European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0300NS00001.19D.0425.000
Spruch:
Die Durchführung des Disziplinarverfahrens wird dem Disziplinarrat der Salzburger Rechtsanwaltskammer übertragen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Gegen den als Präsident-Stellvertreter des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer tätigen Beschuldigten wurde Anzeige wegen des Vorwurfs eines Disziplinarvergehens erstattet. Der zuständige Kammeranwalt beantragte „die Einleitung eines Disziplinarverfahrens“ und die Bestellung eines Untersuchungskommissärs nach § 22 (richtig:) Abs 3 DSt. Unter einem begehrte er die Delegierung des Verfahrens an eine andere Rechtsanwaltskammer wegen Befangenheit der Mitglieder des örtlich zuständigen Disziplinarrats.
Aufgrund der Stellung des Angezeigten als Mitglied des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer liegt der Delegierungsgrund nach § 25 Abs 1 zweiter Fall DSt vor, der zur Vermeidung des Anscheins einer Parteilichkeit der Entscheidungsträger eine Übertragung des Verfahrens an eine andere Rechtsanwaltskammer notwendig macht (vgl RIS-Justiz RS0055477; 26 Ns 1/18y). Dem Antrag war daher im bezeichneten Umfang Folge zu geben (vgl RIS-Justiz RS0119913 [T1 und T3]), wobei die Sache an den Disziplinarrat der (benachbarten) Salzburger Rechtanwaltskammer delegiert wird.
Soweit der Kammeranwalt seinem Verfolgungsantrag widersprechend in dessen Begründung erklärt, dass die Anzeige „nach Ansicht des Kammeranwalts“ gemäß § 22 Abs 2 DSt zurückzulegen sei, bleibt anzumerken, dass diese Äußerung schon deshalb wirkungslos ist, weil dem Kammeranwalt bei Vorliegen eines Antrags auf Bestellung eines Untersuchungskommissärs hinsichtlich des – sodann vom Disziplinarrat von Amts wegen zu führenden (§ 20 Abs 2 DSt) – Verfahrens keine Dispositionsbefugnis mehr zukommt, sodass eine Zurücklegung der Anzeige durch ihn (§ 22 Abs 2 DSt) in diesem Stadium nicht mehr zulässig ist (vgl Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 10 § 21 DSt Rz 2). Der Disziplinarrat wird sohin iSd §§ 27 Abs 1 und 29 DSt über den Antrag auf Bestellung eines Untersuchungskommissärs zu entscheiden haben.
Die weiters begehrte Übertragung der Zuständigkeit des Kammeranwalts sowie des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer fällt nicht in den Aufgabenbereich des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0129626; s auch § 25 Abs 5 DSt).
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