OGH 3Nc38/24d

OGH3Nc38/24d16.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Ordinationssache der betreibenden Partei J*, vertreten durch Dr. Florian Johann Ernst Knaipp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei T*, wegen 97.996,11 EUR sA, über den Antrag auf Ordination nach § 28 JN, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030NC00038.24D.0716.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Für die Bewilligung und Vollziehung der von der betreibenden Partei beabsichtigten Rechteexekution wird das Bezirksgericht Salzburg als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

Hingegen wird der Antrag auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts für die weiters beabsichtigte Fahrnis‑ und Forderungsexekution abgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Betreibende hat gegen die Verpflichtete, eine Gesellschaft mit Sitz in Malta, ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil auf Rückzahlung von Spielverlusten erwirkt. In seinem Ordinationsantrag bringt er vor, er habe mehrfach versucht, das österreichische Urteil in Malta zu vollstrecken und habe seinem Antrag beglaubigte Abschriften des Urteils sowie eine Bescheinigung des österreichischen Titelgerichts entsprechend dem Formblatt des Anhangs I EuGVVO 2012 beigelegt. Die Zivilgerichte hätten jedoch seine Anträge abgewiesen. Die Verpflichtete, die es weiterhin ablehne das Urteil zu erfüllen, sei Inhaberin der Domain www.*.at, die bei der österreichischen N*.at GmbH mit Sitz in Salzburg registriert sei. Der Betreibende beabsichtige, die Domain zu pfänden und verkaufen zu lassen, Außerdem sei geplant, das Kontoguthaben der Verpflichteten bei einer (näher genannten) maltesischen Bank in Exekution zu ziehen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der Ordinationsantrag ist teilweise berechtigt:

[3] 1.1. Eine Ordination ist auch in Exekutionssachen zulässig, wenn es an einem örtlich (bzw international örtlich) zuständigen inländischen Gericht mangelt (RS0053178) und eine der in § 28 Abs 1 JN normierten Voraussetzungen vorliegt. Im vorliegenden Fall kommt als Rechtsgrundlage für die Bestimmung eines zuständigen Gerichts § 28 Abs 1 Z 2 JN in Betracht. Danach ist die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts durch den Obersten Gerichtshof (nur) dann zulässig, wenn die betreibende Partei ihren Wohnsitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder nicht zumutbar wäre (3 Nc 12/23d mwN). Im Anwendungsbereich der EuGVVO ist eine Ordination für Verfahren gegen Parteien, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, nur in Ausnahmefällen möglich (RS0053178 [T3 und T7]). Eine solche Ausnahme liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Versuch einer Exekutionsführung im Ausland gescheitert ist oder die beabsichtigte zwangsweise Rechtsdurchsetzung nach der Rechtsprechung im anderen Mitgliedstaat generell nicht bewilligt würde (3 Nc 12/23d mwN).

[4] 1.2. Mittlerweile ist hinreichend bescheinigt, dass die maltesischen (Exekutions‑)Gerichte das neue Gesetz Nr XXI/2023 zur Anpassung des Glücksspielgesetzes (Kap 583) auf österreichische Urteile in Glücksspielfällen anwenden und die Vollstreckung von Urteilen ablehnen, mit denen ein maltesischer Glücksspielanbieter zur Rückzahlung von Spielverlusten verpflichtet wurde (vgl dazu bereits 3 Nc 10/24m). Es ist daher davon auszugehen, dass Exekutionen gegen maltesische Glücksspielanbieter aufgrund österreichischer Urteile in Malta derzeit nicht bewilligt werden und die Rechtsdurchsetzung in Malta daher unzumutbar ist. Der Betreibende hätte zwar noch die Möglichkeit, bei der Europäischen Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Malta anzuregen, da auf die Einleitung eines solchen Verfahrens aber kein Rechtsanspruch besteht, wird durch diese Möglichkeit die Unzumutbarkeit der Rechtsdurchsetzung nicht beseitigt.

[5] 2. Angesichts der bescheinigten Rechtsprechung in Malta sind die Voraussetzungen für eine Ordination gemäß § 28 Abs 1 Z 2 JN im vorliegenden Fall grundsätzlich erfüllt. Bei der beabsichtigten Exekution auf die Rechte aus einer at-Internet-Domain befindet sich das Exekutionsobjekt im Inland. Hingegen gilt dies nicht auch für die von der Betreibenden zusätzlich beabsichtigte Exekution durch Pfändung des Kontoguthabens der Verpflichteten bei der maltesischen Bank (vgl 3 Nc 10/24m mwN) und die im Exekutionsantrag ebenfalls enthaltene Fahrnisexekution. Insoweit war der Ordinationsantrag abzuweisen.

[6] 3. Als örtlich zuständiges Exekutionsgericht für die beabsichtigte Rechteexekution ist das Bezirksgericht Salzburg zu bestimmen, weil die N*.at GmbH als Registrierungsstelle der von der beabsichtigten Exekutionsführung betroffenen Domain der Verpflichteten im Sprengel dieses Gerichts ihren Sitz hat.

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