OGH 2Ob96/48

OGH2Ob96/4824.3.1948

SZ 21/82

Normen

ABGB §604
ABGB §608
ABGB §613
ABGB §881
ABGB §904
AußStrG §125
ABGB §604
ABGB §608
ABGB §613
ABGB §881
ABGB §904
AußStrG §125

 

Spruch:

Die Klage auf Zuhaltung einer Übergabsverpflichtung des Erblassers kann trotz Verweisung auf den Rechtsweg durch das Abhandlungsgericht jederzeit innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht werden.

Entscheidung vom 24. März 1948, 2 Ob 96/48.

I. Instanz: Kreisgericht; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Mit Versäumungsurteil vom 19. Juni 1946 wurden die vier Beklagten als zu Verlaßakt A 151/44 des Bezirksgerichtes Mattighofen erbserklärte Erben im Nachlaß nach dem am 22. März 1944 verstorbenen Friedrich M. zur ungeteilten Hand schuldig erkannt:

1. in Zuhaltung der Übergabsverpflichtung des Erblassers nach Punkt 7 des notariellen Übergabsvertrages vom 12. Mai 1919, GZ. 1882 des öffentlichen Notars F. B. in Mattighofen die erblichen Liegenschaften Haus Nr. 25 in W., EZ. 112, Grdb. H. mit den zugeschriebenen Grundstücken Bauarea Nr. 57/2, Wald 1499, Weide 1501/1, Garten 1501/2 und die ledigen Grundstücke EZ. 173, Grdb. H., Parz. 1496 Wiese, 1497 Weide, 1516 Acker, 1517 Acker, 1518 Weide, 1511 Acker, 1512 Acker samt fundus instructus und den Fahrnissen, so wie alles liegt und steht, an die Klägerin ohne Übergabspreis zu übergeben.

2. zu diesem Zweck eine einverleibungsfähige Urkunde zu fertigen und darin namens des Erblassers Friedrich M. in die bücherliche Einverleibung des alleinigen Eigentumsrechtes der Klägerin bei beiden Liegenschaften EZ. 112 und 173 Grdb. H. einzuwilligen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen des Berufungsgerichtes:

Die Berufung macht ferner geltend, daß die Klage verspätet eingebracht worden sei, weil die Verweisung auf den Zivilrechtsweg bereits am 2. Oktober 1944 zu A 151/44-14 erfolgt sei; der erst am 31. Mai 1946 eingebrachten Klage hätte vom Erstgericht wegen Verspätung nicht stattgegeben werden sollen. Auch dieser Berufungsgrund ist nicht gegeben. Es ist zwar richtig, daß die Klägerin vom Abhandlungsgericht am 2. Oktober 1944 auf den Rechtsweg verwiesen wurde, doch wurde keine Frist zur Klageerhebung festgesetzt. Aber auch wenn eine Frist bestimmt und diese versäumt worden wäre, so könnte aus diesem Grund allein die Klage nicht abgewiesen werden, denn die Versäumung der Frist hat gemäß § 125 AußstrG. nur die Bedeutung, daß die Verlassenschaftsabhandlung bei nicht rechtzeitiger Einbringung der Klage ohne Berücksichtigung der auf den Rechtsweg verwiesenen Erbansprüche durchgeführt wird. Diese gesetzliche Bestimmung betrifft übrigens nur der Fall, wenn widersprechende Erbserklärungen vorliegen. Hier macht aber die Klägerin nur ihren Anspruch aus dem ihr im Notariatsakt eingeräumten Anwartschaftsrecht geltend. Eine Verweisung auf den Rechtsweg nach § 125 AußstrG. war daher gar nicht notwendig. (E. v. 30. Oktober 1877, GlU. 6604 und v. 19. Juni 1877, GlU. 7735).

Von einiger Bedeutung ist dagegen die in der Berufung aufgestellte Behauptung, daß die Klage nicht schlüssig sei und daher das Versäumungsurteil nicht hätte im Sinne des Klagebegehrens ergehen sollen. Es läge nämlich eine Verpflichtung der Beklagten zur Übergabe der Liegenschaft nicht vor, da im not. Übergabsvertrag vom 12. Mai 1919 ein fixer Termin, wann die Übergabe an die Klägerin erfolgen solle, seinerzeit vertraglich nicht festgelegt worden sei. Die zwischen den Ehegatten Maria und Friedrich im Punkte 7. des Übergabsvertrages getroffene Vereinbarung sei daher mangels eines wesentlichen Bestanteiles nicht gültig.

Im Punkt 7. des Notariatsaktes vom 12. Mai 1919 heißt es: "Für ihre uneheliche Tochter Maria, verehelichte D. bedingt sich die Übergeberin (Frau Maria M.) das Recht aus, daß dieselbe in den zwei Stübchen links vom Stiegenaufgang des 1. Stockwerkes für die Dauer, als der Übernehmer (Friedrich M.) am Besitz ist, das Wohnungsrecht hat und daß der Übernehmer verpflichtet ist, das Haus Nr. 25 in W., Grdb. H., EZ. 112, u. zw. nicht nur die mit diesem Vertrage erworbene, sondern auch seine Hälfte und die Grundparz. Nr. 1496 Wiese, 1497 Weide, 1516 Acker, 1517 Acker, 1518 Weide, 1511 Acker und 1512 Acker im selben Grdb., EZ. 173 samt Fundus und Fahrnissen, wie heute alles liegt und steht, an diese a. e. Tochter Maria D. gegen Festsetzung eines angemessenen Auszuges für sich, sonst ohne Preis zu übergeben, und bewilligt der Übernehmer Friedrich M. die Einverleibung dieser vertragsmäßigen Anwartschaft mit der Wirkung einer fideikommissarischen Substitution auf die oben bezeichneten Liegenschaften im Grdb. H. EZ. 112 und 173 zugunsten der Frau Maria D." Dieser not. Akt wurde von den Vertragschließenden genehmigt und eigenhändig unterfertigt.

In diesem Vertrag hat Friedrich M. eine Eigentumsbeschränkung übernommen, die zwar nicht eine Substitution nach den §§ 604 bis 608 ABGB., jedoch ein vertragsmäßiges Anwartschaftsrecht der Klägerin mit der Wirkung einer fideikommissarischen Substitution (§§ 608 bis 613 ABGB.) enthält. Dem Übernehmer Friedrich M. stand daher an der gegenständlichen Liegenschaft lediglich das eingeschränkte Eigentumsrecht mit den Rechten und Pflichten eines Nutznießers nach § 613 ABGB. zu. (E. v. 18. Jänner 1905, GlUNF. 2928.) Solche Eigentumbeschränkungen anläßlich von Übergabsverträgen unter ländlichen Besitzern sind eine gewohnheitsrechtliche Übung und wiederholt vom Obersten Gerichtshof anerkannt worden; z. B. die in GlU. 12.815, 12.084, 11.180, 10.126, 10.076, ferner in SZ. VI/326, VII/395, IX/58 und E. v. 17. November 1937, RZtg. 1938, S. 12.

Wie aus diesen Entscheidungen ersichtlich ist, erfolgt die grundbücherliche Sicherstellung entweder durch direkte Eintragung der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch das Anwartschaftsrecht - oder durch Eintragung von Veräußerungs- und Belastungsverboten. Durch die Eintragung im Grundbuch ist das vertragliche Anwartschaftsrecht der Klägerin für jeden Dritten wirksam geworden, also auch für die Beklagten, die die gesetzlichen Erben nach dem am 22. März 1944 verstorbenen Friedrich M. sind.

Die Klägerin erscheint daher zur Klageführung berechtigt und ihre Klage ist auch schlüssig. Die Tatsache, daß im notariellen Übergabvertrag kein fixer Termin, wann die Übergabe an die Klägerin erfolgen sollte, festgelegt erscheint, hat keinen Einfluß auf die Gültigkeit dieses Vertragspunktes, da es dem Belieben des Übernehmers anheim gestellt war, wann er das Gut an die Klägerin übergeben würde. (§ 904 ABGB.) Im vorliegenden Fall konnte ein fixer Termin schon deshalb nicht vereinbart werden, weil es im Willen der Vertragschließenden lag, der Klägerin das Gut nicht nur für die Lebensdauer des Friedrich M. zu sichern, sondern insbesondere auch für den Fall seines Ablebens. Dies wurde durch Worte "Vertragsmäßige Anwartschaft mit der Wirkung dieser Vertragsbestimmung geht gemäß § 608 ABGB. dahin, daß Friedrich M. über das Gut auch letztwillig nicht verfügen konnte, es vielmehr der Klägerin hinterlassen mußte. Da er aber eine letztwillige Verfügung nicht getroffen hat, so müssen die gesetzlichen Erben (die Beklagten) im Hinblick auf die Wirkung der grundbücherlichen Eintragungen dieses Anwartschaftsrecht der Klägerin gegen sich gelten lassen und die Liegenschaft an sie übergeben.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Das Urteil des Berufungsgerichtes, mit dem das Versäumnisurteil der ersten Instanz bestätigt wurde, wird von der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Die Revision vertritt die Rechtsansicht, daß die Klage abzuweisen gewesen wäre, weil die klagende Partei bereits am 2. Oktober 1944 vom Verlassenschaftsgerichte nach Friedrich M. auf den Rechtsweg verwiesen wurde, die Klage aber erst am 31. Mai 1946 einbrachte, und weil in dem zwischen der Mutter der Klägerin und ihrem Stiefvater Friedrich M. errichteten notariellen Übergabsvertrag vom 12. Mai 1919, ein Termin, an dem Friedrich M. der Klägerin das Haus Nr. 25 in H. zu übergeben habe, nicht festgesetzt wurde.

Die Revision ist nicht begrundet.

Der Oberste Gerichtshof kann der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß durch den zwischen Marie M. und Friedrich M. geschlossenen Vertrag ein der fideikommissarischen Substitution gleichzuhaltendes Rechtverhältnis geschaffen wurde, allerdings nicht beitreten. Von einem solchen Rechtsverhältnisse könnte nur dann gesprochen werden, wenn anläßlich einer Abhandlung vereinbart wurde, daß ein Nachlaßübernehmer einem Erbsinteressenten in einem späteren Zeitpunkte eine in den Nachlaß zur Gänze oder zum Teil gehörige Sache einem anderen Erbsinteressenten zu überlassen hat. Im gegenständlichen Falle handelt es sich aber um einen Vertrag, der mit einer Abhandlung in keinem Zusammenhange steht und in dem ein Ehegatte dem anderen Eheteil eine Liegenschaft zur Gänze und die Hälfte einer zweiten Liegenschaft gegen einen Kaufpreis und gegen die Leistung eines Ausgedinges überläßt und der Übernehmer sich verpflichtet, beide Realitäten zur Gänze an die Tochter der Übergeberin lediglich gegen ein angemessenes Ausgedinge, sonst aber ohne einen Preis zu übergeben, und sich zur Sicherung des Anspruches der Tochter verpflichtet, in die Eintragung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf den ganzen Realitäten zu willigen. Es lag sonach ein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 881 ABGB. vor und die Klägerin, der die vereinbarte Leistung zum Vorteile gereichte, war zu ihrem Leistungsbegehren längstens mit dem Tode des Übernehmers berechtigt. Da ein Fall widerstreitender Erbserklärungen, in welchem eine Fristsetzung nach § 125 AußstrG. vorgesehen ist, nicht vorlag, konnte das Begehren jederzeit innerhalb der Verjährungsfrist gestellt werden.

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