OGH 3Ob140/57

OGH3Ob140/5720.3.1957

SZ 30/18

Normen

WechselG Art16
WechselG Art16

 

Spruch:

Jeder Blankoindossant ist durch sein Giro allein bereits wechsellegitimiert; er braucht weder nachzuweisen, daß er den Wechsel nicht weitergegeben, noch daß er ihn rückgelöst hat. Auch die Durchstreichung von Indossamenten ist zur Erhaltung der Wechsellegitimation nicht erforderlich.

Entscheidung vom 20. März 1957, 3 Ob 140/57.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht seinen Wechselzahlungsauftrag vom 9. Juni 1956, 2 Cg 933/56, aufrechterhalten und den Beklagten schuldig erkannt, der Klägerin die Wechselsumme von 45.000 S samt Nebengebühren binnen drei Tagen zu bezahlen. Es stellte fest, daß der vom Beklagten ausgestellte Wechsel an Erich B. und von diesem mit Vollindossament vom 12. April 1956 an die Ordre der Klägerin weiterbegeben wurde. Der Wechsel trage unter dem oben erwähnten Indossament auf der Rückseite die Unterschrift der Klägerin (Blankoindossament). Der Wechsel sei zunächst von Dr. Leopold P. namens des Erich B. eingeklagt worden, doch sei die Klage nach Erhebung von Einwendungen durch den Beklagten bei der ersten Streitverhandlung unter Anspruchsverzicht zurückgezogen worden. Der Wechsel sei Dr. Leopold P. von der Klägerin zur Präsentation und Einklagung übermittelt worden. Lediglich durch ein Versehen der Kanzlei des Dr. Leopold P. sei der Wechsel namens des Erich B. eingeklagt worden. Eine Weitergabe oder Rückübertragung des Wechsels seitens der Klägerin an Erich B. sei jedoch nicht erfolgt. Der Einwendung des Beklagten, daß die Klägerin zur Wechselklage nicht legitimiert sei, komme daher Berechtigung nicht zu.

Der dagegen seitens der beklagten Partei erhobenen Berufung wurde nicht Folge gegeben. Das Berufungsgericht führte hiezu aus:

Der Berufungswerber mache geltend, daß das Erstgericht aus der auf der Rückseite des Wechsels gesetzten Unterschrift der Klägerin, die ein Blankoindossament darstelle, den unrichtigen Schluß gezogen habe, daß die Klägerin zur Wechselklage legitimiert sei; es widerstreite der formellen Wechselstrenge, der Beurteilung des Sachverhaltes andere tatsächliche Voraussetzungen als solche, die sich aus der Urkunde selbst ergeben, zugrunde zu legen. Diese Ansicht des Berufungswerbers könne jedoch nicht gebilligt werden. Zur formellen Wechselstrenge würden die bei der Ausstellung des Wechsels zu beachtenden Formerfordernisse, die Fristen und Rechtshandlungen, von deren Einhaltung die Zulässigkeit des Rückgriffes abhänge, und die Möglichkeit der Durchsetzung in einem schnellen Verfahren gerechnet. Sei der Wechsel aber einmal eingeklagt, so gelten nur mehr die Bestimmungen der ZPO., die lediglich hinsichtlich der Einwendungen des Beklagten Beschränkungen enthielten. Es bestehe daher kein Hindernis, daß das Erstgericht die Behauptung der Klägerin sie habe den Wechsel nicht weitergegeben, überprüft und demnach darüber Beweise aufgenommen habe.

Weiter mache der Berufungswerber geltend, das Blankoindossament habe die Wirkung des Rechtsüberganges; die Klägerin habe dadurch ihr Wechselrecht übertragen, sie hätte diese Wirkung nur durch Streichung des Blankoindossaments hindern oder rückgängig machen können. Da sie dies nicht getan habe, sei sie nicht mehr zur Geltendmachung des Wechselrechtes legitimiert. Auch diese Auffassung sei rechtsirrig, denn das Indossament sei nur die Form, in der die Wechselrechte übertragen werden könnten. Die Übertragung des Wechselrechtes geschehe durch einen Vertrag, den sogenannten Begebungsvertrag. Sei ein Begebungsvertrag nicht zustandegekommen, so könne dieser Umstand von dem in Anspruch genommenen Wechselschuldner trotz des Indossierungsvermerkes geltend gemacht werden, sofern nicht gutgläubiger Erwerb einen Dritten gegen diesen Einwand schütze. Der Einwand des mangelnden Begebungsvertrages sei aber nicht nur dem wechselmäßig Verpflichteten, sondern auch dem Berechtigten möglich. Wenn der Blankoindossant den Wechsel in der Hand behalte, sei er auch bei nicht durchstrichenem Indossament Wechselberechtigter. Dies ergebe sich aus der Bestimmung des Art. 16 WG., wonach derjenige, der den Wechsel in Händen habe, als rechtmäßiger Inhaber des Wechsels gelte. Diese Bestimmung enthalte keinerlei Einschränkung, und der Inhaber sei daher auch dann als Wechselberechtigter anzusehen, wenn er den Wechsel indossiert habe. Es bestunde also auch kein Hindernis für die Klägerin, Wechselrechte geltend zu machen, wenn sie den Wechsel tatsächlich weitergegeben und ihn später wieder zurückerhalten hätte. Als Inhaberin des Wechsels sei die Klägerin auf jeden Fall anzusehen, weil sie den Wechsel in Händen habe. Freilich handle es sich bei der Legitimation des Wechselinhabers nur um eine widerlegbare Rechtsvermutung. Eine Widerlegung der Vermutung sei aber im vorliegenden Falle nicht erfolgt.

Unzutreffend sei schließlich die Ansicht des Berufungswerbers, der Anspruch aus dem gegenständlichen Wechsel sei durch die Zurückziehung der früheren Klage unter Anspruchsverzicht durch Erich B. erloschen. Nur der Genannte habe auf seinen Anspruch verzichtet. Er habe dies auch nur für seine Person tun können, während die Rechte der formell aus dem Wechsel berechtigten Klägerin davon nicht berührt worden seien. Diese könne daher ihre Rechte selbständig geltend machen. Prozessual bestehe ebenfalls kein Hindernis gegen die Geltendmachung des Wechselrechtes durch die Klägerin, weil der Beklagte und die Klägerin eine einheitliche Streitpartei bildeten. Es bestehe auch keine Vorschrift, daß ein Wechsel nur einmal Gegenstand eines Wechselverfahrens sein könnte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes (Slg. Czel. 935) hat jeder Wechselberechtigte originäre Rechte, die mit denen der Nachmänner nicht identisch sind. Es kann ihm daher die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache weder vom Akzeptanten noch von einem Regreßpflichtigen entgegengehalten werden, ohne Rücksicht darauf, wie der von einem anderen Wechselberechtigten eingeleitete Wechselprozeß ausgegangen ist. Demnach kommt auch der Rückziehung der seitens des Erich B. eingebrachten Wechselklage unter Anspruchsverzicht für die Entscheidung keine Bedeutung zu. Auch die Legitimation der Klägerin ist gegeben, da jeder Blankoindossant durch sein Giro allein bereits wechsellegitimiert ist (Slg. Czel 680, 688). Ob die Klägerin den Wechsel an Erich B. weitergegeben oder rückgelöst hat, oder ob eine Weitergabe des Wechsels überhaupt nicht stattgefunden hat und nur durch einen Irrtum des Anwaltes die erste Klage namens des Erich B. und nicht namens der Klägerin erhoben wurde, erscheint gleichfalls nicht von rechtlichem Belang. Der Besitz des Wechsels allein legitimiert den Kläger als Blankoindossanten. Dieser braucht weder nachzuweisen, daß er den Wechsel nicht weitergegeben, noch daß er ihn rückgelöst hat. Auch die Durchstreichung von Indossamenten ist zur Erhaltung der Wechsellegitimation nicht erforderlich. Es wäre Sache des Beklagten gewesen, zu behaupten, daß die Klägerin den Wechsel auf rechtswidrige Art erworben hat. Eine solche Behauptung ist aber nicht aufgestellt worden. Das Berufungsurteil entspricht daher dem Gesetz.

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