch aus dem 1. Vergleich sei wider die beklagten Parteien vollstreckbar. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, mit dem Verkauf des Fährbetriebs seien alle Rechte und Pflichten aus dem Fährbetrieb auf die beklagten Parteien übergegangen. Mitarbeiter der erstbeklagten Partei hätten im Sommer 2000 wiederum falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt, insbesondere dass der klägerische Fährbetrieb nicht existiere. Die Beklagten wendeten ein, es liege keine Gesamtrechtsnachfolge vor. Eine Feststellungsklage dieser Art sei unzulässig, weil der 1. Betreiber höchstpersönliche Leistungs- und Unterlassungsverpflichtungen eingegangen sei.

Das Erstgericht gab der Klage, ausgehend von einer Unternehmensübertragung nach § 1409 ABGB an die erstbeklagte Partei, statt. Der im gerichtlichen Vergleich festgelegte Anspruch erstrecke sich daher auf die erstbeklagte OEG sowie die Zweit- und Drittbeklagten als deren Gesellschafter.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Ein Übergang der Schuld iSd § 9 EO liege nur dann vor, wenn der frühere Gläubiger oder Schuldner aus dem Rechtsverhältnis ausgeschieden sei. Für unternehmensbezogene Verpflichtungen gelte ebenso, dass ein Übergang der Schuld iSd § 9 EO nur bei einer den Schuldner befreienden Gesamtrechtsnachfolge oder bei einer privativen Schuldübernahme in Frage komme. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Die zweite Instanz sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 52.000 S und die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO sei zulässig, weil der Frage der Rechtskrafterstreckung unternehmensbezogener Unterlassungsverpflichtungen über den vorliegenden Einzelfall hinaus eine grundsätzliche rechtserhebliche Bedeutung zukomme und mit Ausnahme der (die Rechtsansicht Klickas als zu weit gehend erachtenden) Entscheidung 3 Ob 281/98i keine auf den vorliegenden Fall übertragbare Rsp des Höchstgerichts zu dieser Frage aufgefunden werden konnte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem zweitinstanzlichen Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Gemäß § 9 EO kann aufgrund eines Exekutionstitels zugunsten einer anderen als der darin bezeichneten Person oder wider eine andere als die darin benannte Person nur Exekution geführt werden, wenn der Anspruch oder die Verpflichtung auf diese Person "übergegangen" ist und der Rechtsübergang durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bewiesen wird. Übergegangen ist aber ein Anspruch oder eine Verpflichtung nur, wenn der frühere Gläubiger oder Schuldner aus dem Rechtsverhältnis ausgeschieden ist, weil andernfalls nicht von einem Übergang der Forderung oder Schuld gesprochen werden kann. Zu einem solchen Übergang kommt es aber auf Seiten des Verpflichteten - wie hier - bloß im Fall der Gesamtrechtsnachfolge und - im Fall einer hier zu beurteilenden Einzelrechtsnachfolge - bei befreiender (privativer) Schuldübernahme (3 Ob 180/97k; 3 Ob 281/98i = RdW 1999,

532) einschließlich der Vertragsübernahme, weil dies dem Wortlaut des § 9 EO entspricht. Das Berufungsgericht folgte den Grundsätzen dieser Rsp. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in der Entscheidung 3 Ob 281/98i ua mit der Lehrmeinung Klickas (in ecolex 1990, 205 ff) auseinandergesetzt. Auch die seitdem erschienenen Kommentare bieten für die Rechtsmeinung des Klägers keine Stütze. Jakusch (in Angst, EO § 9 Rz 2, 30 f) lehrt, dass durch die Veräußerung eines Unternehmens (§ 1409 ABGB) kein Übergang der Forderungen und Schulden des Unternehmens bewirkt werde; es könne daher auch nicht durch Nachweis des Erwerbs aufgrund eines gegen den Veräußerer ergangenen Exekutionstitels Exekution gegen den Erwerber geführt werden. Auch nach Meinhart/Burgstaller (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 9 Rz 50 f, § 10 Rz 11 mwN) bewirkt nur eine privative, nicht jedoch eine kumulative Schuldübernahme eine Einzelrechtsnachfolge iSd § 9 EO. Der erkennende Senat sieht sich auch durch die Rechtsmittelausführungen nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rsp abzugehen.

§ 9 EO betrifft freilich den Fall des Rechtsübergangs vor Bewilligung der Exekution. Im vorliegenden Fall strebt der Kläger keine Exekution, sondern die urteilsmäßige Feststellung an, sein bestehender Unterlassungstitel sei gegen die beklagten Parteien vollstreckbar. Die Grundsätze des § 9 EO sind aber auch in einem solchen Fall anwendbar.

Soweit der Kläger in der Revision argumentiert, der von ihm 1993 erwirkte Exekutionstitel (1. Vergleich) habe sich "niemals gegen eine bestimmte Person, sondern gegen diese Person als Unternehmer und konkret Betreiber der Fähre G*****" gerichtet, entfernt er sich vom allein maßgeblichen Wortlaut dieses gerichtlichen Vergleichs, wonach sich "die beklagte Partei" (ohne weitere Zusätze, somit der 1. Betreiber) zur Unterlassung bestimmter Tatsachenbehauptungen verpflichtet. Der Rechtsmittelhinweis auf § 234 ZPO übersieht, dass es nicht im vorliegenden Prozess zu einer Veräußerung des Fährenbetriebs kam, sondern bereits lange vor Einbringung der Klage. Die Revision des Klägers ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagten Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen.

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