OGH 3Ob120/95

OGH3Ob120/958.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria F*****, vertreten durch Dr.Martin Nagiller, Rechtsanwalt in Kufstein, wider die beklagten Parteien 1.) Alois S***** GmbH & Co, ***** vertreten durch Dr.Johann Cammerlander ua Rechtsanwälte in Innsbruck, 2.) Firma Karl S*****,

3.) Peter A*****, vertreten durch Dr.Johann Cammerlander ua Rechtsanwälte in Innsbruck, 4.) H***** reg GenmbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Waizer und Dr.Peter Waizer, Rechtsanwälte in Innsbruck, 5.) Manfred H*****, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 37 EO), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5.Oktober 1994, GZ 1 R 455/94-30, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 10.Mai 1994, GZ 1 C 389/92m-23, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

Beschluß

gefaßt:

Aus Anlaß der Revision wird das Berufungsurteil in seiner Entscheidung betreffend das im Pfändungsprotokoll des Bezirksgerichtes Hopfgarten, E 568/92 zu PZl 41 verzeichneten Tieres als nichtig aufgehoben.

2. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben; das Berufungsurteil, das in der Unzulässigerklärung der Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der im Pfändungsprotokoll des Bezirksgerichtes Hopfgarten E 568/92 zu PZl 2, 8, 9, 10, 15, 24, 26, 29, 33, 34, 42 und 47 verzeichneten Tiere als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen - dh hinsichtlich der PZl 4, 6, 11, 18, 30 und 32 und der Kostenentscheidung - dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die erst- und drittbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.971,58 (darin enthalten S 1.161,93 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 10.345,50 (darin enthalten S 1.394,25 USt und S 1.980,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Verfahren gegen die Zweit- und Fünftbeklagten trat in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 2.3.1993 Ruhen ein; gegen den Viertbeklagten ist das Urteil unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Die Erst- und Drittbeklagten führen gegen Josef F***** sen, Josef F***** jun und Gertraud F***** Fahrnisexekutionen. Am 23.10.1992 wurden ua 50 Stück Vieh (Kühe und Kälber) zu PZl 1-50 des Pfändungsprotokolls E 568/92 des Erstgerichtes gepfändet. Die unter PZl 41 gepfändete Kuh ist inzwischen verendet.

Die Klägerin begehrt mit Exszindierungsklage die Unzulässigerklärung dieser Exekutionen hinsichtlich mehrerer PZl, weil diese Stück Vieh in ihrem Eigentum stünden. Zu den unter PZl 4, 6, 11, 18, 30, 32 und 41 verzeichneten Tieren - die noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind - brachte die Klägerin vor, sie habe das Eigentumsrecht durch Kauf und körperliche Übergabe von Max L*****, Viehhändler in S*****, erworben; sie habe ihr Eigentumsrecht nie aufgegeben. Soweit Josef F***** sen oder jun beim Ankauf der strittigen Viehstücke tätig geworden seien, sei dies ausschließlich im Auftrag und nach den Anweisungen der Klägerin geschehen. Soweit der Eigentumserwerb nicht durch Zuwachs erfolgt sei, habe die Klägerin an allen Viehstücken jedenfalls mit Übergabe der Tiere in ihre Gewahrsame mit der Einstellung in die von ihr gepachteten Ställe Eigentum erworben.

Die Erst- und Drittbeklagten bestritten das Eigentumsrecht der Klägerin, die tatsächlich nur zum Schein vorgeschoben worden sei, um zu verhindern, daß die Gläubiger pfändbares Vermögen vorfinden können.

Das Erstgericht erklärte die Exekutionen hinsichtlich aller PZl für unzulässig; es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Klägerin entstammt einer Bauernfamilie und ist mit der Landwirtschaft durch und durch vertraut. Seit Sommer 1987 ist sie Pächterin des Hofes "W*****", seit Sommer 1989 auch des Hofes "B*****"; sie ist weiters Pächterin des Hofes "L*****". Im Dezember 1987 heiratete die Klägerin Josef F***** jun, der wie seine Eltern Josef F***** sen und Gertraud F***** hoch verschuldet ist. Die Pachtung der Landwirtschaften erfolgte über Kreditaufnahmen durch die Klägerin, wobei sich Josef F***** jun und Gertraud F***** als Bürgen zur Verfügung stellten. Seit die Klägerin Pächterin der Höfe ist, bestimmt sie dort als Bäurin; Josef F***** jun hilft ihr bei der Arbeit. Josef F***** sen hilft nur selten, weil er aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht imstande ist, schwere Arbeiten auszuführen, er wohnt nicht auf diesen Höfen, sondern in einer Mietwohnung der Klägerin.

Josef F***** sen ist für das Konto der Klägerin zeichnungs- und verfügungsberechtigt, im Innenverhältnis aber an die Zustimmung der Klägerin gebunden. Er traf keine Verfügungen ohne Einverständnis der Klägerin.

Die unter PZl 4, 6, 11, 18, 30, 32 und 41 gepfändeten Tiere wurden im Auftrag der Klägerin von Josef F***** sen und jun vom Verkäufer Max L***** gekauft. Gegenüber dem Verkäufer wurde das Vertretungsverhältnis nicht offengelegt. Alle Kühe wurden in die Ställe der Anwesen "B*****" und "W*****" gebracht. Alle gepfändeten Tiere mit Ausnahme der verendeten Kuh PZl 41 befinden sich nach wie vor im Eigentum der Klägerin. Schriftliche Kaufverträge sind nicht vorhanden.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, der Klägerin sei es gelungen, ihr Eigentum an den gepfändeten Tieren zum Zeitpunkt der Pfändung und während der Prozeßführung zu beweisen. Die Klägerin sei aufgrund der Kaufverträge und anschließenden Übernahme in den eigenen Stall Eigentümerin geworden. Die auf § 37 EO gestützte Exszindierungsklage sei daher zu Recht erhoben worden.

Dieses Urteil wurde von den Erst- und Drittbeklagten mit Berufung insoweit angefochten, als der Klage hinsichtlich der PZl 2, 4, 6, 11, 18, 30 und 32 stattgegeben wurde; hinsichtlich der PZl 41 wurde das Urteil nicht angefochten.

Infolge Berufung der Erst- und Drittbeklagten bestätigte das Berufungsgericht dieses Urteil hinsichtlich des zu PZl 2 verzeichneten Tieres; insoweit ist das der Exszindierungsklage stattgebende Berufungsurteil unangefochten in Rechtskraft erwachsen; das Mehrbegehren, die Exekutionen seien auch hinsichtlich der PZl 4, 6, 11, 18, 30, 32 und 41 unzulässig, wurde abgewiesen. Dabei wurde der Umstand, daß das Ersturteil hinsichtlich PZl 41 überhaupt nicht angefochten worden war, vom Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht beachtet.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den es erkannt habe, S 50.000,-- übersteigt und die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei, weil sich das Berufungsgericht auf eine einheitliche Rechtsprechung des Höchstgerichtes stützen könne.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, für den Erfolg einer auf sein Eigentum gestützten Exszindierungsklage des Dritten dürfe der Verpflichtete im Zeitpunkt der Vornahme der Pfändung nicht Eigentümer der gepfändeten und vom Exszindierungsbegehren betroffenen Sache gewesen sein; der Exszindierungskläger müsse vielmehr sowohl zum Zeitpunkt der Pfändung als auch jenem der Klagsführung Eigentümer gewesen bzw tatsächlich noch sein. Bezüglich der nunmehr umstrittenen Tiere sei der Kaufvertrag mit dem früheren Eigentümer tatsächlich von Josef F***** sen bzw Josef F***** jun abgeschlossen worden. Der Wille, im Namen eines anderen zu handeln, müßte aber im rechtsgeschäftlichen Verkehr ausreichend deutlich erklärt werden oder wenigstens aus den Umständen eindeutig erkennbar sein (Offenlegungsprinzip). Für die Offenlegung reiche nämlich nicht ohne weiteres aus, daß dem Dritten erkennbar wäre, der Handelnde wolle im Interesse eines anderen tätig werden, weil dies ebensogut im Wege der indirekten Stellvertretung geschehen könne; im Zweifel sei daher ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen. Das Wissen des anderen, daß auf der Seite des Handelnden Auftrag oder Ermächtigung vorliege oder daß die Arbeit, die in Auftrag gegeben werde, für einen anderen bestimmt sei, reiche zur Annahme des Handelns im Vollmachtsnamen nicht aus. Für die Frage, ob im eigenen oder fremden Namen gehandelt wird, sei also entscheidend, wie das Verhalten des Handelnden nach der Verkehrssitte verstanden werden müsse. Danach sei aber der Wille des Josef F***** sen oder des Josef F***** jun, im Namen der Klägerin zu handeln, nicht erkennbar gewesen; die Vertretungstätigkeit sei nämlich überhaupt nicht offengelegt worden. Sei aber der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar, so könne die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten; es liege nur eine indirekte Stellvertretung vor. Bei der indirekten Stellvertretung erwerbe der Vollmachtgeber gegenüber dem Geschäftspartner des Vollmachtsnehmers keinerlei Rechte, sodaß auch im Rechtsstreit mit einem Dritten nur der Vollmachtnehmer aktiv und passiv legitimiert wäre. Zur Übertragung der Rechte aus dem vom Vollmachtsnehmer mit dem Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäft auf den Vollmachtgeber bedürfte es jeweils eines entsprechenden sachenrechtlicher oder schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes. Mangels Beweises sachenrechtlicher Verfügungs- und schuldrechtlicher Deckungsgeschäfte zwischen der Klägerin und ihren indirekten Stellvertretern in bezug auf die von Max L***** erworbenen Tiere sei die Exszindierungsklage abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der zulässigen Revision ist von Amts wegen als Nichtigkeit wahrzunehmen, daß das Berufungsgericht die Anfechtungserklärung in der Berufung der Erst- und Drittbeklagten nicht beachtet. Das Ersturteil wurde hinsichtlich der PZl 41 (einer bereits verendeten Kuh) nicht angefochten. Insoweit war das Berufungsurteil wegen Verletzung der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils als nichtig aufzuheben.

Im übrigen ist die Revision berechtigt.

Die Klägerin stützt ihren Exszindierungsanspruch auf ihr Eigentum an den gepfändeten Kühen, das sie durch Kaufvertrag (titulus) und Übergabe (modus) vom Viehhändler Max L***** erworben habe.

Die Klägerin trat bei Abschluß des Kaufvertrags nicht persönlich als Käuferin auf; vielmehr wurden ihr Schwiegervater und ihr Ehegatte in ihrem Auftrag tätig, ohne daß dieses Vertretungsverhältnis dem Verkäufer gegenüber offengelegt wurde. Hiermit fehlt es an der Voraussetzung des Handeln "im Namen" des Vertretenen, damit dieser unmittelbar berechtigt oder verpflichtet wurde.

Der Wille, im Namen eines anderen zu handeln, muß im rechtsgeschäftlichen Verkehr ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen eindeutig erkennbar sein (Offenlegungsprinzip); war der Wille, in fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar, so kann die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten (RdW 1990, 342; SZ 53/138 ua). Es reicht für die Offenlegung nicht ohne weiteres aus, daß dem Dritten erkennbar ist, der Handelnde wolle im Interesse eines anderen tätig werden, weil dies ebensogut im Weg der indirekten Stellvertretung geschehen kann; im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen (RdW 1990, 342; EvBl 1987/202; Koziol/Welser10 I 163; Strasser in Rummel, ABGB2, Rz 50 zu § 1002). Für die Frage, ob im eigenen oder fremden Namen gehandelt wird, ist entscheidend, wie das Verhalten des Handelnden nach der Verkehrssitte verstanden werden muß. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß jemand nicht im eigenen Namen, sondern im Namen eines anderen als dessen direkter Stellvertreter aufgetreten ist, trifft denjenigen, der daraus Rechte ableitet (RdW 1990, 342; EvBl 1981/168).

Hier waren die von der Klägerin mit dem Kauf der Kühe Beauftragten im eigenen Namen für fremde Rechnung als mittelbare (indirekte) Stellvertreter tätig. Die Rechtswirkungen dieses Verhaltens, zB Erwerb des Eigentums, des mittelbaren Stellvertreters treten bei diesem, und nicht beim Geschäftsherrn ein. Dem Geschäftsherrn kann der Leistungserfolg des Handelns des mittelbaren Stellvertreters (zB das Eigentumsrecht) nur durch ein weiteres Rechtsgeschäft zwischen ihm und dem mittelbaren Stellvertreter zugewendet werden (JBl 1986, 647; SZ 46/21; Koziol/Welser10 I 166; Strasser in Rummel, Rz 8 zu § 1002).

Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist - ausgehend von den Tatsachenfeststellungen - eine derartige Zuwendung des Eigentums erfolgt. Inhalt des Auftrags der Klägerin war naturgemäß, daß ihre mittelbaren Stellvertreter die Kühe im eigenen Namen kaufen und sodann das Eigentum an diesen Viehstücken der Klägerin übertragen. Nicht ist erforderlich, daß darüberhinaus ein weiteres Rechtsgeschäft zwischen der Klägerin und ihren mittelbaren Stellvertretern geschlossen wird, weil der Rechtsgrund für die Eigentumsübertragung an die Klägerin bereits in dem Auftrag zum Kauf der Kühe enthalten war. Wohl aber ist eine gesonderte Übergabe der erworbenen Tiere von den mittelbaren Stellvertretern an die Klägerin erforderlich, weil durch die Übergabe an den mittelbaren Stellvertreter noch nicht das Eigentum an den Geschäftsherrn übertragen wird. Eine Übergabe mittels Besitzkonstituts beim Eigentumserwerb durch mittelbaren Stellvertreter wäre nur dann anzunehmen, wenn der mittelbare Stellvertreter weiterhin im Besitz der erworbenen Sache bleiben soll, wie etwa in dem Fall, daß eine Bank für den Kunden Wertpapiere erwirbt und für ihn verwahrt. Dagegen paßt diese Übereignungsform ihrem Sinn und Zweck nach nicht, wenn ohnehin die alsbaldige Übergabe der erworbenen Sache an den Interessenten erfolgen soll (Hager, Die Prinzipien der Mittelbaren Stellvertretung, AcP 180, 239 [256 f]). Auch der Modus als Voraussetzung für den Eigentumserwerb der Klägerin ist hier erfüllt. Dadurch, daß alle Kühe in die Ställe der von der Klägerin gepachteten Anwesen gebracht wurden, erfolgte die körperliche Übergabe an die Klägerin und damit der Eigentumserwerb durch die Klägerin.

Da somit die Exszindierungsklägerin im Zeitpunkt der Pfändung dieser Kühe bereits Eigentum erworben hatte, war die Pfändung unzulässig; es war daher das der Exszindierungsklage stattgebende Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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