European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00148.16K.1213.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Folgende Grundsätze entsprechen der maßgebenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Haftung einer Prospektkontrollorin:
1.1. Ein Emissionsprospekt, der (bloß) von der Möglichkeit der Verbindung der Funktion einer oder mehrerer Manager mit jener des Verwahrers spricht, obwohl die Verbindung der Funktion eines einzigen Managers mit jener des Verwahrers im Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits verwirklicht war, stellt das erst durch diese tatsächliche Verbindung entstehende, im Anlassfall auch schlagend gewordene Veruntreuungsrisiko nicht ausreichend dar (5 Ob 26/14f; 9 Ob 63/14a; 3 Ob 212/15w; 6 Ob 229/15t; 8 Ob 26/16f; 2 Ob 41/16t).
1.2. War der Prospektkontrollorin zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Prospektkontrolle positiv bekannt, dass der Manager zum Zeitpunkt der Prüfung des zu beurteilenden Verkaufsprospekts auch Verwahrerin des Fondsvermögens war, ist das grobe Verschulden der Prospektkontrollorin zu bejahen. Dass es sich dabei um einen zentral risikoerhöhenden Umstand handelte, der die Malversationen des Madoff überhaupt erst ermöglichte, muss eine Großbank wissen; es wäre an ihr als Prospektkontrollorin gelegen, darauf zu dringen, dass der Verkaufsprospekt diesen zentral risikoerhöhenden Umstand in ausreichend klarer Deutlichkeit zum Ausdruck bringt. Die ins Auge fallende Mangelhaftigkeit des Prospekts rechtfertigt daher die Annahme eines groben Sorgfaltsverstoßes einer Großbank, wenn sie dennoch den Bestätigungsvermerk erteilt (5 Ob 26/14f; 9 Ob 63/14a; 3 Ob 212/15w; 6 Ob 229/15t; 8 Ob 26/16f). Entscheidend ist, was den Mitarbeitern der Prospektkontrollorin unter Zugrundelegung der positiven Kenntnis von den tatsächlichen Gegebenheiten bei der Prospektprüfung aufgefallen ist bzw auffallen hätte müssen (3 Ob 212/15w; 6 Ob 229/15t).
2.1. Die von der Revision angesprochene E 2 Ob 41/14i, der die E 9 Ob 89/14z folgte, wurde bereits mit der E 5 Ob 26/14f ausdrücklich abgelehnt, der – wie bereits dargestellt – zahlreiche weitere Entscheidungen, darunter auch des 2. und 9. Senats folgten.
2.2. Auch in der ebenso von der Beklagten für ihren Standpunkt ins Treffen geführten E 6 Ob 190/12b wird eine aus heutiger Sicht bereits aufgegebene Rechtsansicht vertreten.
2.3. Ein Widerspruch der Berufungsentscheidung zur E 1 Ob 71/14v ist schon deshalb nicht zu erkennen, weil die im RIS einsehbare Begründung des Zurückweisungsbeschlusses nicht offenbart, worin die dort klagende Partei wann und auf welcher Prospektgrundlage investierte.
3. Da weder der Emissionsprospekt für den Primeo Exekutive Fund, Stand Juli 2006, noch jener für den Primeo Select Fund, Stand 25. April 2007, einen ausreichend klaren Hinweis darauf enthielten, dass derzeit/seit der Gründung des Fonds die Veranlagung/Führung des Fonds durch einen Manager in Form eines Managed Account/Direktkontos erfolgte, dh die (Sub-)Verwahrung und die Verwaltung der Gelder und Wertpapiere tatsächlich schon in der Hand eines Managers lagen, der dadurch de facto über das gesamte Fondsvermögen ohne jegliche Kontrolle verfügen konnte, ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, auf die vorliegenden Erwerbsvorgänge sei die „Herald-Judikatur“, also die bereits mehrfach angesprochene aktuelle Judikatur seit der E 5 Ob 26/14f, anzuwenden und eine mangelhafte Prospektkontrolle der Beklagten zu bejahen, jedenfalls vertretbar und bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.
4. Die zahlreichen Hinweise der Beklagten auf zum Teil aus dem Zusammenhang gerissene Formulierungen in den Prospekten und auf weitere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs ändern nichts daran, dass sie nicht in der Lage ist, eine einzige, für die hier zu beurteilenden Erwerbe relevante Passage in den beiden Emissionsprospekten zu nennen, der klar zu entnehmen wäre, dass die (Sub-)Verwahrung und die Verwaltung der Gelder und Wertpapiere in der Hand eines Managers bereits Realität war.
5. Soweit die Beklagte die Kausalität der angenommenen Prospektmängel in Abrede stellt, übergeht sie den für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellten Sachverhalt, wonach ein Erwerb der Fonds-Anteile unterblieben wäre, hätte der Vermögensverwalter des Klägers gewusst, dass Verwaltung und Verwahrung in einer Hand vereint sind. Daher fehlt es dazu an einer gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge (RIS-Justiz RS0043312).
Die in diesem Zusammenhang geforderten, den vom Erstgericht getroffenen in Wahrheit widersprechenden ergänzenden Feststellungen stellen inhaltlich eine in dritter Instanz unzulässige Beweisrüge (RIS-Justiz RS0069246 ua) dar, auf die nicht einzugehen ist.
6. Auch dem Einwand mangelnden (groben) Verschuldens der Beklagten fehlt die Grundlage:
Da das grobe Verschulden der beklagten Bank ungeachtet des Umstands, dass die erste Entscheidung dazu (2 Ob 41/14i) eine mangelhafte Prospektkontrolle verneinte, in der Rechtsprechung nunmehr einheitlich bejaht wird (5 Ob 26/14f; 9 Ob 63/14a; 3 Ob 212/15w; 6 Ob 229/15t; 8 Ob 26/16f), kann sich die Beklagte auf bei der Prospektkontrolle noch gar nicht existente Judikatur nicht berufen.
7. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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