Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der vom Rechtspfleger des Erstgerichtes erlassene Exekutionsbewilligungsbeschluß vom 12.8.1985, 7 e E 3347/85-1, als nichtig aufgehoben wird.
Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Exekutionsantrag durch den Richter aufgetragen.
Dieser neuerlichen Entscheidung wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses vorbehalten.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 31.5.1985 brachte die durch einen Rechtsanwalt vertretene betreibende Partei beim Bezirksgericht Innsbruck als dem nach § 375 Abs1 EO zuständigen Prozeßgericht erster Instanz gegen den Verpflichteten einen "Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung" ein. Darin beantragte sie, ihr auf Grund des Urteils des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 11.4.1985, 4 C 40/83,und 4 C 9/83, gegen das der dort beklagte Verpflichtete Berufung erhoben habe, die Exekution zur Sicherstellung der Forderung von S 73.221,21 samt 10 % genau bezeichneter stufenweiser Zinsen "sowie ab März 1985 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 14.339,96, der Prozeßkosten von S 140.996,05 sowie der Kosten dieses Antrages" für die Zeit, bis die Forderung infolge Rechtskraft des in dieser Rechtssache zu erlassenden Urteils und Ablauf der Leistungsfrist durch Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden kann, 1. durch Pfändung der dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner Friedrich K***, Hotelier, 6100 Seefeld, Hohe Munde, aus dem Kaufvertrag vom 25.9.1973 noch zustehenden Forderung von S 3,631.723,42 und
2. durch Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung zu bewilligen. Der Anspruch, wegen dessen die Exekution stattfinden soll (§ 54 Abs1 Z.2 EO), wurde im Rubrum des Exekutionsantrages ("wegen") mit S 73.221,21 samt Anhang angegeben. Auch bei der Verzeichnung der Kosten im Sinn des § 13 RATG wurde die Bemessungsgrundlage mit "HS (=offensichtlich Hauptsache) S 73.221,21 + Kosten S 140.996,05 = S 214.217,26" angegeben.
Wie erst durch Erhebungen des Obersten Gerichtshofes aktenkundig gemacht wurde (vgl. hg.Aktenvermerk vom 28.Februar 1986), wurde dieser Exekutionsantrag dem Vertreter der betreibenden Partei mit Beschluß des Prozeßgerichtes erster Instanz vom 10.6.1985 samt allen Ausfertigungen mit dem Auftrag zurückgestellt, ergänzend bekanntzugeben, ob mit diesem Antrag Sicherungsexekution gemäß § 371a EO gegen Erlag einer gerichtlich zu bestimmenden Sicherheitsleistung begehrt wird.
Am 14.6.1985 wurde der Exekutionsantrag "entsprochen" wieder vorgelegt. Dabei ersuchte die betreibende Partei, von der Festsetzung bzw. Auferlegung einer Sicherheitsleistung mit Rücksicht auf den Umstand abzusehen, daß dem Verpflichteten praktisch kein Schade durch die Bewilligung dieser Exekution entstehen könne, da nach dem eigenen Vorbringen des Verpflichteten die gepfändete Forderung ohnedies von diversen Gläubigern (Republik Österreich ua) zur Sicherstellung bzw. Befriedigung höherer Forderungen in Anspruch genommen worden sei. Anders als im ursprünglichen Antrag beantragte die betreibende Partei im wiedervorgelegten Antrag nicht mehr die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung, sondern die Vormerkung der gepfändeten Forderung als Afterpfandrecht an dem für diese Restkaufpreisforderung auf der Liegenschaft des Drittschuldners EZ 51 KG Seefeld eingetragenen Pfandrecht. Nach Einholung eines Buchstandsberichtes bewilligte ein Rechtspfleger des Erstgerichtes die beantragte Exekution mit gekürzter Urschrift in Form eines Bewilligungsvermerkes "Bewilligt Stamp.", ohne eine Sicherheit zu bestimmen.
Der Verpflichtete erhob gegen die Exekutionsbewilligung einen auf Abweisung des Exekutionsantrages gerichteten Rekurs. Die betreibende Partei habe weder die nach § 370 EO erforderliche Gefahr bescheinigt, noch sei die Exekution zur Sicherung noch nicht fälliger Unterhaltsansprüche nach § 372 Abs1 EO auf die Sicherung der innerhalb eines Jahres fällig werdenden Beträge beschränkt worden.
Das Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluß durch Abweisung des Sicherungsexekutionsantrages mit der kurzen Begründung ab, daß die betreibende Partei eine Gefahr im Sinne des § 370 EO nicht einmal behauptet habe, und daß die Voraussetzungen zur Bewilligung einer Exekution zur Sicherstellung ohne Gefahrenbescheinigung nach § 371 EO nicht gegeben seien. Darauf, ob die beantragte Exekution zur Sicherstellung nach § 371a EO bewilligt werden könnte, ging das Rekursgericht nicht ein.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei, in dem die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses beantragt wird, weil die betreibende Partei die Exekution zur Sicherstellung nach § 371a EO begehrt habe. Die betreibende Partei stellt in ihrem Rechtsmittel klar, daß sie die Exekution zur Sicherstellung eines Unterhaltsrückstandes von S 73.221,21 samt Zinsen, aber auch des laufenden Unterhalts von S 14.339,96 ab März 1985 und der Kosten von S 140.996,05 beantragt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nach dem gem. den §§ 402 Abs2 und 78 EO auch im Sicherungsexekutionsverfahren anzuwendenden § 528 Abs2 ZPO zulässig, weil der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat,bei sinngemäßer Anwendung der §§ 54 ff JN S 300.000,-- übersteigt (§ 500 Abs4 Z.2 ZPO).
Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Schon darin, daß die betreibende Partei in ihrem am 31.5.1985 eingebrachten Antrag die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung auf Grund eines Endurteiles erster Instanz beantragte, gegen das Berufung erhoben wurde (so der Wortlaut des § 371 a EO), ohne die im § 370 EO geforderte Bescheinigung auch nur anzubieten, lag eine (gerade noch ausreichende) inhaltliche Berufung auf § 371a EO, dessen ziffernmäßige Anführung im Exekutionsantrag in einem solchen Fall ebensowenig erforderlich ist, wie ein ausdrückliches Anbieten der vom Gericht nach freiem Ermessen zu bestimmenden Sicherheit.
Daß die betreibende Partei den hier mit dem Auftrag, "ergänzend bekanntzugeben, ob damit Sicherungsexekution gem. § 371 a EO gegen Erlag einer gerichtlich zu bestimmenden Sicherheitsleistung begehrt wird", zurückgestellten Sicherungsexekutionsantrag "entsprochen" wieder vorlegte, stellte völlig klar, daß die betreibende Partei ihren Antrag nur auf § 371 a EO stützen wollte.
Daß sie anläßlich der Wiedervorlage des Sicherungsexekutionsantrages ersuchte, von der Festsetzung bzw. Auferlegung einer Sicherheitsleistung mit Rücksicht darauf "abzusehen", daß dem Verpflichteten "praktisch kein Schade durch die Bewilligung dieser Exekution entstehen" könne, stellte keine Erklärung dar, eine vom Gericht nach freiem Ermessen dennoch bestimmte Sicherheit auf keinen Fall leisten zu wollen. (Eine solche Erklärung müßte zur Abweisung des Sicherungsexekutionsantrages führen, weil der betreibende Gläubiger seinen Antrag dann inhaltlich nicht mehr auf § 371a EO stützen würde, vgl. Heller-Berger-Stix III 2663). Die zitierte Erklärung der betreibenden Partei war vielmehr eine inhaltliche Berufung auf die von der Lehre (Heller-Berger-Stix III 2661; Holzhammer, Österr. Zwangsvollstreckungsrecht 2 286) kritisierte Rechtsmeinung des OGH; daß ausnahmsweise keine Sicherheit zu bestimmen sei, wenn von einem durch die Exekutionsführung drohenden Schaden nicht gesprochen werden könne (JBl1934, 40; EvBl1973/166).
Da der Wirkungskreis des Rechtspflegers in Zivilprozeß- und Exekutionssachen die Exekution zur Sicherstellung nach § 371a EO nicht umfaßte (§ 14 Z.3 des mit 1.1.1986 aufgehobenen Rechtspflegergesetzes BGBl. Nr.180/1962; sie wird übrigens zufolge § 17 Abs2 Z.2 des am 1.1.1986 in Kraft getretenen Rechtspflegergesetzes BGBl. Nr.560/1985 weiterhin nicht umfaßt) - die Exekutionen zur Sicherstellung nach den §§ 370 und 371a EO sind wegen der notwendigen Beurteilung der Gefährdung bzw. der Bemessung der Sicherheit dem Richter vorbehalten - , war das Erstgericht bei der Erledigung des Antrages der betreibenden Partei auf Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung nach § 371a EO nicht vorschriftsgemäß besetzt.
Dies stellt den im gem. den §§ 402 Abs2 und 78 EO auch im Sicherungsexekutionsverfahren anzuwendenden § 477 Abs1 Z.2 ZPO bezeichneten Nichtigkeitsgrund dar (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 155 und 1578).
Das Rekursgericht hätte diese im zulässigen Rekurs des Verpflichteten nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus Anlaß dieses Rekurses von Amts wegen wahrnehmen, den erstgerichtlichen Beschluß als nichtig aufheben und die Sache an das Erstgericht zur Entscheidung durch den Richter zurückverweisen müssen, nicht aber über den Antrag auf Exekution zur Sicherstellung selbst entscheiden dürfen.
Der angefochtene Beschluß ist daher in diesem Sinn abzuändern. Da der Verpflichtete die Nichtigkeit des von ihm bekämpften erstgerichtlichen Beschlusses in seinem Rekurs nicht geltend gemacht hat, hat er nach den §§ 402 Abs2 und 78 EO sowie den §§ 40, 41 und 50 ZPO die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen. Ob der Verpflichtete der betreibenden Partei die Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen hat, hängt von der endgültigen Erledigung des Sicherungsexekutionsantrages ab (§§ 402 Abs2 und 78 EO sowie § 52 Abs1 ZPO).
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