Spruch:
Die Revision und die Revisionsbeantwortung werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Parteien wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichts Linz vom 20. April 1982, 2 Cg 83/82-4, nach § 55a EheG geschieden.
Im Punkt 1. des vor dem Scheidungsgericht am 20. April 1982 für den Fall der Scheidung geschlossenen Vergleichs ON 3 trafen die Parteien über ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen folgende Vereinbarung:
Herbert F***** verpflichtete sich, Erika F***** (dem Grunde nach) so Unterhalt zu leisten, als ob die Ehe aus seinem alleinigen oder überwiegenden Verschulden geschieden wäre.
(Der Höhe nach) verpflichtete er sich ab Mai 1982 zu einem am 15. eines jeden Monats fälligen Unterhaltsbeitrag von 3.000 S.
Dieser Vereinbarung wurden im Vergleich folgende Umstände zugrundegelegt: ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen von 15.800 S, seine Unterhaltsleistungen für zwei eheliche Kinder und ein uneheliches Kind (1.700 S, 1.300 S und 1.000 S) und die Einkommenslosigkeit der Unterhaltsberechtigten.
Im durch eine Protokollarklage am 4. Jänner 1983 eingeleiteten vorliegenden Rechtsstreit stellte der Kläger schließlich das Hauptbegehren auszusprechen, dass der Anspruch der Beklagten aus dem zitierten Vergleich, zu dessen Hereinbringung das Bezirksgericht Linz mit Beschluss vom 25. November 1982 die Exekution bewilligt habe, zufolge der Lebensgemeinschaft der Beklagten mit Franz H***** seit 4. Jänner 1983 ruhe. Weiters stellte er ein Eventualbegehren, dass er in Abänderung des bezeichneten Vergleichs verpflichtet sei, ab 4. Jänner 1983 nur mehr 2.000 S an die Beklagte zu zahlen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung dieser Begehren.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und sprach aus, dass der Kläger in Abänderung des Vergleichs vom 20. April 1982 der Beklagten ab 4. Jänner 1983 nur mehr einen monatlichen Unterhalt von 2.000 S zu leisten habe.
Über die Beziehungen zwischen der Beklagten, die als Hausfrau mit den beiden Kindern der Parteien in der ehemaligen Ehewohnung in L*****, wohnt, zu Franz H***** traf das Erstgericht im wesentlichen folgende Feststellungen:
Die Beklagte ist seit Oktober 1982 mit dem Gendarmeriebeamten Franz H***** gut befreundet, sie beabsichtigen aber nicht einander zu ehelichen. Franz H***** kommt seit Herbst 1982 rund viermal pro Woche zu verschiedenen Zeiten in die Wohnung der Beklagten und bleibt dann auch ca dreimal pro Woche dort über Nacht. Er besitzt einen Wohnungsschlüssel. H***** ist beim Landesgendarmeriekommando in Linz beschäftigt und macht dort normal Tag- und Nachtdienst. Wenn er Nachtdienst hat, entfällt der Tagdienst des nächsten Tages. Zu Wochenenden hat er einmal am Samstag 24 Stunden, dann am Freitag und am Sonntag jeweils 24 Stunden Dienst, insgesamt macht er pro Monat 6 Nachtdienste. H***** ist manchmal auch unter Tags bei der Beklagten und isst mit ihr zu Mittag. Wenn er bei ihr übernachtet, frühstückt er auch bei ihr. Wenn sie sich nicht in ihrer Wohnung aufhält, hält sich auch Franz H***** dort kaum auf, es sei denn, dass er die Kinder der Parteien versorgt. Wenn er gelegentlich einen starken Dienst hatte oder Tag- und Nachtdienst hintereinander machte, übernachtete er auch in seiner eigenen Wohnung, die er im September 1982 gemietet hat, in die er rund 70.000 S investiert hat und für die er monatlich über 3.000 S an Zins und Betriebskosten bezahlt. In seiner eigenen Wohnung kocht H***** nur gelegentlich. Wenn er nicht bei der Beklagten isst, verpflegt er sich kalt oder er isst in der Gendarmeriekantine oder in einem Lokal. Abends geht er ab und zu auch mit der Beklagten in ein Lokal, um dort etwas zu trinken oder eine Kleinigkeit zu essen. Zu Beginn ihrer Bekanntschaft mit H***** wusch die Beklagte dessen gesamte Wäsche, seither wäscht sie nur mehr die Unterwäsche, Pyjamas und Hemden, die H***** in ihrer Wohnung hat. Seine Oberbekleidung bringt H***** in die Putzerei, Ausbesserungsarbeiten an den Wäschestücken nimmt er selbt vor. Die Beklagte war nur ein einziges Mal in der Wohnung H*****s. Ihre beiden Kinder sind mit ihm per Du und nennen ihn Onkel Franz. H***** macht ein- bis zweimal im Monat mit der Beklagten und deren Kindern Ausflüge und fährt im Sommer selbst mindestens einmal pro Woche nach H*****, wo er zwei Räume gemietet hat und wohin er sowohl die Beklagte allein oder auch mit ihren Kindern schon ein paarmal mitgenommen hat. Wenn die Beklagte zum Wochenende Besuche bei ihren Eltern oder ihrer Schwester macht, fährt H***** nicht immer mit, weil er entweder Dienst hat oder etwas anderes vor hat. Bei den gemeinsamen Ausflügen bezahlt H***** immer alles; für das Essen bei der Beklagten zahlt er nichts. Im Februar 1983 war die Beklagte mit H***** und Bekannten ohne die Kinder auf einem Schiurlaub in einer Hütte, wo sich selbst verpflegten und jeder für seine Kosten selbst aufkam. Gegen Schulschluss (1983) machte die Beklagte mit H***** ohne die Kinder 14 Tage Badeurlaub in Jugoslawien, den H***** bezahlte. Einige Zeit später fuhren sie mit beiden Kindern 7 Tage nach Jugoslawien, wobei H***** nur die Fahrtkosten trug. Ende August, Anfang September 1983 begleitete die Beklagte H***** auf einer dienstlichen Fahrt nach Innsbruck, wobei H***** die Kosten des Doppelzimmers und der Verpflegung trug. Die beiden feierten das Weihnachtsfest 1982 gemeinsam am 23. Dezember, weil die Beklagte mit den Kindern am 24. Dezember bei der Großmutter war. Am Heiligen Abend hatte H***** keinen Dienst und war bei seiner Schwester. Er schenkte der Beklagten zu Weihnachten ein Fahrrad, den Kindern eine Modellrennbahn und Puppenkleider. Zu ihrem Geburtstag schenkte er der Beklagten Schmuck, seinen Geburtstag am 29. Dezember 1982 feierten sie gemeinsam mit anderen Bekannten in der Wohnung der Beklagten. Den Silvester verbrachten sie gemeinsam beim Bruder H*****s.
Aus diesen Feststellungen zog das Erstgericht den rechtlichen Schluss, dass zwischen der Beklagten und Franz H***** zwar ein Freundschafts- und intimes Verhältnis bestehe, dass sich H***** sehr viel bei der Beklagten aufhalte, große Teile seiner Freizeit mit ihr verbringe, mit ihr Urlaube mache, ein enges Verhältnis zu ihren Kindern habe und insgesamt viele Gemeinsamkeiten bestünden, sodass die Annahme einer Lebensgemeinschaft durchaus vertretbar sein möge. Da H***** jedoch eine eigene Wohnung habe, die er, wenn auch nicht so oft, wie er bei der Beklagten sei, aber doch immer wieder aufsuche und weil er teilweise auch noch die Freizeit ohne die Beklagte verbringe und das gemeinsame Wirtschaften nicht darüber hinausgehe, wie es bei einer engen Freundschaft zwischen einem Mann und einer Frau üblich sei, liege doch keine Lebensgemeinschaft vor.
Gegen die Abweisung seines Hauptbegehrens erhob der Kläger Berufung. Die Beklagte bekämpfte die Entscheidung der ersten Instanz nicht.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es dem Hauptbegehren stattgab. Dabei sprach es aus, dass der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden habe, 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und dass die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Letzteres begründete es damit, dass die Entscheidung nicht nur der Einzelfallgerechtigkeit diene, sondern dass ihr wesentliche Bedeutung für die Rechtsentwicklung zukomme.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als richtig, vollständig und unbedenklich, nahm aber eine Lebensgemeinschaft zwischen der Beklagten und Franz H***** an. Dass er die Schlüssel zur Wohnung der Beklagten besitze, sich rund viermal pro Woche zu verschiedenen Zeiten dort aufhalte, darin manchmal zu Mittag esse, etwa dreimal pro Woche darin übernachte und danach bei der Beklagten frühstücke, spreche bei Bedachtnahme auf die von Franz H***** zu leistenden 6 Nachtdienste pro Monat ebenso für eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, wie die Tatsache, dass die Beklagte seine Unterwäsche, Pyjamas und Hemden wasche. Auch darin, dass H***** ein- bis zweimal im Monat mit der Beklagten und deren Kindern Ausflüge unternehme, sie bei Besuchen zu Verwandten begleite, Feste mit ihr feiere, mit ihr innerhalb eines halben Jahres zwei Badeurlaube von insgesamt 3 Wochen und einen Schiurlaub verbracht habe und von der Beklagten auf einer Dienstreise begleitet worden sei, zeige sich die Eheähnlichkeit der Lebensgemeinschaft, die ein Ruhen des gesamten Unterhaltsanspruchs der Beklagten gegen den Kläger bewirke.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und wegen Verfahrensmängeln mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Eine Ausfertigung der Revisionsschrift wurde dem Vertreter des Revisionsgegners am 2. August 1984 zugestellt, der am 17. September 1984 beim Prozessgericht erster Instanz eine Revisionsbeantwortung überreichte, in der beantragt wird, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist ungeachtet des positiven Ausspruchs des Berufungsgerichts iSd § 500 Abs 3 ZPO, an den das Revisionsgericht bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision nach § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, nicht zulässig.
Das Rechtsmittel wäre nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen wäre oder eine solche Rechtsprechung fehlen würde oder uneinheitlich wäre.
Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Zur entscheidenden Frage, wie die Beziehungen zwischen einem Mann und einer Frau grundsätzlich beschaffen sein müssen, damit von einer Lebensgemeinschaft gesprochen werden kann, die zum Ruhen des Unterhaltsanspruchs eines daran beteiligten geschiedenen Ehegatten führt, liegt eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.
Das Berufungsgericht hat im Sinn dieser einheitlichen und von der Lehre anerkannten höchstgerichtlichen Rechtsprechung entschieden, dass die festgestellten Beziehungen zwischen der Beklagten und Franz H***** einer Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft entsprächen.
Der Oberste Gerichtshof hätte daher keine grundsätzlichen Rechtsfragen, sondern nur für diesen Einzelfall entscheidende Fragen zu prüfen, was ihm jedoch im Grundsatzrevisionsbereich nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO verwehrt ist (Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 176 f; Rechberger-Simotta, Zivilprozeßrecht2 RZ 724; Fasching, Zivilprozeßrecht RZ 1890).
Die unzulässige Revision war daher zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsbeantwortung ist verspätet.
Bei dem aufgrund des eine Vereinbarung nach § 55a Abs 2 EheG darstellenden Vergleichs vom 20. April 1982 geschuldeten Unterhalt handelt es sich um einen den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt, der nach § 69a EheG einem gesetzlichen Unterhalt gleichzuhalten ist.
Diese umfassende Gleichstellung (vgl Pichler in Rummel, ABGB Rdz 2 zu § 69a EheG; Mänhardt in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 134) macht die vorliegende Rechtssache zu einer Streitigkeit über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt und damit zu einer Ferialsache iSd § 224 Abs 1 Z 4 ZPO. Es handelt sich aber auch um eine Ferialsache im Sinn der Z 5 der zitierten Bestimmung.
Nach § 225 Abs 1 ZPO hatten die Gerichtsferien auf die Revisionsbeantwortungsfrist keinen Einfluss. Dieser Schriftsatz hätte daher gemäß § 507 Abs 2 ZPO binnen der Notfrist von 4 Wochen ab der Zustellung der Revisionsschrift am 2. August 1984, also spätestens am 30. August 1984 beim Prozessgericht erster Instanz überreicht werden müssen.
Die verspätete Revisionsbeantwortung war daher zurückzuweisen.
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